Telamoniensammlung vom letzten Herbst

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  • Servus zusammen,


    habe mich letztes Jahr im Herbst einigen kleinen meist braunen Telamonien abgegeben. Eine Bestimmung erhoffe und erwarte ich mir hier nicht, aber ich wollte die Arten einfach mal dokumentiert haben.

    Natürlich würde es mich trotzdem interessieren, wenn jemand der Cortinarien-Kenner hierzu nähere Infos hat oder nennen würde worauf es noch ankommt.

    Belege existieren zu allen Kollektionen, meine Herbar- bzw. Datenbanknummer gebe ich in Klammern mit an.

    Interessant wäre für mich auch welche der Arten hier am besten sequenziert werden sollten und wenn, welche Loci dort von Interesse wären, also ob die ITS nach Stand der Kenntnis ausreicht.


    Kann gut sein, dass ich mangels Erfahrung mit Telamonien nicht immer alle relevanten Merkmale angegeben habe oder angeben kann, aber irgendwo muss man ja mal anfangen.

    Mikroskopisch hatte keine der Arten irgendwie auffallende Cheilozystiden, das schreibe ich nicht jedes Mal dazu. Alle Mikrofotos in verdünnter KOH, Sporenmesswerte erst mal grob nach ca. 10 nach Augenmaß selektierten Sporen, geht natürlich auch ausführlicher wenn von Interesse.


    Nr. 1 (#8312+#8412)

    Eine kleine orangebraune Art unter Weiden, Hut 1-2,5 cm, 5-6 cm Gesamtlänge. Möglich wäre auch Pappel als Mykorrhizapartner, Birke sehr unwahrscheinlich.

    Die selbe Stelle habe ich mehrfach aufgesucht, daher gibt es zwei Belegnummern. Beim ersten Mal meinte ich einen klar süßlichen Geruch zu erkennen, irgendwie komisch Richtung Honig, kaum sinnvoll zu beschreiben, aber angenehm. Jedoch fehlte der Geruch einige Tage später selbst bei Lagerung in der Dose. Da die Exemplare vom gleichen Büschel an der exakt gleichen Stelle stammten, kann der Geruch wegen zunehmender Kälte verflogen sein oder meine Nase hatte am ersten Tag eine Totalverirrung.

    Wie auch immer, hier noch die übrigen Daten:

    Sporen: 7,2-8,5 x 4,5-5µm

    Velum mit Schnallen, habe keine nennenswerten Inkrustationen in der HDS gesehen.


    Nr. 2 (#8313)

    An der gleichen Stelle wie Nr. 1, nur 50 cm entfernt. Auch von der Größe her praktisch identisch, bis 2,5cm Huntdurchmesser, usw. Aber makroskopisch mit violettlichen Tönen, ähnelt insgesamt einer Mini-Ausgabe von C. hemitrichus.

    Kein Geruch wahrnehmbar.

    Sporen: 8-9 x 5-5,5µm

    Velum mit Schnallen, HDS mit Inkrustationen.


    Nr. 3 (#8315)

    Denke hier, dass das C. decipiens oder was Nahestehendes ist.

    Etwa 50m von 1+2 entfernt, in einer jungen Kiefernpflanzung, auch Birke direkt daneben. Wieder kein besonderer Geruch, mit bis 4cm Hurdurchmesser klar größer als die anderen und auffallend dunkel in der Mitte. Die Lamellen kontrastieren schön zum Hut.

    Sporen: 8,3-9,2 x (4,7)5-5,5µm

    Velum wieder mit Schnallen.


    Nr. 4 (#8358)

    Immer noch im gleichen Gebiet, ca. 150m von den anderen entfernt, an einem steilen Hang unter Pappel, Weide und Birke.

    Hut wieder bis um 2,5cm mit deutlicher Papille und ohne nennenswerten Geruch, aber die Sporen sind sehr auffällig, nämlich nach vorne deutlich ausgezogen-zugespitzt, habe sowas noch nie bei einem Cortinarius gesehen. Ist sowas normal oder kann das als Anormaliät auftreten? Oder am Ende sogar arttypisch?

    Sporen: (7,9)8-11,5 x 4,2-5(5,5)µm, durch die unterschiedlich lang ausgezogene Spitze sehr variabel in der Länge

    Schnallen wieder vorhanden, HDS klar mit Inkrustationen.

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Weiter geht es:


    Nr. 5 (#8405)

    Jetzt in einem völlig anderen Gebiet, in einer Hochlage im Fichtenwald, aber auch Birken vorhanden. Ziemlich groß im Vergleich zu den anderen 5-6cm Hurdurchmesser werden problemlos erreicht. Geruchlos.

    Sporen: 7,2-8,2(9) x 4,2-5µm, relativ hell.

    Inkrustationen und Schnallen vorhanden.


    Nr. 6 (#8406)

    An einem Parkplatzrand unter Pappel, aber auch Kiefer, Birke und weiter weg Eiche vorhanden. Mittelgroße Art meist 4-5cm Hutdurchmesser und ohne Geruch.

    Sporen: (8,5)9-10 x (4,5)5-5,3µm, sehr grob ornamentiert

    Mit sehr deutlichen Inkrustationen in der HDS.


