Junghuhnia?

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  • Hallo in die Runde!

    Ich steh mal wieder vor einem Rätsel, das ich erst mal vorstellen möchte:


    Fundort: Final vermorschter Laubholzast im Laubwald auf der Runde Mattenbachtal

    MTB: 5014/311 Funddatum: 04.09.2021

    Fruchtkörper resupinat in mehreren Gruppen nebeneinander und übereinander auf der Seite eines ca. 4 cm starken, final vermorschten Laubholzastes; Poren unregelmäßig eckig, an den Rändern teilweise ausgefranst.

    Röhrenschicht hellocker, Porenoberfläche reinweiß.


    Skeletthyphen farblos, dickwandig, kaum verzweigt, ohne Schnallen,2,4-3,1µm Durchmesser, teilweise mit dicker Kristallschicht überzogen; Durchmesser 5,3-7,7µm, Schichtdicke 1-2,6 µm ; Enden häufig das Hymenium

    durchbrechend und mit Kristallen umhüllt (häufig keulig erweitert wirkend) 35,9x9,7 µm bzw. 31,1x10,6 µm

    Generative Hyphe farblos, dünnwandig mit Schnallen 2,5-3 µm.

    Basidien clavat, 4-sporig, teilweise mittig eingeschnürt

    13,1x5,1; 12,5x5,2; 18,5x4,2; 11,5x4,3

    Sporen rund bis elipsoid, hyalin, dünnwandig, einige mit einem großem, schmutzig ockerfarbenen Öltropfen:

    3,4-4,3x2,9-3,5 µm; MW aus 7 Messungen: 3,7x3,2 µm

    3,8x3,3; 3,4x3,2; 3,5x3,2; 3,6x3,2; 4,1x3,5; 3,5x2,9; 4,3x3,3


    Bild 1-5 Fruchtkörper in aufsteigender Vergrößerung:

    Bild 01:


    Bild 02:


    Bild 03:


    Bild 04:


    Bild 05:


    Alle nun folgenden Mikrobilder sind aufgenommen mit 100er Objektiv in Wasser oder Kongorot.

    Bild 06: Skeletthyphen:


    Bild 07: Kristallschicht um die Skeletthyphen


    Bild 08: Enden von Skeletthyphen keulenartig verdickt mit Kristallen


    Bild 09: Hyphenende im Schnitt:


    Bild 09: Generative Hyphen dünnwandig mit Schnallen:


    Bild 10: Basidien clavat, 4-sporig (hier mit Einschnürung)


    Bild 11: Sporen hyalin, glatt, dünnwandig, rund bis elipsoid, J-; hier in Kongorot


    Bild 12: Vegetationsspitze aus der Porenwand:


    So weit, so gut.

    Zur Bestimmung benutzte ich: 1. Poroid fungi of Europ und

    2. FE Bd. 10 Polyporaceae s.l.

    und kam zu dem Ergebnis, daß hier eine Junghuhnia vorliegen müßte.

    Laut Poroid fungi lande ich bei Junghuhnia lacera,

    laut Polyporaceae lande ich bei Junghuhnia semisupiniformis (die in Poroid fungi gar nicht angesprochen wird)

    Die Kontrolle im Internet brachte dann folgendes: A. Basidiomata of Junghuhnia semisupiniformis. B. Encrusted tips of... | Download Scientific Diagram

    Die hier gezeigten, kristallbesetzen Hyphenenden sind so nicht beschrieben in Polyporaceae.


    Und nun bin ich ratlos! Habe ich eine Junghuhnia? Und wenn ja, welche?


    Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.


    Herzliche Grüße aus dem Oberbergischen


    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Harald!


    Diese Inkrustierungen sehen für mich eher nicht nach Steccherinum / Junghuhnia (sollte eigetlich beides mal zusammengelegt werden) aus.

    Wobei es nicht einfach ist, sich nach Bildern einen Gesamteindruck zu verschaffen - aber solche kräftigen Inkrustierungen sollten bei Junghuhnia eher nur im oberen Bereich der Pseudozystiden zu finden sein, nicht aber an den Skeletthyphen.

    Vorstellbar wäre noch die richtung Schizopora / Hyphodontia - dazu würden auch die Sporen passen und ebenso die eingeschnürten Basidien. Allerdings sind da solche fetten Hyphenenden wie in Bild 9 zu sehen nicht eben der Regelfall.
    Ein Problem bei deinem Fund dürfte auch die makroskopische Beobachtung sein: Die Fruchtkörper machen einen chaotischen Eindruck, so als sei das Substrat während der Wachstumsphase hin- und hergedreht worden. Dadurch ist die Beurteilung von Porenform und Porengröße, Wuchsweise und Habitus erheblich erschwert.


    Was Junghuhnia semisupiformis betrifft: Die Art wurde ja aus Brasilien beschrieben, da ist es durchaus zweifelhaft, ob die in Zentraleuropa überhaupt vorkommen kann.

