Russula grisea agg. - welche Art ist das wirklich?

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.419 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Steigerwaldpilzchen.

  • Hallo zusammen,


    ich habe heute einen Täubling mikroskopisch (Exsikkat) bearbeitet, den ich im Forum schonmal früher zur Bestimmung, aber ohne Mikromerkmale gestellt habe. Er gehört zur Sektion Griseinae, die ja sehr kompliziert ist. Ich hoffe, ihr könnt mir hierbei helfen.


    Fund: 20.08.2021; eher saurer Boden; Hang eines Buchenforsts


    Baumpartner: Buchen; evtl. Fichten

    Hut: 6cm d; Rand violett über grün zur Mitte hin gelb; nicht gerieft; Huthaut zu 1/3 abziebar

    Lamellen: eher weich (dann doch brechend???); Hymenium löst sich am Stiel vom Hutfleisch; keine Lamelletten; keine Gabelungen

    Stiel: 4,5cm


    Geschmack: mild

    Geruch: süßlich


    Sporenpulver: IIb


    FeSO4: rosa

    Guajak: St&L (++)


    Hier die Bilder des Fruchtkörpers:


    Bild A

    Bild B

    Bild C


    Und hier die Mikromerkmale:

    HDS Kongo

    Bild 1

    Bild 2


    HDS in SV

    Bild 3

    Bild 4


    Sporen

    Bild 5

    Und die Messdaten:

    Die Sporen haben sehr niedrige Ornamente. Ich weiß nicht, wie ich sowas kleines genau messen soll, würde sie aber definitiv nicht größer als 0.5µm schätzen. Die Ornamente sind zum größten Teil isoliert, ich konnte aber wenige gratige Verbindungen auf manchen Sporen feststellen.


    MM schlüsselt die Griseinae sehr rudimentär und ich habe deshalb versucht, diesen Pilz mit dem Gröger zu schlüsseln.


    Für R. sublevispora sind die Pileozystiden zu dick und die Sporen nicht strikt mit isolierten Ornamenten. Die Sporen und die PileoZ passen auch für R. aeruginea, R. stenoticha und R. pseudoaeruginea nicht.


    Auf Seite 532 lande ich somit bei 4b. Die Huthauthaare sind passend zugespitzt, die breiteren Basalzellen konnte ich nur wenige Male beobachten. Ich lande über 5a zur 6, wo ich R. anatina [Spp IId - IIIa] und R. subterfurcata [Südeuropa und zu breite Basidien] finde. Beide passen nicht. R. galochroa und R. faustiana, die an dieser Stelle verwiesen werden, sind es auch nicht.


    Schwärzliche Pünktchen (Pigmentkörnchen) in den PileoZ konnte ich beobachten, also sollte es sich um eine Griseinae halten. Ich frage mich, ob ich irgendwo einen Fehler gemacht habe. Das Sporenpulver war nach meiner Erinnerung wirklich so hell, wurde aber auch nach ca. 12h (oder später?) nach auslegen des Pilzes beurteilet. Vielleicht ist es ja später heller geworden.


    Ich hoffe, ihr könnt mir helfen und der Pilz ist bestimmbar. Weitere Mikromerkmale, die nötig sein sollten, kann ich morgen nachliefern. (Exsikkat)



    Viele Grüße und Danke im Voraus

    Oliver

  • Hallo Oliver,


    Griseinae sind schwierig,versuchen wir es daher mal mit dem Ausschlussprinzip:


    - Russula medullata, stenotricha/atroglauca, subterfurcata & parazurea sind Pappel-Begleiter und scheiden aus. Letzterer hätte zudem netzige Sporen.

    - Russula. galochroa (Fr.) und anatina sind an Eiche gebunden und können es daher auch nicht sein.

    - Für Russula sublevispora passt das Ornament nicht
    - Der Buchenbegleiter R. faustiana hätte typische tönnchenförmige Haarglieder


    Bleiben erst mal R. ionochlora, grisea, aeruginea im engeren Kreis. Ich muss gestehen R.aeruginea noch nie mikroskopiert zu haben, aber dabei sollten schmale Haare und längliche Sporen auffallen.

    R. ionochlora und grisea zu trennen ist schwierig, da beide sich stark in ihrer Variationsbreite überschneiden. Im typischsten Fall kann man den typischen R.grisea wohl als dunkel Creme sporenden, an wärmebegünstigten, kalkhaltigen Standorten unter Laubbäumen wachsenden Pilz, mit eher tristen Farben und teilnetzigen Sporen verstehen. Ist in Deutschland deutlich seltener und viele R.grisea Funde sind fehlbestimmte R.ionochlora.

