Gallertpilz, ev. Myxarium spec

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.016 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von boccaccio.

  • Hallo zusammen,


    auf der Rückseite eines Buchen-Rindenstückes, das sich bereits am Ast abgelöst hatte, (siehe Unbekannte Anamorphe) befindet sich unterhalb eines Pyrenomyceten (eventuell Biscogniauxia nummularia) sehr kleine, helle, weißliche Gallertpilze:

    Bild 1 Pilz unter Stereolupe


    Der Pilz zeigt folgende mikroskopische Eigenschaften:

    - Schnallen (Bild 2+3)

    - 4-sporige Basidien (Bild 5,6,8,9)

    - Basidien langsseptiert (Bild 5-9)

    - Sterigmen teilweise sehr lang (55 µm gemessen)

    - Sporen bohnenförmig, typisch etwa 3,5 µm breit, 10 µm lang (Bild 4)

    - Basidien auf Basiszelle/Stiel (?) aufsitzend (Bild 6,7,9)


    Aufgrund der aufgezählten Eigenschaften komme ich zum Ergebnis Tremella globispora, dem Buckeligen Zitterling.

    Alleine die Sporen kommen mir hierfür ein wenig klein vor.


    Käme neben T.globispora eventuell ein anderer, besser passender Pilz in Betracht?


    LG, Martin


    Bilder:

    Bild 2


    Bild 3


    Bild 4 1000x in Öl, Teilstrich 1µm: Basidio-Spore in Wasser


    Bild 5 Basidie langsseptiert mit 4 Sporen


    Bild 6 längsseptierte Basidie in Kongorot


    Bild 7


    Bild 8 Basidie in Lugol mit 4 unreifen Sporen


    Bild 9 Basidie mit langen Sterigmen in Lugol

  • Hallo Martin,


    Tremella globispora ist das sicherlich nicht. Die hat nämlich rundliche Sporen. Mit den länglichen Sporen landet man am ehesten in den Gattungen Exidia oder Myxarium. In dem Kontext ist dann wichtig, ob die Basidien gestielt sind oder nicht.


    EDIT: Die ganzen Gallertpilze lassen sich eigentlich sehr gut in Kongrot mikroskopieren (Lugol braucht es da nicht). Am besten nimmt man dafür ein kleines Stück Pilz, gibt das in Kongorot, läßt es einmal ganz eintrocknen, spült dann mit Wasser das überflüssige Kongorot aus und kann dann ein Quetschpräparat anfertigen. Dann sind nämlich die Pilzstrukturen gut rot gefärbt vor klarem Hintergrund zu erkennen.


    Björn

  • Hallo Björn,


    da hast du natürlich recht!

    Die Sporen sollten bei Tremella eher rundlich sein. Damit ist Tremella raus.

    Ich habe einige Sporen nachgemessen und komme auf Abmessungen von 4 x 11 µm².


    Gestielt erscheinen mir die Basidien durchaus zu sein, da die vier Basidienzellen auf einer gemeinsamen Basiszelle ohne Klammer(n) aufsitzen.

    Was mit dem Begriff gestielt sonst gemeint sein könnte, kann ich mir nicht vorstellen.

    Ausschnitt aus Bild 7: der Querschnitt passt zur Zeichnung der Myxariumbasidie in FoTE viel besser als zu Exidia


    Ausschnitt aus Bild 5 mit Sporen

    Die Umrisse und Formen der Basidien und Sporen der Gallertpilz-Gattungen Myxarium, Exidia und Tremella sind im Pilzrad in "Fungi of Temperate Europe" S.1164 gegenübergestellt.

    ("The digital wheels can be downloaded from the MycoKey website (MycoKey home). They may be printed for personal use and for education, but must not be distributed commercially.")

    Ich wollte eigentlich einen Bildausschnitt als Kopie einstellen - aber ich weiß nicht recht, ob das wirklich erlaubt wäre. Wer will, kann sich die Pilzräder ja downloaden.


