Flavopunctelia oder etwas anderes?

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  • Hallo, Freunde der Flechten!


    Noch immer bin ich mit Blattflechten beschäftigt, die sich im feuchten, halbschattigen Schozachtal an alten Apfelbäumen finden lassen.


    Eine davon, eine helle gelblich- bis grünlich-graue Flechtensorte verweigert sich mir beharrlich, sich einordnen zu lassen.

    Ich möchte im Folgenden gerne sechs Bilder dieser Flechten zeigen, die sich meiner Meinung nach stark ähneln und von der gleichen Sorte sein könnten.


    Die besagten Flechten wachsen mit langen, wenig verzweigten Loben, und besitzen seitlich deutlich aufsteigenden Ränder (Bild 1).

    Zwischen den leicht querrunzeligen Thalluslappen kann man häufig bis auf das Substrat durchsehen, sie sind meist nur luftig-locker angeordnet.

    Die Thallusoberfläche ist (gelegentlich) von punktförmigen, teilweise länglichen Pseudocephyllen geziert.

    Die (älteren) Lappenränder sind von Soralen begrenzt (Bild 2,3,5,6).

    Die jungeren Lappen besitzen diese Bortensorale noch nicht (Bild 1-4).

    Die Unterseite ist flächig hellbraun (Bild 1-6, insbesondere 5!) und besitzt einfache Rhizinien bis zum Rand (Bild 4-6).


    Wenn die Unterseite schwarz wäre und nur am Rande braun, würde ich hinter den Flechten Flavopunctelia flaventior vermuten.

    Die hellbraune Unterseite und die sehr welligen, aufsteigenden Thallusränder passen aber nicht so gut und lassen mich eher an Puncelia jeckeri denken.

    Dafür aber sind sie mir zu "luftig" und die üblichen Flecksorale fehlen.

    Irgendwie passt alles nicht so recht, finde ich...

    Mir fehlt hier die Erfahrung für eine mögliche Zuordnung. :ghilfe:


    Vielleicht erbarmt sich wieder einmal jemand Freundliches mit mehr Kenntnis und gibt mir einen Tipp, für den ich mich - im Voraus - natürlich sehr bedanke! :gzwinkern:


    Liebe Grüße, Martin


    Bild 1: Ein helles Expemplar noch fast ohne Sorale, aber deutlichen Pseudocephyllen. Sehr helle, braune Unterseite.


    Bild 2: Ein älteres, helles Exemplar, fast schon mit Pseudocephyllen-Netz (unterste Lappen im Bild) wie Parmeliae

    Vom Wuchs her eine Punctelia, aber ohne Punkte (Flecksorale).


    Bild 3: Ein etwas dunkleres Exemplar, stärker runzelig, rechts mit ausgeprägten Bortensoralen, links fast ohne. Kaum Pseudocephyllen.


    Bild 4: Eher graues Exemplar mit deutlich hellbrauner Unterseite. Links daneben eine flach anliegende Punctelia


    Bild 5: Eingerahmt von P.sulcata ein eher gelbgrünliches Exemplar, bei dem ich einen Lappen umgeklappt habe, um die braune Unterseite zu zeigen.

    Rechts daneben die schwarze Unterseite einer P.sulcata


    Bild 6: Blick auf die einfachen Rhizinien am Lobenrand. Üppige Bortensorale, hier auch an den Lappenenden.


    Es ist vielleicht eine hellere Varainte F.flaventior...

  • Hallo,


    bei der Recherche bin ich über Usnocetraria (oakseiana) gestolpert, die würde eigentlich sehr gut vom Erscheinungsbild her passen.

