Tricholoma Equestre

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.185 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Oehrling.

  • Liebe Community,

    ich möchte hier einmal einen Thread zum Grünling aufmachen. Ich habe meine Grünlinge bisher immer im Wald stehen lassen und höchstens mal zu Bestimmungszwecken mitgenommen, da ich den Grünling immer für tödlich giftig gehalten habe.


    Nun blätterte ich aber neulich gerade einfach mal so in der aktuellsten Ausgabe des BLV Pilzführers (Gerhard) und sehe plötzlich, dass der Grünling dort als essbar gekennzeichnet ist. Daraufhin unternahm ich eine kleine Internetrecherche und fand den folgenden Beitrag:


    Klimaszyk, P., & Rzymski, P. (2018). The Yellow Knight Fights Back: Toxicological, Epidemiological, and Survey Studies Defend Edibility of Tricholoma equestre. Toxins, 10(11). https://doi.org/10.3390/toxins10110468


    Zusammenfassung


    Über die Rhabdomyolyse, die mit dem Verzehr des Gelben Ritterlings (Tricholoma equestre) in Verbindung gebracht wird, wurde erstmals im Jahr 2001 berichtet. Daraufhin begannen einige Länder, den Pilz als giftig einzustufen, während er in anderen Ländern weiterhin verzehrt wird. In der vorliegenden Studie wurde eine landesweite Umfrage unter polnischen Pilzsammlern (n = 1545) durchgeführt, um die Häufigkeit des Verzehrs von T. equestre zu ermitteln. Die epidemiologische Datenbank über Pilzvergiftungen in Polen wurde ab dem Jahr 2008 ausgewertet. Hämatologische und biochemische Parameter wurden bei 10 Freiwilligen, die 300 g molekular identifizierte T. equestre verzehrt hatten, eine Woche lang verfolgt. Mehr als die Hälfte der Probanden hatte mindestens einmal in ihrem Leben T. equestre konsumiert, ein Viertel sogar mehrmals hintereinander. Die Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse war gering, und es wurde keine Rhabdomyolyse gemeldet. Aus der toxikologischen Datenbank ging hervor, dass Pilze der Gattung Tricholoma seltener zu Vergiftungen führen als Pilze mit bekannter Genießbarkeit, und in den letzten zehn Jahren wurde kein einziger Fall von Rhabdomyolyse gemeldet. Bei den Probanden, die T. equestre konsumierten, traten keine hämatologischen oder biochemischen Veränderungen auf, und es wurden keine unerwünschten Wirkungen beobachtet. Die Ergebnisse dieser Studie stützen die Ansicht, dass T. equestre essbar ist, wenn es in vernünftigen Mengen von gesunden Personen verzehrt wird.


    Nun bin ich einigermaßen irritiert, insbesondere da Gerhard den Pilz für essbar erklärt. Wie halten es die Sachverständigen hier im Forum mit der Freigabe von als solchen eindeutig erkannten Grünlingen?


    Mit den besten Grüßen

    Stropharia

  • Hi,


    die Fälle der Rhabdomyolyse nach Grünlingsverzehr gab es; auch in Polen und auch schon in D. Allerdings wurden die wohl kiloweise über mehrere Tage hin gegessen.


    Um es abzukürzen: Gerhardt hat in seinem Buch nie dem Grünling den Speisepilzrang aberkannt. ==Gnolm7


    Zum Thema Verzehr und Freigabe: Der Grünling ist in D in der Bundesarzenschutzverordnung besonders geschützt, d.h. er darf offiziell nicht zu Speisezwecken gesammelt werden.


    Noch eine Sache: Vergiftungen mit Ritterlingen gibt es und teilweise fallen die mit recht heftigen Magen-Darm-Problematiken auf. Als Beispiele seien hier Tr. ustale und Tr. fulvum genannt.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.


    PSV-Prüfungstemine 2024: hier

  • Ahoi!


    Die beiden Tigger nicht zu vergessen, und auch Seifenritterlinge aus der saponaceum - Gruppe sind womöglich nicht gerade harmlos.
    Was die Grünlinge betrifft: Zunächst mal sind das auch mehrere Arten, die gar nicht oder nur sehr schwer zu trennen sind. Voraussichtlich dürfte für alle Grünlinge das Gleiche gelten: Maß halten.

    Ich esse so ein bis drei Mal im Jahr ein Pfännchen. Vermutlich wäre auch etwas mehr noch unbedenklich, aber warum ins Risiko gehen?

    letztlich ist das aber mit so ziemlich allen Pilzarten ähnlich: Massenhafter Verzehr über mehrere Tage hintereinander wird Konsequenzen haben.
    Damit sind jetzt nicht klar toxische Arten gemeint (wo Amanitine, Orellalin etc. drin sind), sondern vor allem die ganzen Pilze, die generell als "Speisepilze" eingestuft werden. Ehrlich gesagt würd ich auch nicht zwei Wochen lang jeden Tag ein Pfund Pfifferlinge futtern. :gzwinkern:



    LG; Pablo.

