Phanerochaete sordida/laevis (?)

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  • Hallo zusammen, nach längerer Zeit wieder ein Gruß aus dem Saarland.

    Ein Phanerochaete (denke ich) auf einem fast abgestorbenen, endrindeten Stamm eines Apfelbaumes, neben meiner Gartenwiese, kann ich nicht richtig zuordnen und hoffe auf Bestimmungshilfe.

    Die Schlüssel zu Phanerochaete bei Bernicchia / Ryvarden/Eriksson /Jülich und Kr. BAWü1 führen zu P.sordida und P.laevis.

    P. laevis habe ich noch nicht gesehen. P. sordida habe ich schon bearbeitet und hoffentlich richtig bestimmt, jedoch kenne ich nicht seine ganze Bandbreite.


    Fundbeschreibung mit Mikromerkmale:

    15. Dez. 21 (Fotos bis 18.Jan.22) auf einem z.T. abgestorbenen, endrindeten Stamm eines Apfelbaumes. Resupinat ca. 10x20cm, schwach höckerig warzig, wachsartig (Foto3), später rissig und getrocknet gelb-orange (Foto 4). Mittig grau-ocker mit einem Hauch von rosa Anteilen (Fotos 3+4), Randbereich creme-weiß mit feinen Franzen aber deutlich abgegrenzt (Foto3)

    Der dünne ca. 0,5mm dicke Fruchtkörper (Foto 4) ist relativ fest am Substrat und nicht +/- lose wie ich es von P. sordida kenne.

    Sporen: glatt, inamyloid, 5-6,5(7) x 2,5-3µm öfters mit 1-3 Öltropfen (Foto 6). Basidien 4sp ca. 25-35 x 4-5µm

    Zystiden (Fotos7/8/9):50-80 (90) x 4-7 (8,5)µm, überwiegend mehr schmal zugespitzt als subzylindrisch. Sehr variabel inkrustiert von apikal schwach bis stark oder nur schwach im oberen Drittel und mit glatter abgerundeter "Spitze". Überwiegend aber glatte Zystiden, dünnwandig bis auch stark dickwandig, vor allem zur Basis hin. Keine Schnallen gesehen. Bei P. laevis soll man im Subikulum gelegentlich Schnallen finden. Subikulum Hyphen (Fotos 10/11) 4,5-6,5 µm, dickwandig, viele rechtwinkelige Abzweigungen, die oft auch eng zu parallelen Verbindungen führen.


    Überlegungen:

    P. sordida kenne ich nicht höckerig warzig sondern mehr häutig (+-lose), weiß bis creme, obwohl auch Frkp. in ocker beschrieben sind.

    Zu P. laevis passt die Beschreibung zum frischen Frkp. in Cortinaceae of North Europe Vol-5 Seite 1027 u. auch bei BK2-Nr 158 recht gut (warzig, höckerig, grau-ros-orange-ocker).

    Die Sporen bis 7µm gehen (+-) eher in Richtung P. sordida, jedoch werden auch Sporen von laevis bis knapp 7µm beschrieben, aber im Durchschnitt etwas kleiner.

    Meine inkrustierten aber auch glatten Zystiden erscheinen schmaler zugespitzt, als überwiegend bei sordida (breiter und mehr subzylindrisch) abgebildet und beschrieben. Eine sicher Zuordnung zu sordida oder laevis bzgl. der Inkrustationsstärke und Anordnung fällt mir schwer, vor allem wenn man die sehr variablen Ausbildungen der Zystidenarten zu P.sordida bei Ryvarden/Eriksson Vol 5 Seite 1031 Fig 121 betrachtet. Auch die +/- Dickwandigkeit der Zystiden helfen mir nicht wirklich weiter, weil sie für beide Arten beschrieben sind, wenn auch für P. laevis stärker.

    Als ein in wesentliches, konstantes Merkmal für P. sordida wird bei Ryvarden/Eriksson die stark dickwandigen Subikulumhyphen bis 2µm Wanddicke mit rechtwinkligen Abzweigungen beschrieben. Dies wäre dann bei meinem Fund der stärkste Hinweis für P. sordida (Fotos10/11).

    Dies relativiert sich wieder etwas wenn Bernicchia zu P.laevis auch Wandstärken bis 1(1,5)µm angibt.


    Irgendwie habe ich das Gefühl ich sehe hier nicht das Wesentliche zur Trennung der beiden Arten in Bezug zu meinem Fund.

    Vielleicht bin ich auch auf der falschen Fährte.


