Hallo liebe Dungpilzler und sonstige Interessierte,
dank des Forums der ÖMG (funga-austria.at) bin ich im Sommer 2020 auf den Pilzfreund Florian aufmerksam geworden, der neben einer sehr interessanten Pilzzucht auch ein überaus spannendes Weideprojekt betreibt. Es geht dabei um extensive Beweidung mit dem Ziel, artenreiche Weideflächen zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Näheres dazu könnte ihr in einem Thread des erwähnten Forums an dieser Stelle nachlesen.
Ich war von diesem Vorhaben augenblicklich begeistert und habe mich angeboten, diverse Dungproben auf coprophile Pilze hin zu untersuchen, da erfahrungsgemäß bei einem solchen Projekt mit einem gewissen Artenreichtum zu rechnen ist und Dungpilze nur selten in solche Studien mit eingebunden werden.
Florian (in diesem Forum mittlerweile auch angekommen und als FlorianK unterwegs) schickte mir im März einige Proben Eseldung aus dem NSG Jaidhaus (E1 - Nachbeweidung einer Mähwiese; E2 - Neue Rodungsfläche, Umwandlungsbeweidung) sowie etwas Schafdung (Sch - Seebach, OÖ).
Nachdem ich einige Feuchtkammern angelegt hatte,
begann ich am 21.03.2021 mit der Untersuchung, wobei ich insgesamt 33 Arten feststellen konnte - für eine erste Bestandsaufnahme ein recht ordentliches Ergebnis.
Es folgt die Fundliste mit einigen Anmerkungen.
01 Ascobolus albidus E1, E2
02 Ascobolus immersus E1, Sch
Diesen winzigen Ascobolus mit den meist wenigen, dafür riesigen Asci (oft größer 500 x 100 µm) und Sporen (hier bis 70 x 42 µm) kann man bereits makroskopisch ansprechen, wobei man ihn, wie alle diese kleinen Dungbewohner, stets auch mikroskopisch absichern sollte. Ascobolus immersus gehört in die Sektion Dasyobolus, Arten, die sich auch bei Reife kaum öffnen, während deren Asci das Hymenium oft eindrucksvoll durchstoßen.
03 Ascobolus sacchariferus E1
04 Coniochaeta leucoplaca E1, E2
05 Coniochaeta vagans E2
Die Arten der Gattung stellen sich in der Regel erst ein, wenn bereits andere Arten verschwunden sind. So auch Coniochaeta vagans. Die winzigen Pilze (< 0,5 mm) sind vor allem im oberen Bereich dicht behaart. Dass das eine sehr wehrhafte Abwehr gegenüber Fressfeinden ist, kann man sehr schön auf folgendem Bild erkennen.
Die Sporen sind, wie bei vielen anderen Arten der Gattung auch, einseitig abgeplattet und wirken dadurch nahezu diskusförmig. Das ist ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber weiteren Arten mit ähnlichen Sporengrößen, wie z.B. Coniochaeta saccardoi.
06 Coprinellus pusillulus E2
07 Coprinopsis radiata Sch
Dieser hübsche Tintling gehört wegen seiner Velumstruktur (Ketten länglicher Elemente) zur Sektion Lanatuli. Aufgrund der großen Sporen (hier 12-15 x 7-8,5 µm) ist er recht einfach zu bestimmen. Ich konnte ihn während verschiedener Entwicklungsphasen einfangen, wie die Collage zeigt. Der Durchmesser des aufgeschirmten Hutes betrug 1,5 cm.
08 Coprotus sexdecimsporus Sch
09 Delitschia didyma E2
10 Delitschia intonsa E2
Über die beiden mikroskopisch attraktiven Delitschia-Arten habe ich mich sehr gefreut, da man sie nicht oft zu Gesicht bekommt. Leider handelte es sich um Einzelfruchtkörper, die ich nicht fotografisch dokumentieren konnte. In der Mykologischen Datenbank Österreichs scheinen sie noch nicht erfasst zu sein.
