Schirmlinge?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.242 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Werner Edelmann.

  • Hallo liebe Pilzfreunde,


    hier in Portugal hatten wir eine lange Regen- und Pilz-lose Zeit. Jetzt fängt es endlich wieder an zu regnen und die ersten Pilze zeigen sich. Dabei ist mir aufgefallen, dass noch vor dem Regen einige Boletus Impolitus in vollkommen trockener Erde gewachsen sind. Ich habe nicht gewusst, dass Pilze in vollkommen trockner Erde wachsen koennen.


    Heute habe ich einige Schirmlinge gefunden, die ich nicht bestimmen kann. Wer kann mir helfen?


    Region: Portugal

    Standort: Wiese mit Lehmerde in der Nähe von Obstbäumen

    Hut: bis 17 cm, hellbraun mit dunkelbraunen Schuppen, angewachsen, dunkelbraune Erhebung in der Hutmitte

    Stiel: bis 14 cm, dicker an der Basis mit Knolle, bräunlich, dunkler zur Basis, keine Natterung erkennbar, hohl

    Ring: einfach (nicht doppelt), verschiebbar aber leicht angewachsen

    Lamellen: weiß, freistehend, keine Verfärbung

    Fleisch: weich, weiß, keine Verfärbung

    Geruch: geruchslos

    Geschmack: geschmacklos


    In Portugal wird vor dem giftigen Macrolepiota venenata gewarnt. Dass der Stiel kürzer als der Hutdurchmesser ist und dass der Ring nicht doppelt ist passt zu M. venenata, aber der soll sich rötlich im Fleisch verfärben.


    Lg Dieter



  • Hi.


    Macrolepiota venenata heißt ja mittlerweile Chlorophyllum venenatum, ist aber vermutlich eh das gleiche wie Chlorophyllum brunneum (manch einer sieht das anders).

    Der ist das nicht, deine Exemplar ist ja genattert, wenn auch eher schwach.


    Was nun in Portugal an Arten aus dem Macrolepiota procera Formkreis rumschwirrt, weiß ich leider nicht. Ich würde den wohl der Einfachheit halbe einfach Macrolepiota procera s.l. nennen. Du schreibst zwar, dass der Ring nicht doppelt ist, aber der sieht schon recht kräftig aus. Wirklich einschätzen kann man den Ring nur von der Seitenansicht.


    LG,

    Schupfi

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  • Servus Dieter,


    der Ring ist schon doppelt, allerdings ohne Laufrille. Die obere weiße Schicht = Teilvelum, die untere braune = Gesamtvelum.

    Ansonsten bin ich bei Schupfi.


    Viele Grüße

    Andreas

  • Hallo Schupfnudel, hallo Ahemi,


    danke für eure Antworten. Ich habe schon Macrolepiota procera unweit von obigem Standort gefunden. Die waren aber ganz anders. Deshalb kann ich nicht glauben, dass es sich um dieselbe Art handeln soll.


    Die Unterschiede:

    • M. procera hat einen ausgeprägten Geruch und Geschmack. Dieser Pilz ist vollkommen Geruchs- und Geschmacklos
    • Der Stiel von M. procera (im Verhältnis zum Hutdurchmesser) ist wesentlich länger.
    • Die Schuppen auf dem Hut fallen ab, wenn man sie berührt. Bei diesem Pilz muss man die Schuppen fest ziehen bevor sie abgehen. Sie sind an der Oberseite mit dem Hut verbunden.
    • Am Ring muss man Ziehen bevor er abgeht. Er ist an der Unterseite mit dem Stiel verbunden.
    • Der Ring sieht ähnlich aus wie bei M. procera, ist aber nicht so dick.
    • Die Hutform bei jungen und alten Exemplaren ist anders.

    Ich schicke einige Bilder von M. procera Exemplaren, die ich in vorherigen Jahren gefunden habe.


    Lg Dieter


  • Hi Dieter,


    deshalb hängt in dem Vorschlag das s.l. mit dran (sensu lato). Zwar wurde einiges zwischenzeitlich geklärt, aber so komische Kollektionen, die sich nicht so richtig in ein Artkonzept fügen (von welchem Autor auch immer), finden sich immer mal wieder. Von daher gehe ich gerne mit, dass die nicht wie typische M. procera s.str. aussehen, aber dann bleibt die Frage wie man sie stattdessen nennen mag. Das Problem ist, wenn man die mit einfachem Ring schlüsselt, käme man bei M. excoriata und M. mastoidea s.l. raus und makroskopisch sind die mMn noch weiter weg von deinem Fund als M. procera. Möglich, dass es in Südeuropa weitere Taxa gibt, die ich gar nicht auf dem Schirm habe (M. phaeodisca kenne ich beispielsweise noch, passt aber auch nicht wirklich).


