Antrodia serpula

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  • Hallo zusammen,


    ich ärgere mich gerade mit einem Porling herum, den ich leider nicht richtig einkreisen kann.


    Erstmals habe ich ihn am 3.1. am Waldrand (Buche, Ahorn, Hasel, ...), neben einen pittoresk verwahrlosten Apfelgärtchen, gesichtet.

    Der Porling wächst etwa 1m über dem Boden seitlich auf der Rinde eines (vermutlich) Rotbuchen-Stämmchen (Bild 1).

    Heute habe ich einen Fruchtkörper zur Analyse geerntet.


    Der weiße Pilz besitzt ein irregulär-labyrinthisches Porenmuster und für mich auffällig orange, gallertig wirkende Hut-Vorderkanten.

    Poren und Hutoberseite sind weiß, der Hut mit sehr kurzem Filz bedeckt. (Bild 2)

    Der Pilz lässt sich leicht als ganzes vom Substrat abziehen, er wirkt dabei elastisch-gummiartig.

    Er riecht würzig-pilzig.

    An Poren zähle ich etwa etwa 3-6 / mm (Bild 4).

    Im Querschnitt ist der Pilz an der dicksten Stelle etwa 2-3 mm dick, der Hut steht bis zu 6 mm vom Substrat ab..

    Substratseitig exisitert eventuell eine dunklere, schwach bräunliche Schicht (Bild 3).


    Der Kontext (Hutfleisch) am Querschnitt reagiert auf KOH schwach bräunlich, auf Lugol eher gar nicht.


    Mikroskopische Merkmale:

    Lange Zystiden (Bild 6)

    Hyphen:

    dünnwandig +

    dickwandig + (Durchmesser um 3µm)

    sehr dickwandig + (fast ohne Lumen) (Bilder 6-8)

    Inkrustierungen -

    Schnallen -

    Kristalle -

    Basidien 4-sporig (Bild 10/11)

    neben Basidien keine Zystiden


    Sporen sind allanthoid (wurst- bis bananenförmig), hyalin und inamyloid.

    Sporen nach Probenquetschen im Wasser schwimmend gefunden mit etwa 4,0-5,5 x 1,5-2,0 µm² (Min-Max, N = 16) und plötzlich eine Spore 8,0 x 2,0 µm² !

    Diese große Spore hat mich stutzig gemacht, weswegen ich einen Sporenabwurf gemacht habe:

    Ergebnis des Sporenabwurfes:

    6,4 - 7,3 - 8,1 x 1,4 - 1,6 - 1,9 µm² / Q = 4,5 / N = 22 (der Vollständigkeit halber noch Min-Max: 5 - 9 x 1,5 - 2,2)

    In Lugol zeigen die Sporen eine fein-warzige Oberfläche (?) in Bild 9


    Leider komme ich mit meinem Bestimmungsversuchen nicht weiter.

    Ich vermute am ehesten vielleicht eine Antrodia, aber die Sporen sind mit weniger als 2 µm dafür wohl zu dünn.

    Hat bitte jemand eventuell einen Tipp für mich?


    LG, Martin


    Bilder:

    Bild 1 Fundort


    Bild 2 Das Objekt


    Die orangene, gellertig wirkende Stelle ist auch im Querschnitt erkennbar.

    Im Querschnitt erkennt man eine bräunliche Schicht auf der Rückseite zum Substrat hin.

    Bild 3 Querschnitt (Makro 2x; Weißabgleich passt nicht, Bild ist gelbstichig)


    Bild 4b orangene Hutkante oben unscharf im Bild


    Bild 4b Poren


    Bild 5 (40x) Übersicht, Querschnitt durch Poren


    Bild 6 (1000x) Zystiden (nicht in den Poren gefunden)


    Bild 7 (1000x) dickwandige Hyphen


    Bild 8 (1000x) sehr dickwandige Hyphe


    Bild 9 Sporen in verdünntem Lugol 1000x


    Bild 10 Bilck in Pore: Basidien mit Sporen 1000x in Kongo


    Bild 11 Schräger Blick in Pore: viersporige Basidien in Aufsicht

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Martin!