11 Hypocopra brefeldii E2
Funde von Arten der Gattung Hypocopra sind immer etwas besonderes, auch wenn diese meist alles andere als einfach zu bestimmen sind. Kennzeichnend für die Gattung ist ein Stroma, in dem ein oder seltener auch mehrere Perithecien sitzen. Im folgendem Schnittbild sehen wir ca. 20 Fruchtkörper, deren Sporenmassen nach dem Schnitt aus einem einzigen Stroma quellen. Die Größe des Stromas betrug hier übrigens 8 x 3 mm.
Mit einer Sporengröße von 22-26 x 11-13 µm und einer relativ kurzen Keimspalte von 12-14 µm sollte das Hypocopra brefeldii sein, auch wenn die Art als zweizellig beschrieben wird. Diese zweite winzige und hyaline Basalzelle konnte ich nicht entdecken und bin da in guter Gesellschaft mit u.a. Francesco Doveri, dem "Dungpilzpapst" der letzten Jahre, welcher sie auch nicht fand. Ebenfalls Stromata mit mehreren Perithecien können u.a. Hypocopra cataphracta und planispora bilden, die jedoch deutlich verschiedene Sporen haben.
12 Lasiobolus ciliatus E1
Die Gattund Lasiobolus kann man in der Regel bereits makroskopisch ansprechen. Die Artbestimmung ist allerdings auch hier nicht immer einfach, wie in diesem Fall. In teilweise überreifen Apothecien betrugen die Sporenmaße 21-27 x 11-14 µm, für die Art scheinbar zu groß. Die relativ kurzen und breiten Haare von 200-400 x 20-45 µm ließen jedoch keine andere Deutung zu.
13 Phomatospora minutissima Sch
Mit den hyalinen und schräg im Ascus liegenden Sporen (5-6 x 3 µm) ist die Art gut charakterisiert und von P. coprophila mit noch etwas kleineren und Pol an Pol liegenden Sporen sicher zu trennen.
14 Podospora curvicolla E2
15 Podospora decipiens E1, Sch
16 Podospora myriaspora E1
17 Saccobolus depauperatus Sch
18 Saccobolus versicolor Sch
19 Schizothecium vesticola Sch
20 Schizothecium conicum E1, Sch
21 Sordaria fimicola E2
22 Sporormiella australis E1, Sch
23 Sporormiella dubia E1
24 Sporormiella grandispora E2
25 Sporormiella intermedia E1, Sch
26 Sporormiella leporina E1
27 Sporormiella megalospora Sch
28 Sporormiella minima E1, E2
29 Sporormiella muskokensis E1
30 Sporormiella cf. systenospora E2
Insgesamt neun Sporormiella-Arten konnte ich feststellen, allesamt vierzellig, was wieder einmal beweist, dass Artem mit mehr als vierzelligen Sporen schon etwas besonderes sind! Interessant die Nr. 30, welche auf dem ersten Blick Sporormiella teretispora zu sein schien. Die aber mit einer Sporengröße von 73-77 x 12-15 µm zu groß für diese Art ist und in vielerlei Hinsicht Sporormiella systenospora entspricht. Leider fand ich nur einen Einzelfruchtkörper und konnte keinen Beleg anfertigen. Deshalb das cf.
31 Thelebolus dubius var. lagopi Sch
32 Thelebolus microsporus E1
33 Thelebolus polysporus E1
Im Gegensatz zu Thelebolus dubius var. lagopi (meist 10-16 Asci) enthalten die 0,2 bis 0,3 mm kleinen Fruchtkörper von Thelebolus polysporus nur 2-5(10) Asci, wie man auf folgendem Foto mit etwas Mühe erkennen kann.
Die Asci sind +/- ballonförmig und enthalten 256 Sporen, während die von T. dubius 128-sporig und schlanker sind
Bleibt mir nur noch, mich bei Dir, FlorianK, für das Zusenden der interessanten Proben zu bedanken.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg mit dem Weideprojekt und freue mich bereits auf die nächsten Dungproben. Und vielleicht klappt es ja einmal mit einer gemeinsamen Exkursion in den Kalkalpen Oberösterreichs, wenn sich das Leben wieder normalisiert hat.
Liebe Grüße vom Nobi