    Hinweise zur Auflösung würden mich freuen.

    Gruß Armin

  • Hallo Armin,

    ich meine, dass das eine Phanerochaete aus dem P. sordida Komplex, der 2015 überarbeitet wurde. Die Zystiden mit der gleichmäßig dicken Wandstärke bis in die Spitze und der inkrustierten Spitze sprechen eher für P. livescens, wenn die Sporen im Schnitt unter 3 µm breit sind.

    P. laevis und P. sordida hätten Zystiden mit nackten Spitzen, letztere außerdem eine zur Spitze hin dünnere Zystidenwand (hier wurde das schon mal diskutiert) und Sporen, die im Schnitt breiter als 3 µm sind.

    Gruß, Maren

  • Hallo,


    ich finde, dass die Zystiden für Ph. livescens zu häufig zu weit aus dem Hymenium herausstehen. Ph. livescens hat eigentlich tiefer eingebettete Zystiden, die nur wenig und nur bisweilen rausstehen. Allerdings ist das Argument der bis zur Spitze dicken Wand ein gutes Argument FÜR livescens und gegen sordida und laeve. Ph. livescens ist vorherrschend an Laubholz, Ph. sordida an Nadelholz. Aber eben nur vorherrschend, zumindest sordida ss.str. kann auch an Laubholz vorkommen.Ph. laeve hat eigentlich immer einen Anteil an Zystiden, die an der obersten Spitze nicht inkrustiert sind aber darunter. Und außerdem sollten da die Zystiden noch länger spitzer zulaufen. Die Sporenmaße sprechen wiederum eher für Ph. sordida.


    Ich kann mich anhand der Bilder nicht entscheiden. Hier käme ich nur weiter, wenn ich selbst einen Schnitt machen kann und ungequetscht sehen kann, wie die Zystiden tatsächlich (ungequetscht) im Hymenium liegen. Und wie die Inkrustationen ohne Kongorot wären, das im Präparat häufig nach und nach die Kristalle verschwinden lässt.


    Gefühlt tippe ich auf Ph. sordida ss. str. Hoffen wir mal dass Frank noch was dazu sagt.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo Maren und Andreas,

    danke für eure Beiträge.

    Was die herausragende Zystiden ungequetscht in Wasser betrifft, kann ich wahrscheinlich nachlegen. Vor ein paar Tagen war das Material am Baum noch relativ frisch. Ich komme aber heute nicht mehr dazu.

    Von Phanerochaete livescens habe ich noch nichts gehört, zumindest bei Bernicchia und Eriksson/Ryvarden in Cortinaceae of North Europe Vol-5* nichts gesehen. Bei Jülich ist eine Grandinella livescens als Syn. für sordida aufgeführt, die auch im Index Fung. bei P. livescens aufgeführt ist. Gibt es darüber eine Abhandlung wo man dies nachlesen kann? Der Hinweis von Maren auf dickwandig bis apikal ist interessant. Auf jeden Fall sind solche Zystiden neben den +- dickwandigen auch vorhanden (ist auch in Bild 8+9 recht gut zu sehen.

    Ich sehe meine Zystiden ungefähr zwischen sordida und laevis, bzgl. Bernicchia und Cortinaceae of North Europe.

    Muss mal sehen, was ich im Internet über P. livescens finde.

    *Nachtrag: P. livescens ist Cortinaceae of North Europe bei sordida doch kurz erwähnt.


    Gruß Armin

  • Hallo Armin,


    Phanerochaete laevis ist gekennzeichnet durch sehr schmale (4-6 µm), stark inkrustierte Zystiden mit einer kleinen nackten Spitze. Sie kommt also hier nicht in Frage.

    Der Phanerochaete sordida-Komplex ist hauptsächlich gekennzeichnet durch dickwandige Basalhyphen, zylindrische Sporen und lange zylindrische bis subulate Zystiden. In Mitteleuropa unterscheiden wir drei Arten:

    Phanerochaete raduloides (Ph. cumulodentata)- Hymenophor tuberculat bis raduloid, Zystiden nackt, bis 40 µm über das Hymenium herausragend, Sporen durchschnittlich 5,5 -2,5 µm, Basalhyphen auffällig kurzzellig und stark verzweigt

    Phanerochaete livescens- Hymenophor glatt, Zystiden deutlich inkrustiert, oft eingebettet, nur bis 25 µm herausragend,

    Sporen 5-7 x 2,5-3,3 µm, Basalhyphen langzellig und nur rechtwinklig verzweigt

    Phanerochaete sordida s. str. - Hymenophor glatt, Zystiden meist nackt oder nur leicht inkrustiert, deutlich herausragend bis 80 µm,

    Sporen 5-7 x 2,8-3,4 µm, Basalhyphen langzellig und nur rechtwinklig verzweigt

    Die Kombination der Merkmale ergibt nach meiner Artauffassung Phanerochaete sordida s. str.


