Sporormiella antarctica? Nein, Sporormiella dodecamera!

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 2.732 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Roni1.

  • Schon im August 2021 wurde Losung vom Alpensteinbock in Österreich / Vorarlberg / St.Gallenkirch / Krüzjoch auf ca. 2400m von Isabella Oswald eingesammelt und mir im September übergeben. Aus Zeitmangel war die Probe bis zum Spätherbst trockengelegt. Kurz in der Feuchtkammer überzog das Ganze ein weißer "Schimmel" (Anthrobotrys?), so dass ich alles auch noch einige Tage dem Frost/Schnee ausgesetzt habe. Kurzum, der Dung hatte schon einige Strapazen hinter sich. Als ich nun wieder mal nachsah, fand ich winzige Pseudothezien, deren Innenleben mich glatt vom Hocker gehaut hat:huh:. Noch nie hatte ich eine Sporormiella-Art mit mehr als 8 Zellen gefunden. Die hier hat 13, also 12 Septen. Wahnsinn!:) Schwer ist in so einem Fall die Bestimmung ja nicht und man landet fix bei Sporormiella antarctica. Allerdings liege ich bei der Sporengröße 55-64 x 11-13 µm mehr bei Doveri. Nach Ahmed & Cain wären meine Maße zu groß. Bei den Asci 180-220 x 28-33 µm ist es genau umgekehrt. Da alles Andere zu passen scheint, kommt kaum was anderes in Frage, oder?


    pilzforum.eu/attachment/422599/

    Pseudothecium transparent, ca. 350 hoch (einschließlich 95 µm dunkler P-Hals) x 180 µm breit

    pilzforum.eu/attachment/422600/

    gequetschter Fruchtkörper mit freigelegten "Raupen-Sporen"

    pilzforum.eu/attachment/422601/

    Asci ca. 180-220 x 28-33 µm, abrupt endende Stielbasis

    pilzforum.eu/attachment/422602/

    Sporen: 55-64 x 11-13 µm, mit 13 Zellen, 5.Zelle (+4.?) von oben am breitesten

    pilzforum.eu/attachment/422604/

    Keimspalten diagonal

    pilzforum.eu/attachment/422605/

    unten: Fundort auf ca. 2400m Höhe, Alpilabahn, Krüzjoch, Vorarlberg. Beide Fundortfotos von Isabella Oswald.

    pilzforum.eu/attachment/422606/

    unten: Im Hintergrund ist eine Gruppe der Dungproduzenten erkennbar

    pilzforum.eu/attachment/422607/


    Laut Forum hat nobi die Art auch schon mal unter dem Mikro gehabt und es wäre schön, wenn dieser Fund hier bestätigt werden könnte.


    Herzliche Grüße,

    Roni

  • Liebe Roni,

    das klingt total spannend! Aber leider sind die Bilder nicht zu sehen (jedenfalls nicht im Netz).

    Du müsstest sie also nochmals hochladen.

    Schwer ist in so einem Fall die Bestimmung ja nicht und man landet fix bei Sporormiella antarctica.

    Bei den Sporenmaßen und dem Substrat bin ich mir nicht sicher.:/

    Ich würde mir das schon gerne ansehen, da gerade bei den Arten mit vielzelligen Sporen gern Anomalitäten auftauchen.

    Da werden z.B. oft Septen nicht oder gar doppelt ausgebildet. Sp. antarctica ist zB nicht konstant 13-zellig.

    Wichtig wäre auch, ob nur die 5. Zelle von oben oder die 5. und 6. Zelle vergrößert sind.


    Jedenfalls halte ich Sporormiella quattuordecimcellularis nicht völlig für ausgeschlossen.

    Aber da fehlen leider die Bilder.


    Liebe Grüße, Nobi

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    Chips: 72

  • Oh je, wieder mal ohne Bilder obwohl ich die sehen kann. Aber das hatten wir ja schon öfters. Hoffentlich klappt es jetzt. Also nochmals, auch mit Text:

