BFF (nord)

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 5.279 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

    • Offizieller Beitrag

    Black F***ing Forest !



    Es ist ja bekannt (also Regel Nr.1), daß momentan Pilze keine Fruchtkörper bilden. Also gar keine (bis auf drei Pfifferlinge), und zwar nirgendwo. Das ist zwar weitläufig richtig, aber begrenzt gesehen muss das nicht so sein. Weil aber - und das Schimpfwort ist in der Überschrift durchaus liebevoll gemeint - im Schwarzwald immer Pilze zu finden sind (Regel Nr.2), war mal interessant herauszufinden, welche der beiden Regeln dort nun Gültigkeit hat.


    Schwarzwald - Nord:
    Die Zweite Regel („Schwarzwald gibt’s immer Pilze) trifft zu.

    Es war schon mal besser an den beiden angeesteuerten Plätzen, aber trotzdem...
    ...ich habe tatsächlich noch einige Bilder aussortiert. Zwei - drei weitere hätte ich noch rausschmeißen können, weil Schwarzwald ist halt auch mal wirklich „Black F***ing Forest“: Letzten Sonntag war jedenfalls bestes, stabiles Sommerwetter - für Schwarzwaldverhältnisse.

    Soll heißen, es war richtig schön warm (teilweise knapp über 15°C!), das Gewitter zog haarscharf vorbei, nur ein mal (während mehreren Stunden Tour!) wurden wir von einem Starkregenschauer komplett durchnässt. Ansonsten nur leichter Regen, zwei oder drei Mal kam sogar die Sonne kurz raus.

    Eben richtig sattes Sommerwetter (für Schwarzwälder Verhältnisse).


    Kritik, Kommentare und Diskussion vor allem zu den (teils sehr unsicheren „Bestimmungen“) sind gerne erwünscht und auch erhofft!




    Gelände I:


    Hochfläche auf 950-1000müNN; mooriges bis anmooriges Gelände, sauer, vorwiegend Nadelbäume (Fichte, Kiefer, Lärche, Tanne, dazwischen Birken, Salweiden, Ebereschen)


    Tremiscus helvelloides = Rötlicher Gallerttrichter




    Phaeolus schweinitzii = Nadelholz-Braunporling


    Hygrophorus olivaceoalbus = Natternstieliger Schneckling


    Lactarius helvus = Maggipilz


    Lactarius lignyotus = Mohrenkopfmilchling


    Cortinarius traganus = Lila Dickfuß


    Cortinarius rubellus = Spitzgebuckelter Raukopf


    Cortinarius delibutus = Blaublättriger Schleimfuß


    Cortinarius camphoratus = Bocksdickfuß



    Ramaria gracilis = Zierliche Koralle



    ...durch die filigrane Gestalt und den Marzipangeruch tatsächlich im Feld schon bestimmbar!



    Gelände II:


    Ein tief eingeschnittenes Tal mit steilen Flanken, von Rinnen durchsetzt, verschiedene Sandsteine, stellen weise basisches Material eingelagert, sehr wechselhafte Ökologie, gut durchmischter Baumbestand (Fichten, Tannen, Rotbuchen, Lärchen, Eichen, Birken, Kiefern, Ahorn, Hasel, Hainbuchen...)


    Xeromphalina campanella = Geselliger Glöckchennabeling



    Caloboletus calopus = Schönfußröhrling


    Porphyrellus porphyrosporus = Porphyrröhrling


    Spathularia flavida = Dottergelber Spateling



    Lactarius oedematopus = Kurzhaariger Brätling




    ...den nenne ich jetzt mal einfach so: Huthaare sind zwar auch vereinzelt über 50µm lang, aber den Hüten fehlt der braune Farbton, der bei Lactarius volemus s.str. wohl zu finden sein müsste.


    Albatrellus confluens = Semmelporling




    ...die hellen, nahezu weißen Fruchtkörper ließen zunächst an einen Schafporling denken - was ein weiterer Erstfund gewesen wäre. Aber Schnallen und Verfärbungsverhalten rückten das dann zurecht.


    Cortinarius purpurascens = Purpurfleckender Klumpfuß



    Craterellus sinuosus = Krause Kraterelle


    ...zahlreich an einer Wegböschung, da stand ich mittenmang in den Fruchtkörpern, ohne die anfangs gesehen zu haben, weil: Im nächsten Bild wäre dann die Stelle zu sehen.