    Sporenmaße überlappen und sollten nur als Sporenabwurf zur Bestimmung herangezogen werden. Die Zystiden werden altersabhängig von der Basis her zunehmend dickwandig.


    LG

    Frank

    • Offizieller Beitrag

    MoinMoin!


    "Fruchtkörper glatt" beinhaltet schon auch eine gewisse Variationsbreitre. Bei Phanerochaete sordida sind schon immer wieder mal so leicht warzige Fruchtkörper zu finden.

    Das hier passt ganz gut zu deinem Fund, Armin:




    Im Vergleich zu Phanerochaete raduloides:


    ...geht das aber noch glatt als "glatt" durch. :)



    LG; Pablo.

  • Hallo Armin,


    VOLOBUEV et al. (2015): The Phanerochaete sordida group (Polyporales, Basidiomycota) in temperate Eurasia, with a note on Phanerochaete pallida. Mycological Progress (2015).


    Wenn Du willst kann ich Dir das PDF schicken.


    Die Unterschiede zwischen livescens und sordida sind in den Mikrozeichnungen von Corticiaceae of Northern Europe gut zu sehen:

    Abb. 515, 516 und 519 sind Ph. sordida ss.str., mit weit herausstehenden, wenig kristallbesetzten Zystiden und einem überwiegend sehr lockeren Aufbau.

    Abb. 517 und 520 sind Ph. livescens, mit meist eingeschlossenen, viel stärker inkrustierten, an echte Lamprozystiden erinnernde Zystiden und einem überwiegend ziemlich dichten Aufbau.


    beste Grüße,

    Andreas

  • Hallo zusammen vielen Dank.

    Meine Vorstellung der makroskopische Bandbreite von sordia hat sich nun erweitert,

    vor allem auch bzgl. glattem bis warzigem Hymenophor.

    Mikroskopisch ist die Zusammenfassung in Kurzform von Frank zum sordida-Komplex sehr hilfreich -danke-

    Der Fund von Pablo passt wirklich ganz gut zu meinem, lediglich sind bei meinen Zystiden die Inkrustationen etwas dürftiger, was vielleicht doch mit Kongo zusammenhängt. Wie man in der Zusammenstellung von Frank sieht passen jedoch die schwächere Inkrustationen gut in das Bild von sordida s.str

    Was die Zystiden betrifft werde ich heute Mittag ein frisches Stück besorgen. Ich hoffe, dass mir noch ein aussagefähiger Schnitt gelingt.

    @ Andreas: die pdf würde ich mir gerne ansehen. Die Abb.in Corticiaceae of Northern Europe werde beim neuen "Schnitt" nochmals vergleichen.

    Gruß Armin

  • Ich habe nun zur Überprüfung der Zystiden mehrere Präperate in Wasser ungequetscht von frischem Material angefertigt, wie von Andreas angeregt

    Ergebnis (siehe Fotos 13-15):

    Teilweise mit stärkeren Inkrustatioen aber auch glatt ohne Inkrustationen.

    Die Zystiden ragen (25) 30-50 (60) µm aus dem Hymenium.

    Sie ragen sind eindeutig länger aus dem Hymenium als man sie P. livescens zuschreibt (max 25µm, siehe Hinweis von Frank und Andreas)

    Ich denke das bekräftigt das Ergebnis Phanerochaete sordida s. str.

    Eine Frage hätte ich noch zu Foto 12. Diese gelbe "Elemente" habe ich bei mehreren Präparaten im Bereich Subikulum gesehen.

    Gehören sie zum Substrat Holz? Ist nicht wichtig, aber vielleicht hat jemand ein Idee was es sein könnte.

    Gruß Armin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Armin!


    Wie stark die Inkrustierungen bei den Zystiden von Phanerochaete ausgeprägt sind (ebenso auch die Form und Länge der Zystiden), schwankt teilweise schon innerhalb einzelner Fruchtkörper erheblich. Das hat auch mit dem Reifegrad zu tun, sowie mit äußeren und inneren Wuchsumständen...

