Tubulicrinis aus Litauen - leider stark verwittert

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 3.092 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tomentella.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Bei den Pilzen von Bernd aus Litauen war auch ein Tubulicrinis dabei, das leider schon reichlich zersetzungserscheinungen zeigt. Vor allem ist der dünnwandige Apikalteil der Zystiden nicht mehr vorhanden, egal in welchem Medium betrachtet. Mangels Erfahrung in der Gattung kann ich nicht einschätzen, ob sich nur anhand der "Zystidenskelette" + Sporen + Basidien zu einer Bestimmung kommen lässt?

    Mit den kleinen, subglobosen Sporen dürften aber im grunde ja nur noch drei Arten in Frage kommen: Tubulicrinis thermometrus (= accedens?), Tubulicrinis cinctus und Tubulicrinis globisporus.

    Wären die theoretisch ohne "vollständige" Zystiden unterscheidbar, wenn man denn ein paar mehr Arten aus der Gattung kennt (als ich mit meinen bisher sagenhaften 1 eigenen Funden)?


    Eckdaten zum Fund soweit vorhanden:
    28.01. in Litauen (Zilinskai); toter Ast an lebender Kiefer (Angaben von kruenta )

    Fruchtkörper dünn aber gut sichtbar, getrocknet krustenartig, ohne makrochemische Reaktionen, feldrig aufgerissen
    Sporen um 3,5-4(4,5) x 3-4 µm, inamyloid, mit deutlichem Apikulus

    Zystiden in KOH löslich (bei 3% noch konsistent, bei einströmendem 30% KOH sofort auflösend), amyloid, in der Form aber sehr variabel (siehe Bilder unten)
    Hyphen stark verwittert, dünnwandig, Struktur monomitisch, Septen mit Schnallen
    Basidien 4-sporig, ziemlich klein






    Bilder kann man anklicken und vergrößern (Ist vor allem bei der letzten Collage hilfreich).


    Da schwirrt natürliich auch noch eine Menge an Fremdsporen und einige Fremdhyphen in den Fruchtkörpern herum, was auch eine Sequenzierung vermutlich aussichtlos machen wird.
    Also wenn man noch zu einer Bestimmung kommen könnte, dann wohl nur morphologisch.

    Persönlich habe ich so den Eindruck (ausgehend von verfügbaren Beschreibungen), daß Tubulicrinis thermometrus schon hinkommen könnte. Die beiden anderen erwähnten Arten (cinctus und globisporus) scheinen einigermaßen selten zu sein, zumindest so selten, daß ich kaum belastbare Beschreibungen und Abbildungen dazu finde. Aber die Sporen sollten bei den beiden doch etwas größer sein als bei thermometrus?

    Und ist thermometrus dann tatsächlich eine eigene Art, oder mit dem ellipsoidsporigen accedens gleichzusetzen?



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    schade, dass man bei deinen Bildern keine intakten Zystiden erkennen kann, auch keine ansatzweise kopfigen. Bei der Sporenform bleiben natürlich nicht viele Arten übrig. Tubulicrinis accedens wird nur durch die Sporenform von T. themometrus getrennt, von einigen Autoren auch synonymisiert. Tubulicrinis inornatus hat andere Zystiden und Tubulicrinis cinctus eine nur schwache Jod-Reaktion. Wenn deine Zystiden deutlich amyloid sind, kommt eigentlich eher T. gobisporus in Frage, da die Arten mit kopfigen Zystiden auch nur schwach amyloide Zystiden besitzen.

    Die Art kenne ich aus Österreich und Tschechien. Kannst den Fund ja nochmal mit meinem Vorschlag vergleichen.


    LG

    Frank

  • Hallo,


    von der konkreten Fundsituation hatte ich kein Foto gemacht, kann aber von analogen Stellen Fotos nachreichen. Wenn die Kiefern wachsen, sterben unten die Äste ab. Sofern der Bestand nicht zu dicht ist, werden auch die unteren Äste recht kräftig und es dauert bis die komplett abfallen und von der Rinde überwachsen werden. An den meisten solcher Astreste gibt es irgendwelchen Pilzbelag, überwiegend unterseits.

    das geht natürlich auch an ganz toten Kiefern


    LG, Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank & Bernd!

    Hast du einen Tip, wo ich gute Zeichnungen und Beschreibungen von Tubilicrinis globisporus finden kann, Frank?
    Das wäre in der Tat hilfreich...
    Mir fallen Vergleiche in der Gattung schwer, bislang hatte eine einzige Art untersucht (T. glebulosus aus der Viernheimer Heide) - die amyloide Reaktion der Zystiden war da relativ ähnlich, wenn auch geringfügig kräftiger:


    Ob ich das als Referenz nehmen kann, um "stark amyloid" und "schwach amyloid" zu unterscheiden, da bin ich unsicher. Erstens weil mir die Erfahrung fehlt, und zweitens weil die Zystiden bei Bernds Fund eben so stark verwittert sind. Bei meinem Fund von T. glebulosus hatte ich Frischmaterial mikroskopiert, das sollte schon einen Unterschied machen.


