Neujahrsausflug in den Sand

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.560 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Beorn.

  • Servus zusammen, trotz wechselhaften Wetters musste ich mal wieder raus, zu lange war ich nicht im geliebten Wald. Es ging ein kleines Stück entlang des fränkisches Dünenwegs, einer postglazialen Binnendüne. Auf Pilzliches hatte ich gar nicht gehofft, sondern wolle eigentlich mal ein paar bunte Flechten näher betrachten (dazu werd ich irgendwann noch meinen Erstbeitrag im Unterforum versuchen) dennoch gab es überraschend sogar auch einige -für mich- besondere Pilze zu bestaunen.


    unter wenigen Zentimetern Boden kommt der Sand, daher die charakteristische äußerst karge Vegetation


    1) Zunächst fand ich an Kiefer diesen hübschen gehirnigen Zitterling, der sich nach dem Durchschneiden auch als solcher bestätigen ließ. Weil er auch im Innersten ganz ansehnlich ist habe ich ihn trotzdem auch noch unters Glas gelegt.


    Tremella encephala



    2) Nicht weit enfernt stachen mir diese knall orangen Gallerttränen ins Auge, ebenfalls an Kiefer, überraschend knackige fast schon harte Konsistenz, wahrscheinlich noch ganz jung.

    Dakryomyces spec.



    da sie überraschend eine Menge Sporen abgegeben haben, traute ich mich sie doch noch zu mikroskopieren in der Hoffnung sie wären reif


    das sieht eher wie Konidiophore aus?

    Sporen:

    (13.8) 14.2 - 16.3 (16.4) × (5.2) 5.6 - 6.3 (6.4) µm

    Q = (2.4) 2.5 - 2.8 (3.1) ; N = 22


    Makroskopisch hätte ich auf D. chrysospermus gehofft, aber dafür sind die Sporen zu klein, vielleicht was aus der D.stillatus Gruppe, aber ob man da weiterkommen kann und ob die Sporen dann doch überhaupt reif sind weiß ich nicht.


    3) Ähnlich wirds mir mit diesem Moosbecherling auf Drehzahnmoos Hornzahnmoos (Ceratodon purpureus) und Frauenhaarmoos (Polytrichum piliferum) (Danke Ingo!) gehen, für mich ist die Gattung in jedem Fall bereits ein Erstfund, sodass ich mir sehr gefreut habe.


    Rand schwach definiert? eher keine Haare?


    Paraphysen mit feinen roten Granula, aufgeschwollenes Endknöpfchen, leicht gekrümmt


    interessanterweise färbt sich in Lugol alles graublau an- ist das typisch für Oktopspora?



    Sporen mit großem Öltropfen, in bwb erhitzt 1000x lässt sich ein sehr diskretes feines Ornament gerade erahnen (kein Foto geglückt)

    (17.1) 17.2 - 20.6 (20.7) × (10.9) 12.1 - 13.7 (14.5) µm

    Q = (1.3) 1.4 - 1.57 (1.6) ; N = 21


    Bei schlappen 90 Arten komm ich ohne Erfahrung hier nicht weiter, mit dem Schlüssel auf octospora.de komme ich am ehesten zu cf O. gyalectoides aber ich vermute da kommen noch mehrere in Frage.. ;)


    // jetzt werd ich unterbrochen, damit nicht alles verloren geht schick ichs trotzdem schon mal ab und ergänze hoffentlich heute Abend, bis dahin! Ingo


    4) So jetzt gehts weiter, ein Letzter fehlt nämlich noch. Mitten im Sand hätte ich die nicht vermutet.. doch da standen diese büschelig wachsenden Clavariae.

    Nachdem ich oben schon meine Unkenntnis der Moose bewiesen habe, konntet ihr mir hier schon helfen, denn die ursprünglich in Erwägung gezogene C. sphagnicola wirds damit nicht sein, denn das Moos sollte wenn ich die Bilder mit denen der Oktospora vergleiche kein Sphagnum sondern ebenfalls Polytrichum piliferum sein. Dazu hätte auch der SporenQ nicht gepasst. Besser passt C. argillacea, die allerdings mit Krähenbeeren assoziiert sein soll, die ich zumindest auf meinen Fotos nicht erkenne; im Feld habe ich mangels Wissen darum nicht darauf geachtet. Was meint ihr?





