Schon wieder: Lackporling?

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 3.851 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Hallo,

    ich habe gestern im einem Bruchwald (Altarm eines kleineren Flusses) bei tiefen Frosttemperaturen einen Porling gefunden, den ich nicht bestimmen kann. Mit wenig Ahnung, etwas Recherche und großer Tippfreude habe ich den mal glänzender Lackporling getauft. Das Substrat konnte ich leider nicht bestimmen, schien mir eine Weichholzart zu sein. Irritiert haben mich die braunen Porenöffnungen, die Hutfarbe stimmt ebenfalls nicht so richtig mit dem Tipp überein. Ich vermute aber, dass es sich um einen Senior mit Frostschaden handelt, so dass es bestimmt schwierig ist, genau zu bestimmen. Sporenabdruck habe ich nicht gemacht. Der riecht völlig neutral (mit meiner Nase). Ich habe an der Oberfläche etwas gezündelt, das hat verschmort gerochen, die Stelle ist schwarz geworden, keine Blasen o.ä.

    Ich hoffe, die Bilder in einer vernünftigen Reihenfolge hier eingestellt zu bekommen.

    Viele Grüße,

    Suku

  • Hallo Suku,


    das Foto deiner Schnittaufnahme passt zu Ganoderma applantum, Röhrenschicht-Analyse, Altersbestimmung und Körpersprache mehrjähriger Pilzfruchtkörper


    LG

    Peter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Hallo Suku,

    ich würde Deinen Fund eher für eine alte Rötende Tramete- Daedaleopsis confragosa halten.

    Dieser Porling wächst gern an Weichhölzern. Durch das Alter sind die Fruchtkörper schon ziemlich dunkel verfärbt.

    Für den Flachen Lackporling (Ganoderma applanatum) sind mir die Poren viel zu groß.

    VG Ulla

  • Servus Suku,


    ich gehe da völlif konform mit Ulla. Das Porenbild passt bestens auf D. confragosa, auch die Oberseite, die Färbung (für so alte Winterexemplare) und auch das Habitat. Eine zweite Porenschicht kann immer mal angelegt werden, wenn es besondere Witterung gab (zu trocken, dann weitergewachsen). Ich glaube nicht, dass man da eine echte Trennschicht finden wird, nur zwei Wachstumsschübe.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Peter,

    danke für Deine Antwort und den Link. Von einer Altersbestimmung der Porlinge über die Analyse der Röhrenschichten hatte ich noch nichts gehört. Ich werde wohl noch einige Jahre mit intensiven Studien verbringen müssen, ehe sich mir das theoretisch und praktisch erschließt. Mal sehen, ob sich da meine Motivation erhalten lässt, es gibt einfach zu viele Pilze :/. Einer vorgegebenen Interpretation zu folgen, scheint mir manchmal machbar. Die Schlüsse selbstständig zu ziehen benötigt dagegen schon ziemlich viel Erfahrung.


    Hallo Ulla, hallo Christoph,

    danke für die Einordnung. Ich habe mal im Netz nach Bildern gesucht, da kommen einige Abbildungen der rötenden Tramete meinem Fund schon näher. Vor allem die Beschreibung der Oberflächenstruktur mit Gruben ist mir sympathisch. Ich kann momentan nur mit vergleichenden Bildern arbeiten, zu mehr reicht mein Wissen noch nicht. Verblüffend finde ich dabei immer wieder die komplett unterschiedliche Farbgebung der Fruchtkörper. Ich meine, gerade die holzbesiedelnden Konsolenpilze sind da besonders erfindungsreich. Wenn die dann noch, nach mehreren Lebensjahren, veralgt sind (oder sind das Flechten, also in Symbiose mit Pilzen) machen die einem die makroskopische Bestimmung schwer. Die Braunfärbung der Röhrenenden ist dem Alter geschuldet? Die Netzbilder geben meist eine helle Unterseite wieder.


    LG

    Suku

  • Hallo Harald,


    Dein Beitrag ist gerade eingetrudelt, als ich den anderen geantwortet habe.

    Ich habe keine "Härtevergleiche" von rötender Tramete zu flachem Lackporling. Der gefundende Pilz ließ sich etwas verbiegen und mit einem Teppichmesser ohne große Schwierigkeiten teilen.