    Huch? Der sieht ja witzig aus. Du hast nicht zufällig eine Makroaufnahme, wo man die Hutoberseiten noch beurteilen kann?

    Ausgehend von dem, was man makroskopisch erkennen kann könnte >Trametopsis cervina< passen, auch wenn die Sporen ein wenig schlank sind...

    Nach Schnallen müsstest du allerdings nochmal suchen (idealerweise subbasidial, da geht das am einfachsten). Mit dem makroskopischen Aussehen und der Sporenform wüsste ich keinen schnallenlosen Porling, ehrlich gesagt.

    Bild 6: Sind keine Zystiden, sondern Hyphenenden, vermutlich an den Röhrenmündungen?

    Daß die Sporen warzig erscheinen, dürfte ein Artefakt sein, ausgelöst durch die Reaktion des Sporeninhaltes auf Lugol.

    Bei Antrodia s.lat. fällt mir keine passende Art ein (was nicht viel heißen muss, ich kenne kaum mehr als ein Dutzend Arten der Gattung im weiteren Sinne). Eine Option könnte noch Postia s.lat. sein, aber auch da: Mit der Sporenform und -größe bei zugleich dem makroskopischen Aussehen dürfte es auch nichts geben.



    LG; Pablo.

  • Hallo!

    Sporen sind allanthoid (wurst- bis bananenförmig), hyalin und inamyloid.

    Und solche allantoiden Sporen hingen auch an den Basidien?


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

    Link: Gnolmengalerie

    Link: APR 2023

    Link: Nanzen 2024

    Link: Einladung APR 2024

  • Hallo Pablo und Ingo,


    Ingo trifft mit seiner ggf gezielten Frage wahrscheinlich den wunden Punkt bei der Sache!

    Es hat mich von Anfang an gewundert, zwei Sporentypen zu finden.

    Wie leicht oder schwer lösen sich unreife Sporen von den Basidien? Ich weiß es nicht, stelle aber immer wieder fest, dass bei Quetschpräparaten auch viele unreife Sporen im Wasser schwimmen können.

    Ich werde heute abend nochmal versuchen, einen wirklich dünnen Schnitt hinzubekommen, um das zu prüfen, auch um besser Schnallen erkennen zu können.

    Vielleicht stammen die langen Sporen tatsächlich von einer Kontamination; die kleineren Sporen würden beim Schlüsseln zu allem möglichen passen, aber die großen halt nicht!


    Wenn Pablo mit seiner großen Erfahrung sich an Trametopsis cervina erinnert fühlt, sollte ich vielleicht auch nochmals die Hyphenstruktur prüfen. Die Trameten besitzen doch dreierlei Hyphentypen im Fruchtkörper, habe ich schon alle entdeckt? Mal gucken...


    Ich bleibe gespannt, Martin


    PS: Die Hutoberseite kann ich natürlich nachliefern.

  • Hallo,


    beim Durchlesen hatte ich sofort gestutzt als ich die Sporen gesehen habe und mich gefragt, ob die wirklich zum Pilz gehören. Gleiche Gedanken als wie Ingo. Zumal mir der Pilz makroskopisch sehr nach Antrodia serpula (= hohenelii) aussieht.


    beste Grüße,

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Servus!


    Komisch ist nur, daß die allantoiden und eher größeren Sporen aus einem Abwurf stammen? Klar, mischen sich auch in einen Sporenabwurf von einem Porling hier und da mal vereinzelt Fremdsporen rein, aber normalerweise hat man da dann schon überwiegend die "richtigen" Sporen eben des sporulierenden Fruchtkörpers.
    Allerdings, was ich gestern geflissentlich überlesen hatte, was massiv gegen meine Idee spricht:

    An Poren zähle ich etwa etwa 3-6 / mm (Bild 4)

    Das passt nicht zu Trametopsis cervina (die übrigens dimitisch ist, ist ja auch keine Trametes sensu stricto).

