Hallo,
bei uns an der Schozach, gedeihen auch weniger verbreitete Flechten, wie die folgende, die ich als Opegrapha vermicellifera - die "Wurmförmige Zeichenflechte" eingeordet habe.
Den Doppelgänger Lecanactis abietina kann ich durch die gezeigtne Merkmale ausschließen.
Etwa 20 m von Bach entfernt, am Waldrand steht ein grau überzogener Baumstubben.
Bild 1
Bei näherer Betrachtung erkennt man eine strukturierte Oberfläche:
Ein hellgrauer Thallus ist mit vielen weißen, kugelförmigen Pyknidien übersäht.
Gelegentlich lassen sich auch an Schriftflechten erinnernde Apothecien erkennen, die häufig (!) gegabelt oder verzweigt sind.
Bild 2 Flechte mit hellen Pyknidien und schwarzen, langgezogenen, teilweise verzeigten Apothecien
An einem anderen Baum, direkt am Bach, lässt sich in Kopfhöhe ein Stück Borke bequem abbrechen:
Bild 3 Flechtenprobe noch in situ
Unter der Stereolupe erkennt man die massig und weiß austretenden Pyknosporen und die Form der unbereifen Apothecien besser.
Die Pkynidien reagieren nicht mit C! (L.abietinum C+, rot)
Bild 4 Pyknidien mit austretender Sporenmasse und schwarzen Apothecien
Auf dem Thallus befinden sich gelbe Algen (Trentepohlia). Ritzt man den Thallus, treten diese gelbe Algen sichtbar hervor:
Bild 5 geritzter Thallus
Ein paar Pyknidien auf den Objektträger und anschließend zerquetscht, setzt die Algen und Sporen im Wasser frei
Bild 6 Abgelöste, zerquetschte Pyknidien
Bild 7 Pyknidien-Quetschpräparat
Die orange gefärbte Kruste färbt dunkelt nach KOH-Zugabe deutlich ab und wird braun.
Unzählige hyaline, einzellige, zylindrische Sporen wurden freigesetzt.
Sie dienen der Abgrenzung gegen den Doppelgänger L.abietinum:
Bild 8 Pyknosporen in KOH (Abmessungen etwa 10-11 x 1-1,5 µm²) - zu kurz und viel zu schmal für Lecanactis abietina
Die gelben und gelb-grünen Algen sind dickwandig und elliptisch geformt
Bild 9 Algenzellen in KOH
Quetscht man ein Teilstück eines Apotheciums, so finden sich die 8-sporigen Schläuche
Bild 10 Quetschpräparat von Apothecium
Die Schläuche sind dickwandig und enthalten 8 langgestreckte Sporen.
Ich messe eine Sporenlänge von etwa 26 µm, bei einer Breite von 2,5 µm.
Die Sporen sollten mehrfach septiert sein, was im Wasser und in den Schläuchen nur andeutungsweise zu erkennen ist.
Bild 11 Dickwandiger Schlauch mit 8 länglichen, spindelförmigen Sporen und einigen freien Sporen links daneben
Weder Lugol noch Kongorot färben die Schläuche oder den Apikalapparat der Schläuche.
Nach Kongorot-Zugabe lassen sich die Sporenseptierungen (etwa 6-7) besser erkennen:
Bild 12 Spore mit erkennbarer Septierung (in Kongo)
Wegen des besseren Kontrastes (für die Bestimmung bringt das sonst nix) habe ich zum Schluss noch etwas BWB kalt zugesetzt und wieder gespült.
Die Schläuche wirken jetzt deutlich kontrastreicher und die Sporen im Inneren zeigen ihre Septierung deutlich:
Bild 13 septierte Sporen in Ascus
Auch die dicke Schleimhülle, wenn ich das folgende Bild richtig interpretiere, der Sporen ist so besser erkennbar:
Bild 14
Die O.vermicellifera konnte ich hier gegen den Doppelgänger L.abietinum durch die ausbleibende Farbreaktion der Pyknidien, die Pyknosporenmaße und die dicke Schleimhülle um die Ascosporen abgrenzen.
Zudem bevorzugt L.abietinum Koniferen (Tanne) als Substrat und kühlere Habitate - beides liegt hier nicht vor, was weiter für O.vermicellifera spricht.
Würmchenförmig austretende Pyknosporenmasse habe ich auf der Probe zwar nicht gefunden, aber es ist leicht vorstellbar, dass nach längerem Austreten eine längliche, weiße Sporenmasse in Form von Würmchen beobachtet werden kann, woher der Name der Flechte rührt.
LG, Martin