    Gomphus clavatus = Schweinsohr






    ...trotz eines gewissen Alters der Fruchtkörper (zu Speisezwecken so sicherlich nicht mehr attraktiv) für mich der schönste Erstfund an diesem Tag.
    Nach denen suche ich wohl schon, seit ich als Kind das erste mal einen Pilz in der Hand hatte. :ghurra:


    Ramaria largentii = Orangefarbene Gebirgskoralle







    ...da wär's echt mal interessant, ob meine Einschätzung passend sein könnte. Korallen sind schwierig, und Erfahrung (= Formenkenntnis) habe ich da so gut wie keine. Das Buch von Josef Christan ist großartig, aber man braucht Übung, vor allem in der Beurteilung der Farben und Farbreflexe. Ach, die Farbreflexe... Das ist schon krass, wie die sich nach der Entnahme der Fruchtkörper vom Mycel verändern!
    Diese vermutete R. largentii war schon verblüffend (nach einer Nacht im Gemüsefach einfach nur noch gelb, aber die Folgende Koralle war noch viel krasser, wie die ihre ursprünglichen Farben verloren hat. Aus "herrlich bunt" war am nächsten Tag bei dem älteren Fruchtkörper ein "ziemlich matschiges Ockergelb" geworden. Und das liegt nicht (nur) an den Farben der Aufnahmen. :gzwinkern:

    Die Bilder vom Fundort geben zumindest die Farben von den Fruchtkörpern relativ gut wieder. Die vom Folgetag im "Fotostudio auf der Waschmaschine" aber auch.


    Ramaria cf subbotrytis = Schönfarbige Koralle Ramaria spec. (siehe Ausführungen unten in anderem Beitrag)








    ...die macht mich bestimmungstechnisch am meisten fertig. Auch der Fundort ist komisch - wobei es da schon die eine oder andere Rotbuche im potentiellen Mycelbereich gibt und das Gelände, also die Talflanke ist wie beschrieben merkwürdig gemischt mit sauren, aber auch eher basischen Stellen. Ist Ramaria botrytis mehr ein Gebirgspilz? Die einzigen, halbwegs sinnvollen Alternativen wären nach einigen Stunden Recherche Ramaria fagetorum und Ramaria neoformosa gewesen. Wobei ich nicht weiß, ob fagetorum und subbotrytis nun Synonyme sind. Wohl aber eher nicht, wenn ich das richtig verstehe, und wenn ich die spärlichen belastbaren (!) Abbildungen vergleiche, kommt eben subbotrytis am ehesten hin. Und bei neoformosa dürften wohl neben dem Farbspektrum auch die Sporen noch leicht anders aussehen, oder?
    Also für Kritik gerade hinsichtlich der Korallen wäre ich enorm dankbar!


    Hygrocybe helobia = Knoblauchsaftling





    ...das folgende Problem ist nun schon zum zweiten Mal aufgetreten: Ich kann den Knoblauchgeruch bei dieser Art nicht wahrnehmen. Egal was ich mit den Fruchtkörpern anstelle.
    Die langzellige Lamellentrama in Verbindung mit den Sporen und dem Aussehen der Fruchtkörper ist allerdings eindeutig genug. Schade nur, daß ich die wohl immer mikroskopieren muss, wenn ich sie nicht anhand vom Knobigeruch von H. miniata etc. unterscheiden kann.


    Cystoderma cf superbum = Weinroter Körnchenschirmling





    ...der ist auch knuffig!

    Mit der olivgrauen KOH - Reaktion auf der Huthaut komme ich eigentlich zu Cystoderma subvinaceum. Das kann aber nicht sein, wegen den inamyloiden Sporen, und weil die Fruchtkörper nicht an Holz wuchsen, sondern auf der selben kleinen Magerwiese wie die Knobisaftlinge. Allerdings hätte ich mir C. superbum nochmal etwas anders vorgestellt; größer und röter, aber dennoch scheint C. superbum die einzige vernünftige Bestimmung zu sein, oder?
    Die entfärben sich übrigens auch ein wenig beim Antrocknen, aus satt dunkel weinbraun wird dann ein dunkles Ockerbraun...



    Alors, das war’s dann erstmal. Zumindest vorerst in Sachen BFF-nord.

    Wobei man vor allem in das Tal (Gelände II) dringend noch mal hin müsste, wenn Phlegmacien und Ritterlinge richtig loslegen. Falls die das denn in diesem Jahr noch tun.




    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    es ist ja Wahnsinn was dort derzeit alles wächst. Bei mir ist so ziemlich Ebbe bei den Großpilzen. Viele deiner Funde habe ich noch nie live gesehen.


