Fragen zur Waldkalkung

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 3.787 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sanchez.

  • Hallo,


    heute bin ich über dieses Warnschild gestolpert:



    Der Link zur angegebenen Seite: HessenForst - Kalkung zum Schutz der Wälder


    Nun wie wird sich das auf die Pilzflora auswirken, nicht weit von dem Gebiet gibt es einen Bachlauf der den Kern eines kleinen Naturschutzgebietes darstellt, hier habe ich schon viele seltene Arten finden dürfen, selbst wenn die Kalkung das NSG auslassen wird, wird doch sicher der Kalk langsam durch abfließendes Wasser in das NSG getragen. Darf ich mich jetzt darauf einstellen, das hier so nach und nach alles an Pilzen verschwindet? Neue kalkliebende Arten werden sich hier ja wahrscheinlich nicht so schnell ansiedeln oder doch? Die rede ist von 300g/m2


    LG, Chris

    ...........................:snail:

    Meine Bilder dürfen außerhalb des Pilzforums.eu nicht veröffentlicht werden, die private Nutzung ist okay!

    Mehr Bilder auf

    Instagram: #FeierabendPilz

  • Hallo Chris,


    ein interessantes Thema. Ich erinnere mich an eine Erzählung meines Urgroßvaters. Ihm sei aufgefallen, dass das Aufkommen der Maronenröhrlinge nach einer Waldkalkung sehr stark abgenommen hatte. Für mich klang das logisch, da der Maronenröhrling gerne auf sauren Böden vorkommt. Ob und wie genau es da aber Zusammenhänge gab kann ich natürlich nicht beurteilen. Generell hörte ich von ihm oft, dass es früher viel mehr Pilze gab. Wie objektiv das Ganze war weiß ich nicht.
    Für mich wär es nur logisch wenn die Kalkung Auswirkungen auf die Pilzflora hätte. Bleibt noch die Frage wie stark diese ausfallen. Vielleicht gibt es da schon Untersuchungen:/


    Gruß
    Luca

  • Hallo Chris,

    zu DDR-Zeiten wurde auch hier im Thüringer Wald gekalkt. In letzter Zeit habe ich nichts mehr von solchen Maßnahmen gehört. Spürbare Auswirkungen auf Speisepilze hatte das Kalken allerdings nicht. Aber ich bin sicher, dass es nicht ohne Auswirkungen geblieben ist. Mit anderen Pilzen habe ich mich damals nicht befasst. Es ist ohnehin schwer einzuschätzen, weil so viele Faktoren für das Pilzwachstum eine Rolle spielen. In manchen Jahren hast du ein Massenaufkommen bestimmter Arten und dann fehlen sie wieder komplett. 2018 gab es Unmengen Nordische Porlinge und Winterhelmlinge. Seitdem fehlen sie völlig. Steinpilze gibt es sonst nur an ausgewählten Stellen. Im letzten Herbst war der Wald voll von ihnen. Also fast flächendeckend im Fichten- und Buchenwald. Es gab aber nur wenige Maronenröhrlinge und wiederum jede Menge Cortinarien.


    Ich beobachte, dass an Forstwegen, die mit kalkhaltigem Material befestigt wurden (was eigentlich untersagt ist) kalkliebende Pilze sprießen wie z.B. der Fleischrote Gallerttrichter. Sie beschränken sich hier allerdings auf den Wegrand und dringen nicht in den Wald vor.


    Es wird bei der Waldkalkung ja nicht so viel Kalk verabreicht, dass der Wald vom sauren ins basische Milieu kippt. Deshalb schätze ich, dass sie in erster Linie empfindliche Arten beeinträchtigen wird. Die sind ja in aller Regel auch selten. Aber das ist lediglich mein gefühltes Wissen.


    Sicher hingegen bin ich, dass die Waldkalkung, wie auch der Anbau von Monokulturen aus rein wirtschaftlichen Interessen erfolgt. Zuerst wird künstlich ein instabiler Wald geschaffen, dann versucht man, die Schäden irgendwie zu kompensieren. Das klingt weder nach einem zukunftsfähigen bzw. überlebensfähigem Wald noch finde ich das

    besonders schlau vor dem Hintergrund, dass ein vitaler Wald eigenen viel größeren CO2-Puffer abgibt, als ein kränkelnder.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo,


    Waldkalkung ist aus Naturschutzsicht ein Unding und ein ähnlich großes Übel wie Düngung (aber zum Glück längst nicht so verbreitet). Im Prinzip bewirkt es auch ähnliches. Pilze der sauren und der nährstoffarmen Böden verschwinden, einzelne Nährstoffzeiger wie Fuchsiger Rötelritterling, Trichterlinge und ähnliche werden gefördert.

    Düngung ist ökologisch nur dann gerechtfertigt, wenn die Böden aufgrund von sauren Einträgen (saurer Regen ...) so stark absauern, dass Aluminiumionenkonzentration bestimmte Grenzwerte überschreitet und damit die Nährstoffaufnahme und die Mykorrhizen der Bäume geschädigt wird.

    Literatur z.B. hier: Bodenversauerung und Nährstoffverfügbarkeit (thuenen.de)


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo,


    mittlereile habe ich auch schon die Helikopter gesehen, die meinen geliebten Wald auf Jahre vermurksen. Vielen Dank für die rege Rückmeldung!


    Grüße, Chris


    Noch ein paar Funde von dort:


    Fayodia bisphaerigera (nach Pilze Deutschland erstnachweis für Hessen)


    Chrysomphalina grossula


    Mycena amicta


    Mitrula paludosa


    Cudoniella clavus


    Cudoniella tenuispora

    ...........................:snail:

    Meine Bilder dürfen außerhalb des Pilzforums.eu nicht veröffentlicht werden, die private Nutzung ist okay!

    Mehr Bilder auf

    Instagram: #FeierabendPilz

  • Also dank der Waldkalkung wachsen hier leider keine Pfifferlinge mehr. Seit dem man hier fleißig gekalkt hat sieht man hier zumindest keine mehr.


    Generell ist der Wald was Pilze angeht nach dem Kalken vor zwei Jahren extrem Pilzarm. Dafür wachsen nun fleißig an einst moosigen Stellen Brombeeren und Unkraut bis zum geht nicht mehr.