    Basidien 4-sporig


    ob das wirklich Schnallen sind oder nicht eher kleine Knospen weiß ich nicht



    Sporen allantoid mit großem Öltropfen (evtl auch nur ein Zeichen der Überständigkeit?)

    (8.7) 9.6 - 11.5 (13.6) × (4.3) 4.6 - 5.49 (5.5) µm

    Q = (1.7) 1.8 - 2.4 (2.5) ; N = 23


    Danke fürs Mitkommen und für eure Kommentare,

    alles Gute fürs kommende Jahr!

    Ingo

    • Offizieller Beitrag

    Servus!


    Oh, das sieht ja ganz ähnlich aus wie einige Habitate hier aus meiner Umgebung. Aber das auf deinem Bild wirkt etwas wilder und natürlicher.

    Was ich bei der Gallertträne nicht erkennen kann: Basidien. Also diese typischen Stimmgabeln von Dacrymycetales.

    Jetzt ist es allerdings so, daß ja diverse Gallerttränen ein Konidienstadium bilden, aus dem erst die fertilen Fruchtkörper hervor gehen. Die Basidiosporen von Dacrymyces sollten ja auch (zumindest reif) septiert sein. Ich habe sowas allerdings noch nie selbst mikroskopiert (also Dacrymyces - Anamorphen), darum die Frage: Könnten die Sporen auch Konidiosporen von zB Dacrymyces stillatus agg. sein? Das wäre jedenfalls so die gängigste "Art" mit relativ festem, orangener Anamorphe an Nadelholz...



    Lg; Pablo.

  • Hallo zusammen,


    bei der Gallertträne sieht das mikroskopisch tatsächlich eher nach einer Anamorphe aus. Ich meine da Konidien zu erkennen und keine Sporen, die an Basidien wachsen sollten. Ich hatte seinerzeit mal eine D. stillatus Anamorphe mikrokopiert, das sah dann aber irgendwie doch noch mal einen Ticken anders aus...eher wie ein Gewusel von Würsten.

    Andererseits sieht das auf dem ersten Foto schon nach Basidiosporen aus, man erkennt ja z.B. einen Apikulus. Bei Gallerttränen gibt es die Besonderheit, daß die Sporen nur dann ihre wahre Septierung zeigen, wenn sie beim Abwurf auch in Kontakt zum Hymenium stehen. Wenn man einfach einen normalen Abwurf macht, hat man fast nur unseptierte Sporen.


    Björn


    PS: Ich würde Dacrymyces auch immer in Kongorot mikroskopieren, das gibt einfach einen schönen Kontrast.

  • Hallo Pablo und Björn, ihr seid ja schnell! Danke für eure Kommentare.

    Btw gibt es eigentlich eine „Entwurf speichern“ Option hier im Forum? Das wär praktisch, ich hatte nämlich Angst dass wenn ich den Tab einfach offen lasse um ein paar Stunden später weiter zu schreiben ich irgendwann rausgekickt werde und alles nochmal neu schreiben darf..

    Oben haben sich ja noch ein paar Fehler eingeschlichen und auch die Bebilderung würde ich nochmal ändern später..


    Egal jedenfalls hab ich mich über die Dakryomyces auch gewundert, denn ich fand auch nach langem Suchen keine Basidien (Pommesgabeln) wie ich sie von anderen Heterobasidiomyceten kenne. Allerdings muss ich zugeben zuvor noch nie eine Gallertträne mikroskopiert zu haben und dachte mir vielleicht sind die halt besonders..

    Man geht zur Hauptsaison ja gerne an sowas vorbei.. :whistling:

    Die Sporenträger die ich fand waren unseptierte Stiele mit straussartigem Sporenansatz, wogegen die Sporen aus dem Abwurf, wie ihr bemerkt habt einen deutlichen Apikulus haben. Mysteriös, denn ich habe den FK des Abwurfs mikroskopiert:/

    Übrigens in Kongo, das Bild war schlecht ausgesucht stammt wohl irgendwo aus der Mitte die kaum Farbe angenommen hat, ich füge später noch bessere ein.
    Bis denne, Ingo

  • Hallo Ingo,


    bei Deinen Moosbecherlingen sehe ich kein Drehzahnmoos (Gattungen Tortula bzw. Syntrichia), erkennen lassen sich aber zwei andere hier eng miteinander vergesellschaftete Moose: Polytrichum piliferum (das größere) und Ceratodon purpureus (das kleinere). Im vorliegenden Fall sitzen die Moosbecherlinge zwar zwischen den Stämmchen von Ceratodon purpureus, makroskopisch und mikroskopisch passen sie aber nicht zu den Octospora-Arten, die bei Ceratodon purpureus in Frage kommen. Ich denke deshalb, dass Polytrichum piliferum hier das Wirtsmoos ist und dass es sich bei Deinen Mossbecherlingen um die häufige und in sandigen Heidelandschaften fast überall zu findende Octospora humosa handelt. Die Sporen sind zwar etwas klein (evtl. noch nicht ganz reif), ansonsten passt aber alles.