    LG

    Suku

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Suku!


    Beides, was du beschreibst (biegen und mit Teppichmesser durchschneiden ohne 10x die Klinge wechseln zu müssen) ist zumindest bei den mehrjährigen Ganoderma - Arten völlig unmöglich. Die Arten aus der lucidum - Sippe sind etwas weicher, aber wie oben schon geschrieben: Alleine wegen der Porengröße kann das keiine Ganoderma sein.



    LG; Pablo.

  • Hallo Peter, Harald, Ulla, Christoph, Pablo,


    ich habe mich mit der "Winterform" der Rötenden Tramete - Daedaleopsis confragosa aufgrund Eurer Hinweise beschäftigt. Irritiert hat mich zunächst die Varietät tricolor, die der Färbung meiner Funde mit den deutlichen Rottönen etwas näher kam. Die hat aber, nach dem was ich gelesen habe, schon eher lamellenartige Strukturen auf der Unterseite. Inzwischen bin ich hier im Forum häufiger auch auf diese rot-braune Färbung bei älteren Exemplaren gestoßen, die wohl dem Alter und dem Frost geschuldet ist. Ich lerne zunehmend, dass es bei Pilzen schwierig ist, Farbe als kennzeichnendes Bestimmungsmerkmal zu nutzen. Schlüssel zur makroskopischen Bestimmung zu nutzen wird wohl früher oder später unumgänglich sein. Danke für die Hilfestellung.


    LG

    Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Michael!


    Das sind schon beides eigenständige Arten, die Rötende und die Dreifarbige. Also nicht kreuzbar, genetisch klar getrennt und auch morphologisch in den meisten Fällen gut zu unterscheiden. Das Farbspektrum spielt schon eine Rolle, verändert sich aber in der Fruchtkörperentwicklung massiv und gleicht sich teils dann auch an. Wichtiger sind Struktur des Hymenophors, Habitus und Wuchsweise & Zonierung der Oberseite.

    Bissel ausführlicher beleuchtet:
    >Daedaleopsis confragosa<

    >Daedaleopsis tricolor<



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    danke für den Hinweis. Ich hatte die Systematik bei Wikipedia so verstanden:


    "Oft wird eine Varietät tricolor unterschieden. Diese besitzt einen deutlich kräftiger weinrot gefärbten Hut, der jedoch etwas einheitlicher getönt und durchschnittlich etwas kleiner ist, sowie lamelliges, stärker silbrig glänzendes Hymenophor. Ein weiteres Merkmal ist die Vorliebe für wärmere Standorte. So besiedelt die var. tricolor nur Substrate bis zur submontanen Stufe und ist dort bereits selten anzutreffen. Krieglsteiner bezweifelt jedoch die Berechtigung dieser Varietät, da Übergänge der Gestalt des Hymenophors und der Hutfarbe in allen Kombinationen selbst am gemeinsamen Substrat vorkommen können"


    Rötender Blätterwirrling – Wikipedia


    Es scheint, als ob sich da die Weisheit bestätigt, dass man Wikipedia mit Vorsicht begegnen sollte. Die Quellen, aus denen dort zitiert wird, habe ich nicht gelesen. So richtig wissenschaftlich einarbeiten wollte ich mich da gar nicht. Gut, dass mein viertel-Wissen hier so schnell korrigiert wird. Aber ist schon ganz cool, wenn man sich da auf diese Art mit auseinandersetzt, vergisst man das nicht mehr so schnell :cool:. Varietät meint aber schon: Gleiche Art, u.U. sogar genetisch gleich, morphologisch aber verschieden, z.B. aufgrund von Standort, Wuchsbedingungen..., oder?

    Deine Links schaue ich mir noch in Ruhe an, danke dafür.


    LG Michael


    Edit: in Deinem Portrait (dem 2.Link) beschreibst Du, dass diskutiert wird, ob es sich um eine eigenständige Art handelt, ob diese kreuzbar sind...Es scheint also zumindest zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar zu sein, ob es sich um eine eigenständige Art handelt, oder nicht. Du beziehst da mit einer Meinung Stellung und stellst das differenzierter dar, meine voreilige Wikipedia-Kritik ziehe ich aber lieber zurück. Es sei denn, da hat sich inzwischen was getan?

