Chrysomphalina??? und anderes

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 3.272 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • Hallo zusammen, heute waren wir mit der APV zum Jahresabschluss am Gmündener Maar in der Eifel unterwegs. Erstaunlicherweise gabs nicht wenig interessantes.


    z.B. überraschten uns 01 Prachtbecherlinge (genaue Bestimmung steht aus):


    02 Chrysomphalina cf.: Sehr interessant fanden wir daneben auch einen kleinen Holzbewohner (alter mächtiger Stumpf, Baumart nicht ganz klar ... eigentlich vorwiegend Buchen, aber das schien mir keine Buche zu sein), der durch olivgelbe Farben, und einen auffälligen, nicht ganz gewöhnlichen Habitus auffiel:


    Baumstumpf:



    Habe mich jetzt mit der Funga Nordica versucht an die Gattung heranzutasten und lande bei Chrysomphalina? Was meint ihr, könnte das ggf. hinkommen?


    Es handelt sich jedenfalls um einen Weissporer (Sporen bis 9x5,5, wirken etwas rau? ggf. aber auch optische Täuschung - internes Granulat?).

    Insgesamt kleiner Pilz - Hüte bis 1,5cm

    Die Sporen wirken ovoid (ellipsoid).

    Basidien sind schlank und lang, 4-sporig mit langen Sterigmen (5µm).


    Cheilos konnte ich jetzt keine entdecken, ich würde die vorgefundenen Zellen mit Granulat als verzweigte Basidiolen bezeichnen:


    Ansonsten besteht die HDS aus verzweigten Hyphen mit etwas aufgetriebenen Endgliedern (und teilweise intrazellulärem Granulat?):


    Ansonsten gabs noch weitere Schönheiten:

    03 Röhrige Keule


    Und auf Kirchholz 04 - eine noch unbestimmte Keule:


    LG Sebastian

  • Sebastian_RLP

    Hat den Titel des Themas von „Chrysomphalina???“ zu „Chrysomphalina??? und anderes“ geändert.
  • Hallo Sebastian


    Ich finde in Dezember bis Mitte Februar an alte vermorschte Fichtenstammen Chrysomphalina grossula , oft zusammen mit Baeospora miriadophylla . Dein Fund makroskopisch passt an C. grossula

    LG

  • Hallo Beli,


    das kann sehr gut passen, FN gibt auch nur zwei Arten in der Gattung her. Grossula passt meiner Meinung nach auch nach den Mikromerkmalen ganz gut. Auch die weiße, filzige Stielbasis ist in FN beschrieben. Der Stumpf könnte durchaus Nadelholz sein, wie die verbliebene Rinde zeigt. Zum Glück habe ich den nochmal fotografiert, sonst hätte ich mich wohl nur an den "reinen" Buchenwald erinnert.

    Etwas schwer tue ich mich immer mit den Bezeichnungen der HDS. Dort als Cutis beschrieben, je nachdem wie man den Schnitt macht (Skalp, longitudinal längs oder quer) bekommt man ja ganz verschiedene Draufsichten und häufig liegen die Hyphen dann auch nicht so schön geordnet wie in den Abbildungen, stehen teilweise nach oben, wo ich mich dann frage: ist das jetzt hymeniderm? oder Cutis?


    LG Sebastian

  • Bei der Sarcocypha sollte es sich (nach allem was ich nun davon verstanden habe) am ehesten um Sarcocypha austriaca handeln, da hier an den Sporen Eindellungen/depressionen zu erkennen sind (zumindest an einem Teil) und die Haare gebogen daherkommen ...




    Haare:


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Sebastian!


    Von den Haaren her sieht das eher aus wie coccinea oder jurana.

    Die Haare von austriaca sollten schon zumindest teilweise richtig korkenzierartig gedreht sein (coils), nicht einfach jur wellig.
    Die Sporeneigenschaften sind hier leider nicht zielführend, fürchte ich, weil die Becher und Sporen zu unreif sind.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    Vielen Dank für deine Einschätzung. In der Tat habe ich mich mit der Bestimmung schwer getan, da mir nicht ganz klar war was "gebogen" bedeutet.

    Die Sporen hatten teilweise enorme Längen, auch über 35ym. Die Reife finde ich ebenfalls schwer zu beurteilen. Woran genau machst du das hier fest. Am Fruchtkörper makroskopisch oder an Mikromerkmalen?


    Danke und LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hallo.


    Vor allem am Aussehen des Bechers auf dem Bild. Die wirklich reifen Sarcoscyphas, die ich bisher in der Hand hatte, waren Funde aus März / April (wobei ich unreife Apos auch schon im Januar hatte), die sahen auch anders aus, weiter ausgebreitet, oft innen schon weißlich eingepudert, die Flankenhaare stärker verwittert...

    Bei den Sporen scheint wenig frei im Medium zu schwimmen. Hast du sowas wie Sporenabschüsse beobachten können? Oder weiße Wölkchen vom Pilz aufsteigen sehen beim draufpusten? Das wären auch Zeichen, daß man es mit einem wirklich reifen Fruchtkörper zu tun hat.



