Seltene Schildflechten an einem Waldweg

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.870 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sennepilz.

  • Hallo zusammen,


    am letzten Sonntag fand ich innerhalb eines größeren Waldes an einem mageren, moosigen Wegrand in halbschattiger Lage gleich drei nicht alltägliche Schildflechten. Besonders bemerkenswert ist Peltigera membranacea, die im nördlichen Deutschland mittlerweile vom Aussterben bedroht ist. Aber auch die beiden anderen Arten sind schon recht selten geworden und sicherlich nur wenigen Naturfreunden bekannt.


    Peltigera membranacea


    Peltigera hymenina


    Peltigera neckeri


    LG Ingo

  • Schön, daß wir jetzt einen Kenner dieser interessanten Flechtengattung haben. Ich such demnächst mal meine "Peltigera sp." aus der virtuellen Bilderkiste :)...


    Viele Grüße

    Ralph

  • Ich such demnächst mal meine "Peltigera sp." aus der virtuellen Bilderkiste :) ...

    Hallo Ralph,


    die schaue ich mir gern an. Bin auch gespannt, welche Arten in diesem Forum noch auftauchen. Leider sind fast alle Schildflechten im Rückgang, so finden sich im Tiefland meist nur noch 2 bis 3 Arten und auch in den Mittelgebirgsregionen sind üppige und artenreiche Schildflechten-Vorkommen selten geworden. Mancherorts ist zwar noch mit mehr als 10 Arten zu rechnen, aber wahrscheinlich wird man auch dort lange suchen müssen, bis man auch nur 5 oder 6 Arten nachgewiesen hat. Deutlich besser sieht es (innerhalb Deutschlands) lediglich in den Alpen aus.


    Beste Grüße


    Ingo

  • Hallo Ingo

    Das sieht ja nicht schlecht aus –.insbesondere der Fund von P. membranacea ist ja schon doll. Diese ist mir hier in Schleswig-Holstein erst ein einziges Mal begegnet und dürfte auch früher bereits selten gewesen sein. Bezüglich P. hymenina und P. neckeri sieht es derweil gar nicht mal so schlecht aus. Beide Arten kommen hier und da in aufgelassenen Kiesgruben vor und konnten bei uns in den letzten Jahren doch mehrfach nachgewiesen werden; für diese beiden Arten sowie für P. canina (in Küstendünen), P. rufescens, P. didactyla und P. extenuata würde ich in Schleswig-Holstein aktuell eher eine stabile Bestandsentwicklung annehmen, wenn auch auf tlw. niedrigerem Niveau als früher. Bei uns noch nicht gefunden habe ich P. malacea, P. polydactylon, P. ponojensis, P. venosa und P. horizontalis; letztere hätte ja zumindest in den Altwaldrestbeständen im nördlichen Schleswig-Holstein, in denen ja (extrem selten) selbst die Lungenflechte noch zu finden ist, überdauern können – aber noch ist sie mir selbst dort nicht begegnet. Hast Du die letztgenannten Arten im Norddeutschen Raum bereits finden können?


    Beste Grüße aus dem Noden

    Patrick

  • Bei uns noch nicht gefunden habe ich P. malacea, P. polydactylon, P. ponojensis, P. venosa und P. horizontalis; letztere hätte ja zumindest in den Altwaldrestbeständen im nördlichen Schleswig-Holstein, in denen ja (extrem selten) selbst die Lungenflechte noch zu finden ist, überdauern können – aber noch ist sie mir selbst dort nicht begegnet. Hast Du die letztgenannten Arten im Norddeutschen Raum bereits finden können?

    Hallo Patrick,


    Peltigera malacea und P. venosa sind in Norddeutschland doch schon seit langer Zeit ausgestorben und werden auch nicht wieder auftauchen. Von Peltigera horizontalis soll es im niedersächsischen Bergland noch letzte Reste geben, ich habe sie allerdings noch nie gesehen. Peltigera polydactylon ist sehr zerstreut noch im Weser- und Leinebergland zu finden, bei mir im Raum Bielefeld (Westfälische Bucht, Teutoburger Wald und Eggebirge) konnte ich sie bisher nicht finden. Peltigera ponojensis ist wahrscheinlich verbreiteter als bisher angenommen, wegen der großen Ähnlichkeit mit der häufigen P. rufescens wird sie wohl öfters übersehen. Aus Bielefeld sind mir zwei Fundorte bekannt.