    Danke für´s erinnern wie es auch in den Wäldern aussehen kann.


    VG Jörg

  • Hallo Pablo

    danke für´s Zeigen der tollen Funde.

    An L. oedematopus mit den warmen Farben, wie Du sie zeigst, habe ich keinen Zwiefel. Ich habe 3 gleichfarbige Kollektionen untersucht und immer Haare bis knapp 60 mµ dabei, die einmal sogar den überwiegenden Teil ausmachten.

    Xeromphalina campanella steht noch auf meiner Wunschliste.

    Schön wie Du die langen Hyphen in der Lamellentrama von H. helobia zeigst. Den Knoblauchgeruch habe ich nur einmal erahnen können, als ich eine kleine Dose mit mehreren Fruchtkörpern geöffnet und direkt die Nase drangehalten habe.

    Mit den Korallen geht es mir haargenau so, wie Du es geschildert hast :)

    Die weinroten Töne bei C. superbum gehen zwar erstaunlich schnell und vollständig verloren, aber ältere die ich gesehen habe, waren deutlich blasser.Die folgenden Aufnahmen sind von der gleichen Fundstelle. Ohne jetzt Mikros nachzulesen erinnert mich Dein Fund an Cystoderma granulosus
    C. superbum frisch


    C. superbum alt



    LG Karl

  • Hallo Pablo,


    Was für ein Feuerwerk! Eine Vielzahl der von dir gezeigten Arten hatten wir auf der Schwarzwälder Pilzlehrschau auch. Habe bestimmt 60 für mich neue Arten in der Hand gehabt.


    Tolle Mikrodokumentationen. H.helobia hatte ich leider noch nicht. Ludwig schreibt jedoch, dass dieser auch ohne Geruch sein kann.


    Es wundert mich, dass du C.subtortus nicht gefunden hast. Der war wie der spitzgebuckelte Massenware überall.


    An Korallen habe ich mich noch nicht probiert. Ab und zu nehme ich eine Schöne mit und schaue sie dann doch nicht genauer an. Schiebe es dann auf die Zeit :D


    LG Sebastian

  • Hallo Pablo, nach deiner Einleitung hatte ich mit 2-4 Pilzarten gerechnet, und dann dieses Feuerwerk seltener Arten! Grandios. Die Korallen sind wirklich beeindruckend, auch die Schleierlinge.

    Ich finde übrigens, deine Knoblauchsaftlinge haben einen anderen Farbton. als der Mennigrote Saftling. Wenn die Farbwiedergabe auf den Fotos stimmt, ist der Knoblauchsaftling farblich ziemlich nahe beim Kirschroten (H. coccinea, während der mennigrote eher warmrote Farbtöne aufweist. Aber das ist Laienmeinung. Ich kenne nur den Mennigroten Saftling aus eigener Anschauung.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen!

    Danke, das freut mich wenn's gefällt! :thumbup:

    Hoffentlich regt sich auch in anderen Gegenden noch etwas, denn in der Tat stand das Jahr bisher wohl eher so im Zeichen der Mycelregeneration (außer bei den Leistlingen) nach der +/- fünfjährigen Dürrekatastrophe.
    Um das auszugleichen, fehlt noch viel Wasser in den Böden - und Flutkatastrophen sind zur Verbesserung eher kontraproduktiv, fürchte ich. Besser wäre regelmäßige und moderate Befeuchtung...


    Jedenfalls, kurz zu den Phlegmacien und speziell Cortinarius subtortus: Bei dem bin ich sicher, daß der zumindest in "Gelände I" vorkommen muss. Gesehen habe ich keinen - sonst hätte ich sicherlich ein Bildchen gemacht. Aber es waren ja generell noch kaum Phlegmacien draußen, nur C. purpurascens an bekannter Stelle in etlichen schönen Kollektionen (die schönste wurde fotografiert und oben gezeigt).


    Danke an Karl für die Hinweise und Überlegungen zu der Cystoderma.

    Die Bilder von dir hatte ich sogar bei den Recherchen zu belastbaren Abbildungen der Art gefunden, die hattest du mal hier im Forum gezeigt, ich glaube 2014?
    Cystoderma granulosum meine ich eigentlich ganz gut zu kennen (wenn ich den denn bisher richtig eingeodnet habe), der erscheint oft zahlreich in einer Kiefernschonung im Mannheimer suburbanen Raum. Farblich wäre das für mich ein ziemlich leuchtend orangebrauner Pilz wenn frisch - diese satten, dunklen rotbraunen Farben wie bei dem schwarzwälder Fund habe ich da noch nie beobachten können.

