Hallo Flechtenfreunde,
auf einer Höhe von etwa 1170m in den Vogesen ist die Luft sauber, die Sonne scheint ergiebig, Regen fällt regelmäßig und entsprechend ist die Flechtendichte hier vergleichsweise hoch - insbesondere rotfrüchtige Cladonien konnte ich hier in größerer Zahl entdecken. Sowas gibt es zuhause nicht...
Bild 1 Lichtung im Fichtenwald auf 1170m Höhe
Da es langsam spät wurde, und ich schon für den Rückweg umgedreht hatte, entdeckte ich noch aus dem Augenwinkel im Halbschatten diese Cladonien auf Totholz.
So schöne, rotfrüchtige Cladonien finde ich bei mir zuhause im Flachland nicht.
Bild 2 Baumstubben (Fichte?) mit verm. gemischter Cladonienkollektion zwischen Preiselbeerbüschlein
Die Nahaufnahmen sind leider nicht gut geworden, ich hatte es schon zu eilig.
Aber ich habe eine Probe mitgenommen, zur späteren Analyse.
Es scheinen - für mein Dafürhalten vom Habitus her eventuell zwei Typen nebeneinander vorzuliegen:
1) schlanke, feinsorediöse Säulen mit kleinen roten Apothecien (z.B. C. cf. macilenta)
2) sich nach oben verbreiternde Potedien mit buschigen Apothecienansammlungen und Blättchen an becherlosen Säulen.
Um Variante #2 geht es mir hier in diesem Beitrag.
Ist das C. macilenta, oder vielleicht etwas anderes?
Bild 3 Rotfrüchtige Cladonienansammlung auf Baumstumpf
Die Apothecien sind sauerkirschrot und stehen in Büscheln an der Spitze von sich fingerartig verbreiternden Podetien.
Von Bechern würde ich hier nicht reden wollen, auch nicht von mißgestalteten.
Bild 4 Trockene Probe, an der großen, markierten Säule wurden später die Farbreagentien angewendet (s.u.).
Linke Bildhälfte mit Säulen teilweise ohne Schuppen, rechte Bildhälfte mit vollständig beschuppten Säulen.
Die Schüppchen sind unterseits weiß.
Die Grundschüppchen gelegentlich mit orangebräunlichen Stellen auf der Unterseite.
Bild 5 Unterseite einer gefiederten Grundschuppe, angefeuchtet
Die Apothecien und Schuppen sitzen dich gepackt an der Spitze mancher Säulen:
Bild 6 Angefeuchtete Säulenspitze mit Apothecien-Dolde und Schüppchen
Die Farbreaktionen wurden an der in Bild 3 markierten, für bessere Benetzbarkeit zuvor angefeuchteten Säule durchgeführt.
Bild 7 Reaktion K+ gelb (20% KOH)
Bild 8 Farbreaktion P+ gelborange
Der Fundort und die Farbreaktionen könnten mehr auf C. macilenta hinweisen (K+ gelb, P+ gel/orange).
Jedoch die Wuchsform würde ich anders erwarten.
Auf dem Stubben wachsen dicht benachbart auch viele einfache, feinkörnige Säulen, die ich sehr gerne für C.macilenta halten würde (Bild 3 oben vergrößernt betrachten!).
Vom Wuchs her könnte ich mir ev. sogar C. floerkeana vorstellen, da keine Becher vorliegen, aber büschelweise Apothecien.
Die Farbreaktion bei C.floereana sollte allerdings "fast immer" (Wirth) K-/P- sein... Was fange ich mit der Beifügung "fast immer" an?
C. floerkeana kommt selten auf Totholz vor, C. macilenta häufig!
Als wichtiges Unterscheidungskriterium zwischen C.floerkeana und C.macilenta wird neben der Farbreaktion auch die Körnigkeit des Flechtenlagers auf den Podetien genannt.
Bei C.macilenta soll ein sehr feines, kleinkörniges, fast samtartiges Flechtenlager an den Säulenstielen vorkommen, bei C. floerkeana ein gröberes, fast scholliges...
Bild 9 Trockenes Flechtenlager und Schuppen an Säule der zu bestimmenden Flechte - ein Hinweis?
Ich hoffe, jemand hier hat mehr Ahnung von Cladonien als ich (sollte nicht zu schwer sein), und kann mir raten.
Vielleicht Patrick? nupharlutea / Björn? boccaccio, oder sonst jemand?
Passen alle beobachteten Eigenschaften zu C. macilenta?
Liegt hier eine C. macilenta vor, oder doch etwas anderes?
LG, Martin