Samtfußrübling - Mycel aus Sporen und Stielstücken

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  • Hallo,


    hier kommt mal wieder ein Bericht von einem meiner Zuchtversuche. Diesmal ist der Samtfußrübling (Flammulina velutipes) an der Reihe. War letztens mal an eine Packung chinesischer 'Golden Enokis' gekommen und vom süßlich, nußigen Geschmack, sowie von der knackigen Konsistenz begeistert. Da diese Pilze aber winzig waren, wollte ich mich auch mal an den einheimischen Riesen versuchen. Mein Dank geht an Jens (Jensis), der netterweise für mich Pilze gesammelt und einen sehr sauberen Sporenabdruck auf Alufolie hergestellt hat!!!
    Ich hatte dann wie immer eine sterile Spritze mit ca. 2ml Wasser befüllt, ein paar Tropfen davon auf den Sporenabdruck gegeben, mit der Kanüle ein wenig gekratzt, gerührt und dann Sporen und Wasser wieder eingesogen. Einen Tag später wurden dann acht kleine Gläschen mit eingeweichtem und sterilisiertem Getreide beimpft und ich harrte der Dinge, die da kommen sollten.
    In sieben Gläser gab ich jeweils nur ein paar Tropfen, beim achten wurde ich übermütig, gab einen ganzen Milliliter hinein und schüttelte es, um die Sporenlösung gleichmäßig zu verteilen. Das ist natürlich riskant, da man bei Sporen von Wildpilzen nie weiß, was noch so dabei ist (Schimmel, Bakterien, etc.), aber ich hatte Glück. Schon vier Tage nach dem Beimpfen konnte ich Mycel in sieben Gläsern entdecken. Im achten zeigt sich bisher noch nichts. Schimmel ist bisher nirgends aufgetaucht, aber nach nur einer Woche sollte man noch nicht anfangen zu jubeln.


    Nun ein paar Bilder. Dieses Mycel ist ganz interessant, da es nicht so streng geradeaus wächst wie z.B. das von Seitlingen. Stattdessen erscheint es sehr wirr, bzw. lockig. Es überzieht die einzelnen Körner mit einem feinen Flaum. Später wird es sich dann verdichten und Knötchen bilden.
    100314fvmycel05.jpg
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    Mal aus der Nähe:
    100314fvmycel03.jpg
    100314fvmycel02.jpg


    In dem geschüttelten Glas mit vielen Sporen sind die Hyphen und die vielen Verzeigungen recht gut zu erkennen:
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    So, jetzt wird es erstmal zwei, drei Wochen dauern, bis das Getreide komplett besiedelt ist. Danach werde ich damit Buchenspäne beimpfen und hoffen, daß noch ein paar Pilze wachsen, bevor es zu warm wird.
    Eventuell werde ich auch mal ein Kreuzungsexperiment mit asiatischen Zuchtstämmen durchführen. Da gibt es weiße und braune, die auch bei etwas höheren Temperaturen fruchten. Deren Pilze sind aber vergleichsweise winzig, der Hutdurchmesser liegt meist unter einem Zentimeter. Da werde ich aber bloß Sporen von Zuchtpilzen auf das Mycel der wilden SaFuRüs aufbringen (oder umgekehrt) und schauen, was passiert. Vielleicht habe ich ja Glück und es wachsen irgendwo ein paar große Exemplare bei 20 °C. Aber erstmal so weit kommen...


    Immerhin hat es schonmal geklappt, aus Stielstücken der Golden Enokis Mycel zu züchten.
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    Hier gab es aber einige Ausfälle. Vier von sieben Gläsern wurden von grünem Schimmel und schwarzem Köpfchenschimmel überwuchert. Da die Pilze nicht mehr ganz so frisch waren, war ich eher erfreut, daß überhaupt welche durchkamen. Hier mal ein etwas älteres Mycel, welches schon Knoten bildet:
    100228fvmycel01.jpg
    100228fvmycel02.jpg
    Diese Knoten hielt ich zuerst für eine Kontamination durch Hefe, da sie aber in allen drei Gläsern auftrat, die ansonsten sauber durchwachsen waren und zum Mycel zu gehören scheint, gehe ich mal davon aus, daß es die Vorstufen der Primordien sind.


    Grüße, Carsten

  • Hallo Carsten,


    läßt sich der Samtfußrübling auch in der Wohnung zur Fruktifikation bringen
    in dem man das beimpfte Substrat einige Zeit in der Kühltruhe lagert und ihm
    so den Winter vorgaukelt?


    Gruß Detlef


    Habe gerade gelesen die Notwendigkeit eines Frostschockes sei nicht
    nachgewiesen.D.h. er braucht immer sein Jährchen?