    Du kannst dich hier ja mal durchschlüsseln, wenn du magst, ohne dass das der Weisheit letzter Schluss sein muss.

    Sporenabwurf kannst du auch mal machen, auch wenn da im Raum steht, dass die potentiellen Rosatöne womöglich ebenfalls nicht artspezifisch, sondern artübergreifend variabel sind. :whistling:


    Wenn du es ganz genau wissen willst, kannst du auch ein Stückchen schonend trocknen und es ins Nachbarland schicken für eine DNA-Analyse. Mit etwas Glück bekommst du dann bei den aufbereiteten Daten einen Treffer, der hoffentlich von einer Quelle mit ein wenig Reputation stammt (sprich: mit hoher Wahrscheinlichkeit gründlich untersucht und dokumentiert wurde). Eine Garantie gibt's aber auch dabei nicht.


    LG,

    Schupfi

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  • Servus Dieter,


    ich hab nochmal ein bisserl geblättert. Schau dir doch mal die Gruppe um M. mastoidea an. Mit dem gedrungenen, kurzstieligen Habitus vielleicht direkt var. mastoidea


    Viele Grüße

    Andreas

  • Hallo Schupfnudel, hallo Ahemi,


    nochmals vielen Dank für eure Antworten.


    Was mich anfänglich am meisten verunsichert hat war, dass die Pilze scheinbar völlig geschmacks- und geruchsneutral waren. Ich sammle seit Jahren M. procera und habe stets einen sehr ausgeprägten Geruch festgestellt. Jetzt nach 24 Stunden sind die Pilze schon nicht mehr ganz frisch und ich meine einen leichten nussartigen Geruch und Geschmack feststellen zu können.


    Die anderen Merkmale waren der zu kurze Stiel und die scheinbar fehlende Natterung des Stiels, die aber zu M. mastoidea passen würden. Ich nehme an, dass bei M. procera die Natterung entsteht, wenn der Stiel in die Höhe geht und die braune Außenschicht aufreißt. Der braune Buckel in der Hutmitte deutet auch auf M. mastoidea (Zitzen-Risenschirmling) hin.


    Die meisten Ringe sind bei dem Versuch sie abzuziehen verloren gegangen. Ich hab jetzt doch noch einen Ring gefunden, der nicht so flach ist (siehe Bilder unten). Allerdings fehlt an der Unterseite der ausgefranste Rock, wie bei dem M. procera im Vergleichsbild oben.


    Das Sporenpulver ist weiß, wie die Lamellen und das Fleisch, das übrigens auch nach 24 Stunden noch keine rötliche Verfärbung aufweist.


    Ich werde den Pilz bis auf weiteres unter M. mastoidea (Zitzen-Risenschirmling) ablegen.


    Hier noch 2 Bilder vom Ring und die korrigierte, obige Beschreibung:


    Region: Portugal

    Standort: Wiese mit Lehmerde in der Nähe von Obstbäumen

    Hut: bis 17 cm, eiförmig glockig, hellbraun mit dunkelbraunen Schuppen und dunkelbraunem Buckel in der Hutmitte

    Stiel: bis 14 cm, dicker an der Basis mit Knolle, bräunlich, dunkler zur Basis, keine Natterung erkennbar, hohl

    Ring: doppelt, verschiebbar

    Lamellen: weiß, freistehend, keine Verfärbung

    Fleisch: weich, weiß, keine Verfärbung

    Sporenpulver: weiß

    Geruch: leicht nussartig

    Geschmack: mild, leicht nussartig


    Lg Dieter


  • GriasDi Dieter,

    Du kannst Deinen Schirmling natürlich ablegen als was Du willst, auch als M. mastoidea.

    Wie Dir Schupfi schon ausführlichst schrieb, (ich mag mir gar nicht ausdenken wie lange er für die ausführliche Antwort samt Links drangesessen ist) ist Dein Schirmling aber eine Art aus dem M. procera Aggregat und bestimmt keiner aus der Artengruppe um M. mastoidea.

    An liabn Gruaß,

    Werner

  • GriasDi Dieter,

    an der groben wolligen Hutschuppung und dem zweiteiligen Ring.

    Eigentlich hat Schupfi alles schon gesagt.

    Hast Du Dir die tolle von ihm verlinkte Arbeit von Gernot Friebes überhaupt angeschaut?

    Dann müsste Dir doch klar sein, dass der nicht in die Mastoideaecke gehört.

    Ich glaub ja auch, dass das nicht M. procera s.str. ist. Ich könnt mir hier M. (procera var) fuliginosa vorstellen, auch wenn relativ hell ist. Für den wär aber die schlecht ausgeprägte Stielnatterung typisch.

    An liabn Gruaß,

    Werner