Zähnchenschwamm an Hainbuche - Irpex oder Steccherinum?- ein mikroskopischer Erstversuch

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.850 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von ogni volta.

  • Vorneweg ... diese Frage konnte ich nicht klären==Gnolm23

    Aber ich möchte realistisch sein- das wäre fürs erste Mal auch vermessen gewesen, oder?

    Trotzdem möchte ich meine ersten Versuche im mykologischen Kaffeesatzlesen mit euch teilen, es hat mir jedenfalls Spaß gemacht da mal reizuschaun und vielleich könnt ihr mir ja helfen was ich wirklich gesehen habe...


    Es ergab sich dass mir ein Freund (der mit dem Schimmel..;) angeboten hat ein derzeit nicht genutztes Kursmikroskop bis zur Wiederaufnahme der derzeit pausierten Präsenzkurse auszuleihen - da konnte ich natürlich nicht widerstehen!

    Zwar ohne dickes Kaliber und ohne Mass - aber hey dachte ich mir, da werfe ich doch mal drunter was mir als nächstes unter die Nase kommt!

    ...es war ein Porling. Rückblickend vielleicht nicht die beste Idee für die erste Session (sorry liebe Deckgläschen, der Pilz war härter)... aber er ich mag doch Zähnchenschwämme so gern ==Gnolm26

    Zunächst habe ich tatsächlich versucht ein Zähnchen längs mit einer Rasierklinge zu schneiden. Das ist nur mit Pinzettchen, ohne Einbettung naja ==Gnolm18 (keine Kraftausdrücke, nein nein)

    Also hab ich einige kleine Zähnchen in Gänze druntergepackt. Resultat siehe oben. Schließlich habe ichs mit der hier im Forum für Ascos beschriebenen Zupf-Quetschtechnik versucht und das Glas hat gehalten. (Merci beaucoup auch an den gentilen Accipeter für die literarische Unterstützung!)

    Das sah dann so aus:


    1) Makroskopisch: an einem stark vermorschten Hainbuchen (Carpinus betulus) Stumpf fand ich diesen teils resupinaten, teils deutlich (bis ca 3cm) pileaten Bewuchs mit leicht filziger, grün bealgter Oberfläche und unterseits peripher polygonalen Poren die nach zentral immer mehr in flache "Stacheln" übergehen und nicht mehr rein weiss waren.

    So rein makroskopisch würde er schon zu Irpex lacteum passen meine ich, aber die Steccherinum Arten sind ja bekanntermaßen schwer zu unterscheiden.






    2) mikoskopisch in Leitungswasser:


    a) kleine "Stachel"Spitze in toto:



    Was die dünnen Strukturen sind konnte ich nicht eruieren. Basidien sollten jedefalls eher keulig aussehen? Der dicke inkrustierte Prügel bei 9h könnte vieleicht eine Pseudo- Zystide sein. (warum eigentlich Pseudo?) hm so Vieles verstehe ich nocht nicht...



    Diese auffälligen inkrustierten Strukturen fand ich auch im Zupfpräparat noch vielmals:





    hier habe ich nochmal eine Ausschnittsvergrößerung gemacht- sind das doch verschrumpelte Basidien?



    (Anmerkung: damit man auf dem handgehaltenen Foto durchs Okular überhaupt was erkennt musste ich Kontrast und Beleuchtung auf Anschlag drehen, daher erscheinen die Zellwände viel zu dick, erstes und letztes Bild haben einen Rotstich da mit Handy versucht)


    und schließlich fand ich doch noch einige Septen ohne Schnallen (hoffe ich zumindest)



    natürlich kann ich mangels Erfahrung nicht ausschließen dass ich welche übersehen oder nicht erkannt habe und somit kann ich keinesfalls behaupten da wären keine (Aber zumindest ist mir keine ins Auge gesprungen)


    Zuletzt habe ich mehrere Tage versucht ihm Sporen zu entlocken (angefeuchtet draußen unter Glas, drinnen unter Glas, auf der Heizung unter Glas), keine Chance ;(

    Habt ihr noch einen Tip oder ist der um die Jahreszeit einfach leer? (ok, viel würde es ohne Messung zur Bestimmung eh nicht beitragen, außer sie wären rund, dann wärs wohl S. bourdotii)


    Somit kann ich zwar nicht beweisen dass es Irpex ist, aber zumindest spricht bisher nichts dagegen- oder?