  • Hallo Detlef,


    sowas müßte klappen, wahrscheinlich reichen schon ein paar Tage im Kühlschrank, um die Primordienbildung auszulösen. Danach werden die jungen Pilze aber Licht und Frischluft benötigen, dann kommt es darauf an, ob sie bei Zimmertemperatur weiterwachsen oder stehenbleiben.


    Grüße, Carsten

  • Hallo Jens,


    ja, erstmal schauen, wieviele durchkommen. Inzwischen ist auch im achten Glas Mycel aufgetaucht, aber es mußten gleichzeitig zwei entsorgt werden, weil ein Teil des Mycels grün wurde. Dieser Schimmel wächst leider genauso kurz und wuschelig wie der Samtfußrübling, d.h. man erkennt ihn erst, wenn er bereits seine Sporen im Glas verteilt hat.


    @Detlef


    Habe gerade gelesen die Notwendigkeit eines Frostschockes sei nicht
    nachgewiesen.D.h. er braucht immer sein Jährchen?


    Sorry, habe deinen Zusatz gerade erst entdeckt. Das Jahr bezieht sich wahrscheinlich auf Holzstämme, die mit besiedelten Holzdübeln beimpft werden. Mit Getreidebrut und Sägespänen geht es viel schneller, da sollte das Mycel schon nach zwei bis drei Monaten fruchtungsbereit sein.


    Ach ja, noch ein Hinweis, wie man mit minimalem Aufwand Samtfußrüblinge irgendwo ansiedeln kann: Man nehme ein paar Pilzhüte und verreibe sie auf geeigneten Hölzern im Wald oder im Garten. Wenn man Glück hat und das Holz noch nicht von anderen Pilzen besiedelt war, können dort nach einem Jahr Pilze erscheinen.


    Grüße, Carsten

  • Hallo Carsten,


    das mit dem Jahr habe ich mal so reininterpretiert,das stand nirgendwo.Der Logik
    das es mit Getreidebrut und Sägespänen schneller geht kann ich nicht ganz folgen.
    Denn die Sporen werden in der freien Wildbahn doch irgendwo ähnliche Bedingungen
    vorfinden.Also das der sfr. auschliesslich im Winter zu finden ist heißt doch wohl dass
    ihm die klimatischen Bedingungen zu dieser Jahreszeit am besten gefallen.Weiß nicht wie
    es in diesem Fall ist,jedoch meine ich das es Pilze gibt die mit dem abfliessendem Schmelz-
    wasser ihre Sporen verteilen.Aber ich würde mich natürlich für dich freuen wenn dir die
    Fruchtung in der nächsten Zeit gelingen sollte.Dann wäre auch der Beweis erbracht dass
    ein Frostschock nicht unbedingt nötig ist.


    Gruß,Detlef

  • Hallo Detlef,


    bei den Sägespänen ist es so, daß sich das Mycel zuerst durch die Zwischenräume verbreitet, wo es keine Hindernisse gibt. Durch das Getreide und die enthaltenen Kohlenhydrate (Zucker und Stärke) kann es auch dichter und schneller wachsen. Da man das Getreide meist gründlich untermischt, sind auch nur wenige Milli- oder Zentimeter zurückzulegen, bevor das Substrat nach wenigen Wochen vollständig besiedelt ist und in den Fruchtungsmodus umgeschaltet wird.
    In massivem Holz dagegen kommen die Pilzhyphen nur sehr langsam voran. Am schnellsten geht es entlang der ehemaligen Leitungsbahnen, bei einem stehenden Baumstamm wäre das senkrecht. Um sich weiter nach innen, außen oder zur Seite auszubreiten, muß sich das Mycel mühsam durchfressen, was sehr lange dauert.
    Daher dauert es bei der Zucht auf Baumstämmen meist ein Jahr bis zur ersten Ernte, während es auf Sägespänen bloß einige Wochen oder wenige Monate braucht. Dort ist es auch möglich, ertragssteigernde Zusätze beizumischen, um z.B. das geringe Stickstoffangebot des Holzes auszugleichen. In der kommerziellen Pilzzucht wird meist Kleie eingesetzt, wodurch sich die Ernte dann mindestens verdoppelt. Dafür handelt man sich aber einen Haufen Probleme ein und muß zumindest anfangs steril arbeiten.


    Aber zurück zum Samtfußrübling. In der Pilzzucht-Literatur (z.B. Paul Stamets: Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms) wird beschrieben, daß sie zur Primordienbildung für ein paar Tage Temperaturen zwischen 4 und 10 °C benötigen. Danach sollen 10 bis 16 °C für das Pilzwachstum optimal sein. Natürlich kann sowas nicht für alle Samtfußrüblinge dieser Welt gelten. Es ist sicher auch möglich, daß diese hier wirklich Frost brauchen, um fruchten zu können. Mal sehen. Falls das Wetter in ein paar Wochen nicht mehr kalt genug ist, kann ich ja im Herbst nochmal anfangen.