    Nr. 7 (#8464)

    Wegen der großen Sporen denke ich ist das hier ziemlich klar Cortinarius casimiri. Oder gibt es da inzwischen auch mehrere mit so großen Sporen?

    Unter Pappel (und vereinzelt Weide) im ansonsten von Kiefern dominierten Nadelwald. Solche Cortinarien fand ich kurz letztes Jahr in rauen Mengen, regelrecht in Massen, aber nur wo Pappeln standen, im restlichen Wald nur sehr vereinzelt und wohl andere Arten. Ohne Geruch.

    Auffallend große Sporen mit recht feinem Ornament: 10-11,5 x 6,2-7µm

    HDS: mit Schnallen und mit schwachen Inkrustationen


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Hallo Matthias,


    die Nr. 1 würde ich für Cortinarius parvannulatus halten, vergleiche doch mal mit dem.

    Nr. 2 und 3 ist m.E. dasselbe, früher nannte ich das Cortinarius atrocoeruleus. Obs heute noch so heißt? Die klaren Unterschiede zu C. decipiens sind mir nicht geläufig, musst du mal schauen.

    Nr. 4 gehört vermutlich in die hinnuleus-Verwandtschaft. DIe SPoren halte ich eher für abnorm.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Servus Matthias,


    Liimatainen et al. 2020: Mission impossible completed: unlocking the nomenclature of the largest and most complicated subgenus of Cortinarius, Telamonia

    In dieser Arbeit (open source) wurden die meisten verfügbaren Typen der UG Telamonia sequenziert, meines Wissens vorwiegend die ITS, und die Sequenzen auch in GenBank hinterlegt.


    Dadurch kommt natürlich extrem viel Bewegung in die Taxonomie. Es wird aber sicher noch einige Zeit dauern, bis diese Ergebnisse zu praktikablen Telamonia-Schlüsseln führen werden. Denn erst wenn genügend sequenzierte Kollektionen zur Verfügung stehen, kann man ja nach morphologischen Übereinstimmungen suchen. Theoretisch gibt es natürlich die Möglichkeit, eigenes Material sequenzieren zu lassen und dann in BLAST-Analysen mit den Ergebnissen der oben genannten Studie zu vergleichen. Aber ich kenne mich da selber zu wenig aus.


    Zu den einzelnen Arten hat Andreas ja schon etwas geschrieben.


    Vielleicht als Ergänzung zu C. casimiri: Kollektionen, die so aussehen wie deine, mit diesen typischen subzylindrischen großen Sporen habe ich bislang auch als C. casimiri bestimmt (s. Cortinarius Flora Photografica, CFP). Schaut man jetzt aber in die Studie von Liimatainen et. al., dann sieht man im Phylogramm, dass es in der Sektion "Megaspori" offenbar drei anerkannte Arten gibt. Die beiden in CFP abgebildeten Kollektionen sind nicht einmal dasselbe, wenn ich das richtig interpretiere, und von C. casimiri scheint kein Typus verfügbar gewesen zu sein.


    Es bleibt also im Moment noch schwierig, aber wie du schon selber schreibst, mit irgendwas muss man ja mal anfangen, und der beste Anfang sind immer gut dokumentierte Kollektionen.


    Beste Grüße

    Hias

  • Hallo,


    zu der cf. casimiri hatte ich mich absichtlich nicht geäußert, denn makroskopisch habe ich diese Art so nie gesehen. Oder eben nicht bewusst registriert. das was ich als casimiri kenne hat immer violette Töne zumindest an der Stielspitze und ein eher glänzend seidiges Velum dazu. Daher hätte ich diese einfarbig braunen Pilze erst mal makroskopisch nicht mit casimiri in Einklang gebracht. Da aber ja nun mehrere Arten in diesem Komplex der großsporigen kleinen Telamonien erkannt sind, könnte es sich ja auch tatsächlich bei den Sippen mit bzw. ohne Violett um verschiedene Arten handeln, auch wenn die Violetttöne ja bekanntlich nur sehr eingeschränkt aussagekräftig sind.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas und Matthias,


    vielen Dank euch beiden, damit bin ich schon mal um einiges weiter als zu vor.

    C. parvannulatus scheint es ziemlich eindeutig zu sein, der passt exzellent. Bei atrocoeruleus schau ich mich mal noch etwas um, leicht ist ja was anderes.

    C. casimiri s.l., da hab ich es mir irgendwie schon gedacht, dass das ja zu einfach wäre. Aber umso spannender wird es die nicht einfach mal schnell abhaken zu können. Da schau ich auch mal was ich zu den drei Megaspori finden kann und ob die so auseinanderzuhalten sind. Hatte letztes Jahr weitere Kollektionen von solchen Großsporern, hier der aus einem anderen Gebiet ein paar Tage später hatte zumindest ein paar Violetttöne am Stiel, aber auch schon Frost abbekommen:


    Wie auch immer, ich werd mal versuchen da ein paar Sequenzen zu bekommen. In GenBank sind doch ziemlich viele Einträge drin und da in der Studie auch viele Typen dabei sind könnte das durchaus ein paar Erkenntnisse bringen. Bei vielen Helotiales schaut es da viel magerer aus im Vergleich, naja, die sind auch viel unscheinbarerer.


    Danke nochmals und viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.