    Ich bin euch sehr dankbar für Interpretationshilfe und bitte korrigiert mich wenn ich Schmarrn verzapfe!


    Ein schönes Wochenende

    Ogni

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Ogni!


    Ich finde deine MIkrobilder sehr gelungen. :thumbup:

    Zu ein paar Fragen kann ich vielleicht was beitragen:

    Zitat

    Was die dünnen Strukturen sind konnte ich nicht eruieren. Basidien sollten jedefalls eher keulig aussehen? Der dicke inkrustierte Prügel bei 9h könnte vieleicht eine Pseudo- Zystide sein. (warum eigentlich Pseudo?)

    Die Spitzen der Stacheln / Zähnchen sind steril, ebenso wie die Röhrenmündungen / Poren bei vielen Porlingen. Da wird man keine Basidien finden, sondern meistens (so wie hier) Lediglich Hyphenenden in irgendeiner Form. Gelegentlich mit anderen sterilen Elementen dazwischen, sowie die Pseudozystide in deinem Bild.
    "Pseudozystiden" sagt man deshalb, weil echte Zystiden Elemente sind, die in der Hymenialschicht gebildet werden, also auf der selben Ebene wie die Basidien. Bei Steccherinum (und Irpex, und Junghuhnia natürlich) entspringen diese Elemente aber in der Stacheltrama, es sind sozusagen spezialisierte Enden von Skeletthyphen oder skeletoiden Hyphen. Spezialisiert deswegen, weil sie eben so inkrustiert sind und oft auch verbreitert. Sieht also schon noch anders aus als die normalen hyphenenden (von generativen Hyphen wie von Skeletthyphen), wie du sie zB an den Zähnchenspitzen siehst.


    Sporenabwürfe sind bei solchen Pilzen oft tückisch. Gerade bei Steccherinum, die wollen manchmal so gar nichts abwerfen. Oft findet man auch in den Gewebepräparaten nahezu nichts, kaum Sporen die da rumschwimmen. Die haben halt eine Sporulationsphase, wenn die durch ist, hat man keine Chance mehr auf einen Abwurf. Die Fruchtkörper sind allerdings sehr dauerhaft und bleiben auch nach dem Absporen noch lange sichtbar - und sehen dabei sogar noch sehr ordentlich aus.


    Also: Schau mal noch gründlicher nach den Schnallen, vor allem auch direkt im hymenium. Wenn wirklich alles ohne Schnallen, dann ist das auch ohne Sporen Irpex lacteus, wie Frank schon schrieb. Mit Schnallen wäre es etwas komplizierter.



    Lg; Pablo.

  • Danke Frank- wie viele Septen sollte man denn so geprüft haben auf Schnallen? Schwierige Frage, ok vermutlich alle die man entdeckt;)


    Aber was anderes:

    Wenn ich mich recht erinnere haben die Schnallen was mit der Zellteilung zu tun- kann es dann sein wenn der Fruchtkörper alt und abgesport ist dass man keine Schnallen mehr findet einfach weil er nicht mehr wächst?


    Grüße Ogni

  • Hallo Ogni,

    Schnallen entstehen während des Zellwachtums /Teilung.

    Und wenn sie da sind , bleiben sie auch.

    Sind aber in manchen Fällen schwer zu finden , oft aber auch sehr deutlich.

    Meine Frau sagt manchmal wenn ich am Mikro sitze :

    "Suchst du wieder nach Schnallen ?"