    Also ich mag hier Junghuhnia nicht ausschließen, tendiere aber eher zu Schizopora.


    Zum Vergleich noch eine kleine Doku von Junghuhnia lacera:





    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,

    danke für die umfassende und schnelle Antwort.

    Zitat

    - aber solche kräftigen Inkrustierungen sollten bei Junghuhnia eher nur im oberen Bereich der Pseudozystiden zu finden sein, nicht aber an den Skeletthyphen.

    Wenn ich das in der Literatur richtig gelesen habe, sind die Skeletthyphen auch in den Seitenwänden der Poren zu finden und von dort durchbrechen sie das Hymenium und bilden diese Pseudozystiden. Die großen, keuligen Strukturen habe ich in der Porenwand gefunden, die schmalen inkrustierten Hyphen im Subhymenium.

    Hallo, Harald!


    Vorstellbar wäre noch die richtung Schizopora / Hyphodontia - dazu würden auch die Sporen passen und ebenso die eingeschnürten Basidien. Allerdings sind da solche fetten Hyphenenden wie in Bild 9 zu sehen nicht eben der Regelfall.

    Die Basidien waren nur zum Teil eingeschnürt. von fünf komplett erkennbaren Basidien waren drei klar und einfach clavat und die beiden anderen eingeschnürt.


    An Schizopora hatte ich auch gedacht, da ich aber bei keinem einzigen Präparat einen Hinweis auf die kopfigen Hyphenenden mit der Gelhaube gefunden hatte, habe ich Schizopore ausgeklammert.

    Was Junghuhnia semisupiformis betrifft: Die Art wurde ja aus Brasilien beschrieben, da ist es durchaus zweifelhaft, ob die in Zentraleuropa überhaupt vorkommen kann.

    Also ich mag hier Junghuhnia nicht ausschließen, tendiere aber eher zu Schizopora.

    Sowohl Bernicchia in Polyporaceae als auch Ryvarden in der Arbeit aus dem zitierten Link geben auch Deutschland als Verbreitungsgebiet an. Auch hatte ich in Pilze Deutschland einen Fund in Schleswig-Holstein gelesen.

    Deine Tendenz zu Schizopora kann ich verstehen, aber ich hatte auch Schizopora mikroskopiert und geschlüsselt. Infrage kommen paradoxa und radula.

    Bei Schizopora paradoxa habe ich bisher immer reichlich kopfige Hyphenenden mit Gelkappe gefunden; auch die Sporengröße weicht mir zu weit ab.

    Schizopora radula habe ich bisher nicht mikroskopiert. Laut Ryvarden passen zwar die Sporen recht gut, aber er beschreibt auch reichlich kopfige Hyphenenden und andere Zystidenformen, die deutlich die Basidien überragen. Bei meinen Schnitten konnte ich davon nichts finden.

    Du siehst, der Hilferuf war dringend erforderlich.


    Vielen Dank und herzliche Grüße


    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Harald!


    Zumindest bei Schizopora paradoxa sind kopfige Hyphenenden extrem selten bis völlig fehlend. Bei Schizopora radula selten bis häufig und bei Schizopora flavipora sehr häufig.

    Die gefundenen Sporen sind für Schizopora paradoxa zu klein, könnten aber für S. radula noch passen.

    Das Problem ist hier wirklich die Gestalt der Fruchtkörper, wie oben geschrieben, vermute ich da eine Veränderung durch Substratverlagerung und dann passt da nichts mehr zu den "normalen" Parametern einer Art. Das ist das, was den Fall hier wirklich schwierig macht.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    Junghuhnia habe ich begraben. ;( Die semisupiniformis müßte auch pileat und nicht resupinat wachsen.

    Bleibt wirklich nur noch Schizopora übrig - und wenn man die Sporen als feste Größe betrachtet, dann bleibt nur noch S. radula; aber damit bleibt weiterhin unklar, woher die keuligen, dick inkrustierten Hyphenenden kommen? Ich kann die Problematik der Lageveränderung nachvollziehen, aber daß dadurch Hyphenenden und Kristalle dicker und größer werden, fällt mir schwer.

    Ich glaube, ich muß mal wieder ein UMO abspeichern :(


    Herzlichen Dank und viele Grüße


    Harald

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Harald!


    Stimmt schon, normalerweise sind bei Schizopora die Hyphen in der Röhrentrama und vorwiegend im Porenbereich (Röhrenmündungen) inkrustiert. Das ist aber in gewisser Weise variabel. Wenn dann (wie hier vermutet) ein Pilz zeitweise nicht weiß, wo nun oben und unten ist, könnte man schon vermuten, daß dann INkrustierungen auch an Stellen vorkommen, wo sie sonst eher ungewöhnlich wären.

    Bleibt aber die Frage, warum diese Hyphen so verdickt sind und die Inkrustierungen so dermaßen kräftig (habe ich in der Form jedenfalls bei Schizopora radula auch noch nicht gesehen).



    Lg; pablo.