Postia lactea?

Es gibt 11 Antworten in diesem Thema, welches 2.925 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Isarschwammerl.

  • Servus,

    eine Frage ans Forum,

    Hymenium (20 mm) nicht poroid, sondern extrem stark zerschlitzt und hydnoid; generative Hyphen mit Schnallen, wenige Skeletthyphen oder sklerosierte Hyphen (mit Inhalt? wenn ja welcher?)

    Sporen 4 x 1,7 µm allantoid

    Ich habe den Pilz als Postia lactea bestimmt.

    Das Problem beim Schlüsseln ist, dass die poroiden Pilze in jedem Buch eine andere Nomenklatur haben. Mir stehen der Ryvarden von 1978 und der von 2014, sowie die Pilzbriefe, Dörfelt (2018) und Rivoire (2020) zum Vergleich zur Verfügung. Die Beschreibungen geben aber unterschiedliche Sporenmaße an. Am besten kommt noch Postia lactea (sensu Rivoire und Dörfelt) in Frage, der bei Ryvarden 1978 Tyromyces lacteus heißt und 2014 Oligoporus tephroleucus. Das Porenbild mit den hydnoiden Strukturen war ein ziemliches Problem (altersbedingt oder Artmerkmal?). Immerhin gibt Ryvarden (2014) an, dass sie im Alter „lacerate“ (zerrissen, zerfetzt, aufgeschlitzt) sein können. Die Stärke der Hymenialschicht wird aber nirgends mit 20 mm angegeben. Ich lege ihn also als Postia lactea ab und hoffe ein paar weiterführende Meinungen zu erhalten.

    Liebe Grüße Schorsch


    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Schorsch!


    Deine Überlegung geht auf jeden Fall in die richtige Richtung.

    Von den unterschiedlichen taxonomischen Handhabungen in der Literatur musst du dich nicht irritieren lassen:
    "Postia" als Gattung ist inzwischen ziemlich reduziert; Tyromyces und Postia / Oligoporus wurden nicht immer konsequent getrennt (wobei Tyromyces = Braunfäule, Postia s.l. = Weißfäule... oder umgekehrt?); und Postia lactea mit Postia tephroleuca gleichzusetzen ist.


    Dein Fund kann schon ganz gut Postia tephroleuca / lactea sein, wobei der klassische Doppelgänger der Art Tyromyces chioneus ist. Makroskopisch sind die beiden quasi nicht unterscheidbar, und mikroskopisch ist es auch nicht einfach, weil die Sporen sehr ähnlich sind (minimal schmaler bei P. lactea), ebenso wie das Hymenium... Tyromyces chioneus bildet allerdings echte Skeletthyphen im Kontext (dimitisch), P. lactea ist konstant monomitisch, also auch die dickwandigen Hyphen immer irgendwo septiert (mit Schnallen).



    LG; Pablo.

  • Lieber Pablo,
    vielen Dank für Deine Einschätzung. Tyromyces chioneus schließe ich eigentlich aus, da der ja auf Deutsch auch Kurzröhriger Saftporling heißt und dieser hatte ja eine Röhrenlänge, die über alle Angaben in der Literatur hinausging.
    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Schorsch!


    Die Länge der Röhren ist bei beiden Arten in erster Linie abhängig vom Alter der Fruchtkörper. Bei ausgewachsenen Fruchtkörpern von Tyromyces chioneus können die Röhren genauso lang sein wie bei ausgewachsenen Fruchtkörpern von Postia tephroleuca. Ist halt wieder mal die Sache mit den "namensgebenden Merkmalen", die halt dazu dienen, einem Pilz einen Namen zu geben, aber eben keine Beschreibung sind, und darum eher nicht dazu taugen, einen Pilz anhand des Namens zu bestimmen. :gzwinkern:



    LG; Pablo.

  • Hallo Schorsch,


    die ungewöhnliche Ausbildung des Hymenophors deines Porlings ist sicher alters- und/oder wetterbedingt. Es ist also nicht bestimmungsrelevant. Postia tephroleuca und Postia lactea sind für mich nur Formen einer Art mit identischen mikroskopischen Merkmalen. Die ähnliche Tyromyces chioneus hat zum Unterschied Skeletthyphen im Kontext, was ich auf deinen Bildern nicht erkennen kann. Die Sporen von T. chioneus sind durchschnittlich 1,5 µm breit, die von Postia tephroleuca/lactea ca. 1,8-2 µm. Normalerweise erkennt man Tyromyces chioneus schon im Felde an der glatten Hutoberfläche und dem typischen, angenehm süßlichen Geruch. Der späte (?) Fund im Jahr lässt für mich jetzt keine makroskopische Zuodnung nach deinen Fotos zu, P. lacteaist rein weiß, P. tephroleuca mit grauen Tönen. Wenn du also keine Skeletthyphen im Kontext findest, landest du bei Postia lactea/tephroleuca, die auch eine leichte amyloide Reaktion der Kontexthyphen haben kann.