    Schon im August 2021 wurde Losung vom Alpensteinbock in Österreich / Vorarlberg / St.Gallenkirch / Krüzjoch auf ca. 2400m von Isabella Oswald eingesammelt und mir im September übergeben. Aus Zeitmangel war die Probe bis zum Spätherbst trockengelegt. Kurz in der Feuchtkammer überzog das Ganze ein weißer "Schimmel" (Anthrobotrys?), so dass ich alles auch noch einige Tage dem Frost/Schnee ausgesetzt habe. Kurzum, der Dung hatte schon einige Strapazen hinter sich. Als ich nun wieder mal nachsah, fand ich winzige Pseudothezien, deren Innenleben mich glatt vom Hocker gehaut hat:huh:. Noch nie hatte ich eine Sporormiella-Art mit mehr als 8 Zellen gefunden. Die hier hat 13, also 12 Septen. Wahnsinn!:) Schwer ist in so einem Fall die Bestimmung ja nicht und man landet fix bei Sporormiella antarctica. Allerdings liege ich bei der Sporengröße 55-64 x 11-13 µm mehr bei Doveri. Nach Ahmed & Cain wären meine Maße zu groß. Bei den Asci 180-220 x 28-33 µm ist es genau umgekehrt. Da alles Andere zu passen scheint, kommt kaum was anderes in Frage, oder?

    Pseudothecium transparent, ca. 350 hoch (einschließlich 95 µm dunkler P-Hals) x 180 µm breit

    gequetschter Fruchtkörper mit freigelegten "Raupen-Sporen"

    Asci ca. 180-220 x 28-33 µm, abrupt endende Stielbasis

    Sporen: 55-64 x 11-13 µm, mit 13 Zellen, 5.Zelle (+4.?) von oben am breitesten


    Keimspalten diagonal

    unten: Fundort auf ca. 2400m Höhe, Alpilabahn, Krüzjoch, Vorarlberg. Beide Fundortfotos von Isabella Oswald.

    unten: Im Hintergrund ist eine Gruppe der Dungproduzenten erkennbar

    Laut Forum hat nobi die Art auch schon mal unter dem Mikro gehabt und es wäre schön, wenn dieser Fund hier bestätigt werden könnte.


    Herzliche Grüße,

    Roni

  • Hallo Roni,

    super, dass Du die Bilder nochmals hochgeladen hast! Was für eine tolle Dokumentation!:thumbup:

    Aber sag, wie hast du du die vielen Schnitte in die Sporen bekommen ?

    Tja, Felli, ob Du es glaubst oder nicht, es gibt tatsächlich einige Sporormiellen, da sind diese "Schnitte" bereits von Natur aus vorhanden!;)

    Ich konnte mich jedenfalls schon mehrfach davon überzeugen.:)


    Nun aber zu diesem wunderschönen alpinen Fund.

    Schwer ist in so einem Fall die Bestimmung ja nicht und man landet fix bei Sporormiella antarctica. Allerdings liege ich bei der Sporengröße 55-64 x 11-13 µm mehr bei Doveri. Nach Ahmed & Cain wären meine Maße zu groß. Bei den Asci 180-220 x 28-33 µm ist es genau umgekehrt. Da alles Andere zu passen scheint, kommt kaum was anderes in Frage, oder?

    Leider ist das nicht so einfach wie es scheint!

    Die 13-zelligen Sporen von Sporormiella antarctica sind kleiner als von Dir gemessen, vor allem deutlich schmaler. Ahmed & Cain nennen Maße von 48-60 x 9-10 µm. Mein Pilzfreund Sven Heinz gibt die Sporengröße mit 45-55 x 9-10 µm an (unpubliziert, Veröffentlichung folgt). Ein gutes Merkmal für diese Art ist auch der Umstand, dass bei normal entwickelten Sporen stets die 5. Zelle von oben die größte ist. Zudem sind die Sporen +/- deutlich zylindrisch. Die Endzellen sind gleichmäßig halbkugelig.

    Doveris "antarctica" mit Sporen 52,5-63 x 11,5-12,6 ist vermutlich etwas anderes.


    Die genannten Sporenmerkmale zum Vergleich nochmals in der bereits im Forum gezeigten Collage der von mir untersuchten Kollektion.

    Neben den 13-zelligen Sporen kommen übrigens auch 11, 12 bzw. 14 und 15-zellige vor.



    Für mich ist damit klar, dass die "Steinbock-Sporormiella" nicht Sporormiella antarctica ist!


    Wie nun weiter?

    Betrachten wir doch einmal weitere vielzellige Sporormiellen mit ähnlichen Sporengrößen.

