Bestimmungshilfe - Rotstieliger Ledertäubling kann es eigentlich nicht sein....?!

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 3.337 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bernd Miggel.

  • Hallo,


    Täublinge makroskopisch zu bestimmen, ist nur bei viel Erfahrung und oft mit Unsicherheit behaftet. Im Mikroskopieforum hat Bernd Miggel einen bei Buchen gefundenen Täubling eingestellt, bei dem auch nach mikroskopischer Untersuchung eine Bestimmung bis jetzt gescheitert ist.


    Makroskopisch könnte man einen Rotstieligen Ledertäubling vermuten.


    Mikroskopisch könnten die Sporen passen:

    Sie sind relativ groß, rundlich und besitzen ein isoliert hochwarziges, deutlich amyloides Ornament.

    Maße (aus 32 repräsentativen Sporen mit 95-prozentigem Vertrauensintervall hochgerechnet):

    Lav x Bav = 8,8-8,9 x 7,7-8,0 µm; Qav = 1,11-1,14; Vav = 266-297 µm3; Warzen bis 1,2 µm hoch.

    Mit Länge L, Breite B, Schlankheitsgrad Q = L / B; V = Volumen; av = Index für Mittelwert (average).

    Dann kommen die Überraschungen:

    Ein Huthautfragment mit Karbolfuchsin wird angefärbt und danach mit schwacher Salzsäure ausgewaschen. Säureresistente Inkrustierungen bleiben an den entsprechenden Huthautelementen als rote Überzüge oder Tropfen sichtbar. Im Bild erkennt man zahlreiche Pileozystiden und Primordialhyphen mit säureresistenten Inkrustierungen.

    Das schließt eine Bestimmung als R. olivacea aus.

    Zusätzlich finden sich auch noch "merkwürdige" dickwandige, dornenartige Elemente in der Huthaut - in den Bildern auf der rechten Seite.


    Irgendwie will da nichts zueinander passen. Vielleicht hat jemand eine Idee?


    Freundliche Grüße

    Peter


    PS: Originalbeitrag mit mehr Text und Bildern siehe: Interessante Pilzfunde 23 - Unsichere Täublingsart

  • Peter

    Hat den Titel des Themas von „Bestimmungshilfe - Rotstielieger Ledertäubling kann es eigentlich nicht sein....?!“ zu „Bestimmungshilfe - Rotstieliger Ledertäubling kann es eigentlich nicht sein....?!“ geändert.
  • Hallo Peter,


    habe den Beitrag mal Felix Hampe gezeigt, der aber gerade Kurs hat und hier auch nicht angemeldet ist. Er gab noch den Tipp, doch bitte mal mit Phenol zu testen, ob es denn überhaupt eine Olivaceinae ist. Und der Geschmack wäre auch noch wichtig, auch wenn er vermutlich mild ist.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo zusammen,


    Bernd hat diesen Fund im verlinkten Parallelforum penibelst und ausführlichst dokumentiert. Die Chemoreaktion mit Phenol weist, wie ja auch schon das Vorhandensein von SV- und KF-anfärbbaren Huthautelementen von einer Olivaceinae weg. Der Geschmack wird als mild angegeben, die Spp-Farbe mit IVd.

    Wie schon gesagt, passt für alle denkbaren Optionen nach SARNARI oder MARXMÜLLER immer ein entscheidendes Detail nicht: für R. carminipes oder R. tinctipes oder R. alternata das Sporenornament, für R. integriformis der Baumpartner/Waldtyp.

    Und dann noch der "Stachel im Fleisch" des Bestimmers: dieses setenartige Gebilde, das man von gelbsporigen Täublingen überhaupt nicht kennt, und das mMn allein schon die Berechtigung für das Aufstellen einer eigenständigen Untergattung darstellt, worüber in der mir zur Verfügung stehenden Literatur nirgendwo etwas zu lesen ist.