  • Servus Suku,


    ganz so einfach ist es nicht ;-). Es gibt drei Taxa, Daedaleopsis confragosa s.str., D. (confragosa var.) tricolor und D. septentrionalis. Die beiden letzteren haben Lamellen und D. septentrionalis kreuzt sich nicht mit D. confragosa, ist aber nordisch verbreitet.


    An der Uni Wien wurde versucht, D. tricolor und D. confragosa mittels ITS zu trennen, was nicht gelang. Einen Multigenstammbaum von Deadaleopsis kenne ich nicht, bin da vielleicht nicht mehr up to date.


    Kurz gesagt: die Meinungen gehen immer noch klar auseinander. Beorn - hast du eine Quelle?


    Ich selber bin eher der Spalter, zumindest dann, wenn ich ökologische Unterschiede sehe, da ich gerne versuche, ein kombiniertes Artkonzept (evolutionär-ökologisch) anzuwenden. Ich kenne D. tricolor vor allem von Rosaceae, z. B. Sorbus (nicht ausschließlich, aber doch gerne), ebenfalls von Fagus und ja, auch gerne an sonnig-warmen, trockenen Stellen, während D. confragosa eher in luftfeuchten Habitaten, gerne an Weichhölzern wie Salix vorkommt. D. confragosa kann auch mal lamellig daher kommen.


    Frisch und jung sind zudem die Farben anders und auch die Fruchtkörperform (da ist D. tricolor flacher). Ich sehe einige Merkmale korreliert. Inwiefern das Substrat die Fruchtkörperausprägung beeinflusst, weiß ich nicht, also ob manche Merkmale nicht unabhängig sind. Die ökologische Einnischung erscheint mir aber anders, dann die Merkmale, deshalb habe ich bisher immer zu Trennung auf Artebene tendiert.


    Zu Wikipedia - ich bin befangen, weil ich versuche, bei den Pilzen (und der Astronomie) dort mitzuarbeiten und zu helfen. Mir fällt da auf, dass sehr viele Pilzseiten mit viel Fleiß aufgebaut wurden. Früher gabe es keine Pflicht, Aussagen per Fußnote zu belegen. Sehr viele Arten wurden dann mit Hilfe der Großpilze Baden-Württembergs eingetragen (man muss ja mal nen Anfang machen), dann mit Bilderbüchern und einer Onlinedatenbank, die lange nicht mehr existiert. Viele Seiten sind auf dem Stand stehen geblieben. Seit den GrPBW ist viel Zeit vergangen. Fachliteratur, Monographien, genetische Artikel wurden oft nicht verwendet. Die GrPBW sind keine Monographie und auch kein echtes Bestimmungsbuch, sondern eine Auswertung der ökologischen Pilzkartierung. Einer der Autoren, G.J. Krieglsteiner, fuhr ein sehr breites Artkonzept, welches heute sehr oft widerlegt wurde. Auf der anderen Seite werden auch viele Datensätze als s.l. kartiert. Die Auswertung konnte daher nur als s.l. erfolgen.

    Da bei Wikipedia nur (noch) sehr wenige bei den Pilzen tätig sind, sind viele Seiten veraltet. Aber, und das ist in meinen Augen die Stärke, es wird ja die Literatur zitiert. Findest du Aussagen von Krieglsteiner aus den 90er Jahren, dann sind die 20 bis 30 Jahre alt. Dann ist klar, dass das nicht mehr aktuell sein muss. Wikipedia-Artikel sind m.E. nur dann nicht seriös, wenn keine Verlinkung zu den Quellen erfolgt. Solche Artikel bekommen - wenn sie nicht übersehen wurden - einen Qualitätssicherungsbaustein.