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    Alles gute Punkte, gilt es im Hinterkopf zu behalten. Draufpusten kenne ich z.b. auch. Habe ich aber in der Tat nicht gemacht ... aus lauter Erfurcht vermutlich schon vergessen, bei diesem für mich schönen Erstfund. Gleichzeitig war es natürlich auch sehr kalt.

    Ansonsten gab es schon auch freie Sporen, teilweise samt Schlupfhülle. Aber Massen waren es in der Tat nicht.


    LG Sebastian

  • Hallo Pablo,


    Heute habe ich aus einer anderen Richtung nochmal eine genau gegenteilige Einschätzung bekommen für S.austriaca. Hintergrund ist, daß hier die trunkaten Sporen als wegweisend betrachtet werden und den Haaren (die wiederum als nicht ganz typisch eingeschätzt werden), in der Beurteilung hinter den Sporen zurücktreten.


    Puuh, kein ganz einfaches Geschäft wie mir scheint. Hochinteressant.


    LG Sebastian

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Sebastian!


    Da ich alles andere als ein Becherlingsauskenner bin, gibt es etliche Pilzkundler, die das deutlich besser einschätzen können, was wo wann wichtig ist bei diesen Pilzen. Bislang hatte ich kein Problem, die Österreicher (im Bereich des Oberrheingrabens ist das die mit abstand häufigste Art) auch unreif anhand der deutlichen Coils zu identifizieren: Zumindest nach der mir bekannten Literatur (u.A. von Zotto) ist das ein verlässliches Merkmal - wenn die Haare wirklich vielfach kraus aufgerollt sind. Allerdings las ich auch schon, daß zumindest jurana hier und da mal wellige bis schwach "lockige" Haare bilden kann - jurana (die mittlerweile anders heißt, müsste ich aber nachgucken) hatte ich aber noch nie unter den Linsen, und coccinea bisher nur einmal, insofern: Da kennen sich andere Leute mit mehr Funderfahrung und auch Literaturhintergrund sicherlich besser aus.



    LG; Pablo.

  • Servus Pablo, mir fehlen eben auch absolut die Erfahrungswerte. Ich werde aber weiter nach den Prachtbecherlingen Ausschau halten und fleißig mikroskopieren. Dann wird die Zeit mehr Klarheit bringen hoffe ich.


    Jurana hatten wir gänzlich ausgeschlossen, da diese Art wohl streng an Linde gebunden ist und nach unserem Wissens da keine Linde stand.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian

    S. jurana hat zwei große Oeltropfen in den Sporen und ist auch ohne die Oekologie zu kennen auszuschließen.


    Die truncaten Sporen sind zumindest teilweise auch bei S. coccinea vorhanden, auch wenn der Anteil vielleicht etwas geringer ist als bei S. austriaca. Das reicht als Bestimmungkriterium nicht aus. Leider habe ich von S. coccinea kein Bild von einem Sporenabwurf, aber man erkennt es im unteren Teil auch so


    Die Haare sind bei Deinem Fund keinesfalls überzeugend für S. austriaca. Hast Du das Präparat vom Hutrand gemacht? Bei einem sehr feinen Zupfpräparat im Stielteil erhält man oft bessere Ergebnisse.

    Etwas verwoben sind die Haare auch bei S. coccinea


    Aber nicht korkenzieherartig wie Pablo schon schrieb


    Manchmal bei verdreckten Frk. etwas mühsam, aber die Löckchen sind nach meinen Beobachtungen bei S. austriaca immer zu finden


    LG Karl

  • Hallo Karl,


    vielen lieben Dank für die umfassende und auch anschauliche Darstellung. Dank eurer Hinweise kann ich mir nun schon ein viel besseres Bild von den Unterscheidungsmerkmalen der drei Arten machen. Die Haare scheinen dann definitiv ein Hauptkriterium zu sein, in der Unterscheidung von coccinea und austriaca.


    Das eine der oberen Bilder zeigt ein Skalpschnitt aus der Nähe der Basis. Die Verwobenheit mit auch zahlreichen Biegungen war eben das was mich irritiert/verunsichert hat. Die von euch beiden beschriebenen Coils lassen sich aber in der Tat nicht erkennen, hier nochmal ein Crop:


    Zudem habe ich auch nochmals von der Basis ein Zupfpräparat genommen und mit Kongo/NH3 angefärbt. Hier kann man schon sehr klar sehen, dass die Haare regelhaft schnurgerade und ansonsten nur leicht geschwungen sind:


    Das sollte dann jetzt eindeutig S. coccinea sein, insbesondere wenn diese (leicht) trunkaten Sporen auch bei coccinea vorkommen können, wie du schreibst. Ich denke, ich werde die in Zukunft gut auseinanderhalten können.


    Ganz liebe Grüße und schöne Weihnachtstage, Sebastian