    Auch die helle braune Unterseite würde passen, eigentlich alles würde ganz gut passen. :gidee:

    Usnocetraria (oakseiana) passt viel besser zu den beobachteten Flechen als Flavopunctelia oder Puncelia.


    z.B. hier: Krause Blattflechte (USNOCETRARIA OAKESIANA SYN. ALLOCETRARIA OAKESIANA, CETRARIA OAKESIANA)


    Mit den Standortangaben bei Wirth komme ich damit allerdings nicht ganz hin:

    Bevorzugt wohl Nadelbäume (hier auf Apfelbaum gefunden), in "feuchten, kühl-ozeanischen Lagen.." (kommt noch hin) ".. der alpiden Gebirge Mitteleurops" (oh je - das passt gar nicht!!), Standort mit gleichmäßiger Luftfeuchte (hier am Flüsschen passt das), "im Inneren von Buchen-Tannen und Tannen-Fichten-Wäldern" (naja, Bäume gibt's hier schon, auch Buchen), "meist in der Nähe von Bächen oder Wasserfällen" (Fluss ist nur 20m entfernt). "In Deutschland ... hochgradig gefährdet!" (nach Wirth/Hauck/Schulz).


    Immerhin, bei 123Pilze kommt die Flechte bevorzugt auf Laubbäumen vor, gilt aber auch dort als selten!

    Kann Usnocetraria hier stimmen?


    LG, Martin

  • Hallo Martin

    Usnocetraria hat keine Pseudocyphellen und sollte somit ausscheiden. Es könnte sich schon um gut entwickelte Punctelia jeckeri handeln, die Art hat, im Gegensatz zu P. subrudecta eben den etwas grünlichen Farbstich und hat mehr Bortensorale als punktförmige Flecksorale.

    Allein anhand der Bilder mag ich mich aber nicht so ganz festlegen; für mich jetzt nicht auszuschließen wäre auch eine der seltenen Parmotrema-Arten (P. pseudoreticulatum). Um hier sichergehen zu können, müsste man mal ein Exemplar vernünftig durchbestimmen. Manchmal gibt es doch noch mal Überraschungen und man hat plötzlich was richtig Spannendes gefunden.


    Grüße

    Patrick

  • Hallo Patrick,


    vielen Dank für den Denkanstoß!

    Da werde ich also mikroskopieren oder zumindest tüpfeln müssen, um weiter zu kommen, wenn ich dich richtig verstehe.

    Hätte mich auch etwas gewundert mit Usnocetralia.

    Diese Flechten sind hier gar nicht selten! Ich habe erst heute wieder welche gesehen. Aber Punctelien sehe ich hier eigentlich auch andauernd, sodass ich schon etwas anderes erwarten würde.


    Ich bleibe dran!


    LG, Martin

  • Hallo Peter,


    so jung sind die Flechten vielleicht tw. gar nicht. Sie haben durchaus 5-6 cm erreicht.

    Die beiden in Bild 5 und 6 wirken zudem recht derb im Vergleich zu 1 und 2, so dass ich mich nicht gewundert hätte, wenn hier jemand gesagt hätte, dass seien doch unterschiedliche Arten.

    Für mich überwiegen derzeit noch die Gemeinsamkeiten, da ich es nicht besser weiß.


    Ist P. glauca nicht viel krauser, bereits in den jungen Lappen und stärker von Substrat gelöst/angehoben?


    LG, Martin


    Verdünnte KOH und Lugol habe ich mittlerweile da, einen Rohrreiniger mit Hypochlorid werde ich sicher auch im Haus finden. Vielleicht komme ich dann ein Stück weiter. Hab ich allerdings noch nie gemacht.


    Jetzt muss ich erstmal eine Probe einholen, was ich eigentlich nicht so gerne mache, weil ich damit die Flechte (zer)störe.

  • Guten Morgen,


    Das die so groß sind hätte ich nicht gedacht. Gerade wegen der Wuchsform bin ich drauf gekommen. Auf allen Bildern sind zumindest einige Lappen soweit eingerollt, dass man einen Breiten Streifen der Unterseite sehen kann, selbst bei Aufnahmen, die senkrecht gemacht wurden. Aber die Farbe passt mir halt bei einigen Aufnahmen nicht so recht, da ja doch ein gewisser Hauch gelbgrün mit drinne steckt...