    Da wäre zum einen die einst von Peter Welt und mir neu beschriebene 14-zellige Sporormiella quattuordecimcellularis. Da die Anzahl der Zellen wie bei allen vielzelligen Arten der Gattung nicht konstant ist und neben den normal entwickelten 14-zelligen Sporen auch 13-zellige vorkommen, wollen wir sie mit in Betracht ziehen. Die Sporenmaße betragen 48-63 x 9,5-11,5 µm. Also ähnlich wie die von Dir ermittelten Werte. Auch sind die Sporen eher zylindrisch-keulig, etwa so wie bei den von Dir gezeigten. Allerdings sind tatsächlich die meisten Sporen 14-zellig, wobei die 5. und 6. Zelle von oben am größten sind. Dazu auch ein Vergleichsbild.



    Also, diese ist es sicherlich auch nicht.


    Bleibt die ursprünglich 12-zellige Sporormiella dodecamera mit Sporen von 51-63 x 11-12,5 (Ahmed & Cain) bzw. 57-68 x 11,5-13,5 (Doveri). Zum Vergleich die von Dir gemessenen Werte 55-64 x 11-13. Sehr schön! Die Sporen sind zylindrisch-keulig. Passt auch zu Deinen Fotos! Die 3. und 4. Zelle von oben am größten. Hmmm, dazu komme ich noch.

    Wie ich bereits erwähnte, ist die Septenzahl der Sporen bei den vielzelligen Sporormiellen variabel. Mitunter weichen recht viele Sporen von den normal ausgebildeten ab, manchmal auch nur ganz wenige. Bei Sp. antarctica hatte ich das bereits erwähnt (siehe oben), bei der Sp. quattuordecimcellularis konnte ich auch 10-13 oder 15-16-zellige Sporen feststellen. Es können also sowohl Septen fehlen als auch zusätzlich gebildet werden. Über die Ursache kann ich nur spekulieren, aber das ist an dieser Stelle nicht wichtig.


    Kommen wir zur vorgestellten Art zurück.

    Auffällig ist, dass die obere Endzelle fast aller gezeigten Sporen nicht so gleichmäßig kuppelförmig wie die untere ist. Meiner Überzeugung nach wurde in diesen Fällen ein zusätzliches Septum angelegt. Entfernen wir das in Gedanken, sind wir bei einer 12-zelligen Art! Nun würde auch passen, dass die 3. und 4. Zelle vergrößert ist. Auf den Bildern konnte ich wenigstens zwei Sporen entdecken, die meine Theorie bestätigen sollten. Ich habe das im folgenden zum besseren Verständnis markiert.




    Fazit: Meiner Meinung nach handelt es sich bei dem Fund um Sporormiella dodecamera mit einem großen Anteil untypisch ausgeprägter Sporen, weswegen eine 13-Zelligkeit vorgetäuscht wird. Was die Ursache für das bei dieser Aufsammlung fast immer vorhandene zusätzliche Septum ist, bleibt Spekulation. Ein genetischer Defekt oder Umwelteinflüsse wären Optionen.

    Soweit meine ganz persönliche Meinung zu diesem höchst interessanten Fund!


    Liebe Grüße, Nobi

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    Chips: 72

  • Hallo Nobi,


    ganz herzlichen Dank, dass Du Dich so intensiv mit der Sporormiella auseinandergesetzt hast. Das setzt wirklich viel Erfahrung und Wissen voraus, da kann ich nur staunen und bin heilfroh, dass man hier im Forum Nutznießer sein darf.

    Ja, ich kann Deine Erklärungen gut nachvollziehen und sehe nun die Differenzen auch, die ich in meiner Euphorie vorschnell übersehen bzw. nicht erkannt habe. Dass die Pilzchen Stress hatten ist gut vorstellbar, die mussten einiges mitmachen. Beim Mikroskopieren ist mir sogar eine Längsseptierung bei einer Spore aufgefallen. Ich habe noch andere Fotos mit tatsächlich nur 12 Zellen. Die hatte ich dummerweise für nicht komplett ausgebildet gehalten. Genau die haben die zusätzliche Septierung der apikalen Zelle nicht. Und genau die sind dann ja die richtigen. Hat eigentlich auch das Fruchtkörper-Aussehen große Bedeutung? Da fiel mir auf, dass die Pseudothezien richtig durchsichtig sind und nur der Hals von dunklen Zellen gebildet wird. Siehe unten! Da hatte ich mich schon gewundert, warum die P. in der Bild-Doku von Sp. antarctia komplett schwärzlich aussehen.

