Hallo zusammen,
ich habe vor ein paar Wochen ein kleines vorjähriges Stängelchen Schilfrohr (Phragmites australis agg.) mitgenommen um die hübschen Spaltlippen (Lophodermium arundinaceum) zu bestimmen.
Bei näherer Betrachtung war auffällig, dass um jedes Spaltlippenareal eine eine klar definierte Zone bestand, in der das Schilfrohr nicht grünlich gefärbt war.
Das erinnerte mich an die Fleming'schen Experimente (Penicillium VS Staphylokken) und weckte mein Interesse was wohl hier ursächlich sein könnte.
Die Spaltlippen scheinen die Grünfärbung des Substrates in ihrer Umgebung durch Abgabe eines Stoffes zu verhindern. Entweder indem er das Wachstum der Produzenten der Grünfärbung verhindert; diese an der Abgabe des färbenden Stoffes hindert oder den Farbstoff zersetzt sodass er nicht mehr grün erscheint.
Die Ursache der Grünfärbung sind vermutlich Mikroorganismen. Bakterien halte ich aufgrund der stark exponierten Lage eher für unwahrscheinlich.
Cyanobakterien könnte ich mir aufgrund der größeren Umweltstabilität vorstellen, konnte ich aber in der direkten Mikroskopie des Substrates keine auffälligen (zB Nostoc) finden (hier fehlt mir jedoch die Erfahrung).
Algen halte ich für möglich, hier fand ich einzellige hellgrüne Algen im Substrat; im Bereich der spangrünen Substratfärbung fand ich jedoch keine derartig gefärbten Algenzellen. Eine Abgabe des spangrünen Farbstoffes durch Algen wäre freilich immer noch möglich.
Zuletzt wären Pilze denkbar, eine spangrüne Substratfärbung kommt bei mehreren mir bekannten Gattungen vor (an Süßgräsern ist mir jedoch bisher keine untergekommen). Ich fand in dem ca 20cm langen Schilfrohrstück mindestens fünf weitere Pilzarten. Eine davon zeigte tatsächlich Perithecien in spangrüner Farbe. Die Art konnte ich leider nicht bestimmen und so konnte ich nicht herausfinden ob sie auch eine entsprechende Färbung des Substrats verursacht. Denkbar wäre aber auch dass die FK der Art durch einen externen Farbstoff diese Färbung angenommen haben und somit gar nichts damit zu tun haben.
Natürlich konnte ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln die Frage nicht abschließend klären, aber es war spannend und überraschend zu sehen wie viele verschiedene Pilzarten sich in einem kleinen Stück Schilfrohr tummeln.
Da ich keine Stereolupe besitze tat ich mich mit der Präparation der im Vergleich zu den Spaltlippen deutlich kleineren FK (man erkennt sie in der Makroaufnahme, geschätzt vielleicht 1/10 so groß) recht schwer. Ich behalf mir indem ich ein kleines Stückchen Substrat herausschnitt, in Wasser vorsichtig zerpflückte und aus dem ganzen ein Quetschpräparat herstellte. Zu meiner Überraschung waren die für mich alle gleich aussehenden winzigen schwarzen Punkte mehrere verschieden Arten. Leider konnte ich keine Einzige auf Artebene bestimmen.
Falls jemand Literatur über Arten an Phragmites besitzt wäre ich über einen Hinweis dankbar. Ich vermute jedoch dass sehr viele Arten, die an Süßgräsern zu finden sind auch an Schilfrohr gehen und die Auswahl daher unüberschaubar ist. Jedenfalls habe ich mal die ca 40 Arten die eine niederländischer Autor in einem Artikel über den biologischen Abbau von Schilfrohr verfasst hat abgeklappert - aber außer der SSpaltlippe passte keine davon zu den von mir gefundenen.
Ich zeig sie euch trotzdem einmal:
Übersicht:
Man erkennt spangrüne Streifen, hellgrüne Streifen (in der Vergrößerung Algen), sowie mehrere verschiedene Perithecien
Algenzellen (hellgrün)
im spangrünen Bereich keine zellulären Strukturen (außer denen des Schilfrohrs)
interzelluläre Hyphen
1) Sie stehen möglicherweise mit diesen blasigen Strukturen in Verbindung (Konidien?)
2) die einzige sichere Teleomorphe die ich fand (mglw unreif, mit auffälligen riesigen, einzelnen Sporen?)
3) Anamorphe mit lanzettlichen, dreifach septierten Konidien (evtl Stagnospora?)
4) eine dunkler pigmentierte cf Phaeosphaeria spec.? allerdings habe ich keine Asci gesehen... evtl doch eine Anamorphe. Aufällig geblähte zweite Zelle.
5) unbekannte Anamorphe mit zweizelligen Konidien
6) Anamorphe mit grünem Farbton, einzellige Sporen mit meist zwei Öltropfen
auch die Sporen erscheinen leicht grün
LG Ingo