Aerosole bei Giftpilzen

Es gibt 46 Antworten in diesem Thema, welches 6.867 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Habicht (†).

  • Servus ,

    Gibt es Pilze die so giftig sind dass man schon alleine durch riechen daran sterben kann? Betonung auf frischem Zustand im Wald ungefähr 20 Atemzüge.


    Ich frage deswegen weil ich mir einen Eindruck verschaffen wie giftig Pilze sein können.

  • Hi,

    das wird dir so genau niemand beantworten können, denn schließlich kann man ja keine Studien machen, in denen man Menschen an Knollis riechen lässt bis sie Vergiftungssymptome zeigen. Ich halte es trotzdem für sehr unwahrscheinlich, dass es so zu einer Vergiftung kommt, denn es wird ja überall angegeben, dass schon ein verzehrter Fruchtkörper eine tödliche Vergiftung auslösen kann. Mit den Mini-Partikeln, die du beim Riechen einatmest kommst du nicht in die Nähe davon. Da müsstest du den Pilz schon zu Pulver verarbeiten und schnupfen 😅 Da ist es meiner Meinung nach wahrscheinlicher, sich versehentlich kleine Bröckchen in den Mund zu bugsieren, wenn man sich ins Gesicht fasst nachdem man den Fruchtkörper "ausgiebig untersucht" hat. Wenn man das häufig macht kann es evtl. auch in diesen kleinen Dosen zu Organschäden kommen. Auch dazu wird es aus ethischen Gründen keine aussagekräftigen Studien geben.


    Gruß

    Jan

    Verzehrfreigaben gibt es nur bei Pilzsachverständigen vor Ort.

  • Hi,


    manchmal finde ich deine Anfragen schon etwas skurril. Also es sind in Europa keine kontaktgiftigen Pilze bekannt, inkl. kannst du dich nicht aufgrund von Ausdüstungen von Pilzen vergiften. Das geht meines Wissens nicht mal bei Pflanzen.


    Eine Ausnahme gibt es bei dem gesagten. Wenn du in einer massiven Sporenwolke stehst, kann es sein, dass du an einem anaphylaktischen Schock stirbst, bzw. Lungenschädigungen erleidet. Da gibt es gesicherte Nachweise. Allerdings muss dafür die eingeatmete Sporenmenge exorbitant hoch sein oder aber du musst einer recht hohen Konzentration über Tage/Wochen ausgesetzt sein. Beides wird bei einem einfachen Schnuppern an Fruchtkörpern nicht erreicht.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Servus beinand,

    beim Spitzgebuckelten Rauhkopf ist meines Wissens auch das Sporenpolver giftig. Allerdings sind keine Vergiftungsfälle durch einatmen bekannt.

    Und das Sporenpulver des Spaltblättlings sollte keinesfalls eingeatmet werden, da es - zumindest bei immungeschwächten Personen - eine schwere Mykose der Lunge und in Folge auch anderer Organe auslösen kann.

    Viele Grüße

    Andreas

  • 'n Abend,


    ich halte die Anfrage von FinalForce durchaus für berechtigt, diesen Beitrag sollte man kennen, https://www.zdf.de/wissen/lesc…uf-dem-vormarsch-100.html


    Jürgen Guthmann/Christoph Hahn schreiben in 'Die Pilze Deutschlands' zu Amanita phalloides: "Offenbar geht vom Sporenstaub der Pilze keine Gefahr aus". Ähnliches wird auch auf Cortinarius rubellus zutreffen, wenn nicht sogar auf alle Sporen. Geraten, nicht gewusst, :gklimper:


    2021 war mir dieser Themenbereich eine Anfrage wert, darauf habe ich mehr zielführende Antwort bekommen als ich überhaupt Fragen gestellt hatte, https://www.funga-austria.at/v…p?f=30&t=584&p=2333#p2333


    Für Otto Normalverbraucher ist Schizophyllum commune mE harmlos, da wurde aus einem Einzelfall eine reißerische Story gezimmert. Wird man nix finden dazu, in Renè Flammer's Giftpilze.


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Servus Peter,

    das ist nicht richtig. Sowohl Flammer (s. Foto) als auch Guthmann in Heilende Pilze weisen auf die Fähigkeit von S. commune zur Vermehrung in menschlichem Gewebe und die Gefahr durch Einatmen hin.

    Bekannt ist außerdem die sog. Pilzlunge, bei der durch Einatmung von mit Pilzsporen kontaminierter Luft chronische allergische Erkrankungen hervorrufen werden. Dies allerdings unabhängig von der Giftigkeit sowohl durch Schimmelpilzsporen als auch z.B. in der Austernpilzzucht, wenn ohne Atemschutz gearbeitet wird.