    Die freiliegende Spore links unten, ist dann wohl eine typische 12zellige von Sporormiella dodecamera


    Dann traue ich mich mal Dank Deiner Hilfe und weil ja doch auch einige typische Sporen da sind, den Fund als Sporormiella dodecamera bezeichnen?

    Ich muss gestehen, dass ich da alleine nie drauf gekommen wäre. Deswegen nochmals ganz großen Dank!!!


    Liebe Grüße,

    Roni

  • Servus Felli,


    Nobi hat Dir ja schon geantwortet. Wärst Du da drauf gekommen? Ich nicht, ich war so auf die 13 Septen fixiert, die ja die meisten Sporen hatten. Wenn man das so toll erklärt kriegt, sagt man "ja, klar!" Gut, dass es dieses Forum gibt!


    LG Roni

  • Liebe Roni,

    also mir hat das großen Spaß gemacht, mich wieder einmal mit den vielzelligen Sporormiellen zu befassen. Tatsache ist, dass sie wohl alle extrem selten sind. Somit ist jeder Fund einer dieser Arten eine Besonderheit!

    Hat eigentlich auch das Fruchtkörper-Aussehen große Bedeutung?

    Vermutlich ja. Transparente Pseudothecien sind in der Gattung Sporormiella sicher die Ausnahme. Mir fällt da spontan nur Sporormiella octonalis ein.

    Dass das weder Ahmed & Cain noch Doveri erwähnen, mag wohl daran liegen, dass sie von den wunderbaren Sporen zu sehr abgelenkt waren.;)

    Aber vielleicht ist das ja auch kein konstantes Merkmal?

    Dann traue ich mich mal Dank Deiner Hilfe und weil ja doch auch einige typische Sporen da sind, den Fund als Sporormiella dodecamera bezeichnen?

    JA! Das ist Sporormiella dodecamera. Das folgende Bild mit einem Ascus voller intakter 12-zelliger Sporen lässt da keine Zweifel zu.

    Sehr schönes Bild übrigens, man sieht das Auseinanderbrechen des Ascus und wie sich der innere aus dem äußeren schiebt!



    Bleibt mir nur noch, zu diesem vermutlichen Erstfund für Österreich Isabella Oswald und natürlich auch Dir zu gratulieren.

    Nach Durchsicht sämtlicher mir bekannter Spezialliteratur ist das wohl erst der 3. Fund weltweit! Zudem zeichnet sich ab, dass es sich um eine alpine Art zu handeln scheint. Den Typus fand Cain 1962 in den Cypress Hills, Provinz Saskatchewan, Kanada. Die sind immerhin fast 1400 Meter hoch. F. Bersans Fund von 1997 stammt aus dem Trentin in 1700 m Höhe (Doveri, 2004). Und nun dieser Nachweis auf ca. 2400 m!

    Es gibt noch soviel zu entdecken! Gerade im alpinen Bereich.


    Liebe Grüße, Nobi

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    Chips: 72

  • Lieber Nobi,


    danke, danke für all die Nachforschungen. Ich freue mich (Isabella auch!) und bin fast sprachlos. Will gleich noch sehen, dass ich ein Exsikkat hinkriege und mir nochmals den Steinbockknödel vornehmen. Wer weiß, ob es nicht noch mehr zu entdecken gibt.


    Liebe Grüße,

    Roni

  • Servus Roni,

    Wärst Du da drauf gekommen? Ich nicht, ich war so auf die 13 Septen fixiert, die ja die meisten Sporen hatten.

    Diese Frage kann ich nicht einfach beantworten, ich hab erst einmal eine sehr unreife vielzellige Sporormiella ( nur hyaline Sporenembryos) unterm Mikro gehabt.

    Tja, und ob ich bei deinem Fund auf eine 12-zellige gekommen wäre wage ich zu bezweifeln.

    Glückwunsch auch von mir

    Grüße

    Felli

  • Hallo Felli,


    danke! Doch die Glückwünsche gehören allen - es war Teamwork! Keiner hätte ohne die Anderen den Fund bestimmen können. Schön, wenn hier die "Fäden zusammenlaufen", dann können auch weitere Interessierte daran teilhaben und für eigene Bestimmungen profitieren.:gnicken:

    Herzlichst,

    Roni

  • Roni1

    Hat den Titel des Themas von „Sporormiella antarctica?“ zu „Sporormiella antarctica? Nein, Sporormiella dodecamera!“ geändert.