    Selbstverständlich gibt es Grenzen, bzw. muss man immer die Variationsbreiten der Zystiden beobachten.

    Ich muss allerdings gestehen, daß ich selbst Schwierigkeiten habe, Phanerochaete sordida und Phanerochaete livescens zu trennen - auch mithilfe der erwähnten Literatur. Denn leider ist das nicht immer so eindeutig wie es die Mikrozeichnungen erscheinen lassen. Es setzt eben eine große Formenkenntnis voraus und die bekommt man nur durch die entsprechende Funderfahrung.
    Die beiden oben gezeigten Kollektionen waren schon eindeutig (und die raduloides tatsächlich von Frank bestimmt), aber so ist das eben nicht immer ausgeprägt.

    Aber die Problematik besteht ja bei sehr vielen Pilzen, daß man erstmal eine ganze Menge an Funden nicht einordnen kann, und sich erst so nach und nach mit den Variationsbreiten vertraut machen muss.



    LG; Pablo.

  • Hallo Armin,


    die gelben Elemente sind Fremdhyphen (hier Hyphen mit öligen Inhalt, lat. gloeoplerous hyphae), die nicht zu dieser Phanerochaete gehören.

    @Pablo- in "VOLOBUEV et al. (2015): The Phanerochaete sordida group (Polyporales, Basidiomycota) in temperate Eurasia, with a note on Phanerochaete pallida. Mycological Progress (2015)." sind die Zystiden sehr untypisch dargestellt und führen eher zur Verwirrung als zur Aufklärung. Die Mikrozeichnungen in Corticiaceae of Northern Europe dagegen sind ganz typisch gezeichnet.


    LG

    Frank

  • Hallo,


    natürlich sind die Inkrustationen sehr variabel und ihr ablösen ist witterungs- und präparierungsabhängig. Aber ich habe schon den Eindruck, dass livescens generell mehr und länger zusammenhängenden Kristallüberzug hat. Dazu sind die Zystiden in der obersten Hälfte gefühlt breiter (was von den Kristallen kommen kann) und wirken daher für mich immer erst mal wie Lamprozystiden von einer Peniophora oder sowas. Den Eindruck vermitteln die sordida-Zystiden nie. Also WENN viel Kristallmasse drauf ist und die Zystiden wie Lampros wirken, dann ist es auch immer livescens, meiner Meinung nach. Wenn nur wenig Kristallmasse übriggeblieben ist, dann würde ich mich in erster Linie auf das Herausstehen der Zystiden stützen und vielleicht noch auf die Form der Zystiden, die ich subulater finde bei sordida, also ein längerer Bereich sich verschmälernd und insgesamt etwas spitzer und schmaler zulaufend.

    Auf Wandstärke habe ich mich bisher aufgrund Franks aussagen nie verlassen, und das Substrat ist auch nicht eindeutig. Mittlerweile habe ich doch recht viele sordida auch an Laubholz gefunden. Allerdings ist es an Buche doch sehr überwiegend livescens, bin gar nicht sicher ob ich da je eine sordida ss.str. hatte.


    beste Grüße,

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Frank & Andreas!


    Ich werde jedenfalls weiterhin drauf achten, vermutlich hatte ich bisher tatsächlich Phanerochaete livescens einfach noch nicht gefunden.



    LG, Pablo.

  • Hallo Frank,

    von der Ökologie her ist es schon so, dass Ph. livescens zu ca. 95 % an Laubhölzern vorkommt und Ph. sordida zu ca. 90 % an Nadelhölzern.

    Die Zystiden ragen bei meinen neuen Präparaten in Wasser ungequetscht (siehe 3 Fotos vorher)) ca 30-50 (60) µm aus dem Hymenium heraus. Auch sind sie nicht gerade üppig inkrustiert und die Form ist in etwa subulat (>Andreas). Auch wirken sie nicht wie echte Lamprozystiden.

    Gibt es nun bzgl. der Ökologie Zweifel an P. sordida s.str. oder könnte man das Ergebnis so stehen lassen ?

    Gruß Armin

    • Offizieller Beitrag

    Beitrag wieder hergestellt

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Hallo Armin,


    wenn mikroskopisch alles für Phanerochaete sordida spricht, steht die Ökologie doch nicht im Wege. Meine durchschnittlichen Verteilungen auf Laub- und Nadelholz sind private Erfahrungen, die sich momentan so ergeben. Die Aufteilung des Phanerochaete sordida-Komplexes ist ja auch erst zwei Jahre her.


    LG

    Frank