Hallo Pilzfreunde,
wie mein Briefkopf verrät sitze ich mit meiner Bestimmung wirklich zwischen zwei Stühlen und weiss mich nicht zu entscheiden.
Mit SpP Ia, mild, mit incr. Primordialhyphen und ohne SV-Reaktion gibt mir EINHELLINGER die Richtung der Lilacinae vor. Wenn ich jetzt annehme, dass mein Fund kein ausgeblasstes Exemplar ist, komme ich zu R. incarnata (fusioniert zu roseoaurantia?)
(R. incarnata steht aber noch in der Nomenklatur-Russulales-2000, nicht aber R. roseoaurantia)
Im ausgeblassten Fall wäre da aber noch R. emeticicolor oder R. lilacea mit ähnlich strukturierter Huthaut und Guajak wird mir da kaum weiterhelfen.
Soweit erstmal zu meiner Problematik, jetzt aber zum Fund selbst.
Mitte Juli 2021 staunte ich nicht schlecht, als dieser optisch nächste R. raoultii-Fund an der gleichen Stelle sich bei der Geschmacksprobe als mild herausstellte.
R21-004 roseoaurantia cf
12.07.2021 - 13:08
--------
Eingestufte Art: raoultii
Anz. Exemplare: 1
Haupt Baumpopulation: Buche
--------
SPORENPULVER: Ia,
GESCHMACK, mild,
--------
FUNDORT, Laubwald, Waldrand, Waldweg, Grünfläche/Wiese, Moos, Gras, feucht, Kollin,
BÄUME 20m UMKREIS, Buche (Fagus), Eiche (Quercus),
EXEMPLARE, jung, einzeln,
HUT GRÖSSE, 4 - 6 cm,
HUT FARBE, rosa/rot, creme/weiss,
HUT OBERFLÄCHE, matt, bereift, rauh/körnig,
HUT RAND, leicht gerieft,
PEELING, 1/2 abziehbar, 3/4 abziehbar,
UNTER HUTHAUT, weisslich,
--------
LAMELLEN, spröde, weiss bis creme,
--------
STIEL OBERFLÄCHE, weisslich/creme,
STIEL KONSISTENZ, zerbrechlich, weich, voll, wattig,
--------
GERUCH, neutral,
--------
Chemie:
FeSo4, nur schwach rosa,
GUAJAK (8 sec), Stiel: ++ hell dann dunkler, Lam: ++ hell dann dunkler,
PHENOL (gepr.),
KOH (gepr.),
NH3 (gepr.),
SV Frischpilz (gepr.) negativ,
--------
Sonst. Angaben:
Hut hat eine sehr schwach rosa Tönung, Huthaut Bereifung vor Ort aufgefallen, Zwischenlamellen wenig,
iPh büschelig, breit, lang, apikal alle auffallend spitz zulaufend
1) am Laub-Waldrand noch in der Traufe zur angrenzenden Wiese, 500m
2) noch glaubte ich, dass dies eine weitere R. raultii ist
3) Hutdurchmesser ca 5cm, creme-weiss, matt, mit einem rosalichen Anflug, schwach gerieft
4) erst spät bemerkte ich die starke Hutbereifung die sich über den ganzen Hut verteilte (Ausschnitt)
5) die Huthaut knapp über die Hälfte abziebar, darunter weiss, Oberfläche auch hier irgend wie rosa schimmernd
6) Lamellen weiss, fast ohne Lameletten, in Stielnähe gabelig
7) der Stiel weiss, die Basis leicht runzlig, die Stielspitze leicht beflockt
8) die Sulfovanillin Reaktion war am Frischpilz negativ
9) Sulfovanillin am Exsikkat bräunliches-violett-rot (Anmerkung: auf eine Verfärbung am Exsikkat mit SV gebe ich persönlich überhaupt nichts mehr, da andere untersuchte Arten wenn auch unterschiedlich mehr oder weniger darauf reagiert haben und eine Fehlinterpretation daraus entstehen kann.)
10) Sporenpulverfarbe Ia
11) HDS in SV, keine Pileozystiden festgestellt
12) HDS in KF 10x, büscheliges Erscheinen der Huthautbereifung
13) HDS in KF 40x, ein wenig näher
14) HDS in KF in 400x, inkrustierte Primordialhyphen sind vorhanden, auffallend ist auch manchmal diese "zebraartige Zeichnung der Hyphen"
die auch hier bei "Forum di Micologia AMB Gruppo di Muggia e del Carso" bei R. roseoaurantia und den KF-Bildern zu sehen sind
15) HDS in KF 400x, hier freie, zuspitzende und nicht inkrustierte Hyphenenden, hat das nicht R. lilacea auch? Und kann das nicht auch durch evtl. zu langes Auswaschen passieren?
16) HDS in Kongo, HDS Primordialhyphen lang und mehrfach septiert, Endglied meist zugespitzt und mit einem Öltropfen versehen
17) die durchschnittliche Breite beträgt ca. 4 - 6 mü
18) HDS in Kongo, das wichtigste dürften aber pro R. roseoaurantia die Haare sein, erkennbar schwach keulig sind sie ja
19) die Haarbreite liegt um die 5 mü
20) Wasser 1000x, Sporenform oval, die Stacheln nicht viel herausragend
21) Melzer 1000x, die Warzenhöhe beträgt bei Ausreissern somit auch nur knapp bis zu 0,8 mü, MARXMÜLLER gibt für R. lilacea ca. 1,5 mü an
22) Melzer 1000x, das Sporenornament ist weitgehend isoliert mit teils feinen und auch gratigen Verbindungen versehen
23) der Hilarfleck amyloid
24) Messprotokoll zu den Sporen
Meine Fundeinschätzung:
Ganz am Anfang hatte ich mal eine Anfrage hier im Forum: "Ist das jetzt R. chloroides oder R. delica"?
Daraufhin derjenige: "Entscheide doch mal selbst, nur so lernt man"
Ich entschied mich nach Sachlage meiner Erhebung für R. chloroides und er sagte "Gut gemacht" und ich war happy...meine erste Bestimmung!
Und genauso mache ich das jetzt, ich benenne meinen Fund nach Schlüssel und der Sachlage mit
Russula roseoaurantia cf - Weißbereifter Reif-Täubling
Und wenn jemand doch einen besseren Vorschlag dafür hat, immer her damit, nur daraus lernt man.
Danke für Euer Interesse
claus