    LG

    Frank

  • Servus aus München,
    nochmals vielen Dank für Euere Antworten. Bei einem Kurs "Molekulare Bestimmung von Pilzen" bei Prof. Thines und Dr. Ploch hatte ich Gelegenheit den Pilz zu sequenzieren.Tatsächlich wurde Postia lactea bestätigt. Beim Blasten mit NBCI (in https://blast.ncbi.nlm.nih.gov/Blast.cgi ) kann man auch sehen, dass Postia / Oligoporus lactea / tephroleuca weitgehend synonym sind.
    Liebe Grüße Schorsch


  • Hallo Schorsch,


    warum ist deine Sequenz denn so kurz? Wenn ich das richtig sehe, dann hast Du nur eine 279 bp langen Sequenzabschnitt verwendet, die ITS müsste aber so um die 620 bp lang sein üblicherweise. Insofern würde ich das Ergebnis erst mal als unklar einstufen.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Moin!


    Zumal man auch berücksichtigen sollte, daß die Namen, mit denen die Genbank - Sequenzen hinterlegt sind, nicht stimmen müssen.

    Idealerweise müsste man den Blast - Output schon noch mal alignieren und ein Bäumchen draus basteln, ob das tatsächlich alles so zusammen gehört, bzw. was sich hinter den als "Postia lactea" und als "Postia tephroleuca" bezeichneten Sequenzen mit einer Percentage Ident - Zahl von weniger als +/- 98,5 % verbirgt. :gzwinkern:

    Aber immerhin taucht Tyromyces chioneus in der Liste gar nicht auf, da könnte man nochmal ein paar Sequenzen vergleichen - aber im Grunde kommen ja schon makroskopisch nur die beiden in Frage, und genetisch dürfte die Tyromyces mit dem Blast - Ergebnis auch raus sein.



    LG; Pablo.

  • warum ist deine Sequenz denn so kurz? Wenn ich das richtig sehe, dann hast Du nur eine 279 bp langen Sequenzabschnitt verwendet, die ITS müsste aber so um die 620 bp lang sein üblicherweise. Insofern würde ich das Ergebnis erst mal als unklar einstufen.

    Ich hab nach dem Kurs zuhause nochmal schnell schnell geblastet und beim Alignieren vergessen den Reverse-Button zu klicken. Beim ersten Mal in Frankfurt war die Sequenz deutlich länger, hatte dort aber das Speichern vergessen. Wenn ich mal Zeit habe, wiederhole ich das Alignement. Sorry, aber das Ergebnis war dasselbe.

    Liebe Grüße

  • Zumal man auch berücksichtigen sollte, daß die Namen, mit denen die Genbank - Sequenzen hinterlegt sind, nicht stimmen müssen.

    Klar Pablo, wenn ein und dasselbe Schwammerl von verschiedenen Autoren unterschiedlich benamst wird, kommen scheinbar widersprüchliche Ergebnisse heraus. Bedeutet aber, soviel ich mitbekommen habe, nur, dass es sich eben um Synonyme handelt.
    Liebe Grüße Schorsch

  • Hallo Schorsch,


    das verstehe ich nicht was Du schreibst. Wo hast Du denn was aligniert? Du zeigst uns doch nur ein blast-Ergebnis, und da sieht man dass deine Sequenz mit der Du geblastet hast, 279 bp lang ist. Was nur ein Bruchteil einer ITS-Sequenz ist. Daher bedeutet 100% Übereinstimmung nur, dass in diesem 279bp langen Abschnitt der ITS eine 100%ige Übereinstimmung besteht. Ob es bei den restlichen ca. 300 Basenpaare der ITS eventuell Abweichungen gibt, ist unklar, daher meinte ich dass die Bestimmung so nicht sicher ist (wenn auch wahrscheinlich).

    Alignieren ist eigentlich dass Anordnen mehrerer Sequenzen untereinander, so dass die mehrheitlich übereinstimmenden Bereiche direkt untereinander liegen. Mit einer Alignierung diverser Sequenzen kann man dann einen phylogenetischen Baum rechnen lassen - aber das hast Du ja nicht gemacht bzw. nicht gezeigt.

    Wenn Du mit alignieren meintest, dass Du die Vorwärts- und Rückwärtsrichtung der ITS zusammengefügt hast - deine Anmerkung zum Reverse-Button bringt mich auf diese Idee - dann ergibt sich dadurch aber keine längere Sequenz, sondern nur eine bessere Qualtität.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Servus Andreas,


    Wenn Du mit alignieren meintest, dass Du die Vorwärts- und Rückwärtsrichtung der ITS zusammengefügt hast - deine Anmerkung zum Reverse-Button bringt mich auf diese Idee - dann ergibt sich dadurch aber keine längere Sequenz, sondern nur eine bessere Qualtität.

    Stimmt, wo Du recht hast, hast Du recht..
    Liebe Grüße Schorsch