    Makroskopisch würde dann die vorgeschlagene Antrodiella serpula besser passen - aber dann wäre mit dem Sporenabwurf tatsächlich etwas schief gegangen...

    So recht mag mir das alles noch nicht zusammen passen.



    LG; Pablo.

  • Hallo,


    da bin ich wieder!


    Also, vielleicht erstmal was zum Sporenabwurf von gestern:

    Die Probe, die ich mitgenommen hatte war gut 3 cm breit.

    Ich hatte den Pilz vorher nochmal etwas eingeweicht und "kopfüber" auf einen Objektträger platziert.

    Nach etwa einer Stunde konnte ich einen Schatten am Rand (und nur dort) unter der Probe feststellen, der sich unter dem Mikroskop wie erhofft als Sporenfleck erwiese.

    Tröpfchen Lugol aufs Deckglas und auf den Sporenfleck gelegt (Wasser wäre wohl besser gewesen).

    Das Ergebnis ist bekannt und steht im Widerspruch zu den Maßen der Sporen, die im Wasser neben dem Quetschpräparat schwammen (eher grob 4x2).


    Ich habe deshalb eben nochmal Dünnschnitte versucht und unterm Glas nach den Sporen an den Basidien gesucht.

    Die Schnitte sind diesmal deutlich dünner, das Deckglas wippt nicht mehr und ich habe nicht gequetscht.

    Sporen an Basidien habe ich sofort finden können und Sporenlängen um 4 -5 µm gemessen.

    Vermutlich sind die langen Sporen, die abgeworfen wurden, von einem Fremdpilz, der den Rand meiner Probe kontaminiert.

    Dann wäre das korrekte Sporenmaß von 15 freischwimmenden Sporen (Bild 12) und 5 Sporen an Basidien (Bild 13), deren Abmessungen und Q-Wert sich decken:


    (4,0)4,3 - 4,8 - 5,2(5,5) x (1,5)1,7 - 1,9 - 2,0(2,1)

    Q = 2,5

    N = 20


    In puncto Schnallenfindung ist mein Auge bei diesem Hyphengewurstel leider überfordert, ich finde ehrlich gesagt noch nicht einmal die Septen!

    Ich muss bei Gelegenheit weiter versuchen noch dünner zu schneiden. Lokal 2-3 Hyphenlagen oder so wären sicher ideal - da bin ich noch weit entfernt.


    Ein Makrofoto der jetzt trockenen Hutoberseite hänge ich auch an (Bild 13) und Händifotos des Exsikkats von eben in Kunstlicht aus einigen Blickwinkeln (Bilder 14abc)

    Die Oberseite ist gelbstichig weißlich, die Vorderkante ist trocken knall-orange, im feuchten Zustand eher gelb (vgl. Bild 2,3 und 15).

    Ich hoffe man erkennt was und die Vergrößerung passt...


    LG, Martin


    Bild 12 Sporen in Wasser 1000x => Q = 2,5 ist korrekt


    Bild 12 Gleiche Sporen an Basidien mit Q = 2,5


    Bild 13


    Bild 14a Exsikkat


    Bild 14b


    Bild 14c


    Ergänzend der Hut im nassen Zustand und die Unterkante des Pilzes mit ähnlich transluzendem Rand:

    Bild 15 Hut von vorne, nass


    Bild 16 Unterkante des Pilzes im nassen Zustand

  • Nachtrag:


    Was ich bisher zu Antrodiella serpula (hohenelii) lese, könnte vielleicht ganz gut zum Fund passen!


    Den Pilz hatte ich tatsächlich mal im Auge, aber ich dachte, er wächst eher konsolenförmig wie Trameten und der Hut wäre komplett gelb.

    Zudem soll er an anderen Porlingen parasitieren und wird deshalb auch gerne direkt neben alten Porlingen fotografiert.

