Zwei höckersporige Risspilze

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 1.460 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ditte.

  • Hallo zusammen, liebe Ditte


    Letzte Woche habe ich zwei Risspilze gefunden, mit denen ich mich intensiv beschäftigt habe.

    Nun hoffe ich, dass meine Bestimmung zumindest in die richtige Richtung geht:


    1) Inocybe cf. johannis-stanglii tiliae

    - Habitat: Sonniger Flaumeichen-Wald mit Kiefern und Birken, in Gesellschaft von Lactarius zonarius und Leucopaxillus compactus, lichte Stelle am Wegrand.

    - Geruch: Unauffällig

    - Stielbasis deutlich gerandet knollig


    Hier habe ich mich ziemlich abgemüht, weil die Gruppe um I. mixtilis wirklich nicht einfach ist und logischerweise in der üblichen Literatur fehlt.

    Ähnliche Arten habe ich wie folgt ausgeschlossen, nach Esteve-Raventos, Bandini & al. 2018:

    - I. mixtilis sollte grössere Höcker haben, und anders geformte Zystiden

    - I. straminipes wurde wohl inzwischen zu einem Synonym von I. salicis erklärt, da passt die Ökologie nicht und die Sporen sind zu klein

    - I. flavobrunnescens sollte längere, schlanke Zystiden haben

    - I. nothomixtilis sollte schmalere Sporen haben

    - I. ceskae kann ich nicht wirklich sicher ausschliessen. Die Zystiden passen noch besser, dafür sollten da die Sporen schmaler und stärker höckerig sein.







    Sporen 8-9-10 x 5.5-6.8-8 µm, Q = 1.2-1.32-1.56

    Höcker recht flach, kaum über 1µm hoch.




    Cheilozystiden etwas zu kurz für die Art, 40-48-53 x 15-17.7-20 µm, Q = 2.3-2.7-3.4

    Hals wenig aufgeprägt.

    Pleurozystiden ähnlich.


    Kaulozystiden oben


    Kaulozystiden kurz über der Stielbasis


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    2) Inocybe proximella


    - Habitat: Lichter Lärchen-/Fichtenwald auf ca. 1400m

    - Geruch unauffällig

    - Stiel im obersten Drittel bereift, darunter nur fein überfasert

    - auffällig der dunkle Buckel

    - Stielbasis etwas keulig, nicht knollig




    Sporen stark höckerig, 8.7-10.1-11.5 x 6-6.9-8 µm, Q = 1.3-1.47-1.6

    Höcker bis über 2 µm hoch.



    Cheilozystiden recht dünnwandig, moderat bauchig, 52-55-59 x 13-16-19 µm, Q = 3-3.5-4

    Teilweise schwach kopfig.


    Pleurozystiden ähnlich


    Kaulozystiden von der Stielspitze



    LG, Raphael

  • Grüß dich Raphael, also zunächst: I. proximella scheint mir, nach dem, was ich sehe korrekt bestimmt zu sein: Typisch ist der meist ausgeprägte meist dunklere Buckel, diese eingewachsen fibrillose Oberfläche und der meist nach unten zu dicker werdende Stiel. Typisch mit Fichte. Sporenform und -größe passen, ebenso die Zystidenform und auch die Caulozystiden, die oben oft so spitz zulaufen.

    Bei der ersten Kollektion bist du allerdings in der falschen Gruppe gelandet. Deine Art gehört zur oblectabilis-Gruppe. Die Sporenform ist ganz anders als bei der mixtilis-Gruppe, irgendwie kompakter, und auch die Zystidenform ist anders. Auch die Hutfarbe ist mehr falb bei deiner Art, also nicht gelbl(lich). Was du da gefunden hast ist Inocybe tiliae - typisch blassfarben, oft noch mit hellerer Hutmitte und mit leicht rosalichem Stiel - aber es gibt auch Kollektionen, deren Stiel eben nicht rosafarben sind. Die Art wächst derzeit sehr häufig und zwar zumeist mit Eiche oder Linde. Typisch sind auch die recht kurzen Zystiden, wie du ja selbst festgestellt hast. Die Art wurde stets als I. oblectabilis bezeichnet.

    Herzlich Ditte

  • Hallo Ditte


    Vielen Dank!


    Bei I. tiliae bin ich jetzt etwas verwirrt. Die oblectabilis-Gruppe war eigentlich auch mein Favorit, im Schlüssel von Bon war ich anfangs auch in der Gruppe aber wurde nicht fündig. Was dort als I. oblectabilis gezeigt wird, hat längere, schlanke Zystiden. Darum habe ich das gleich ausgeschlossen und landete in einer Sackgasse. Natürlich fehlen da diverse neu beschriebene Arten, und dummerweise habe ich danach nur noch in der mixtilis-Gruppe weiter recherchiert.


    Wenn ich mir jetzt die Original-Beschreibung von I. tiliae ansehe, passen die Sporen sehr gut.

    Aber dort werden ausschliesslich schlanke Zystiden mit langem, breitem Hals gezeigt.

    Solche gab es bei meiner Kollektion nur ausnahmsweise, sie sind eigentlich fast alle bauchig mit sehr kurzem Hals.

    Darf diese Art so variabel sein was die Zystidenform angeht?


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Ja die sind variabel. Ich häng mal ein Foto an, wo du sowohl schlankere als auch diese breiten Zystiden siehst. Ausschlaggebend ist auch hier wieder das, was gerade jemand in Bezug auf Neoboletus-Arten schrieb: Es ist die Gesamtheit der Merkmale, die eine Art ausmacht. Es passen: die Farbe, die Hutoberfläche, der ganz bereifte Stiel, Form und Größe der Sporen, Länge der Zystiden und die grundsätzliche "Art" der Zystiden - die aber eben mal länglicher und mal breiter sein können. Und natürlich der Standort, ebenso wie die Jahreszeit.

    Der Boden sollte nicht sauer sein. Ist das so?

    Herzlich Ditte



  • Hallo Ditte,


    Danke, dann ist ja alles gut :)

    Ja, das Habitat war nicht sauer, sondern sandig, kalkhaltig.


    Es fällt mir im Moment noch schwer, im Einzelfall zu entscheiden ob ein Merkmal arttrennend ist, oder der Gesamtheit unterzuordnen ist. Wenn dann in der Originalbeschreibung nur eine Zystidenform gezeigt wird, finde ich das verdächtig.

    Dass man sich die Infos (im Moment noch) in etlichen Papers zusammensuchen muss, macht es nicht einfacher - aber genau das macht mir eigentlich Spass.


    LG, Raphael

  • Ja, das ist ja eben das Kunststück, zu erkennen, was wichtig und was unwichtig ist - bei den Risspilzen wie bei jeder Gattung. Und da muss man eben dranbleiben an der Sache - wie bei allem, was man lernen möchte! Dann kriegt man mit der Zeit einen Blick dafür, eben auch, indem man beispielsweise am selben Standort nochmal eine Kollektion untersucht und eben dann Unterschiede feststellt, wie etwa rosafarbene Stiele oder hellere Hutmitte. Die Menge machts. Inocybe proximella ist so eine Art, bei der die Sporen auch mal ganz anders aussehen können, da bin ich mehrere Male ins Stolpern gekommen. Aber die Verbindung mit den genannten makroskopischen Merkmalen und diesen ungewöhnlichen zipfelig endenden Caulozystiden entscheidet in so einem Fall die Sache. Aber eben das Erarbeiten von konstanten Merkmalen macht den Reiz aus, wie du ja selbst auch sagst.:) Ditte