    Mikroskopisch allerdings wohl tatsächlich ziemlcih ähnlich oder fast identisch, also auch mit kleinen, elliptischen, inamyloiden (oder allenfalls "grauen") Sporen und ohne Zystiden.





    ...bei dem hatte ich halt immer das Problem, daß er für C. granulosum eigentlich ungewöhnlich stämmige, große Fruchtkörper rausschiebt. Die Variationsbreite in der Größe bei dem Fundort ist allerdings sehr groß, und keine hundert Meter entfernt auf einer Flugsanddüne wäre auch Cystoderma terryi (=C. cinnabarina) mit entsprechenden Zystiden zu finden. Aber eben auch farblich im helleren, orangebraunen Spektrum gehalten.



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo nochmal!


    Also vor allem Karl W :
    So ein wenig habe ich noch rumgeblättert und "recherchiert". Und bin jetzt fast der Meinung, daß das, was ich oben als Cystoderma granulosum zeige, falsch bestimmt ist.
    Mittlerweile denke ich, daß das eher Cystoderma adnatifolia sein müsste, und demnach Cystoderma granulosum (ist ja nun wohl Cystodermella granulosa) durchaus für meinen Schwarzwaldfund in Frage kommen könnte - wobei cih farblich doch eher zu superbum tendieren würde.
    Ich meine, die Vergleichsbilder von dir gehen schon in die Richtung, und die Pilze waren ursprünglich wirklich dunkel weinrot, ohne orangbraune Farben.

    Schwierig...

    Aber sowas ist immer ein Gewinn neuer Erkenntnisse für mich, darum nochmal danke für deinen Beitrag und deine Kritik, Karl! :thumbup:



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Sorry, gibt noch eine Fortsetzung.

    Ist zwar nun auch schon über eine Woche her, aber das "Gelände II" musste nochmal untersucht werden.


    Äh...


    Ich häng' das hier einfach mal hinten dran. War eh kaum was zu finden, lohnt sich kaum, da nochmal reinzufahren.


    Albatrellus confluens = Semmelporling



    Das ist die selbe Fundstelle wie oben.

    So langsam lerne ich die kennen...


    Pleurocybella porrigens = Ohrförmiger Seitling


    Leccinum cf scabrum = Birkenpilz






    Kam mir komisch vor mit den ganz hellen Hüten und auch hellen Stielschuppen.
    Stand aber im finstersten dichten Fichtendickicht der Welt, und mikroskopisch ist das schon einfach scabrum, also...

    Beleg habe ich mal getrocknet, falls das doch noch jemand weiter untersuchen will.


    Ganoderma lucidum s.l. = Glänzender Lackporling





    Substrat ist Tanne (Abies spec.). Es ist aber nicht Ganoderma carnosum, denn das passt von den Farben der Kruste her genauso wenig wie von der Sporengröße (wobei die wohl eher unzuverlässig sein könnte). Das "s.l." im Namen ist deswegen wichtig weil Ganoderma lucidum s.str. wohl nicht an Nadelholz vorkommt.
    Was diese leuchtend rotkrustigen an Nadelholz genau sind (ob tsugae, valesiacum oder noch was ganz anderes) ist für mich momentan nicht zu klären.
    Auch dazu gibt's einen (umfangreichen) Beleg, wenn jemand da noch tiefer reingucken möchte.


    Hericium flagellum = Tannen - Stachelbart





    In der Färbung definitiv einer der bemerkenswertesten Pilze, die ich je gesehen habe. Keine Ahnung, warum dieser junge fruchtkörper so pink ist. Es ist kein Farbartefakt der Kamera (die habe ich sogar noch ausgeglichen).

    Tolles Ding. :)


    Leotia spec. = Gallertkäppchen






    Also...

    Ich kenne schwarzgrün verfärbende Leotia lubrica. Denen sieht man schon an, daß sie unfit sind. Die bilden auch nicht so schicke, grüne Schüppchen auf gelbem Stieluntergrund. Die Kappen sind glitschig, breiig und zerfließen dann irgendwann. Man sieht ihnen an, daß die unfit sind. Irgendwie krank, befallen, von was auch immer...