    Gruß

    Norbert

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    Pilzchips = 100 -5 APR 2015 +12 APR 2016 = 107 -7 Für APR 2017 = 100 + 5 APR 2018 =105 +5 APR 2019 =110+6 APR 2020=116+5+4 APR2021=125

    -15 für APR 2022 = 110. -15 für APR 2024 = 95

    Pilzbestimmung im Netz ist keine Essfreigabe

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  • Pablo, danke dass du dir die Mühe gemacht hast das so ausführlich zu erklären! :thumbup::thumbup:

    Theoretisch zu wissen wie was aussieht nützt halt nicht viel wenn man es dann an der falschen Stelle sucht oder misinterpretiert- insofern ist das toll wenn jemand das an einem konkreten Beispiel erläutern kann!


    Eine Frage habe ich jetzt doch noch:

    Kann ich generative und Skelett Hyphen im Hymenium irgendwie unterscheiden? Sind die Skeletthyphen bei den infrage kommenden Arten am Ende immer inkrustiert?


    Nochmal ganz lieben Dank für deine Anmerkungen,

    Ogni

  • Ha Norbert, das ist ja gut dass sie nicht eifersüchtig ist

    Nicht auf diese.......

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  • Eine Frage habe ich jetzt doch noch:

    Kann ich generative und Skelett Hyphen im Hymenium irgendwie unterscheiden? Sind die Skeletthyphen bei den infrage kommenden Arten am Ende immer inkrustiert?

    Servus ogni volta,


    per definitionem sind Skeletthyphen sehr lange Zellen - also ein Faden aus nur einer Zelle - haben daher keine Septen.


    Schnallensuche ist bei Porlingen, die dimitisch sind, daher immer so ne Sache. Man braucht dafür generative Hyphen, die man im Winter vergebens suchen kann. Wenn die "Skeletthyphen" doch Septen haben, dann sind es skelettisierte Hyphen. Hat die Art Schnallen, ist es dann ganz simpel - denn die Schnallen sieht man dann immer, weil ja auch skelettisiewrte Hyphen dauerhaft vorhanden sind.


    Phellinus (s.l.) hat z. B. eigentlich skelettisierte Hyphen, man findet immer wieder mal ein Septum, aber immer nur einfache Septen, also keine Schnallen, sodass sie nicht weiter auffallen. Auch bei Fomes findet man immer wieder Septen an den "Skeletthyphen". Es ist aber nicht klar, ob da nicht Skeletthyphen plus skelettisierte Hyphen, die genau wie Skeletthyphen aussehen, auftreten.


    Da Porlinge völlig polyphyletisch sind, kann man die Geflechte der Fruchtkörper sehr schlecht vergleichen oder homologisieren.


    Bei Irpex / Steccherinum sind die Hyphenenden der skelettisierten Hyphen, die den Kern der Aculei bilden, typischerweise kristallin inkrustiert. Ich weiß jetzt nicht, ob auch echte Skeletthyphen auftreten, die Arten also echt dimitisch sind und nicht nur pseudodimitisch (Bernicchia & Gorjón differenzieren das nicht). Ich muss mal drauf achten, wenn ich sowas mal wieder mikroskopiere.


    Im Bereich der Aculei solltest du eigentlich genug Septen finden. Sind die doppelt, also Hauptseptum und schräges Septum mit Schnallenbogen, ist es Steccherinum. Das wurde aber alles schon erklärt, ich will es nicht nochmal wiederholen. Für mich ist dein Fund auch makroskopisch ein Irpex - die Stacheln sind oft richtig plattenartig. Und ich gehe davon aus, dass du keine Schnallen gesehen hast, weil keine auftreten, da du ja ein paar Septen sehen konntest.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Ihr seid echt spitze! Danke für die Erläuterungen und Einführung in die Terminologie Christoph! Toll dass ihr auch Neulingen geduldig versucht die Mykologie näher zu bringen und euch nicht sagt „was interessiert mich dieser Kinderkram“. Ich denke davon kann auch mancher stille Mitleser profitieren, so wie ich mich auch immer freue wenn jemand auch mal die Basics fragt.
    Schöne Woche,

    Ogni