    Das ideale Zeitfenster zum Einsammeln von solchen Pilzen, also an abgestorbenen aber noch ansitzenden Ästen wären Phasen mit konstant hoher Luftfeuchtigkeit und gleichzeitig ohne Frosteinwirkung. Das dürfte in deiner Region vermutlich auch Herbst und Spätherbst sein, im Frühjahr nur bei anhaltend feuchtmilden Wetterlagen.
    Da könnte es sich lohnen, noch ein paar Proben einzusammeln, um an frische, noch intakte Fruchtkörper zu kommen.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    bei schwach amyloiden Zystiden sind diese in Melzer nur grau, bei stark amyloiden dunkelblau. Bei Frischmaterial sind die Unterschiede wahrscheinlich deutlicher!? Für deine T. glebulosus ist die Amyloität so passend, wie du sie darstellst.

    Ich sende dir mal per Email einen Artikel von Frank Oberwinkler über die Gattung Tubulicrinis, wo Tubulicrinis globisporus noch unter Tubulicrinis cf. callosus beschrieben und bebildert ist. Ansonsten habe ich auch nur die Beschreibung aus den nordischen Corticiaceen Werk.


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank!


    Danke für die Literatur, das schaue ich mir nachher noch in Ruhe an.
    Bei CoNE hatte ich verglichen, da war ich auch an globisporus hängen geblieben - wenn bei thermometrus die zystiden in Melzer tatsächlich nur diffus grau ("Taubenblau") werden, dann wäre das eigentlich raus. Die Reaktion ist bei Bernds Tubulicrinis zwar nicht konstant, aber die meisten Zystidenwände werden nach kurzer Zeit schon deutlich blau, obwohl sie schon so stark zersetzt sind.

    Interessant auf jeden Fall.
    T. globisporus wäre ja dann durchaus eine selten dokumentierte Art, aber man könnte ja spekulieren, daß die dort am Fundort regelmäßig (an mehreren Stellen?) zu finden sein könnte. Wenn Bernd die nochmal einsammeln kann, mit frischeren fruchtkörpern, das wäre natürlich famos.



    Lg; Pablo.

  • Moin, wenn ich sowas von Kiefern aus einem feuchten Standort sammle (Moorwald, Bruchwald - den gibts hier auch mit Kiefern), sollte das doch auch jetzt gehen, oder ist das zu früh in der Entwicklung? Vermutlich geht hier aber wieder Probieren über Studieren ...


    LG, Bernd

    • Offizieller Beitrag

    Salut!


    Also zunächst mal: Auch nach Lektüre des Artikels von Oberwinkler (danke an Frank!) mag ich mich nicht wirklich entscheiden. Die Zystiden sind schon deutlich amyloid (also richtig blau, nicht diffus taubenblau), was eben gegen thermometrus spricht. aber auch Oberwinkler gibt die Sporen von Tubulicrinis globisporus etwas größer an als bei deinem Fund, Bernd. Ebenso ja in CoNE (Corticiaceae of North Europe).

    Insofern: Ja, frische Fruchtkörper wären wirklich super. Bei Pilzen an noch ansitzenden, toten Ästen (also im Luftraum) ist die Luftfeuchtigkeit über einen gewissen Zeitraum entscheidend für die Fruchtkörperbildung. Also auch wenn das Substrat im Moor steht oder am Bachufer, sofern es eiine trockene Witterungsphase ist, mit Wind, Hochdruck usw. werden eher keine frischen fruchtkörper gebildet.
    Gucken kann man natürlich immer, und das Hauptproblem bei den untersuchten Fruchtkörpern war wohl auch, daß die vermutlich im Herbst gebildet wurden, anschließend an die zwei oder drei Monate Zeit hatten zum Verwittern. Vertrocknete Fruchtkörper wären an sich kein Problem, nur zu alt sollten sie nicht sein - also nicht allzu lange Zeit wechselnden Witterungseinflüssen (Wärme, Trockenheit, Regen, Schnee, Frost, Wind) und "Fressfeinden" wie Insekten, Bakterien und anderen Pilzen ausgesetzt.
    Theoretisch wäre sicher auch eine Fruchtkörperbildung jetzt um die Zeit möglich, wenn es bei dir feuchtmilde Witterungsphasen gab oder gibt. Nur zu erkennen, ob ein Fruchtkörper jetzt im Frühjahr oder doch im Herbst des letzten Jahres gebildet wurde, das ist nicht so einfach.

    Wenn man die Aufnahmen oben als Richtwert für "stark zersetzte, alte Fruchtkörper" annimt, dann wären die Frischen eben nicht so aufgerissen, nicht sondern zusammenhängend, noch mehr weißlich, Eventuell (wenn wirklich frisch und feucht) auch etwas dicker und weicher, fast ein wenig wachsartig. Die untersuchten fruchtkörper waren komplett hart, krümelig, wie ein dünner, aufgerissener Anstrich mit einer Kalkfarbe.



    LG; Pablo.

  • Hallo Bernd,

    Moin, wenn ich sowas von Kiefern aus einem feuchten Standort sammle (Moorwald, Bruchwald - den gibts hier auch mit Kiefern), sollte das doch auch jetzt gehen, oder ist das zu früh in der Entwicklung?

    meine Erfahrung ist, dass die meisten Frühjahrsfunde bei Corticiaceen entweder überständig oder zu jung sind, abgesehen von den wenigen "kälteliebenden" Arten, die über das Winterhabjahr vorkommen. Im Sommer braucht man dann eher feuchte Gebiete, sonst drohen Trockenschäden. Es bleiben für das Hauptvorkommen dann doch nur wieder die Herbstmonate September bis November. Hat man genügend Funde zur Verfügung, ist dieser Trend deutlich in Phänologie-Diagrammen ersichtlich.


    LG

    Frank