    Viele Grüße

    Andreas

  • Servus Andreas,


    da es kein Schizophyllum commune Syndrom gibt habe ich es nicht wahrgenommen, im Flammer.


    "Die Affektion ist sehr selten" schreibt er. Die Fähigkeit von deren krankmachenden Sporen bezweifle ich nicht, es mangelt mE an nachgewiesenen Fällen.


    Was anderes habe ich nicht geschrieben,


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Servus beinand,

    beim Spitzgebuckelten Rauhkopf ist meines Wissens auch das Sporenpolver giftig. Allerdings sind keine Vergiftungsfälle durch einatmen bekannt.

    Und das Sporenpulver des Spaltblättlings sollte keinesfalls eingeatmet werden, da es - zumindest bei immungeschwächten Personen - eine schwere Mykose der Lunge und in Folge auch anderer Organe auslösen kann.

    Viele Grüße

    Andreas

    Thx, vom Raukopf hab ich schon einige schauergeschichten gehört.

    Bez. Sporen des spaltblättlings, fliegen die auch sonst nicht in der luft rum und müssten auch sonst viel mehr menschen beschwerden

    diesbezüglich haben? Ev. nur auf immungeschwächte personen?

  • Voll geil ich schau mir die links durch :D, thx

  • Nochmal eine Erwägung zu S. commune und immungeschwächten Personen: Es gibt Personen, die derart immungeschwächt sind, dass auch andere ansonsten völlig harmlose Mikroorganismen zur lebensbedrohlichen Gefahr werden können. Mit anderen Worten: Unsere gesamte menschliche Umwelt ist voller Organismen, die uns bei Schwäche sofort umbringen oder stark gefährden können. Jedoch: Daraus leiten wir auch keine allgemeine "Toxizität" der Umwelt ab. Dieser Maßstab sollte auch für S. commune gelten. Nur weil einige Personen sich damit infizieren können, ist es noch nicht unbedingt ein "Giftpilz".

  • Hi,


    der Begriff "Giftpilz" ist sowieso in der Beziehung falsch gewählt. Fakultativer humanpathogener Pilz wäre da treffender.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Servus beinand,

    S. commune gilt per se nicht als Giftpilz und ist im asiatischen, mittelamerikanischen und afrikanischen Raum teilweise ein geschätzter Speisepilz. Trotzdem schadet es wohl nicht, um die Problematik beim Einatmen der Sporen zu wissen, ebensowenig wie um die der Kochdämpfe von Lorcheln oder Glimmerschüpplingen. Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, welche Bedeutung er/sie dem beimisst, genauso wie bspw. beim Cadmiumgehalt oder bei der Radioaktivität. Zur vollständigen Beantwortung der Frage nach Toxizität von Aerosolen gehört es mMn dazu.

    Viele Grüße

    Andreas

  • Griaß eich,


    noch ein kleiner Nachtrag ausm Flammer,


    "Die Affektion ist sehr selten. Pilzfreunde sollten auf Geruchproben verzichten. Anlässlich einer zweite Operation an einer Herzklappe wurden histologisch Myzelien entdeckt. Der Pilz wurde als konidiales Stadium eines Coprinus cinerus (?) indentifiziert. Es wurde vermutet, dass während der ersten Operation die Klappen via Luftsporen, ein Insekt oder Hautkontakt kontaminiert wurden".


    Bei den unterschiedlichen Syndromen geht Flammer auf die Häufigkeit von Vergiftungsfällen ein, in diesem Fall konnte S. commune nicht einmal sicher als Auslöser identifiziert werden. So entstehen Mythen & Märchen, zB auch dass vom mitgekochten Silberlöffel, :gklimper:

    King Stropharia hat es in #11 auf den Punkt geschrieben, ich teile seine Meinung,


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • D.h. es ist nicht nachgewiesen das der Pilz hyphen bildet und sich durch das menschliche gewebe frisst?

  • Magst dich zwischendurch mal mit einem anderen Thema auseinandersetzen,


    sinnerfassendem Lesen zB, :gpfeiffen: ?


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Braver Erpel, :gklimper:


    Zitat


    D.h. es ist nicht nachgewiesen das der Pilz hyphen bildet und sich durch das menschliche gewebe frisst?


    Klar bildet S. commune Hyphen, sonst gäbe es ihn ja nicht.

    Kann schon sein, dass er sich durch das menschliche Gewebe frisst, nur wo steht das?


