Exkursion der ThAM bei Pößneck - mit Orchideen-Sahnehäubchen

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 7.600 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von nobi_†.

  • Hallo zusammen,

    bei Inzidenzen um 30 kehrt die Normalität allmählich zurück und so fanden sich 22 gut gelaunte Pilzbegeisterte der ThAM (Thüringer Arbeitsgemeinschaft Mykologie) gestern zu der lange geplanten Exkursion ins Gebiet um Pößneck im Saale-Orla-Kreis zusammen. Bei den gegenwärtigen Regenfällen ist es schwer vorstellbar, dass sich die Pilze nach ihrem üppigen Frühjahrswachstum schon wieder rar gemacht haben. Aber die letzte Woche war leider warm und trocken. Trotzdem, ein bisschen was geht immer und so war die gemeinsame Pilzpirsch auch diesmal ein Erfolg.


    Für die Regenresistenten unter den Pilzfreunden gab es einen zweiten Exkursionsteil ins benachbarte Orchideengebiet. Hier gab es echte Raritäten zu bestaunen und der Dank aller gilt Stefan Born, der die Vorbereitung und Exkursionsleitung übernommen hatte.


    Die Gruppe traf sich in Ludwigshof.

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    Von Ludwigshof ging's dann in die Griebse.

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    Stefan Born erklärt das Exkursionsgebiet um den Wernburger Bach

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    Mein erstes persönliches Highlight war die Gewöhnliche Schuppenwurz - Lathraea squamaria.

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    An mehreren Stellen fand sich dieser resupinate Pilz. Er wurde anfangs irrtümlich für den Angebrannten Rauchporling - Bjerkandera adusta gehalten, entpuppte sich jedoch als Konidienform des Brandkrustenpilzes - Hypoxylon deustum.

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    Gut, den Brandkrustenpilz zu kennen, ist er doch von Forstleuten gefürchtet. Aus dem anfangs grau-weißen mit Konidien staubenden Pilz wird später eine schwarze krustige Schale.

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    Konidiensporen des Brandkrustenpilzes


    Ein Prachtexemplar des Schwefelporlings

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    Ein flüchtiger Blick und schon hat Ulla lamproderma messerscharf erkannt, dass es sich hier um den Geweihförmigen Schleimpilz - Ceratiomyxa fruticulosa handelt.

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    Um in diesem grauen Belag Diderma spumarioides zu erkennen, benutze Ulla immerhin eine Lupe. ==Gnolm8

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    Bislang noch namenlose Becher edit: dank Gunnar haben sie jetzt einen Namen: Paraphyse-Napfbecherlinge - Tarcetta spurcata. Mir ist beim Anschauen der Mikrobilder aufgefallen, dass die Paraphen tatsächlich besonders fein sind. Ein passender Name also.

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    Ebenso bleibt es hier erst einmal beim Gattungsnamen - Lorcheln

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    Das ist ein didaktisches Bild, habe ich bei dieser Exkursion gelernt==Gnolm7. Mit Manipulation hat es absolut nichts zu tun, wenn Lorcheln und Becherlinge plötzlich unmittelbar nebeneinander wachsen.

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    Eine Mumie der Hochgerippten Lorchel - für die meisten uninteressant, für mich immerhin ein Erstfund.

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    Auch hier schon eine erste Orchidee - das Bleiche Waldvöglein - Cephalanthera damasonium

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    Zwei Pilzfreundinnen bei der Begutachtung einer Mumie eines Schuppigen Porlings - Cerioporus squamosus

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    Dieselbe Art in jünger.

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    Der Blick nach oben macht klar, dass es bald ungemütlich werden wird.

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    Ein schöner Fund war auch diese Sommertrüffel - Tuber aestivum

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    Hier eine Auswahl aus der Fundliste

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    Und dann kam der Regen mit Donner und Blitz - und ein großer Feuersalamander und der größte Teil des Exkursionsteams begab sich auf den Heimweg.

