Rillstieliger Seitling?

Es gibt 5 Antworten in diesem Thema, welches 3.683 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Fredy.

  • Guten Abend allerseits!


    An totem Laubholzstamm (leider nicht genau zu definieren, wahrscheinlich Buche) fand ich gestern diese Seitlinge:



    Ich vermute "Rillstieliger Seitling" (Pleurotus cornucopiae).


    Der Geruch geht für mich eher in die unangenehme Richtung, die Breite des grössten Hutes betrug knapp 8 cm, oben und unten waren noch mehrere Fruchtkörper vorzufinden. Farben: ausschliesslich Brauntöne.


    Beim Nachschlagen in meinen Büchern ist mir übrigens aufgefallen, das der im BLV aufgeführte Rillstielige Seitling bei Dähnke (Ausgabe 1981) lateinisch mit "Pleurotus dryinus" bezeichnet wird, was bei Laux und im BLV aber der "Berindete Seitling" wäre. Eine Ansichtssache unter Pilzexperten oder gar ein Fehler?


    In diesem Zusammenhang fällt mir auch noch der Anis-Sägeblättling ein, der bei Dähnke "Lentinus lepideus" heisst, bei Laux aber "L. suavissimus". Die Abbildung bei Dähnke zeigt laut Laux und BLV einen "Schuppigen Sägelblättling".
    Veraltete Literatur?


    Einen schönen Abend wünscht Euch Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

    Einmal editiert, zuletzt von Fredy ()

  • Hallo Fredy!


    Eigentlich fühle ich mich nicht besonders berufen, auf deine Seitlingsfrage zu antworten, denn gerade bei der Pleurotus-Problematik habe ich selbst Probleme.
    Soll heißen: selbst habe ich wahrscheinlich den Rillstieligen Seitling (Pleurotus cornucopiae) noch nicht wissentlich gefunden, weiß also nicht, was sich da im makroskopischen Bereich machen lässt.


    Lese ich die Beschreibung in "Die Großpilze BaWüs" durch, passt dein Fund wegen des Stielnetzes schon recht gut. Aber ob das jetzt allein ausreicht und nicht auch beim ganz normalen Austernseitling auftritt?


    Auch bei der Abspaltung von kleineren Fruchtkörpern auf Nadelholz oder der helleren Sommerform(?) habe ich Probleme oder was es da vielleicht sonst noch alles gibt.


    Zu den Literaturfragen:


    Daehncke, spätere Ausgabe: Pleurotus dryinus = Berindeter Seitling
    Dieser deutsche Name wird heute auch allgemein so angewendet, manchmal auch Behangener Seitling.


    Für Lentinus lepideus ist Schuppiger Sägeblättling besser (der Geruch ist auch nicht so eindeutig nach Anis).
    Lentinus suavissimus = Anis-Sägeblättling.


    Übrigens haben sich die Autoren des "Abbildungsverzeichnisses europäischer Großpilze" (Bollmann/Gminder/Reil) sehr viel Mühe gegeben, jeder großpilzigen Gattung und den dazugehörigen Arten ganz ganz spezielle, eindeutige deutsche Namen zu geben. Also jeder Lactarius ist dort auch ein Milchling oder Reizker und jeder Cantharellus ist dort auch für jeden ersichtlich ein Pfifferling. Man muss sich also nicht noch zusätzlich mit den landläufigen Ausdrücken wie Reherl, Wollschwamm, Mörderschwamm oder sonstwas rumplagen.


    Für mich ist dieses Werk unverzichtbar, gibt eigentlich kein Buch das ich öfter in der Hand habe (leider löst es sich deshalb auch schon auf).


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

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  • Hallo Ingo!


    Vielen Dank für Deine Stellungnahme! Ich denke, dass wir bestimmt richtig liegen: Der etwas seltsam anmutende Geruch, die absolut fehlenden Grau- oder Blautöne und die bis zum Substrat herunterlaufenden Lamellen geben doch eine gewisse Sicherheit.
    Das "Abbildungsverzeichnis europäischer Grosspilze" kenne ich leider nicht, die "Grosspilze BWü's" hatte ich schon zur Ansicht (Band 1), konnte aber mit der Aufmachung, die offensichtlich für Experten konzipiert ist, leider nicht viel anfangen (viel Text, wenig und kleine Bilder). Wie ich im Forum für Pilzliteratur schon herausgefunden habe, wäre "Pilze an Bäumen" aus dem Patzer-Verlag für mich als engagierten Laien wohl zum jetzigen Zeitpunkt sehr viel interessanter.