    Flammer formuliert zu dieser Frage sehr vorsichtig, "es sollte", "es wurde vermutet". Wundert mich wenig, seine einzige Quelle dazu ist Speller DE, Maciver AG. Endocarditis caused by a Coprinus species. a fungus of the toadstool group. J. Med Microbiol 1971


    Hast du dir Cryptococcus gattii angesehen? An den kann man nicht schnuppern, weil man ihn nicht sieht. Seine Sporen einatmen schon, mit letalem Ausgang.


    Auf deine gestellte Frage,


    Servus ,

    Gibt es Pilze die so giftig sind dass man schon alleine durch riechen daran sterben kann? Betonung auf frischem Zustand im Wald ungefähr 20 Atemzüge.


    Ich frage deswegen weil ich mir einen Eindruck verschaffen wie giftig Pilze sein können.


    antworte ich mit "ja", die gibt es ----> C. gattii. Todesrate ~ 20 Prozent, betrifft auch kerngesunde Menschen.


    Sry für mein schnoddriges 'sinnerfassendes Lesen', bleib weiterhin wissbegierig. Durch solche Fragen kommt Schwung in die Bude, althergeholte Meinungen werden auf den Prüfstand gestellt,


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

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  • Hallo Habichtla und alle Interessierten.

    Klar bildet S. commune Hyphen, sonst gäbe es ihn ja nicht.

    Kann schon sein, dass er sich durch das menschliche Gewebe frisst, nur wo steht das?

    Prof. Heinz Clémencon hat einst eine lesenswerte dreiteilige Serie über den Spaltblättling publiziert.

    Im Teil 1 "Rund um den Spaltblättling" geht er im Abschnitt "Ein Holzbewohner - gar nicht so harmlos" auf den humanpathogenen Aspekt dieses Pilzes ein und führt einige Fälle von menschlichen Infektionen an. Mit Quellenangaben! Kann man also mit etwas Recherche alles nachlesen.


    Natürlich sind auch die Teile 2 und 3 absolut lesenswert und nur zu empfehlen!

    Im PPP (Pablos Pilzforum - Portrait von Schizophyllum commune) habe ich unter #4 die drei Artikel verlinkt.


    LG, Nobi

    Hier geht es zu meinen Themen.

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    Chips: 72

  • Bez. LIteratur mach ich meine Uni und bis mitte nächsten jahres muss bachelorarbeit in wirtschaft fertig sein.

    Nebenbei geniesse ich das super gemachte buch von der Frau lüder Grundkurs Pilzbestimmung 2020.

    Die hat wirklich was drauf so geil geschrieben. Bis ich also mich in dem areal genauer einlesen kann dauert

    es noch etwas :P


    Der Spaltblättling entlässt ja auch seine sporen wie die anderen pilze in die luft, warum gibt es nicht tonnenweise

    Menschen die in den krankenhäusern von pilzen zerfressen um einlass bitten? Eventuell wirklich nur geschwächte

    Immunsysteme? Oder man braucht eine grössere Menge sporen auf einmal.

  • Servus Nobi,


    danke für die drei pdf, die bringen etwas Licht ins Dunkel. Erkrankungen aufgrund S. commune wurden zwar veröffentlicht, aber lediglich in medizinischen Fachbeiträgen. Bis in die gängige Pilzliteratur haben's es nicht geschafft.

    Clémon weist in pdf1 darauf hin, dass S. commune Erkrankungen hauptsächlich HIV-Patienten und Leute mit durch Medikamente geschwächte Immunsystem betrifft. Für gesunde Menschen also weniger gefährlich ist.


    Allgemeinwissen, für uns Pilzler, :gpfeiffen:


    Wenn jemand, über die Giftnotzentrale kontaktiert, eine Pilzbestimmung vornimmt tritt sofort ein Schiller-Zitat in Kraft,

    "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen"

    Aus Datenschutzgründen gibt es keinerlei Auskünfte. War die Bestimmung richtig, welche Symptome entwickelten sich, wie war der Krankheitsverlauf usw?

    Bin da nicht mehr im Geschäft, ==Gnolm7


    pdf2 + 3 sind anspruchsvoller, die muss ich nochmals durchkneten,


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Servus beinand,


    wenn wir schon mal bei Studien sind, Jürgen Guthmann verweist im Zusammenhang mit S. commune auf Kamei et al. (1994) und Clark er al. (1996).


    Viele Grüße

    Andreas

  • Servus Andreas,


    das ist ja das leidige Problem, die Verweise. Stell' uns bitte diese Artikel ein, bevorzugt in pdf.


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Also wenn man mit Namen und Jahreszahl sucht, hat man ihn in 30 Sekunden. Allerdings müsste man sich registrieren, um ihn lesen zu können. Hab ich jetzt nimmer gemacht heute.

    Viele Grüße

    Andreas