Frühjahr 2021 im Fichtelgebirge - Teil 2

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.024 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Mreul.

  • Hallo zusammen,


    Nun der zweite Teil: (hier geht es zum Teil 1)

    An Kiefernnadeln wird man immer fündig, Melanospora chionea, Phacidium lacerum, Pseudohelotium pineti u.v.a. sind hier sehr häufig. Auch häufig, aber auffallend schön ist Lachnellula subtilissima:




    Nebenan ein neuer Standort vom Kleinen Nesterdstern, Geastrum quadrifidum, der häufigsten Erdsternart in meiner direkten Umgebung, weiter weg übernimmt fimbriatum die Führung:


    Pseudoplectania nigrella ist hier auch relativ häufig, in fast jedem geeigneten Biotop zu finden. Allein dieses Jahr kamen 3 neue Standorte dazu, an einem davon fanden sich ca. 150 Exemplare entlang eines Wegs:




    Im Wald drin im gleichen Waldgebiet dann Pseudoplectania episphagnum. Edit: doch nur eine nigrella, die sich an Sphagnum verirrt hat, danke v.a. an Christoph für die Infos zu den Arten. Und davon auch gleich locker über 100 Exemplare, meist gut versteckt im Sphagnum.

    Die Unterschiede zu typischen nigrella sind der Standort an Sphagnum, kleinere Fruchtkörper, die auch hier nur selten 1 cm überschritten und oft apikal gekrümmte Paraphysenspitzen. Die Paraphysen sehen im Schnitt auch etwas schlanker und dunkler aus als bei meinen Kollektionen von nigrella, aber das sind Nuancen, ich kann noch nicht beurteilen ob das konstant ist. Edit: Wie Hinweise von Christoph zeigen, sehen die Paraphysen der echten episphagnum nochmals deutlich anders aus.





    Und es sollte an dem Tag noch besser kommen: ca. 500 m von der Pseudoplectania-Stelle entfernt fand sich dann noch ein sehr erfreulicher Erstfund für mich, wenngleich nur zwei Exemplare von denen auch noch eins vergammelt war:

    Märzschneckling, Hygrophorus marzuolus.

    Wuchs hier rechts unten am Wegrand:






    Da davon selten Mikromerkmale gezeigt werden hier noch eine Auswahl an Mikrofotos:

    Sporen


    HDS mit Schnallen


    Basidiolen


    So kann es dieses Jahr gerne weitergehen. Derzeit allerdings liegt hier erst mal wieder Schnee.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

    Einmal editiert, zuletzt von Mreul ()

  • Hallo, Matthias,

    habe das Gefühl, dass die Fichtenwälder der mittleren bis oberen Mittelgebirgs-Lagen an mykologischer Vielfalt zulegen. Interessant finde ich auf Foto 5 das Inscheinungtreten kleiner hellgrauer Wegebau-Schotterstücke. Die sehen genauso aus, wie ich sie vom Waldwegebau zweier Staatsforstbezirke im Erzgebirge kenne. Ich weiß noch nicht, um welche Gesteinsart es sich handelt und woher diese bezogen wird. An den locker krautigen Rändern dieser nährstoffarmen Wegesränder habe ich schon Pilze wie Leuchtende Prachtbecherlinge, Spitzmorcheln und Schwarzweiße Lorcheln gefunden. Mir ist bekannt, dass es im Erzgebirge Gneise gibt, die Kalkanteile aufweisen. Vielleicht handelt es sich um so etwas.

    Ich werde mal nachforschen.

    MfG

    Thomas

  • Servus Matthias,

    Sind ja super Funde die du da mal wieder wunderbar abgelichtet hast:daumen:

    Die Märzi´s und die Ps. episphagnum such ich schon lange vergebens.


    Zur Ps. episphagnum noch eine Frage.

    Solche leicht abgewinkelten /gekrümmten Paraphysenspitzen ? hab ich bei Ps.nigrella (Fichtenwald ohne Sphagnum) schon öfter gesehen, müssten die bei Ps. episphagnum nicht deutlicher gebogen sein ?

    Es könnten z.B.auch die "Hymenialhaare" sein - die so gebogen sind?