    Warum die SaFuRüs gerade im Winter fruchten ist eine gute Frage. Wahrscheinlich ist es ein Vorteil, daß gerade keine Schnecken, Käfer und Fliegen aktiv sind. Möglicherweise können sie aber auch als erste Holz besiedeln, welches im Winter abgestorben ist. Schmelzwasser und Regenwetter sind natürlich ebenfalls praktisch.


    Grüße, Carsten

  • Hallo Carsten,


    Habe schon mit Austernseitlingen,Stockschwämmchen und Samtfußrüblingen
    verschiedene Hölzer eingerieben,leider bisher erfolglos.Eben,man weiss vorher
    nicht wer dort schon heimisch ist.
    Danke für deine Ausführungen und viel Glück bei der Zucht.


    Gruß,Detlef

  • Hallo zusammen,



    Habe schon mit Austernseitlingen,Stockschwämmchen und Samtfußrüblingen verschiedene Hölzer eingerieben,leider bisher erfolglos.Eben,man weiss vorher nicht wer dort schon heimisch ist.


    Danke für die Info, auch wenn es ernüchternd ist! Hatte das mehrmals im Netz gefunden und da klang es immer wie eine sichere Sache...


    So, zurück zum aktuellen Versuch. Nach meinem letzten Beitrag hatte ich alle Gläser mal geschüttelt, um das Mycel schneller im Getreide zu verteilen. Es brauchte dann volle drei Tage, um sich von dem Schock zu erholen und weiterzuwachsen. Kurz darauf zeigte sich in drei Gläsern grüner Schimmel auf einzelnen Körnern. Der hatte durch das Schütteln einen Vorsprung bekommen, da sich sein Mycel schneller erholt.
    Der aktuelle Stand:
    Zwei Gläser scheinen sauber zu sein, soweit man es von außen sieht, in einem dritten sieht das Mycel ungewöhnlich aus, zwei weitere mit geringem Schimmelbefall stehen in Quarantäne, der Rest wurde dem Kompost und den Regenwürmern übergeben. Interessanterweise wird der Schimmel sogar vom Speisepilzmycel überwuchert.
    In den nächsten Tagen werde ich dann eines der guten Gläser, die beiden leicht kontaminierten und weitere Ansätze von den asiatischen Zucht-Enokis rausstellen und schauen, ob die Mycelien Primordien bilden. Momentan scheint das Wetter ja noch mitzuspielen.


    Hier noch ein Bild von einem der sauberen Gläser:
    100407fvmycel06.jpg
    Da kann das Mycel noch ein wenig dichter werden.


    Und hier eine Schimmelinsel, die überwuchert wird:
    100407fvmycel07konti.jpg


    Bei meinen geplanten Kreuzungsversuchen mit den asiatischen und einheimischen Samtfußrüpeln sehe ich allerdings die Chancen schwinden. Neben F. velutipes scheint es hier noch weitere, schwer zu unterscheidende Arten zu geben (F. elastica, F. rossica, ...), so daß ich nur hoffen kann, daß sich die Mycelien überhaupt verbinden. Aber wer weiß, vielleicht sind diese Arten ja bloß Variationen?


    Grüße, Carsten

  • So, seit vier Tagen stehen zwei Gläser mit den wilden SaFuRüs draußen, sowie zwei weitere mit den Asiaten. Noch sind keine Primordien zu sehen, ich denke aber in einer Woche wissen wir mehr.


    Überraschenderweise konnte ich gestern schon ein paar Enokis ernten. Die wuchsen in einem vermeintlich kontaminierten Beutel auf einer Handvoll Substrat. Hier mal ein Bild, damit ihr Euch vorstellen könnt, wie winzig die sind:
    100416fvpilze.jpg
    Das kommt dabei raus, wenn japanische Konsumenten kleine Pilze bevorzugen...


    Grüße, Carsten

  • Auf dem Balkon habe ich gestern in beiden Gläschen mit dem Mycel der wilden Samtfußrüblinge Primordien entdeckt. Die Pilze sind noch winzig und quetschen sich zwischen Substrat und Glaswand entlang, aber immerhin wissen wir jetzt, daß sie zur Fruchtung keinen Frost benötigen, bloß kalte Nächte.
    100428fvprimordien.jpg


    Ihre asiatischen Kumpanen können sich auch nicht zurückhalten:
    100428fvprimordiena.jpg


    Gruß, Carsten