    LG Ingo

  • Bei Gallerttränen gibt es die Besonderheit, daß die Sporen nur dann ihre wahre Septierung zeigen, wenn sie beim Abwurf auch in Kontakt zum Hymenium stehen. Wenn man einfach einen normalen Abwurf macht, hat man fast nur unseptierte Sporen.

    Wie stellt man denn das an? muss man die FK auf dem OT mit irgendetwas beschweren?


    Ich denke deshalb, dass Polytrichum piliferum hier das Wirtsmoos ist und dass es sich bei Deinen Mossbecherlingen um die häufige und in sandigen Heidelandschaften fast überall zu findende Octospora humosa handelt. Die Sporen sind zwar etwas klein (evtl. noch nicht ganz reif), ansonsten passt aber alles.

    Hallo Ingo, ich danke Dir für die Moosbenennung und Deinen Vorschlag zur Octospora, soweit ich das beurteilen kann passen die Merkmale gut zu dem was ich im Netz zu O. humosa finde. Evtl sind sie in der Entwicklung stehen geblieben als einmal Frost gab.


    VG Ingo

  • Hallo Ingo,


    das kommt immer drauf an. Normalerweise sitzen die Fruchtkörper ja am Substrat, das man dann auf den Objektträger legt, d.h. wenn man gezielt drauf achtet, kriegt man da automatisch Kontakt zwischen Fruchtkörper und Objektträger hin.


    Björn

  • Besser passt C. argillacea, die allerdings mit Krähenbeeren assoziiert sein soll, die ich zumindest auf meinen Fotos nicht erkenne; im Feld habe ich mangels Wissen darum nicht darauf geachtet. Was meint ihr?

    Hallo Ingo,


    das ist die Heidekeule (Clavaria argillacea). Diese wird zwar auch bei der Krähenbeere gefunden, sie ist aber vor allem ein Begleiter des Heidekrautes (Calluna vulgaris) und das kommt auf der von Dir besuchten Binnendüne doch reichlich vor (oder täuscht mich da mein Eindruck bei der Betrachtung des Standortfotos?). Nebenbei: Was sind das für weiße Flecken in der Vegetation? Ich vermute mal Rentierflechten, kann es aber nicht eindeutig erkennen. Wenn ja, ein tolles Biotop mit Seltenheitswert!


    LG Ingo

  • Hallo Ingo, danke für die Bestätigung der Heidekeule, in FotE stand nur Empetrum als Partner. Heide gabs am Standort natürlich genug, sodass das dann gut passt wenn die auch zusammen können.


    Die weißen Flecken sind wohl so charakteristisch für einen Flechtenkenner dass Du sie sogar in der Unschärfe benennen kannst?
    Ja das sind Rentierflechten, ich vermute sogar mehrere Arten. Ich hoffe ich komme am Feiertag oder am Wochenende dazu noch einen Exkursionsbericht über die Flechten zu schreiben, da gab’s nämlich jede Menge wundersamer Miniaturen.

    LG Ingo

    • Offizieller Beitrag

    Servus!


    Eine Möglichkeit, Entwürfe zu speichern, gibt es leider nicht.
    Jedenfalls keine, die auch funktioniert. Es gibt sowas wie eine automatische Speicherung (wenn man versehentlich irgednwie das Fenster schließt vor dem Abschicken) - aber die geht nur für den Text. Hochgeladene Bilder in so einem wieder hergestellten "Entwurf" werden zwar unter Umständen noch angezeigt, sind aber nicht gespeichert, sondern müssten nochmals hochgeladen werden.

    Diese Funktion ist also leider unbrauchbar um Beitragsentwürfe zu speichern.

    Darum am besten, wenn man längere Texte verfasst: Offline in einem Textdokument entwickeln und speichern, ins Forum kompieren, zugehörige Bilder hochladen und dann einbinden.



    LG; Pablo.