    Die hier sind nicht befallen. Die sind quietschfidel und munter, meiner Einschätzung nach. Die Käppchen glänzten teilweise, weil nass, aber sind nicht breiig weich, sondern fest und elastisch. Mikroskopieren musste ich leider Totmaterial (also getrocknet), was freilich nicht so ein großer Spaß ist bei Ascos.
    Also wenn es sowas wie ein "Schwarzgrünes Gallertkäppchen" als eigene Art auch hier in Europa gibt, dann müsste das vermutlich das hier sein.
    Beleg ist vorhanden, falls jemand mag...


    Nochmal zurück zu der Ramaria, die oben bisher als "Ramaria cf subbotrytis" dokumentiert war, in kürze aber zu "Ramaria spec. A1" geändert wird.

    Die konnte ich an drei weiteren Stellen finden, die schönste Kollektion habe ich nochmal eingesammelt.

    Ramaria spec. A2 = Unbiskante Koralle




    Auch wieder nach trennung vom Mycel rasch zu gelb / ockergelb umfärbend:




    Die Farben sind wirklich krass wiederzugeben, vor allem mit einer farbenblinden Kamera.

    Gerade die Fundortaufnahmen geben es hier aber ganz gut wieder, sogar noch einen Tik besser als die im Startbeitrag. Auch wenn das Moos komisch aussieht (stimmt aber auch fast von den Farben her).

    Ramaria subbotrytis würde ich inzwischen ausschließen wollen. Das ist doch irgendwie zu viel gelb und orange. Zudem: Zwei der drei neuen Fundstellen lassen eine Assoziation zu Nadelbäumen als Mykorrhizapartner zu. Also Fichte oder Weißtanne. Auch bei den anderen Fundstellen, waren kleinere Rotbuchen eher Randerscheinungen im Fichten- Tannenbestand.

    Ramaria neoformosa würde farblich ganz gut passen - ist aber zumindest im Sinne von Christan auch eine Laubwaldart und hat zudem breitere Sporen (aus meiner Sicht das Hauptausschlusskriterium gegen neoformosa in diesem Fall). Allerdings fand ich einen Artikel mit einem Bericht zu Korallenfunden aus Skandinavien - da gibt es "Ramaria neoformosa agg." auch in Nadelwäldern, allerdings scheinen die das Taxon doch etwas anders zu interpretieren.

    Am ehesten favorisiere ich im Moment Ramaria dolomitica s. Christan. Das wäre immerhin ein "Bergpilz" mit Assoziation zu Nadelbäumen.

    Oder ich bleibe vorerst einfach bei "Ramaria spec. A" und nummeriere die Funde durch...


    Tricholoma columbetta = Weißseidiger Ritterling


    Tricholoma pardinum = Echter Tigerritterling



    Hier hätte ich ernste Schwierigkeiten gehabt, das von Tricholoma filamentosum zu trennen, wenn nicht der alte Fruchtkörper dabei gestanden wäre.

    In Gebieten, wo Tannen und Rotbuchen durcheinander wachsen, und wenn die Fruchtkörper nicht typisch ausgeprägt sind, ist die Trennung der beiden Arten schwierig.


    Cortinarius varius = Semmelgelber Schleimkopf


    Gibt's dort an mehreren Stellen. Nun auch mal ausreichend frische, knackige Fruchtkörper für ein Pfännchen. Sehr lecker!


    Cortinarius venetus = Grünfaseriger Raukopf








    Cortinarius cf aureofulvus = Goldbrauner Klumpfuß




    Cortinarius spec. ("sect. riederi")






    Für dieses Phlegmacium kommen als Mykorrhizapartner Weißtanne, Fichte und Rotbuche in Betracht.
    Ich denke, daß die Pilze zur Rotbuche gehören, daß das also eine der Laubwaldarten ist - und damit ist das Pilzchen für mich momentan unbestimmbar.

    Im Grunde müsste das entweder Cortinarius argenteolilacinus oder Cortinarius glaucocyanopus sein.

    Zu beiden Arten ist allerdings so gut wie nix bekannt. Ich kann mir dazu derzeit kein Bild machen und ordne den Fund erstmal keiner der beiden Arten zu - wenn jemand dazu eine Eingebung hat: Immer her damit, ansonsten lege ich den mal beiseite (Beleg ist selbstverständlich vorhanden) und gucke, was weietre Funde so an weiteren Erkenntnissen bringen.


    Das Tal scheint sich übrigens als ein kleines Schleierlingsparadies zu entpuppen.
    Da waren noch erheblich mehr Arten, aber meistens entweder Einzelfruchtkörper (cf. magicus oder glaucescens) oder unfotogene Kollektionen von Bekanntem (scaurus)...
    Das Schöne ist: Man findet ziemlich direkt nebeneinander her kalkliebende wie säureliebende Arten. Die Kalkarten freilich vorwiegend entlang der Wege, aber ich vermute nach wie vor, daß da stellenweise auch im Berg selbst basische Gesteine eingelagert sind.