  • Hallo Stefan,
    Hallo Pablo,

    danke für Eure Ausführungen, sehr spannend. Es gibt ein paar spannende Artikel zum Thema "Vergiftungsfälle" beim Verzehr enormer Mengen an Speisepilzen, die ich heute noch ausfindig machen konnte und dem Austausch halber noch einmal teilen möchte. Sie bestätigen letztlich das, was du sagst, Pablo, mit der weiteren Einschränkung, dass zu der enormen Menge an Pilzen noch eine individuelle Empflindlichkeit hinzukommt:


    Nieminen, P., Kirsi, M., & Mustonen, A.-M. (2006). Suspected myotoxicity of edible wild mushrooms. Experimental Biology and Medicine (Maywood, N.J.), 231(2), 221–228. https://doi.org/10.1177/153537020623100213


    Zitat

    Kürzlich verursachte der weit verbreitete gelbe Pilz Tricholoma flavovirens bei Menschen in Frankreich und Polen eine verzögerte Rhabdomyolyse mit Todesfolge und löste bei Mäusen eine erhöhte Kreatinkinaseaktivität im Plasma aus. Außerdem verursachte der hoch geschätzte Steinpilz (Boletus edulis) ähnliche Reaktionen bei Versuchsmäusen. Aus diesem Grund wurde die Hypothese aufgestellt, dass auch andere Pilze chemische Verbindungen enthalten könnten, die ähnliche myotoxische Wirkungen hervorrufen. Um die vermutete Myotoxizität anderer traditionell verzehrter Wildpilze zu testen, wurden 86 Mäuse fünf Tage lang 3, 6 oder 9 g/kg Körpermasse/Tag essbarer Pilze verschiedener Gattungen (Russula spp, Cantharellus cibarius, Albatrellus ovinus und Leccinium versipelle) ausgesetzt, die mit dem üblichen Futter für Labornager gemischt wurden. Die Plasmakreatinkinaseaktivität stieg bei allen untersuchten Pilzarten bei 9 g/kg Körpermasse/Tag an, während das histologische Erscheinungsbild von Muskel- und Leberproben unbeeinflusst blieb. Die Ergebnisse stützen die Hypothese, dass die zuvor beobachteten toxischen Wirkungen nicht spezifisch für T. flavovirens sind, sondern wahrscheinlich eine unspezifische Reaktion darstellen, die eine individuelle Empfindlichkeit und eine erhebliche Menge des aufgenommenen Pilzes erfordert, um sich zu manifestieren.


    Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)


    Nieminen, P., Mustonen, A.-M., & Kirsi, M. (2005). Increased plasma creatine kinase activities triggered by edible wild mushrooms. Food and Chemical Toxicology : An International Journal Published for the British Industrial Biological Research Association, 43(1), 133–138. https://doi.org/10.1016/j.fct.2004.09.002

    Zitat

    Der Verzehr von Wildpilzen beruht meist auf Traditionen und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Vor kurzem verursachte der weit verbreitete Tricholoma flavovirens beim Menschen eine verzögerte Rhabdomyolyse. In dieser Studie verzehrten 42 Mäuse und 4 Menschen T. flavovirens gemischt mit normalen Nahrungsmitteln. Bei Mäusen stieg die Kreatinkinaseaktivität im Plasma bei 9 g kg(-1)Tag(-1) an. Das Gleiche wurde jedoch auch bei dem bekannten und kommerziell wichtigen Steinpilz Boletus edulis beobachtet. Die beobachtete Wirkung ist wahrscheinlich nicht artspezifisch, sondern stellt eine unspezifische Reaktion dar und erfordert eine individuelle Empfindlichkeit und eine große Menge des aufgenommenen Pilzes, um sich zu manifestieren. Ein Screening-Programm für Wildpilze wird empfohlen, um zu klären, wie weit verbreitet diese Wirkung ist.

    VG
    Stropharia

  • Hallo Stropharia,

    die Geschichte mit dem "tödlich giftigen" Grünling scheint mir recht alarmistisch zu sein. Wie bei jedem Alarmismus mag ein wahrer Kern durchaus vorhanden sein, aber ob die Gefahr wirklich so groß ist wie dargestellt?

    Aber es macht einen Unterschied, ob ich mir selber Grünlinge reinziehe (was ich schon mehrfach ohne jede negativen Folgen getan habe), oder ob ich als PSV Dritten rate, den Pilz zu essen. Letzteres wäre mir eindeutig zu heiß, denn wenn später doch was passieren sollte, wäre ich haftungstechnisch der Mopps.

    Fazit: wenn man unbedingt Grünlinge probieren will, ziehe man bitte nicht andere Leute mit in die Verantwortung. Und nehme lieber die hellgelben, die im Sand vergraben sind und die viel Sand auf der Hutoberfläche haben, nicht die orangebraunen, die ziemlich sauber dastehen und die man kaum putzen muss, und auch nicht die mit den blassgrünlichen Lamellen, die mehlig riechen, da bin ich mir sehr sicher, dass das andere Arten sind.

    FG

    Oehrling

    PSVs dürfen weder über I-Net noch übers Telefon Pilze zum Essen freigeben - da musst du schon mit deinem Pilz zum lokalen PSV!

    Einmal editiert, zuletzt von Oehrling ()