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    Da Donner und Blitz bald abgezogen waren, musste nur noch dem Regen getrotzt werden. Also ging's doch noch ins Orchideengebiet.

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    Die Bocks-Riemenzunge - (Himantoglossum hircinum)

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    Ein Detail der Bocks-Riemenzunge - (Himantoglossum hircinum)

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    Ein außergewöhnlich großer Strauß der Fliegenragwurz - Ophrys insectifera.

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    Ein Detail der Fliegenragwurz - Ophrys insectifera

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    Ein besonderes Gras ist dieses Echte Federgras - Stipa pennata. Leider ist es nur noch in sehr wenigen Exemplaren zu finden.

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    Pilze gab erfreulicherweise auch in diesem Naturschutzgebiet - Weitlöchriger Stielporling - Lentinus arcularius

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    von unten

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    Stielboviste - wahrscheinlich der Zitzenstielbovist

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    Bläulinge beim Versuch zu trocknen.

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    Für Menschen, die sonst nicht in kalkhaltigen Gebieten unterwegs sind, gab es unbekannte Pflanzenschätze in Hülle und Fülle.

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    Wenn alle suchen, gibts sicher noch mehr zu finden.

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    Das Beste zum Schluss. Zwei sehr seltene Orchideenarten, die in Thüringen nur in Einzelexemplaren vorhanden sind. Zuerst das Ohnhorn-Knabenkraut - Orchis anthropophora

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    Detail vom Ohnhorn-Knabenkraut - Orchis anthropophora

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    Und zum Abschluss das seltene Dreizähniges Knabenkraut - Neotinea tridentata

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    Bevor den letzten Unverdrossenen der kleinen Gruppe Schwimmhäute an den völlig durchweichten Beinkleidern wuchsen, begaben sie sich zufrieden und mit unvergesslichen Eindrücken auf den Heimweg. Danke, lieber Stefan dass du dieses schöne Erlebnis möglich gemacht hast!

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    Etliche Fotos haben Jochen, Andreas und Uschi beigesteuert.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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    2 Mal editiert, zuletzt von Wutzi ()

  • Liebe Claudia,


    sehr erfrischend, Dein Beitrag ;)

    Orchis anthropophora hat auch noch den schöneren deutschen Namen "Püppchenorchis". Und wenn man die Einzelblüte anschaust versteht man auch, warum...


    Die Tarzetta bezeichnen wir bei uns seit ein paar Jahren als T. spurcata.

    DIe Lorchel entzieht sich noch der Bestimmung. Ich bin bei H. levis/latispora gelandet, aber damit nicht glücklich. Die Sporen passen nicht so richtig.


    Beste Grüße

    Gunnar

  • Hallo Claudia!

    Oooooh, eine Exkursion, ganz normal mit Menschen treffen und dann auch noch so schöne Funde!

    Danke, dass ich virtuell mitgehen durfte. :love:

    Hallo Tuppie, danke fürs Mitkommen. Ich hab gestern deinen Garten mindestens ebenso genossen, war aber zu müde um zu antworten. Genau so muss ein schöner Garten aussehen! Bei uns brauchen die Pfingstrosen wahrscheinlich noch 2 Wochen oder bis zum nächsten Pfingsten==Gnolm2.

    Danke Gunnar,


    stimmt, die Püppchenorichdee hat Zöpfe==Gnolm13. Der Name ist viel hübscher als Ohnhorn.


    Tarcetta spurcata heißt der kleine Becher also. So einfach kann Pilzbestimmung also sein. Frau muss nur warten, bis ein kluger Mensch etwas dazu schreibt. Das notiere ich gleich einmal beim Bild oben.