    Kritik und sämtliche weiteren Einlassungen erwünscht. :)



    LG; Pablo.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Leute!


    Der für dieses Jahr letzte Ausflug ins Gelände II ist jetzt auch schon eeeeeewig her. Doch irgendwie komme ich jetzt erst dazu, die Bilder einzustellen. Aber keine Sorge, nur noch ein paar Bilder hier hinein, dann ist das ja rasch erledigt. Alles vom 09.10.2021.

    Wegen der Farbgestaltung auf einigen Bildern muss ich gleich vorab Abbitte leisten. Bei manchen Lichtverhältnissen sind uns Kamera und ich nicht völlig einig, ob es wirklich so gut ist, das ganze Bild in blau zu baden, bzw. wie man das dann wieder so weg bekommt, daß wenigstens die Pilze einigermaßen farblich so aussehen, wie in echt. Bei ein paar vereinzelten Aufnahmen passt es aber einigermaßen.


    Zwei Umgebungseindrücke:



    Hericium flagellum = Tannen - Stachelbart

    Das ist der selbe Fruchtkörper wie auch oben zu sehen, aber nun deutlich gewachsen und ausgereift. Die rosarötlichen Farbtöne sind verschwunden, anscheinend war das nur ein Fabspiel, das durch äußere Einflüsse verursach wurde.



    Albatrellus confluens = Semmelporling

    Diesmal an einer anderen Stelle mit wirklich elegant gewachsenen Fruchtkörpern.



    Albatrellus pes-caprae = Ziegefußporling


    Gyroporus cyanescens agg. = Kornblumenröhrlinge


    Inocybe whitei = Weißrosa Risspilz






    Chrysomphalina grossula = Grüngelber Nabeling


    Clitocybe alexandri agg. = Buchsblättriger Trichterling

    Dafür gibt es mittlerweile mit „Clitopaxillus“ eine eigene Gattung. Und der Ärger kam erst daheim beim Nachrecherchieren, weil ich da erst erfahren musste, daß es da eine weitere, sehr ähnliche Art gibt, die sich in erster Linie durch Schnallen in der Huthaut unterscheidet. Das wäre eine Sache von 5 Minuten gewesen, das nachzuprüfen. Aber alle Fruchtkörper blieben im Wald. Mit Schnallen wäre es dann Clitopaxillus fibulatus, der wohl eher Nadelstreu bevorzugt, während Clitopaxillus alexandri s.str. anscheinend ganz gerne Laubstreu mögen soll. An der Fundstelle zieht sich der Hexenring weitläufig durch beides, Laub- und Nadelstreu, demnach muss ich hier bei „Clitopaxilllus alexandri agg.“ bleiben.





    Es war zu erwarten, daß in dem Tal auch irgendwo irgendwelche Stachelinge auffindbar sein müssten. Gezeigt haben sie sich erst jetzt, bei der ersten Runde. An der ersten Stelle am Wegrand dafür gleich zwei Arten.

    Phellodon niger = Schwarzer Duftstacheling






    Dazwischen versteckten sich ein paar leider etwas zerrschlissene Fruchtkörper einer anderen Stachelingsart.

    Hydnellum ferrugineum = Rotbrauner Korkstacheling





    Die gleiche Art gab’s an einer anderen Stelle auch nochmal, diesmal „solo“ und auch wieder mit ausgereiften fruchtkörpern, also ohne die famosen, roten Tropfen, die der Pilz im Jungstadium absondert. Geschmack war natürlich mild, wobei die Unterscheidung zu Hydnellum peckii auch mikroskopi8sch funktioniert (Schnallen).

    nochmal Hydnellum ferrugineum = Rotbrauner Korkstacheling






    Ziel der Runde war selbstverständlich unter anderem, hunderte üppige Kollektionen von bunten Phlegmacien aufzustöbern. Das hat leider nicht geklappt. Man hätte wohl noch mal zwei oder drei Wochen später in das Tal rein gehen müssen, trotz dem einen oder anderen leichten Nachtfrost.

    Weil die meisten „Kollektionen“ bestanden aus wenigen und vor allem wenig ansehnlichen Fruchtkörpern. Teils auch nur einzeln. Artenvielfalt: Hoch. Aber eben Fruchtkörperanzahl (insbesondere ungeschädigte Fruchtkörper): Gering.