    LG Peter

  • Hallo miteinander,


    ich habe heute Probenmaterial zum Thema besorgt und mich im Tüpfeln mit Reagenzien versucht.


    Bild 7 Tüpfelprobe (Flechte 3,5cm, gemessen)


    @ Peter: Ein Teil der Flechten in Bild 1-6 ist natürlich deutlich kleiner als 5cm! Nur die größte im Bild 2 schafft vielleicht 5 cm (6 sind wahrscheinlich übertrieben!). Ich hatte nicht gemessen.


    Ergebnisse

    [Referenz Wasser: helles Gelbgrün, wie Flavoparmelia]

    KOH 20%: Rinde K-, Sorale K- (helles Gelbgrün, nur nass)

    Lugol: Rinde L-, Sorale L- ev kurzzeitig ganz schwach gelb?, (helles Gelbgrün, nur nass)

    Hypochlorid: Rinde C-, Sorale C+ ROSAROT, später braun

    KC: Rinde -, Sorale KC+ ORANGE, Sorale KC+ ORANGE


    Ich lese nach:

    P.jeckeri: Rinde K+ GELB - passt nicht!

    F.flaventior: Mark/Sorale C+ ROT, KC+ ROT - schon besser? Unterseite ist aber nicht schwarz!

    P.glauca: Rinde K+ GELB - passt nicht.

    Parmotrema perlatum: Rinde K+ GELB: nö.


    Mir hilft das nicht wirklich weiter, ich muss wohl erst lernen, 1) Farben ordentlich zu erkennen, 2) das Ganze richtig anwenden (und das verderbliche "P" fehlt mir)

    Das alles hilft mir jedenfalls im Parmelien-Schlüssel derzeit leider nicht weiter...


    LG, Martin

  • Hallo miteinder,


    die Proben (Bild 7+8) sind mittlerweile komplett durchgetrocknet und wirken bei Betrachtung im Sonnenlicht eher bläulich-grau als gelbgrünlich.

    Die Oberflächen sind leicht runzelig, frei von Pseudocyphellen, die Ränder tragen Sorale.

    Nachdem ich die Reagenzien nochmal habe unter der Streolupe einwirken lassen (auf die andere der beiden Proben), konnte ich mit KOH eine eindeutige GELBE Reaktion an der Rinde beobachten.

    Auch eine Rotfärbung der Sorale (=Mark) mit Hypochlorid-Lösung war zu beobachten.


    Bild 8


    Eine der Proben ist hellbraun am Rand der Unterseite und wird zur Mitte hin immer heller, fast weißlich! Die andere ist bis zum Rand hin weißlich, oder sehr, sehr hellraun.

    Die Rhizinien sind hell, einfach, unverzweigt, stehen nicht sehr dicht. Am Rand sehr kurz.


    Bild 9


    Bild 10


    Bild 11


    Dann könntest du mit deinem Vorschlag Platismatia glauca recht haben, Peter!


    Andererseits scheinen sich auch noch andere Flechten unter die Aufnahmen Bild 1-5 geschlichen zu haben, wie bereits vermutet.

    Da könnte dann Partick mit seinem Vorschlag Punctelia (jeckeri) recht haben.

    Ich muss beim nächsten Ausflug Ausschau halten nach dieser Variante mit Pseudocephyllen!


    LG, Martin




    Nachtrag, für mein Verständnis...


    Für eine P.jeckeri halte ich bisher so etwas wie in Bild 12 - korrigiert mich, wenn ich falsch liege:

    - Bortensorale an

    - welligen, aufsteigenden Rändern der Lappen, nicht an der Spitze (Wachstumszone)

    - punktförmige Pseudocephyllen gehen in

    - flächenständige Flecksorale über - bereits früh, also auch bereits nahe am Lappenrand. Lageroberseite ist voll damit.

    - Unterseite braun und

    - am Rand rhizinienfrei

    - Thallusfärbung eher grünlich-grau

    - Lappen relativ breit

    Bild 12


    Bild 5 und 6 sehen aber anders aus, finde ich...