Mykorhizza-Bäume

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 1.880 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Lütte.

  • Liebe Mykophile,


    beim Rennen durch Wald und Park fällt wohl jedem auf, dass man bestimmte Bäume gar nicht erst ansteuern muss. Ich bin erst seit einem Jahr mit dem Thema "Pilze" in Kontakt, habe aber bereits praktisch erfahren, dass ich bei Ahorn und Kastanie nicht nachschaue. Schwieriger wird es bei z.B. Linde (da fand ich bereits Netzhexen), Kirschen etc. Verfälscht wird der Eindruck natürlich durch die Holzzersetzer oder die Saprophyten, die Laub zersetzen.


    Beim Stöbern im Forum fand ich, eigentlich als Nebenpunkt eine Aussage von Pablo Beorn , in der er bestimmte Bäume als "Nicht-Mykorrhiza-fähig" angibt. Sommersteinpilze mit rotbraunem Stiel?


    Hast Du, Pablo, oder vielleicht jemand anderes aus dem Forum eine Übersicht über diese Bäume oder einen konkreten Literaturtipp hierzu? Im Netz habe ich dazu nichts wirklich überschaubares gefunden. Praktisch würde das sehr viel "Erfahrungszeit" sparen und wäre sicherlich auch für Andere hier hilfreich.


    LG Michael

  • Hallo Michael,


    im Grunde machen alle höheren Grünpflanzen (Bäume) Mykorrhiza. Auch mein Kenntnisstand ist, dass Ahorn und Rosskastanie keine Mykorrhiza mit Großpilzen ausbildet.

    Ich meine zu erinnern, dass entweder im 1x1 des Pilzesammelns (Pätzold/Laux) oder im Handbuch für Pilzsammler (Gminder) zumindest ansatzweise darauf eingegangen wird. Da muss ich noch mal nachschauen.


    Beste Grüße

    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Michael!


    Ein wenig muss ich das relativieren, weil es verschiedene Arten von Mykorrhizaverbindungen gibt.

    Die meisten Fruchtkörper von Mykorrhizapilzen, die wir so beobachten, bilden Ektomykorrhizaverbindungen mit Bäumen, Sträuchern und auch diversen krautigen Pflanzen, Blumen und sogar Gräsern.

    Grundsätzlich haben aber alle Bäume (soweit ich weiß) irgendwelche Mykorrhizapilze, mit denen sie in irgendeiner Form verknüpft sind.

    Das können aber auch Endomykorrhizapilze sein, die mehr oder weniger nur in den Wurzeln selbst leben und kein "externes" Mycel entwickeln. Arbuskuläre Mykorrhiza und diverse Mischformen, sowie einige Formen, bei denen unklar ist, was das eigentlich für Verbindungen sind und wie die funktionieren, und ob es sich dabei wirklich um rein smybiotische Verbindungen handelt.

    Saftlinge und Orchideen sind so ein Fall, wo wohl noch gar nicht ganz klar ist, wie und warum und ob nicht ein "Partner" mehr davon profitiert als der Andere.
    Auch komisch sind die Verbindungen mancher Rötlinge zu Rosaceen oder das, was manche Morcheln und Eschen miteinander machen.


    Was so die gängigsten Gattungen an Ektomykorrhizapilzen betrifft (div. Boletaceae, div. Thelephorales, div. Hypogäen, Russula & Lactarius, Cortinarius, Inocybe, Hebeloma, Tricholoma, Naucoria, Hygrophorus, Amanita und weitere): Da kann man schon einige Baumarten bzw. Gattungen ausschließen, die eben keine Ektomykorrhiza mit solchen Pilzen ausbilden wollen. Dazu gehören Ahorn (Acer spec.), Platane, Rosskastanie, Eberesche, Eibe (?), Wacholder (?), Ulme, sowie all das scheusliche Unkraut wie Götterbaum und Robinie, aber auch die meisten Rosaceae - die dann aber wie erwähnt mit einigen Pilzmycelien Verbindungen eingehen, die irgendwie komisch sind.


    Apropos scheusliches Unkraut: Da muss auch noch Douglasie erwähnt werden, die zwar sehr wohl Ektomykorrhiza bildet, und wohl auch in Europa in der Lage ist, hier vorkommende Ektomykorrhizapilze zu ködern - nur sind die dann nicht mehr in der Lage, Fruchtkörper zu bilden (oder nur ganz vereinzelt), was zu einer verheerenden Abnahme an Bodenorganismen in den betroffenen Gebieten (Douglasienpflanzungen) führt und damit zu einem katastrophalen Artenschwund in eben diesen Biotopen (anders gesagt: zu viele Douglasien in einem Habitat = Ökosystem tot). Ausnahmen wären die zusammen mit den Douglasien eingeschleppten nordamerikanischen Arten, die sich aber hier ebenso schlecht in die vorhandenen Ökosysteme integrieren und dadurch sehr selten sind.


    Ökologisch funktionierende und ergiebige (und damit der gesamten Artenvielfalt und dem Biotoperhalt sowie der Klimaresistenz zuträgliche) Baumarten sind zum Beispiel:
    Rotbuchen, Eichen, Esskastanien, Tannen, Kiefern, Fichten, Lärchen, Erlen, Linden, Hainbuchen, Hasel, Pappel, Weiden und Birken.


    Soweit ich weiß sind die zuletzt genannten (außer Birke, die kann auch ohne) obligate Ektomykorrhizabäume, also die benötigen zwingend Pilzpartner (Ektomykorrhiza) um wachsen und leben zu können.



    Lg; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    den Unterschied zwischen Ekto- und Endomykorrhiza hatte ich schon bei Wikipedia gefunden, in meiner Anfrage nachlässiger Weise aber nicht aufgeführt. Meine Frage bezieht sich, wie du das ja auch beantwortet hast, auf hiesige Ektomykorrhiza-Bäume. Insofern danke ich Dir ganz herzlich für deine ausführliche Antwort. Genau das wollte ich wissen: welche Bäume brauche ich erst garnicht anzulaufen, wenn ich keine Baumpilze suche.


    Cool, weißt du zufällig auch noch, wie das mit Obstbäumen, z.B. Kirschen und Prunus ist? Wilde Kirschen, aber auch Kornelkirsche wachsen hier viel, ich finde aber bislang keine Mykorrhizapilze bei denen.


    LG Michael

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Michael!


    Meines Wissens bilden die keine "regulären" Ektomykorrhiza - Verbindungen aus. Also Rosaceae und Prunus spec.

    Es gibt ein paar Pilze (verschiedene Rötlinge, ev. einige Ascomyceten), die aber auch mit solchen Bäumen irgendwelche Verbindungen bilden, von denen ich aber keine Ahnung habe, wie die funktionieren. Böhmische Verpeln zB finde ich ausschließlich in Verbindung mit Prunus spec., die gängigen Frühlings - Rötlinge (Entoloma sepium und Entoloma clypeatum) machen auch irgendwas mit Rosaceen.

    Es gibt aber auch streng substratspezifische Zersetzer, eventuell ist Verpa bohemica auch ein solcher Fall, Tubaria dispersa (Gelbblättriger Trompetenschnitzling) ist ein Beispiel für einen solchen spezifischen Zersetzer, der ausschließlich unter Weißdorn vorkommt, und sich wohl obligat von den verrottenden Früchten ernährt.

    Unter Obstbäumen wie Apfel, Birne und ähnliches kannst du im Frühjahr auch nach Morcheln und Morchelbecherlingen gucken, die mögen das anscheinend auch, aber da ist wohl eher keine Mykorrhizaanbindung im Spiel.



    LG; Pablo.