    Das sah dann zum Beispiel so aus, wie vier Fruchtkörper an einer Stelle, die wohl zu zwei verschiedenen Arten gehören müssten.

    Cortinarius spec. + Cortinarius spec.:


    An eben der Stelle übrigens vergesellschaftet mit Cortinarius varius und einigen Fruchtkörpern einer Art, die sogar bestimmbar war.

    Cortinarius papulosus = Körnigfädiger Schleimkopf





    Besonders ärgerlich die famoseste Phlegmacienmischkollektion, die mir je begegnet ist, an einem anderen „Hotspot“.

    Das ist die gleiche Stelle, wo auch die oben gezeigten Cortinarius aureofulvus standen; von denen war auch ein einzelner Fruchtkörper nochmal frisch erschienen. Gemeinsam mit einigen Ruinen von Cortinarius varius und drei Einzelfruchtkörpern drei weiterer, nicht näher untersuchter Arten!

    Cortinarius aureofulvus + Cortinarius spec. + Cortinarius spec. + Cortinarius spec.:


    Eine noch halbwegs verwertbare Kollektion von kräftigen, großen Phlegmacien ohne bitteren Geschmack und ohne KOH - Reaktionen, aber mit schön violettblauen Stielen, ausgeprägt gerandeter Knolle und weißlichen Velumplacken auf den ockergelben bis (jung) kupferbraunen Hüten.

    Ein schwieriger Fall, aber am ehesten komme ich da nach FN zu Cortinarius cf haasii:




    Ein anderes lustiges Phlegmacium, leider auch nur drei Fruchtkörper von denen zwei bereits deutlich angeschimmelt waren (von unten) und dann auch noch - den einen noch halbwegs intakten Fruchtkörper irgendwo liegen lassen / beim Beobachten anderer Funde vergessen.

    Cortinarius spec.:


    Auch schade: Mit den Ritterlingen sah es nicht so viel besser aus als mit den Schleierlingen. Da sind in dem Tal aber noch einige Funde zu erwarten, zum Beispiel fanden sich an einigen Stellen noch große, fette, schleimige Braune Ritterlinge, die aber schon weitgehend zu Brei zersetzt waren. An anderen Stellen einzelne Fruchtkörper, oder total zerfressene Fruchtkörper...

    Ein paar Kollektionen waren trotzdem noch zu beobachten.

    Tricholoma albobrunneum s. FNE4 (s. orig.?) = Weißbrauner Ritterling

    Das ist jedenfalls mal was Anderes als die „stans agg.“ Die in den sandigen Kiefernwäldern der Oberrheinebene rumstehen. Meiner Ansicht nach mit dem bitteren Geschmack, weitgehend trockener und radialfaseriger Hutoberfläche, bräunendem Stiel mit klar abgesetzter weißer Stielspitze sollte das jetzt das sein, was die Autoren von FNE4 als Tricholoma albobrunneum beschreiben.




    Tricholoma atrosquamosum = Schwarzschuppiger Erdritterling

    Gehört mit der vereinzelt rötlich und grünbläulich fleckenden Stielbasis zu den Arten um Tricholoma orirubens & co., ist aber wohl bevorzugt im eher basischen Bergnadelwald bei Tannen zu finden, hat vereinzelt gesähte, aber bei manchen Fruchtkörpern ziemlich markante, punktartige schwarze Stielschüppchen auf weißem Untergrund und eine wirklich krasse, satt schwarze Hutschuppung.






    Tricholoma roseoacerbum = Rosastreifiger Ritterling

    Auch blos zwei Fruchtkörperchen dieser relativ charakteristischen Art




    Tricholoma stiparophyllum = Gerippter Gasritterling

    Den gab’s an diversen Stellen in teils sehr üppigen Kollektionen um Birken herum. Hier mal eine Kollektion mit weitgehend ungerippten Huträndern (ist ja kein Muss bei der Art); bei locker 4-5 Dutzend Fruchtkörpern an der Stelle waren vielleicht mal gerade so bei 3 oder 4 deutlich gerippte Hutränder zu finden. Auffällig übrigens die Guajak - Reaktion, die bei den anderen weißen Stinkern nicht so ausfällt.




    Tricholoma vaccinum = Bärtiger Ritterling

    Die vielleicht häufigste Ritterlingsart in den Nadelwaldbereichen des Schwarzwaldes an Stellen, wo die Böden +/- sauer sind. Darf hier natürlich nicht fehlen.