    Ja, ja, die Helvella==Gnolm7. Ich hab sie mir auch angeschaut. Sie war reif, hatte recht hübsche Asci und Sporen. Es gab keine Farbänderung mit Lugo. Für mich hatte sich der Fall damit erledigt und wenn du sie nicht geknackt hast, wird es wohl beim Gattungsnamen bleiben.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Gunnar,

    Die Tarzetta bezeichnen wir bei uns seit ein paar Jahren als T. spurcata.

    warum nicht (mehr?) Tarzetta cupularis? Hab ich da was verpasst?


    beste Grüße,

    Andreas

  • Gute Frage, beli. Vielleicht einen halben Riesenbovist😂? Aber manchmal ärgert man sich tatsächlich, wenn man zu wenig Platz im Körbchen hat, gerade wenn man Pilze zur Bestimmung mitnimmt. Auf alle Fälle besser, der Korb ist zu groß als zu klein, man weiß nie, was 100 km weit entfernt so alles wächst. Heute zum Beispiel gibt es bei mir wieder Pilze. Die habe ich gerade eben gesehen, weil es seit Freitag 45 Liter Regen gab.








    Ich hab allerdings nur den letzten mitgenommen. Ein Schwarzsporer und gallebitter. Der kommt mir seltsam vor.

  • Huhu Wutzi.


    Schöne Bilder und Funde trotz angehender Trockenheit. :) Ein paar Gesichter meine ich auf deinen Fotos auch zu erkennen.


    Die Hochgerippte Becherlorchel hatte ich dieses Jahr auch zum ersten Mal, dafür dann gleich Hundertfach nach dem Erstfund. Die hatten ein sehr gutes Jahr.


    Dass langsam wieder Normalität einkehrt ist natürlich auch erfreulich. :)


    Lg.

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  • Hallo Andreas, da war ich kurzzeitig glücklich, einen Namen für den Becher zu haben - und jetzt hab ich zwei. Pilze sind schon harte Kost. Vielleicht kommt ihr Experten ja noch zu einem Konsens, damit das Kerlchen abschließend getauft werden kann.


    Ich hab allerdings nur den letzten mitgenommen. Ein Schwarzsporer und gallebitter. Der kommt mir seltsam vor.

    GriasDi Claudia,

    würd mich wundern, wenn der nicht auch aus dem Agrocybe praecox Aggregat kommt.

    An liabn Gruaß,

    Werner

    Hallo Werner,

    danke für deine Einschätzung, das war tatsächlich auch mein erster Gedanke und mir fällt bis jetzt nichts besseres ein. Aber nach der Geschmacksprobe fand ich das eher unwahrscheinlich. Vor zwei Jahren hab ich eine Kostprobe Voreilende Ackerlinge zubereitet. Die haben überhaupt nicht geschmeckt, aber sie waren nicht so ekelhaft gallebitter wie die heutigen Pilze. Aber wenn bei Agrocybe praecox so gruselig bitter sein kann, dann ist es tatsächlich einer.


    Sehr schön Claudia,

    die Bocks-Riemenzunge ist bei uns noch in Knospe und für das Dreizähniges Knabenkraut müsste ich mindestens 200 km fahren.

    LG Karl

    Danke fürs Mitkommen, Karl. Die nicht vollsonnig stehenden Bocks-Riemanzungen waren letzten Montag auch noch knospig und sind wohl erst die letzten Tage richtig aufgeblüht. Das Dreizähnige Knabenkraut habe ich Sonnabend das erste Mal überhaupt gesehen. Das war schon klasse, aber 200 Kilometer wäre ich auch nicht gefahren. Und überhaupt: Das Ruhrpotttreffen war da sicher nicht nur klimafreundlicher==Gnolm13.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo Andreas,


    anbei "das frische" Foto vom Samstag aus Pößneck. Zwei Merkmale, die von T. cupularis makroskopisch unterscheiden: im Prinzip reißt jeder Fruchtkörper am Becherboden auseinander und bildet ein Loch. Die Fruchtkörper von T. cupularis sind gestielt. Die von T. spurcata sind im Gegensatz dazu nicht gestielt, sondern mehr faltig zusammengezogen. Es gibt inzwischen auch einen Artikel von Van Vooren et al. (2019) von Ascofrance herunterzuladen: Genus Tarzetta

    Im Artikel ein schönes Cladogramm - leider noch ohne die wichtigen Artnamen. Allerdings gibt es im Text den Hinweis, dass wir möglicherweise unseren Pilz künftig T. ochracea nennen müssen. Solange da keine taxonomische Klarheit herrscht, kann es auch zwischenzeitlich bei dem Namen Tarzetta spurcata bleiben.