    Wenn ich die weißlich-transparenten Arten von Exidia und Myxarium betrachte, die stärker zusammenballen (coaleszieren) wie E. thurediana & M.nucleatum, dann müssten im Falle Exidia deutlich größere Sporen vorhanden sein; bei M.nucleatum würde die gemessene Sporengröße passen.

    Beide Gattungen / Arten haben längsseptierte Basidien.

    Ich sehen keine Klammern unterhalb der Basidie, so wie in der Zeichung für Myxarium in Pilzrad FoTE. Bei Exidia jedoch sollten Klammern an der Basidie vorhanden sein.

    Selbst die Proportionen der Zeichnung der Myxarium-Basidie und Sporen in FoTE stimmen mit den fotographierten Basidien mMn ganz gut.


    Tremella kommt, wie Björn erkannt hat, wegen der Sporenform nicht in Fage. Ich würde unter den von ihm vorgeschlagenen Gattungen als Arbeitshypothese Myxarium vorschlagen und Exidia eher ausklammern.


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Tremella globispora“ zu „Gallertpilz, ev. Myxarium spec“ geändert.
  • Hallo Martin,


    bei Myxarium gehe ich mit. Du kannst dir mal den Schlüssel in Spirin et al. Nordic Journal of Botany 2019 anschauen. Da wirst du aber einen Sporenabwurf machen müssen um dann die Sporen sehr genau abzumessen. Es gibt nämlich um Myxarium nucleatum rum noch einige weitere Arten.


    Björn

  • Danke Björn,


    den Schlüssel werde ich mir zu Gemüte führen!

    Mal sehen, ob sich der Pilz weiter einkreisen lässt.


    Martin

  • Interessante Anfrage, Martin!:thumbup:

    Du kannst dir mal den Schlüssel in Spirin et al. Nordic Journal of Botany 2019 anschauen.

    Tolle Arbeit, danke für den Link, Björn!

    Mit dem Schlüssel komme ich zu Myxarium nucleatum oder populinum, wobei letztere Art wohl ausschließlich an Salicaceae, vor allem Popolus tremella fruktifiziert.

    Auf dem ersten Foto glaube ich winzige, gelbliche Einschlüsse zu erkennen?

    Das würde dann zu M. nucleatum führen.

    Beide Arten sind in folgendem Artikel ausführlich vorgestellt, den ich hier gern noch anfüge.


    Exidia and Myxarium, on some forgotten species_Spirin et al, Nord. Jour. of Bot., 2018.pdf


    LG, Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Hallo Björn, Hallo Nobi,


    vielen Dank für euer Interesse an meinem Pilz und eure Hilfe zur Bestimmung desselbigen!


    Mittlerweile habe auch ich den Schlüssel bemüht und Literatur von Spirin zum Thema Myxarium gesichtet.

    Ich denke, wir kommen dem Pilzchen näher!


    Also, der Fund wurde an Buchenrinde gemacht, genau genommen auf der Unterseite (!) sich ablösender Buchenrinde, ganz in der Nähe oder sogar genau unterhalb von Pyrenomyceten (ev. Biscogniauxia nummularia):

    Bild 10: Fund auf Unterseite der Borke


    Der Pilz enthält auch mikroskopisch keine erkennbaren Kristalleinschlüsse, wovon ich mich unter der Stereolupe überzeugen konnte.

    Das Bild 1 habe ich unter dem Mikroskop mit sehr schräg einfallendem Taschenlampenlicht gemacht.

    Deshalb u.a. die geringe Schärfentiefe. Deshalb auch die seltsamen gelblichen Flecke im Bild, welche man für Einschlüsse halten könnte.

    Was man hier sieht sind aber wohl nur beleuchtete Rindenbereiche, die durch den Pilz hindurch zu sehen sind.