    LG Thiemo

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  • Hallo Oliver,


    R. grisea agg. steht z.B. bei EINHELLINGER S319 und bei 4b, soll heissen, dass diese 4b/Grund-Merkmale auf alle folgenden Griseinae zutrifft. In den anschliessenden Punkten von a - g hast du dann die Qual der Wahl welche Art von denen auf deine erhobenen Merkmale am besten zutrifft. Ob diese aufgeführten Punkte komplett sind bezweifele ich.


    Mir persönlich würde der Punkt "g" ohne Hochkomma mit deinen Merkmalen, auch mikroskopisch am besten gefallen. Den hast du gar nicht auf dem Schirm gehabt? Vergleiche mal, vielleicht passt es ja auch für dich.


    LG

    claus

  • Hallo Thiemo und Claus,


    danke für eure Hilfe. R. aeruginea würde ich aufgrund der zu dicken PileoZ meines Fundes ausschließen. Es scheint wohl R. iochlora/grisea zu sein. Ich hab den Pilz nicht mit jeder Griseinae verglichen, da ich langsam an dem Schlüssel verzweifelt bin. Ich sollte wirklich öfters den Einhellinger benutzen. Auch wenn er nicht vollständig sein wird, ist er doch übersichtlicher.


    Da die Ornamente überwiegend isoliert waren, tendiere ich zur R. ionochlora, müsste morgen aber noch paar Quellen wälzen. Ich muss auch mal schauen, wo ich beim Gröger mehrmals falsch abgebogen bin.


    Thiemo du sprichst von "tönnchenförmigen Haarglieder" und auch MM spricht bei der R. iochlora von Tönnchen. Was ist das? :S


    Vielen Dank euch beiden und liebe Grüße

    Oliver

  • Hi,


    Ich zeig dir mal ein Bild von den Haaren von Russula galochroa (Fr.):

    Da reihen sich Kugelförmige Knubbel aneinander = Tönnchenförmig



    LG Thiemo

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  • I find this post interesting as I was working with a species of the grisinea group (under Qurecus ilex) in calcareous soil, resulting in a parazurea (or orchospora?) which had a rather colourful spore print (not cream or magnolia, but close to the flesh of a peach (ochre in English), strong but short reticulations and much dull colours of the pileus. So what I am trying to tell you is that u can exclude parazurea.

  • Hello Steve,


    thank you. I think it could be R. ionochlora. I made the pictures with my mobile phone, but you can click on them an zoom them. On the athor hand, I could have cropped the pictures, just to avoid so much black.


    LG Oliver

  • Hallo zusammen,


    das ist schwieriger als gedacht. Für die R. ionochlora sprechen die Sporen, die fast ausschließlich isolierte Ornamente besitzen:

    Bild 6

    Für die R. grisea sprechen aber die fehlenden Tönnchen. Die Epikutishaare sind alle schmal und ich habe solche Tönnchen nicht entdecken können (auf Bild 2 auf der Höhe der 7 der Skala sind kürzere Segmente zu sehen, sonst sind sie überall länglich)

    Die Mikromerkmale stimmen mit den Abbildungen der R. grisea des Einhelligers überein.

    Gegen R. grisea würde zwar noch sprechen, dass der Boden wahrscheinlich nicht kalkhaltig gewesen war.

    Bild 7

    Schade dass das Sporenpulver nicht aussagekräftig ist. Aber ist es nicht so, dass Sporenpulver eher aufhellt als dunkler wird? Sonst wäre das auch ein Indiz für R. grisea.


    R. grisea ist aber auch selten, was nicht gerade dafür spricht


    Sporen sprechen mMn für R. ionchlora, die Haare aber für R. grisea.


    Was denkt ihr? Ich würde die Haare mehr als die Ornamentation gewichten und würde bei R. grisea landen.


    LG Oliver

  • Hallo Oliver,


    Die Haare und Pileozystiden können bei R.ionochlora u. grisea gleichermaßen ausgeprägt sein und taugen leider nicht zur Trennung. Eher schon die Ornamentierung der Sporen, wenn auch nur sehr beschränkt. Klar isolierte Sporen hat nur R. ionochlora, sobald ein paar Verbindungen dabei sind sind wieder beide Arten möglich. Klar teilnetzige Sporen kann nur R.grisea von den beiden haben. Sporenpulverfarbe IIb ist auch für beide möglich.


    Wie ich geschrieben hatte sind auch ökologische Faktoren wichtig. Dein Pilz steht im Widertonmoos, einem Säurezeiger was nicht zu den molekular abgesichterten R.grisea's passt. Auch die Farbgebung mit grün und violett ohne trübe Grautöne ist, wenn auch nur als Hilfsmerkmal, eher pro ionochlora zu werten.

    Ich würde den Pilz als Papagei-Täubling Russula ionochlora ansehen.

    LG Thiemo

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