    Zur Verdeutlichung ein Bild mit "Hymenialhaare" von P. nigrella


    Ist es evtl. möglich, dass die Ps. nigrella auch mal im Sphagnum wachsen kann, vorallem im Fichtenwald?

    Waren denn die Fruchtkörper deutlich gestielt?


    Hier mal ein Link

    Krisai-Greilhuber_Neue_Seltene_OZP26_final.pdf


    Wie gesagt ich kenn die Art nur aus der Literatur / Foren und bin einfach neugierig


    Grüße

    Felli

  • Hallo Thomas,


    an solchen Wegrändern finde ich immer wieder Interessantes, oft viel mehr als im Inneren der Wälder. Der Standort der Pseudoplectania nigrella auf Bild 5 war hier links auf einem moosigen Erdhügel, der beim Wegebau entstanden ist:


    Hallo Felli,


    dass das hier eine nigrella ist, die sich eben mal ans Sphagnum gesetzt hat, das kann ich nicht ganz ausschließen, drum hab ich auch vorsorglich etwas mehr mitgenommen, falls das mal zur Sequenzierung geht. Ich hatte nigrella v.a. wegen des Standorts und der kleineren Fruchtkörper ausgeschlossen.

    Siehe die Arbeit hier, wobei ja episphagnum hier sogar noch explizit als kurzstielig angegeben wird:

    (PDF) Phylogenetic and morphological studies in the genus Pseudoplectania (Ascomycota, Pezizales)

    Meine hatte einen klaren kurzen Stiel, aber eben auch nur einen kurzen. Im Schnittbild schlecht zu erkennen, da schwarz. Sämtliche überprüften Exemplare wuchsen definitiv am Sphagnum und nicht auf Erde oder Nadeln daneben. Damit komme ich im Schlüssel oben nicht an episphagnum vorbei. Funde von nigrella an Sphagnum hab ich noch von keinen gehört und auch selbst noch keine gehabt, aber kann natürlich nicht ausschließen, dass das vorkommt. Zumal ja nigrella in dem Gebiet auch zuhauf wächst. Aber in dem abgegrenzten Bereich strikt nur an Sphagnum.

    Zu den Paraphysen, tja schwierig. Es waren schon auch eindeutige Paraphysen gekrümmt, aber Dein Hinweis auf die Haare ist natürlich berechtigt, das hab ich nicht überall berücksichtigt. Die Bilder zeigen auch noch deutlich, dass hier nicht die Mehrheit gekrümmt ist, wie in der Literatur angegeben. Allerdings hab ich auch wieder mehr Krümmungen gesehen als bei einer zum Vergleich nochmal untersuchten eindeutigen nigrella. Vielleicht hat aber eine episphagnum noch stärker gekrümmte, ich kenn sie ja bisher auch nur aus der Literatur. Es sieht, wie oben geschrieben, subtil anders aus als bei nigrellas, die ich mikroskopiert habe, kann aber Reifegrad, Standortbedingungen, normale Variabilität usw. als Ursache auch nicht ausschließen.

    Ich denke, das kann letztendlich mal wieder nur per Sequenz zu 100% geklärt werden. Ist es episphagnum, dann ist der Unterschied bei den Paraphysen nicht immer so deutlich wie in der Literatur angegeben. Ist es doch nigrella, dann taugt das Merkmal an Sphagnum nicht zur Bestimmung und die Fruchtkörpergröße bei Reife ebensowenig, weil dann ja an Sphagnum wachsende nigrellas auch nicht sonderlich groß zu werden scheinen. Nur größere wären dann klar nigrella.

    Es bleibt also spannend wie so oft. ;)


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.

  • Servus Matthias und Felli,

    vllt lässt sich da ja was mit der einseitigen Schleimhülle der Sporen machen, die im vom Felli verlinkten österreichischen Artikel dargestellt und beschrieben ist. Das sollte ein eindeutiges Trennungsmerkmal sein, wie ich das verstanden hab.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • Servus Werner,

    Das hast du meiner Meinung nach nicht richtig gelesen.