    Korallen waren vereinzelt noch zu sehen, die schicken Bunten meistens schon am Zerfallen, aber an vielen Stellen gab’s noch mal einen ordentlichen Schub Marzipan.

    Ramaria gracilis = Zierliche Koralle



    Aufhören will ich dann mal so, wie’s angefangen hat.

    Mit Tremiscus helvelloides = Rötlicher Gallerttrichter


    Nach wie vor stand davon die Wege entlang alles voll. In 1001 unglaublichen Formen und Größen.

    Die schmecken übrigens nicht wirklich nach irgendwas. Aber die Konsistenz im Mund beim Kauen ist interessant. Ähnlich wie Zitterzahn.

    So, weiteres aus der Gegend gibt’s dann wirklich erst kommendes Jahr.

    Bis dahin sind natürlich weiterhin Bestimmungskritik und Diskussion sehr willkommen. :)



    LG, Pablo.

  • Hallo Pablo,


    wieder eine tolle und aussagekräftige Dokumentation. Vielen Dank fürs mitnehmen und zeigen.


    Tricholoma atrosquamosum hatte ich jetzt als persönlichen Erstfund im Park unseres Klinikgeländes.


    LG Sebastian

  • Hallo Pablo,


    tolle Funde! :gbravo:


    Schreib doch Josef wegen Deinen Ramarien mal direkt an. Den HoBis hat er auch schon mal sehr nett geholfen (als es in meinem Lieblingswald noch Ramarien gab :grolleyes:)


    Liebe Grüße


    Murph

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Murph!


    Vermutlich werde ich das auch tun, wenigstens wegen der lustigen, lachsbunten, bisher gar nicht klar bestimmbaren Art, die dort wirklich an vielen Stellen vorkommt. :thumbup:

    Belege habe ich ja angelegt, falls das nötig werden sollte.

    Allerdings vermute ich, daß es bei vielen Korallenarten so ist, daß die "ihre Jahre" haben. So viele wie in diesem Jahr habe ich selten gesehen, in anderen Jahren wird da wieder Pause sein.


    Hallo, Sebastian!


    Deine Ritterlinge sind allerdings (aus meiner Perspektive mit einer Wahrscheinlichkeit >99%) Tricholoma terreum (Gemeiner Erdritterling). Für die sind diese eher wollig-flauschigen Schuppen ganz typisch, und die dunklen Farben findet man oft und gerne gerade bei jüngeren Fruchtkörpern im +/- offenen Gelände.

    Tricholoma terreum braucht auch nicht zwingend Kiefer als Mykorrhizapartner. Fichte und Tanne gehen auch, sporadisch wohl auch der eine oder andere Laubbaum (Birke, Rotbuche).



    Lg; pablo.

  • Oh, ok ... kann ich gar nicht glauben, dass das eine Varietät sein soll. Die waren nicht nur dunkel, sondern schwarz. Gemeine Erdritterlinge hatte ich ja schon sehr oft in der Hand, auch in allen Altersstadien. Allerdings noch nie so schwarz. Habe mir das nochmal angeschaut in der Literatur. Bei Ludwig beispielsweise findet man in der Tat auch solche schwarzen Hüte abgebildet bei terreum. Du wirst wohl recht behalten.


    Fichten standen da in jedem Fall.


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    Bei Tricholoma terreum muss man auch eigentlich ein "agg." hinten dran setzen. Das ist eher einie Gruppe von etlichen, aber wohl (noch?) nicht klar auseinanderentwickelten Arten. Da gibt es auch noch eine ganze Reihe von Varietäten, Formen (teils auch als eigenständige Arten geführt), die in dieses Aggregat hinein gehören und sich aber nicht morphologisch oder genetisch konstant trennen lassen (Tricholoma myomyces wäre so ein Fall).

    Das erklärt vielleicht, warum dieses arg dunkle, schwarze Erscheinungsbild für dich so ungewohnt ist: Solche Ausprägungen können regional mehr oder weniger verbreitet sein. Möglicherwweise wachsen bei dir in der Gegend mehr Sippen, die eher hell bleiben farblich.


    Michael, den Schleierling habe ich natürlich genau deswegen als "papulosus" bestimmt, damit jemand die Chance für einen Kalauer mit meinem Vornamen bekommt. :gzwinkern:
    Einfacher wäre percomis oder so gewesen, woran ich im Feld auch erst dachte, aber beim Nachbestimmen war die Sache dann ja ganz klar... Wegen dem Namen!



    Lg; pablo.