    Beste Grüße

    Gunnar


  • Hallo Gunnar,


    danke Dir! Auf dieses Merkmal hatte ich bisher nicht geachtet. Den Artikel hatte ich mir zwar schon mal runtergeladen, aber dann vergessen .... Muss mal die Merkmale nachlesen.

    Findest Du denn beide? Also T. spurcata UND T. cupularis? Und auch noch T. catinus?


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    wir werden da wohl noch einmal drauf achten müssen. Meine anderen Bilder sind leider nur Dias. In der Datenbank haben wir alle drei Arten, wobei Tarzetta cupularis die häufigste ist.

    Felix hatte vorhin angerufen nach einem Kontakt zu Mateo Carbone, einem Co-Autor des o.g. Artikels. Er hat unterstrichen, dass T. spurcata ein nomen dubium ist. Damit sollte man nicht bei dem Namen bleiben, sondern auf "T. ochracea" zurückgreifen. Van Vooren tut das bereits im Artikel. Offensichtlich sind die Unterschiede zwischen den 9 Arten so gering, dass eine Artbestimmung nicht ohne den "Taschensequenzierer" möglich ist. Einen Schlüssel bietet der Artikel ja auch nicht an. Ich werde für Mykis an Frank Dämmrich schreiben und die spurcata-Funde in T. ochracea ändern lassen.


    Gruß Gunnar

  • Hallo Andreas und Gunnar,

    könnt ihr mich einmal aufklären, wie Tarzetta cupularis und catinus zu trennen sind?

    Ich "kenne" eigentlich nur diese beiden Arten und konnte sie nie so richtig auseinanderhalten.

    Wie passen nun Tarzetta spurcata und ochracea in das Konzept?==Gnolm11

    Bin gerade etwas ratlos, Nobi

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  • Hallo Claudia,


    ein wunderbarer Bericht mit wunderbaren Funden.


    Deine unbekannte Pflanze von Foto 34 müsste das verblühte Kelch-Steinkraut (Alyssum alyssoides) sein.


    Liebe Grüße


    Maria

  • Hallo Nobi,


    ich habe in der Vergangenheit mit Nordic Macromycetes Vol. 1 (siehe Seite 120) gearbeitet. Die beiden Arten lassen sich nur "so lala" anhand der Merkmale Stiel und Sporengröße trennen.

    Die neue Arbeit von Van Vooren hilft da leider auch nicht. Wenn ich das richtig verstehe, werden nur Merkmale aus den Erstbeschreibungen gebracht. Offensichtlich geht es den Autoren nicht anders als uns - wenn Du es genau wissen willst, musst Du sequenzieren. Ich wäre ja sehr interessiert gewesen an einer Tabelle mit ordentlichen Sporenmaßen in statistischer Menge. Das bringt der Artikel leider nicht. Irgendwie nur ein "Stand der Dinge" - nix Fertiges. Anbei ein Fund von heute - ich meine: T. catinus -

    Sporen (19,8)20,2-22-22,6(22,7) x (12,6)12,8-13,4-14,2(14,3)µm

    Q: (1,5)1,5 - 1,7 - 1,75(1,8)


    Beste Grüße

    Gunnar

  • Danke, Gunnar!:thumbup:

    wenn Du es genau wissen willst, musst Du sequenzieren.

    So etwas hatte ich schon befürchtet.:(

    Übrigens führt der Link zu Deiner Homepage in der Signatur ins Leere.

    Gibt es die HP nicht mehr? Das wäre echt schade.


    LG, Nobi

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