    P. didactyla, P. rufescens und P. extenuata sind als Pionierarten, die neue Standorte (aufgelassene Sand- und Kiesgruben, Brachflächen u.a.) sehr schnell besiedeln können, nicht bedroht. Anders sieht es bei P. canina aus. In den Küstendünen der nord- und ostfriesischen Inseln kommt sie (zusammen mit anderen Schildflechten) zwar noch in größerer Zahl vor, sie war früher aber auch im norddeutschen Binnenland verbreitet und nicht allzu selten. Davon ist aktuell so gut wie nichts mehr übrig.


    Hinzu kommt, dass auch die Bestände in den Küstendünen langfristig wohl nicht stabil sind, so sind zumindest auf den Ostfriesischen Inseln deutliche Rückgänge bei den Schildflechten-Vorkommen zu verzeichnen. Siehe hierzu die Arbeit von Uwe de Bruyn: SchriftenreiheNLPV_Band12_Flechten_2012.pdf


    LG Ingo

  • Hallo Kauz,


    ein schönes Foto einer üppig entwickelten Schildflechte. Aufgrund der relativ kurzen, büscheligen und schon am Thallusrand dunklen Rhizinen vermute ich hier eine Peltigera rufescens. Für eine sichere Bestimmung wären aber weitere Details zu klären.


    LG Ingo

  • Hallo Ingo

    Danke für Deine Einschätzung. Ich habe gerade mal in unserer Funddatenbank nachgeschaut: Von P. horizontalis haben wir tatsächlich doch einen sicheren Nachweis aus 2011, es besteht also Hoffnung, dass ich die Art auch nochmal auffinden kann. Zu P. malacea und P. venosa: Ja, die sind schon lange verschollen – aber ich sehe durchaus die Möglichkeit, dass sie irgendwann auch wieder auftauchen. Wir haben in den letzten Jahren so einige verschollen geglaubte (und wahrscheinlich zwischenzeitlich auch wirklich ausgestorbene) Arten wiederfinden können; bei den Flechten ist derzeit einiges in Bewegung, das durchaus Hoffnung auf die Zukunft macht. Insbesondere bei den Epiphyten hat sich in jüngster Zeit bei den Flechten (und auch bei den Moosen) einiges getan, was klar darauf hindeutet, dass die Schadstofffrachten (auch Stickstoff) doch abnehmen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis dieser Effekt auch die Böden erreicht; diese sind ja flächendeckend noch vollgesogen mit Stickstoff, sodass konkurrenzschwache Pflanzen/Flechten aktuell ganz schlechte Karten haben. Wenn die Standortbedingungen wieder passen, ploppen die Arten vielleicht wieder auf; irgendein Orkantief könnte aus dem Norden was zu uns rüberpusten.


    Beste Grüße

    Patrick

  • Hallo zusammen,


    ich habe mal eine grundsätzliche Frage an die Peltigera-Kenner. Für die Bestimmung ist ja die Unterseite immer sehr wichtig. Leider war es bis dato bei meinen Peltigera-Funden immer so, daß die Unterseite recht eng am Substrat anlag und entsprechend voller Erde war, daß ich keine Chance hatte, Rhizinen und Adern gut zu beurteilen. Gibt es da Tricks, wie man dort einen guten Blick erhaschen kann? Muß man da fleißig mit Wasser spülen?


    Björn

  • Hallo Björn,


    einen Trick gibt es da nicht, aber meist findet man bei größeren Thalli doch den einen oder anderen Lappen, der dem Substrat nicht oder nur wenig anliegt. Wachsen die Schildflechten auf Moos oder einer Streuschicht lassen sich die Unterseiten meist noch recht gut mit einer Pinzette frei zupfen. Schwieriger wird es bei Schildflechten, die direkt auf der Erde wachsen, da bekommt man auch mit viel Wasser die Unterseiten oft nicht richtig sauber. Ich habe das öfters versucht und bin dann schnell zu der Überzeugung gelangt, dass es weitaus weniger aufwändig ist, nach Lappen zu suchen, die den Kontakt zum Substrat verloren haben, weil sie über andere Lappen wachsen oder sich gegenseitig in die Höhe drücken. Es sollten sich aber auch in den Randbereichen der Thalli junge Lappen finden, die noch nicht allzu fest mit dem Substrat verbunden sind und eine noch weitgehend saubere Unterseite aufweisen.


    LG Ingo