    Ich wünsche Dir einen schönen Abend und bis dann! Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

  • Hallo Fredy!


    "Die Großpilze BaWüs" sind weniger Bestimmungsbuch, aber sehr sinnvoll, wenn man sich bei Pilzarten ein Bild über ihr Substratspektrum oder ihre ökologischen Ansprüche machen will.


    Gut, seltsam anmutender Geruch.... so taufrisch sind sie ja auch nicht mehr. Im oben erwähnten Artikel wird der Geruch für cornucopiae als +- mehlartig bezeichnet, wer weiß, wie gesagt, kenne ich nicht.
    Ich finde übrigens auch, dass sich der Geruch vom Austernseitling schwer in Worte fassen lässt (für meine Nase so ähnlich wie abgegriffenes Eisengeländer, aber auf angenehme Art)
    Die braune Farbe wäre auch für Pleurotus ostreatus kein Problem. So blaugrau kommt er halt meist auf Buche vor.


    Naja, vielleicht mag ja trotzdem noch jemand anderes was dazu sagen, der sich besser in der Materie auskennt.


    VG Ingo W

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  • Hallo zusammen, es ist immer wieder erstaunlich, welche Bestimmungsprobleme um die Seitlinge entstehen können, da muss man nur die Foren abgrasen. Wenn man so einen Fund, wie den hier vorgestellten, bestimmen will, kann man wirklich seine Überraschungen erleben. Je nach dem, welches Werk man zu Rate zieht. Ich halte es immer noch mit dem Schlüssel von Hilber. Egal was Krieglsteiner in der PFBW dann daraus gemacht hat. Hilber hat 1982 die einzige deutschsprachige Pleurotusmonografie in der Bibliotheca Mykologica herausgebracht und bei ihm ist der Rillstielige Seitling eine Art mit deutlichem Anisgeruch. Bei Krieglsteiner bleibt nur noch ein Mehlgeruch übrig und Horak schlüsselt versönlich Geruch "nach Anis" oder nach Mehl. Die rilligen Stiele dürfen natürlich nicht fehlen. Aber vielleicht ist mir ja da einiges entgangen. Die Pilzwelt ist schnell-lebig.
    Ich muss gestehen, dass ich P. cornucopiae in dieser "Hilber-Form" leider noch nie gefunden habe. Dafür alle Variationen des Austernseitlings.
    Ach ja.: In dem Bild von Fredy sehe ich einen normalen Austernseitling.
    Gruß Mykado

  • Hallo Mykado und Ingo!


    Es scheint sich hier wohl um ein Thema zu handeln, bei dem Gerüche, Formen, Farben und sogar Bezeichnungen mehrheitlich gewissen subjektiven Empfindungen untergeordnet sind. Was mir zwischenzeitlich aufgefallen ist, dass auf der Mehrzahl der Abbildungen, die ich gefunden habe, der Rillstielige Seitling eher eine helle bis sogar weisse Farbe besitzt, was im vorliegenden Fall dann doch eher für den Austernseitling sprechen würde, dessen Farbspektrum ja sehr variabel sein soll und somit ein ausgeprägter Braunton im Bereich der Normalität liegen würde. Geht man ausserdem der Bezeichnung "cornucopiae" auf den Grund, was der lateinische Begriff für "Füllhorn" ist, so würde ich den Rillstieligen Seitling so sehen, wie er bei Dähnke abgebildet ist, nämlich mit einem eher schlanken, deutlich vorhanden Stiel, der Hut klar trichterförmig und kompakt (die Gesamterscheinung wie ein Füllhorn eben und nicht wie eine Auster...), die Farbe des Pilzes weiss oder zumindest in hellen Tönen. So muss ich also zugeben, dass ich mittlerweile (trotz der offensichtlich fehlenden typischen bläulichen Farbaspekte) im Sinne von Mykado dazu tendiere, den abgebildeten Pilz als "Austernseitling" zu bezeichnen. Die letzte Möglichkeit wäre der äusserst seltene "Pleurotus nivosus"... :D
    Grüsse Euch! Fredy

    Pilzliebe geht durch das Objektiv und nicht durch den Magen!

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