    Diese exzentrische Schleimhülle besitzen sowohl P. nigrella als auch P. episphagnum.

    Schleimhülle bei P. nigrella


    Im Gegensatz dazu besitzt P. lignicola eine Schleimhülle die die komplette Spore zentral umhüllt.

    Also ganz so einfach ist es halt nicht.


    Grüße

    Felli

  • Erstmal vielen Dank, lieber Matthias, für diesen wunderbaren Beitrag!:)

    Also ganz so einfach ist es halt nicht.

    Was ist heutzutage in der Mykologie schon einfach?

    Da gab es bei Ascofrance soeben eine Diskussion zur eigentlich sehr gut bestimmbaren Fenestella fenestrata.

    Scheinbar gut bestimmbar.

    Doch Hermann Voglmayr meinte, sicherlich zu Recht, dass man ohne Sequenzierung nicht sicher sein kann.


    Das motiviert nicht wirklich - aber so ist nun mal das Leben.

    Und wir bleiben dennoch dran!


    LG, Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Servus Matthias,


    hinsichtlich deiner Pseudoplectania episphagnum bin ich skeptisch. Ich kenne die Art aus dem Bernrieder Filz ( Felli: würde sich für dich lohnen) - aus einem Schwingrasen, Sphagnum über Wasser. Andere bayerische Funde sind auch aus Hochmooren.

    Ich kann diesbezüglich mal wieder die Mycologia Bavarica empfehlen:


    Bauer G. (1999): Pseudoplectania sphagnophila (Pers.: Fr.) Kreisel (Ascomycota, Pezizales, Sarcoscyphaceae) erstmals in Bayern nachgewiesen. Mycologia Bavarica 3: 44-49.


    (Die Familienzuordnung stimmt natürlich nicht mehr, mittlerweile bei den Sarcosomataceae) Günter Bauer beschrieb schön, wie sich die Paraphysen unterscheiden. So sind sie bei Ps. episphagnum (damals lief sie noch unter anderem Namen) sehr stark miteinander durch eine dunkelbraune Masse verkittet und in Wasser kaum auseinanderzubringen. Günter hat sie in Kalilauge erhitzt und dann mit Wasser ausgewaschen, um sie einzeln zu trennen und dann die teils bizarre Form der Paraphysen herauszuarbeiten. So kann man die Arten gut trennen.

    Dass Ps. nigrella mal kurze Stiel hat, wenn sie in tieferem Moos steht, ist eigentlich nicht so ungewöhnlich.


    Schau dir den Artikel von Günter mal an - er wurde auch von Carbone et al. (2014) zitiert. Pseudoplectania episphagnum ist für mich eine typische Hochmoorart offener Sphagnum-Flächen, z. B. an Sphagnum magellanicum. In normalen Wälder an kleinen Sphagnum-Pölsterchen würde es mich sehr wundern, wenn es diese Art wäre - da kenne ich nur Ps. nigrella. Günter hatte auch gezeigt und abgebildet, wie die Hyphen in die Hyalozyten des Sphagnums eindringen, was Ps. nigrella auch nicht macht.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Servus zusammen,


    die Schleimhülle der Sporen kenne ich auch von beiden Arten.

    So wie Du, Christoph, es beschreibst mit den Paraphysen passt das nicht hierzu und auch die Zeichnungen im genannten Artikel passen so gar nicht zu dem was ich hier habe. D.h. die echte episphagnum muss was anderes sein, und das hier nur eine nigrella, die eben mal Vorliebe für Sphagnum zeigt. Damit sollte das soweit für den Moment klar sein. Schade zwar, aber sieht dann schlussendlich eindeutig aus, auch ökologisch ist das hier ja keine offene Sphagnum-Fläche.

    Wenn man die richtige episphagnum natürlich selbst kennt, ist das gleich ganz anders zu beurteilen. Und es gibt hier ja durchaus noch ein paar offene Moorbiotope, die für die Art passen könnten, insofern such ich umso motivierter weiter. Danke an alle für die Beiträge.


    Viele Grüße,

    Matthias

    Je intensiver man sich mit Pilzen beschäftigt, desto komplizierter wird es, sie zu bestimmen.