    So steht es in meinem Buch "always found on or near old fruitbodies of Mensularia" (F. of Temperate Europe)

    An Fruchtkörpern am gleichen Holz konnte jedenfalls keine gößeren Porlinge wie Inonotus finden, nur Pryrenomyceten (Kohlenbeeren, Krustenpilze, ...), kleinere, stiellose Lamellenpilze (kenne ich nicht, daran muss ich mich noch versuchen) und weiße Gallertpilze (ev. Myxarium).

    Ich habe zwar nicht 100% des Stammes abgesucht, aber unter oder neben dem Pilz waren keine anderen Porlinge/Porlingsleichen erkennbar.


    Gilt das Rätsel jetzt mit A. serpula trotzdem als gelöst?


    Ferner habe ich noch inkrustierte Hyphen entdeckt:


    LG, Martin

    • Offizieller Beitrag

    Hallo, Martin!


    Ob nur "Mensularia" als Bezugsgattung für Antrodiella serpula in Frage kommt, bezweifle ich mal. Da hatte ich auch schon Funde an Rotbuche, vergesellschaftet entweder mit Nix oder einmal auch mit Inonotus cuticularis (wenn auch meistens mit "Mensularia" nodulosa).

    Es müssen auch nicht Fruchtkörper des "Wirtspilzes" (wenn das wirklich ein reiner Parasitismus ist?) am Substrat in der Nähe der Fruchtkörper von A. serpula zu finden sein. Es reicht, wenn da ein entsprechendes Mycel im Holz sitzt.

    Kann natürlich auch sein, daß bei meinen Funden an Rotbuche ohne sichtbare Fruchtkörper von Mensularia radiata, die halt Rotbuche nicht so arg gern mag irgendwo ein Mycel vom Erlen - Schillerporling im Holz aktiv war.
    Das Fehlen von irgendwelchen Schillerporlings - Fruchtkörpern spricht also grundsätzlich nicht gegen eine Bestimmung als Antrodiella serpula.


    Was den Sporenabwurf betrifft: OK, so funktioniert das in der Tat nicht. :gzwinkern:

    Da muss man schon den frischen, vitalen Fruchtkörper absporen lassen. Erst trocknen und dann wieder einweichen macht den fruchtkörper ja nicht mehr lebendig, wenn die hymenialen Hyphen mal abgestorben sind. Wenn tot (egal ob feucht oder trocken), sport der auch nicht mehr ab. Oder zumindest nicht so, wie er sollte. Da krümelt dann eben allerhand anderes Material (vielleicht auch zusammen mit einigen Sporen) raus, das aber nicht wirklich verwertbar ist.

    In dem Fall sind die Sporen aus den Gewebepräparaten erheblich aussagekräftiger. :thumbup:



    LG; Pablo.

  • Hallo Pablo,


    danke für deine ausführliche Antwort!


    Das hatte ich mir schon so gedacht, dass ein fehlender Fruchtkörper nicht gegen die Anwesenheit eines Pilzes im Holz sprechen muss. Aber seine Anwesenheit hätte doch helfen können, wenn man als Anfänger nach Antworten sucht.


    Zum Sporenabwurf: da muss ich zu meiner Verteidigung sagen, dass der Pilz frisch geerntet war und noch feucht und vermutlich auch quicklebendig. Der Sporenabwurf hätte aber vielleicht lange dauern können, weswegen ich dachte, ein bissle Wasser gegen zu schnelles Eintrocknen wäre kein Fehler. Und da die Poren vielleicht auch anfänglich nass waren, dachte ich mir nix, dass nur am Rand des Pilzes Sporen abgeworfen waren.

    Naja, war wohl falsch, ich muss wohl auch bei größeren Pilzen wie diesem eher mit Wasserdampf (nasses Tuch) gegen Eintrocknung vorgehen.


    PS: Ich nehme an, der Hut passt ins Bild? Sonst hättest du gewiss Einspruch erhoben.


    Ich lege den Fund also unter Antridiella serpula ab!


    Danke auch euch, Ingo & Andreas!


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Antrodia spec?“ zu „Antrodia serpula“ geändert.