    Also ich für meinen Teil muss hier passen, ich bin mir sicher, dass ich so etwas noch nie gesehen habe.


    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

  • Hallo,


    am besten melde ich mal selber.

    Die Pilze sind geruchlos und mild. Die folgenden Bilder zeigen im oberen Bild die etwas schwach verlaufenden Farbreaktionen mit FeSO4 und Phenol und im unteren Bild die säureresistenten Inkrustierungen der Huthautelemente mit Karbolfuchsin und nachfolgender Auswaschung mit schwachem HCL.


    Viele Grüße - Bernd





  • Hallo miteinander,


    vorhin hatte ich einen intensiven Gedankenaustausch mit Werner Jurkeit, der sich wie kaum ein anderer in der Morphologie der Täublinge auskennt. Nach dem Gespräch bin ich nun davon überzeugt, dass es sich bei dem Fund um den Rotstieligen Ledertäubling Russula olivacea handelt, allerdings mit einer etwas von der Norm abweichenden Ausformung der Huthautelemente.

    Russula olivacea besitzt gemäß SARNARI in der Huthaut "regressive Primordialhyphen", die im Allgemeinen mit Karbolfuchsin kein Exsudat in Form feiner Tröpfchen zeigen.

    Im vorliegenden Fall sind diese Ausscheidungen jedoch ausnahmsweise vorhanden.


    Viele Grüße - Bernd

  • Hallo,


    ich hatte gestern noch mit Felix Hampe geschrieben, der anderer Meinung ist. Er hätte den FUnd auch gerne zum sequenzieren Bernd. Bestimmt machst Du ja eh ein Exsikkat.


    Er schreibt, dass eigentlich nur Russula sericatula in Frage kommt, eventuell noch melitodes. Beide sind im SARNARI mikroskopisch nicht sehr treffend abgebildet. Die spitzen braunen Dinger gehören nicht zur Russula, wo auch immer sie herkommen.

    Der deutsche Name "Schwachreagierender Ledertäubling" passt ja auch gut.


    An Russula olivacea kann ich nicht glauben, denn wenigstens die Phenol-Reaktion müsste doch typisch sein. Dass Huthaut und Chemie von der Norm abweichen sollen ist mir ein bissel zu viel ...


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Andreas,


    ein Exsikkat habe ich natürlich. Vielleicht kann mir Felix ja mal eine Mail schicken.

    Unten im Bild noch die etwas deutlichere Reaktion nach 12 Minuten.


    vg Bernd



  • Hallo miteinander,


    hier die Expertise von Werner Jurkeit, der (wie auch andere Mykologen) ein Teilexsikkat von mir bekommen hatte:


    Lieber Bernd,

    habe Deinen Täubling erhalten und sogleich untersucht. Nach meinen vorläufigen Recherchen handelt es sich um eine unbekannte Art. Sie ist weder bei Romagnesi, Sarnari oder Reumaux aufgeführt. R. olivacea ist es aufgrund mikroskopischer Merkmale, nach genauer Beurteilung deiner Fotos, der glänzenden Huthaut und fehlender Hutmarmorierung nicht. Meines Erachtens handelt es sich bei den in SV leichtest grau und mit Karbolfuchsin dunkelrot bis graurot angefärbten Elementen um sehr schwach reagierende, unseptierte Dermatozystiden. Nach kurzer Beaufschlagung mit verdünnter Salzsäure glaubt man Inkrustationen zu erkennen. Nach längerer Einwirkzeit von 30-60 Sekunden konnte ich keine Inkrustationen feststellen. Die Epikutishyphen sind dünn, multiseptiert und verzweigt. Damit kommen R. olivacea, R. melitodes und andere Arten nicht infrage. R. sericatula und verwandte Arten sind stark inkrustiert. Aufgrund von grau anfärbenden Lamellen kann man sogar eine Nähe zu R. seperina vermuten, (prüfe Deine Exsikkate auf dieses Merkmal)...

    liebe Grüße Werner.