Reneklode? Wenn ja, welche Sorte?

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 2.520 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Tuppie.

  • Hallo zusammen!


    Auf meiner alten Streuobstwiese ist ein Reneklodenbaum (?) unter der Last der Früchte zusammen gebrochen. Ich habe die Früchte gesammelt, sie sind nur teilweise ausgereift. Handelt es sich um eine Reneklode und wenn ja, kann man anhand der Früchte eine Sortenbestimmung vornehmen? Das ist ja eine Wissenschaft für sich, die Pomologie. Dafür gibt es bestimmt irgendwo in den Weiten des Internet ein Spezialforum, wo sich die Koryphäen treffen. Allerdings sind ja auch hier im Pilzforum Obstbau-Freunde, die mir vielleicht meine Frage beantworten können.


    Der Stein löst sich auch bei ausgereiften Früchten nicht so einfach, das Fruchtfleisch ist nur schwach süßlich. Kein Vergleich zu den kleineren aromatischeren Mirabellen.


    Abschließend würde mich noch interessieren, ob diese Früchte nachreifen und wie man die am besten verwertet. Ich habe einen halben Zentner und würde die gerne vor der Biotonne bewahren ...


    Beste Grüße,


    Frank


  • Nachtrag: Schnittbild kann nicht schaden. Mit zunehmender Reife wird das Fruchtfleisch zwar weicher, der Stein lässt sich aber nicht besser entnehmen.


  • Hallo Frank,


    ich bin keine Botanikerin, wollte aber eine Erfahrung mit diesem Obst teilen:


    Ich habe vor zwei Jahren ähnliche Früchte in der Natur entdeckt und geerntet. Bestimmt hatte ich sie damals als Kirschpflaumen, welche es in rötlicher und gelber Variante gibt https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kirschpflaume



    Zur Verarbeitung:


    Ich habe die Früchte gewaschen, mit einem Messer eingeritzt und mit etwas Zucker drüber in einen großen Topf geschmissen. Beim Erhitzen/ kurzen Einkochen schön gerührt und etwas gestampft (Kartoffelstampfer), dadurch das Fruchtfleich von den Kernen und der Haut gelöst.

    Dann alles durch ein Haarsieb passieren. Zurück bleiben die Kerne und die Schale.

    Das Fruchtmus habe ich mit Gelierzucker zu einer köstlichen Marmelade weiterverarbeitet (hat die Fruchtigkeit von Pflaume und eine angenehme leichte Säure). Wirklich sehr zu empfehlen!


    Ob die nachreifen? Kann ich mir gut vorstellen, probiere es einfach aus (am besten Äpfel dazulegen).


    Ich hoffe der halbe Zentner führt nicht zu Verarbeitungsstress :gzwinkern: , denn das ist ja wirklich sehr viel. Frag doch mal Freunde und Nachbarn, ob sie dir noch was davon abnehmen. Viel Erfolg!


    Liebe Grüße

    Rotfuß

    "Pilze sind erst einmal nicht anwesend, sie verstecken, verbergen, verschließen und tarnen sich, aber es gibt eine Wahrscheinlichkeit und eine Hoffnung, sie zu finden. Die Suche bedeutet Aufbruch, Verheißung, Abenteuer, und je vergeblicher und erfolgloser der letzte Pilzgang war, desto mehr Spannung, Erfüllung, Belohnung verspricht der nächste." (Hans Helmut Hillrichs: Pilze sammeln)


    Pilzmärchen

    Einmal editiert, zuletzt von Rotfuß ()

  • Hallo Frank!

    Für mich sehen die schon aus wie Reineclauden, ich habe einen Baum zu Hause, und die waren bei Abreise vor einer Woche auch noch nicht reif. Reineclauden schmecken erst bei Vollreife, dann stehen sie Mirabellen in nichts nach. Dieses Jahr ist zudem die Größe der Früchte wohl nicht sehr aussagekräftig.

    Pomologen beschäftigen sich, so dachte ich bisher, nur mit Äpfeln. Aber vielleicht findest Du bei einem alten Gärtner bzw. Besitzer einer Baumschule die entsprechende Hilfe.

    Viele Glück damit.

    Liebe Grüße,

    Tuppie


    Falls noch vitale Teile des Baumes vorhanden sein sollten, wäre ein Erhalt deer alten Sorte durch Propfen vielleicht gut

  • Hallo und Danke für die Rückmeldungen. Sorry wegen der späten Antwort. Die extreme Dürre zwingt mich dazu, fast täglich meine frisch gepflanzten Bäume (etwa 400 Stück auf knapp zwei Hektar) zu wässern, damit sie nicht vertrocknen. Das ist bei Bäumen im Außenbereich und fehlendem Wasseranschluss vor Ort ein fulltime-job.


    Da bleibt kaum Zeit für das Internet oder einen Waldspaziergang.


    Beigefügt noch zwei Fotos von den Früchten am Baum. Hochstamm, sehr alt, jahrzehntelang keine Pflegemaßnahmen, Holz ist morsch und verpilzt, keine lange Restlebensdauer zu erwarten :(


    Rotfuß: mittlerweile habe ich den halben Zentner vom abgebrochenen Zweig in der Krone im Bekanntenkreis verschenkt. Allerdings steht nächste Woche die eigentliche Ernte an.


