Tranzschelia fusca - häufig und (im Mikroskop) wunderschön (für Einsteiger und Neugierige - mit Erklärung zur Funktion der Telien)

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 2.952 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Jule.

  • Servus beinand,


    Phytoparasiten liegen hier ja quasi im Trend - es gibt sehr viele, tolle Beiträge zu noch mehr tollen, teils seltenen, teils nur wenig beachteten Phytos. Und dann zeige ich hier sowas banales wie Tranzschelia fusca. Nun, das hat seine Gründe. Zum Einen schaue ich Phytos nur nebenbei an. Ich bin "open minded", liebe auch Jules Buch, werde mich aber sicher nicht auf Phytos spezialisieren. Daher erfreuen mich auch banale Arten, vor allem dann, wenn sie optisch was zu bieten haben. Und zum Anderen finde ich hier die Telien einfach nur wunderschön. Live im Mikroskop kann man ja durchfokussieren, aber auch auf (ungesteckten) Fotos kann man die Schönheit gut einfangen, finde ich. Und das will ich gerne mit euch teilen.


    Erstmal der makroskopische Eindruck - ja, der ist nicht so sonderlich hübsch. Eine Pflanzenkrankheit eben, die die Blätter des Buschwindröschens verändert und mit Telienlagern bestückt. Ich habe die Tranzschelia beim Gassigehen (ohne Kamera) gefunden, habe sie daher nachträglich fotografieren müssen:


    An dem linken Blatt sieht man, das man schon von oben neben der abweichenden Blattform (kleinere Spreiten, etwas runzeliger) auch oberseits weiße Flecken und verirrte braune Punkte sehen kann. Das macht das Auffinden sehr leicht. Man muss nicht mal genauer hinschauen - sie fallen ins Auge. Daneben zwei Blätter von unten betrachtet, wo die Telienlager gut erkennbar sind.


    Nachfolgend noch ein paar weitere Bilder...





    Hier, auf dem letzten Bild, sieht man bereits die einzelnen Teliosporen rund um die braunen Kissen liegen. Die winzigen Punkte sind die Sporen!


    Und dann im Mikroskop...

    Ich habe oben und unten je eine Teliospore in unterschiedlichen Schärfebenen zusammengestellt.


    Die Teliosporen sind sehr groß, zweizellig und haben dieses irre Ornament. Aus den Telien werden übrigens später die Basidien keimen. Es ist also ein Dauerstadium, welches dikaryotisch ist (zwei Kerne pro Zelle, je einer von einem der beiden Geschlechtspartner) und das nur dazu da ist, die Sexualität abzuschließen. Die Basidien wachsen aus, in ihnen verschmelzen die Kerne, es kommt zur Reduktionsteilung und dann werden sexuelle Sporen gebildet. Das passiert dort, wo die Teliosporen hinfallen (oder, wenn sie am Blatt bleiben, später dort). Die Telien sind deshalb so groß - sie müssen ja die Nährstoffe speichern, die die Basidien später benötigen, um die eigentlichen Sporen zu bilden. Die Telien sind also sehr wichtig, deshalb auch gut geschützt - dunkel gefärbt (UV-Schutz, Schutz vor Mutationen), dicke Wände und das stachlige bis noppige Ornament (Fraßschutz).


    Hier sieht man die dicke Wand gut (die Sporen unten rechts). Und oben links wieder das Ornament.


    Und hier mehrere beisammen - unten ein Ausschnitt von oben in einer anderen Schärfebene.


    Ihr könnt die Bilder anklicken, dann sehr ihr sie in gesamter Größe. Ich finde es faszinierend, solche Strukturen einfach mal anzuschauen, dann zu überlegen, welche Funktion sie haben, um dann den Zweck der Strukturen zu verstehen. Und bei welchen Arten geht das besser und einfacher, als bei häufigen und leicht bestimmbaren?


    Achtet mal auf kranke Buschwindröschen. Wer kein Mikroskop hat, kann auch mit einer guten Lupe Sporen erkennen. Man sieht nicht, dass sie zweizellig sind, auch nicht die Ornamente oder die Wandstärke, aber immerhin sieht man Sporen an sich. Dafür sind sie schon groß genug.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Lieber Christoph

    Da ich Phytos häufiger berarbeite freue ich mich sehr über Deinen tollen Bericht. Leider werden die Phytoparasitischen Kleinpilze immer noch viel zu wenig beachtet obwohl Jule sich alle erdenkliche Mühe gibt das zu ändern. Vielleicht motivierst Du ja den ein- oder anderen mal etwas genauer hinzusehen. Ich hänge mich mal mit einem gerade bearbeiteten Fund an.

    Ein dankbares Objekt im Frühjahr ist das Scharbockskraut (Ficaria verna) welches oft ausgedehnte, gelbblühende Bestände bildet und neben den gezeigten noch 5 weitere Arten beherbergen kann.

    Mischinfektion mit Braunem Scharbockskrautrost (Uromyces ficariae) und Scharbockskraut-Fleckenbrand (Entyloma ficariae) mit Anamorphe + Teleomorphe

    Wenn man die Blätter im Gegenlicht betrachtet sehen die weißen Flecken durch die Brandpilzsporen im Gewebe dunkel aus.

    Teliosporen von Uromyces ficariae




    Sporen von Entyloma ficariae







    Konidienträger der Nebenfruchtform von Entyloma ficariae


    Konidiosporen von Entyloma ficariae


    LG Karl

  • Lieber Karl,


    es freut mich, dass dir das Kurzportrait gefällt. Und vielen Dank für die Vorstellung der beiden Scharbockskrautbesiedler. Ich habe hier in meinem Garten einen Urocystis am Scharbockskraut. Den werde ich demnächst vorstellen, denn so ganz passt mir die Mikroskopie nicht auf U. ficariae. Dazu dann aber mehr. Uromyces ficariae hatte ich vor kurzem auch - auch da werde ich dann noch Fotos von den Sporen zeigen. Ich muss das nur noch ein bisserl aufarbeiten. Nach der Entyloma werde ich auch mal schauen.


    Lieber Lukas,


    vielen Dank für das gestackte Foto. Welches Programm nutzt du da? Bei so großen Sporen (mit vielen möglichen Schärfeebenen) lohnt sich das ja.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Welches Programm nutzt du da? Bei so großen Sporen (mit vielen möglichen Schärfeebenen) lohnt sich das ja.

    Hallo Christoph,


    das ist mit Helicon Focus Pro 7 überblendet. Das Programm ist vermutlich der Goldstandard momentan, wenn es um Focus-Stacking geht, aber leider auch teuer. Photoshop ab CS4 liefert ebenfalls gute Ergebnisse.


    Nicht so gute Erfahrungen habe ich mit Focus Projects 3 Pro gemacht, das es irgendwo in einer Aktion zum kostenlosen Download gibt (google hilft sicher).

    Freeware wie CombineZP und Picolay habe ich noch nicht ausprobiert, da ich ja Zugriff auf Helicon habe und damit sehr gute Ergebnisse bekomme. Sie werden aber teils sehr gelobt.


    Grüße


    Lukas

  • Hallo ihr Lieben,


    sehr schön, dass ihr hier die Pflanzenparasiten weiter in den Fokus rücken möchtet.


    Ich bin gespannt, welch Schönheiten ihr in den nächsten Wochen hier präsentieren werdet :)


    Christoph: Die weißen Flecken haben aber nichts mit dem Befall zu tun, also zumindest nicht mit dem Rostpilzbefall.


    Liebe Grüße,

    Jule