    Zurück zu deinem Pilz - das ist ganz typisch D. confragosa s.str. Ich würde aber nicht unbedingt Winterfunde, die wegen des Winters abgestorben sind, andere Farben als normal zeigen (usw.) bestimmen wollen, wenn ich Porlinge kennenlernen will. Warte lieber auf die Saison, dann ist es viel leichter.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    ja ich habe schon gemerkt, mycoloco passt wohl perfekt.8o

    Ich danke dir für die ausführliche Antwort, so ein bis zwei Sätze habe ich auch verstanden.:/


    Im Ernst: die Diskussion hier findet auf hohem wissenschaftlichen Niveau statt, zumindest von eurer Seite. Und das ist gut so, schließlich können da sicherlich Mitleser von profitieren. Ich hingegen ziehe demütig meinen Hut, folge deinem Rat und warte auf die Saison.


    Im Winter gibt es halt wenig anderes und es macht doch so einen Spaß im Wald rumzurennen, Pilze zu finden, die man vorher noch nie gesehen hat, weil keine Aufmerksamkeit dafür da war. Und dann noch rauszubekommen, was man da gefunden hat. Hier habe ich mich aber zu arg verstrickt, habe nicht geahnt, dass es so schwierig ist.


    Ich bin verblüfft über die Mühe, die ihr euch gebt und den Tiefgang hier.

    Anfragen werde ich weiter stellen, auch im Winter. Aber so nachbohren wohl nicht mehr.


    LG Michael

  • ja ich habe schon gemerkt, mycoloco passt wohl perfekt.8o

    Servus Michael, aber sowas von *hihi


    Im Winter gibt es halt wenig anderes und es macht doch so einen Spaß im Wald rumzurennen, Pilze zu finden, die man vorher noch nie gesehen hat, weil keine Aufmerksamkeit dafür da war. Und dann noch rauszubekommen, was man da gefunden hat. Hier habe ich mich aber zu arg verstrickt, habe nicht geahnt, dass es so schwierig ist.

    Und ob es Spaß macht, draußen herumzulaufen. Das ist zudem sehr gesund :-). Das Bestimmen ist halt manchmal schwierig, beziehungsweise der Versuch, Vorschläge aus dem Forum mit Büchern zu vergleichen, da die ja meist typische, frische Fruchtkörper ablichten. Was nicht heißen soll, dass man sich nicht auch mit Porlingen im Winter beschäftigen kann.


    Anfragen werde ich weiter stellen, auch im Winter. Aber so nachbohren wohl nicht mehr.

    Doch, doch - bohr ruhig nach. Die Diskussionen, die sich ergeben, sind sicher auch für andere Mitleser interessant.


    Liebe Grüße,

    Christoph

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Weia... Danke für den Hinweis, Christoph.

    Das passiert, wenn man sich Dinge falsch merkt,bzw. nicht nochmal nachliest vor dem Schreiben.
    Die Trennung von Daedaleopsis confragosa vs. D. septentrionalis (die eben D. tricolor sehr ähnlich sieht) lässt sich genetisch bestätigen - nicht aber die Trennung von D. confragosa und D. tricolor.
    Und nein, soweit ich weiß gibt es dazu keine neueren Studien; zumindest in meiner gespeicherten Literatur finde ich dazu nur zwei Artikel:

    Österr. Z. Pilzk. 24 (2015) - Molecular evaluation of species delimitation and barcoding of Daedaleopsis confragosa specimens in Austriaund

    CZECH MYCOLOGY 66(2): 107–119, DECEMBER 23, 2014 -Taxonomic evaluation of the polypore Daedaleopsis tricolor based on morphology and molecular data
    Also muss ich das richtig stellen: Nein, die Trennung ist nicht so leicht belegbar.
    Dennoch halte ich Daedaleopsis tricolor und Daedaleopsis confragosa für zwei verschiedene Arten. Auch wenn sich die ökologsichen Amplituden überschneiden, erkennt man durchaus eine Korrelation zwischen morphologischen Merkmalen und bevorzugten ökologischen Bedingungen. Es gibt vereinzelt diffuse Kollektionen, die schwer einem der beiden Taxa zuzuordnen sind, aber in den meisten Fällen ist die Unterscheidung schon recht eindeutig.
    Daedaleopsis septentrionalis kenne ich leider nicht aus eigenen Funden, das wäre mal interessant zu beobachten, inwieweit die sich morphologisch (also nicht nur durchs verbreitungsgebiet) von D. tricolor unterscheiden lässt.



    LG; Pablo.