    Ich hänge hier noch ein zweites, ähnlich erzeugtes Bild an, in welchem man auch etwas mehr von der feinfilzigen Oberfläche erkennen kann:

    Bild 11 Fruchtkörper ohne Einschlüsse


    Keine Einschlüsse also, allerdings sind die Dingelchen noch sehr klein und der Pilz hatte eventuell auch gar keine Gelegenheit Einschlüsse zu produzieren.

    Andererseits, Björn hat ja bereits darauf hingewiesen, exisitieren um M.nucleatum s.str. einige andere weitere Arten, welche ihm sehr ähneln.


    Im Spirins Paper "On some forgotten species of Exidia and Myxarium (Auriculariales, Basidiomycota)" schreibt er über M.nucleatum s.lat.:

    "Current concept of Myxarium nucleatum covers four species in Nordic countries: M.cinnamomescens, M. hyalinum, M. nucleatum s.str. and M. populinum."


    Im oben verlinkten Myxarium-Schlüssel gilt eine Sporenbreite von 4µm als Grenze bei der Fallunterscheidung. (M.nucleatum und M.populinum < 4µm)

    Da ich mit der 'Nachmessung' bei genau 4 µm gelandet bin, muss ich auch bei den dickeren Sporen im Schlüssel nachschlagen und lande dann bei Punkt 4 bei M.cinnamomescens und M.hyalinus.

    Dort heißt es heißt bei M.ciannmomescens: "Exclusively on still attached or just fallen twigs, often in bark ruptures; basidiocarps first hyaline with light yellowish tints, then white, opaque. Northern species" und bei M.hyalinus: "On branches and fallen logs; basidiocarps first ochraceous to brownish, then whitish-hyaline and containing detectable mineral inclusions (coalescent basidiocarps only). Southern species".

    Die Beschreibung der nördlichen Spezies M.ciannmomescens passt prima, M.hyalinus weniger gut.


    Ferner schreibt er "As a rule, it (Anmerkung: it = M.cinnamomescens) inhabits still attached or just fallen branches of various deciduous trees. Its basidiocarps typically occur in ruptures of the bark, especially in those ones produced by stromatic pyrenomycetes. The other three gelatinous Myxarium species treated below (Anmerkung: die anderen drei Arten von M.nucleatum s.lat.) usually grow on still corticated branches and logs."

    Genau da wurde der Pilz ja gefunden - auf der Rückseite der sich ablösenden, pyrenomyceten-befallenen Rinde einer Buche! Auch das könnte mMn für M.cinnamomescens sprechen.


    Ohne jetzt die gesamte Beschreibung von M.cinnamomescens zu zitieren, finde ich dass seine Beschreibung gut zu den Beobachtungen passt, wenn auch die Sporenmaße an der unteren Grenze, aber noch innerhalb der angegebenen Schwankung, liegen. Zudem weist M.cinnamomescens wohl keine Einschlüsse auf.

    Wobei ich zugeben muss, nur vier Sporen vermessen zu haben, und damit eine erbärmliche Statistik habe.


    Ich denke, wie Nobi, dass wir es hier mit M.nucleatum s.lat zu tun haben könnten.

    Wenn ich mich festlegen sollte, würde ich u.a. aufgrund der Fundumstände mittlerweile am ehesten für M.cinnamomescens stimmen.

    (Ojoj, da trau' ich mich was als Neuling! :grotwerd:)


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    ich denke, daß man mit 4 Sporen keine wirkliche Aussage treffen kann. Da solltest du wie bereits geschrieben einen Sporenabwurf machen und dann mindestens 20 Sporen messen. Dann hast du eine bessere Statistik und kannst auch mit den Sporenmaßen in den Beschreibungen in dem von Nobi verlinkten Artikel besser vergleichen.


    Björn

  • Hallo Björn,


    du hast natürlich recht, dass vier Sporen sehr wenige sind.

    Einen Abwurf werde ich mit den kleinen Dingern wohl nicht hinbekommen.


    Martin