Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 763 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Erich T.

  • Liebes Forum,

    diese Flechte fand ich auf einem Ast einer Erle.

    Thallusdurchmesser 3 cm, Oberfläche färbt mit K gelblich, sonst keine chem. Reaktion (P-, C-).

    Die Thallusoberfläche erscheint weiß gefleckt, ich weiß nicht, ob man das als Sorale ansprechen kann.

    Unterseite hell, schwarze Rhiziden.

    Apothecien fast weiß bereift, darunter sehr dunkel, fast schwarz

    Sporen 2 zellig, bläulich gefärbt, 27-30 x 9-13 mü, 8 Sporen pro Ascus.

    Ich würde die Flechte als Physcia stellaris einordnen, würdet ihr mir zustimmen oder liege ich völlig falsch.


    Foto1: Thallus


    Foto2: Apothecien


    Foto3: Thallusunterseite


    Foto4: Thallusquerschnitt


    Foto5: Sporen


    Hoffe auf eure Rückmeldungen.


    Liebe Grüße

    Erich

  • Hallo Erich T ,


    da sich schon so lange niemand deiner Frage annimmt, will ich's mal versuchen.


    Die K+ gelbe Reaktion der Rinde weist auf die Gattung Physcia hin, die ähnlichen Phaeophyscia-Arten (K-) wäre dann wohl raus.

    Wegen der fehlenden fleckigen Bereifung kommen die ebenfalls Ap.tragenden Physconien nicht weiter in Betracht.

    Die Apothecien bei Physcia haben typisch eine braun/schwarze Scheibe und einen lecanorinem, also lagerfarbenem und algenenthaltendem Ap.Rand, die Scheibe kann aber weiß bereift sein und damit weißlich wirken - so wie es hier das Fall ist.

    Da keine Sorale vorhanden sind, muss man in erster Linie an die beiden häufigen Flechten P. stellaris oder P. aipolia denken.

    Ap. sind auf den ebenfalls häufigen Physcien P. adscendens und P. tenella nicht ungewöhnlich, aber diese Flechten besitzen immer auch Sorale an den Lappenenden.


    Die Reaktion K+ gelb auf der Oberfläche, wie du schreibst, ist allen Physcien gemein und für die Gattung typisch.


    Makroskopisch lassen mich die weißen Flecken (Pseudocephyllen) auf der Oberrinde eher in Richtung P. aipolia als P. stellaris denken; sie sind für P. aipolia typisch. Am besten sind sie im feuchten Zustand erkennbar.

    Auch die starke Bereifung der Ap. weist in die Richtung P. aipolia.

    P. aipolia ist bei mir im Neckartal (allgem. in Süddeutschland) ziemlich häufig, bzw. in der Ausbreitung begriffen, P. stellaris finde ich eher selten.

    P.stellaris ist, glaube ich, eher im nördlichen D häufiger.

    Ein anderes, manchmal angegebenes, makroskopisches Merkmal zur Unterscheidung von von P. stellaris und aipolia, ist die Krümmung der Läppchen. Bei P. stellaris sind sie eher gewölbt, bei P. aipolia flach anliegend.


    Zur Unterscheidung zwischen P. stellaris und P.aipolia solltest du die Reaktion des Marks auf KOH prüfen!

    P. aipolia würde im Gegensatz zur ähnlichen P. stellaris im Mark mit K+ gelb reagieren.

    Dazu am Besten die unberindete Unterseite betüpfeln, wo das Mark frei liegt.

    Bei K- => P. stellaris, K+ gelb => P. aipolia


    Mikroskopieren brauchst du erst mal nicht - macht aber Spaß, weil die Physcien gute Objekte hierfür sind.

    Die Sporen von P. aipolia sind - wie bei den meisten anderen Physcien auch - zweizellig und braun, so wie du sie bei deiner Flechte findest.


    Kurz und gut, ich denke, dass hier P.aipolia vorliegt aber zur Untermauerung oder zum Verwurf dieser Hypothese wäre noch die KOH-Färbereaktion des Marks nötig.


    Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig weiter helfen. :gzwinkern:


    LG, Martin


    PS: Im Übrigen ein hübscher Querschnitt durch das Apothecium, den du oben zeigst!

  • Hallo Martin,

    danke für deine ausführliche Erklärung. Sie hat mir wirklich weitergeholfen. Besonders, daß die weißen Strukturen der Thallusoberfläche als Pseudocyphellen zu deuten sind, ist eine wichtige Information für mich. Die mikroskopischen Aufnahmen mache ich vor allem um etwas Übung zu bekommen, auch wenn sie für die Bestimmung nicht unbedingt nötig sind.

    Die von dir genannte geografische Verbreitung würde auch eher für P. aipolia sprechen. Der Fund stammt aus dem bayrisch / österreichischen Grenzgebiet. Die Probe mit KOH ist aber eindeutig negativ. Daher denke ich, daß eine P. stellaris vorliegt.


    Liebe Grüße

    Erich