    Tuppie: schon wegen dem extremen Ertrag wäre ein Erhalt dieser Sorte sinnvoll. Leider kenne ich mich damit nicht aus und auch niemand, der sowas machen könnte. Vielleicht sollte ich mich doch an den Pomologen-Verein wenden.


    Beste Grüße,


    Frank


  • Hallo Frank,


    es soll zwar auch kleinfrüchtige Sorten von Renekloden geben, mir scheint aber, die Bestimmung von Rotfuß als Kirschpflaume (Prunus cerasifera) richtig. Diese gibt es in allen möglichen Farben von grün über gelb zu rot bis hin zu fast schwarzen Früchten, und auch in den unterschiedlichsten Größen.

    Der Name kommt von Reine Claude, also Königin Claudia (bitte ggf. Suchmaschine einsetzen), und diese Sorten sind vollreif vor allem eins: unglaublich süß. Wenn die vollreifen Früchte nicht supersüß sind, ist es keine Reneklode. Steinlöslichkeit kann übrigens in Dürrejahren auch bei üblicherweise gut steinlöslichen Sorten sehr schlecht werden.

    Kirschpflaumen wurden und werden -besonders in trockenen Regionen- als Veredelungsunterlagen für alle möglichen Steinobstsorten benutzt. Wenn die aufveredelte Sorte abstirbt, z.B. mangels Pflege oder durch Erkrankung, wächst die Unterlage durch. So etwas scheinst Du zu haben, und auch hier gibt es ganze Hecken davon. Gelbe Kirschpflaumen werden oft und besonders in Norddeutschland als "wilde Mirabelle" bezeichnet. Das ist völliger Blödsinn, Mirabellen kann man am einfachsten über den Geschmack bestimmen: schmeckts nicht ganz typisch nach Mirabelle, ist es keine!

    Im Pomologenverein ist Fr. Dr. Braun-Lüllemann einige der wenigen, die sich mit Steinobst beschäftigt, und ich wage zu bezweifeln, daß Du mit Deiner Kirschpflaume mit einer Bestimmungsanfrage von Ihr eine Antwort bekommen wirst.

    Fr. Dr. Braun-Lülleman und Herr Falk Kröhling haben ein -über den Pomologenverein zu beziehendes- Werk herausgebracht, das die Bestimmung von Steinobstsorten über den Stein (unter Vernachlässigung aller fast aller anderer Fruchtmerkmale!) ermöglichen soll. Ich habs mir gekauft, mich intensiv daran versucht und überlasse die Bestimmung von Steinobst nun anderen, berufeneren Leuten.


    Die Diskussionen über die Bestimmung und Einordnung von Primitivpflaumen lässt die Diskussionen im Pilzforum über geänderte Taxonomie (Mit Verlaub!) als Sturm im Wasserglass erscheinen. Nur ein Beispiel:

    https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwivt9qS-bL5AhUKDOwKHUFxCpwQFnoECCYQAQ&url=https%3A%2F%2Fwww.zwetschkenreich.at%2Fpdf%2FFibel_29082017.pdf&usg=AOvVaw3rqbcTtWspESpuyg1J1jyx


    Respekt für 2 ha neu angepflanztes Obst! Darf ich fragen, wo Du Deine Obstanlage betreibst und was Du alles gepflanzt hast, gerne auch der PM? Kontakt zum Pomologenverein oder auch eine Mitgliedschaft dort könnte Dir fast sicher Kenntisse und Perspektiven eröffnen.

    Falls Du Fragen zum Anbau von Quitten haben solltest, kannst Du Dich gerne auch an mich wenden, ich habe ca. 60 Quittensorten im Anbau, und Quitten sind im Pomologenverein (und auch anderswo) praktisch kein Thema.


    Beste Grüße, Feinschmecker

  • Hallo Feinschmecker!

    Zunächst einmal vielen Dank für die detaillierten und fachkundigen Ausführungen. Das ist ja interessant und kompliziert zugleich ...


    Im Schnelldurchgang werde ich mir das Wissen nicht aneignen können, soviel steht fest. Ob es sich hier um eine interessante bzw. erhaltenswerte Sorte handelt, können also allenfalls einige wenige Experten beurteilen.


    Hier im Forum habe ich schonmal über Teile meiner Plantagen berichtet:



    Allerdings ist das nur ein Teil. Neben den genannten Arten habe ich einen weiteren Teil mit ein paar Dutzend Obstbäumen bepflanzt, wobei auch vier verschiedene Quitten, einige schwarze Maulbeeren, Mehlbeeren (da wusste der Händler selber nicht so genau, was das ist :/ ), Speierlinge etc. dabei sind.


    Die größte Bandbreite habe ich jedoch bei den Juglandaceae zu bieten: Aus den Gattungen Juglans und Carya habe ich so ziemlich alles gepflanzt, was ich bekommen konnte: Neben der Walnuss und Schwarznuss auch Intermedia-Hybridnüsse, Butternuss J. cinerea, Felsennuss J. microcarpa, Arizona-Schwarznuss J. major, japanische Walnuss (Herznuss, J. ailantifolia var. cordiformis) und mandschurische Walnuss J. mandshurica. Letztere musste ich sogar molekulargenetisch bestimmen lassen, weil der Verkäufer eine augenscheinlich unzutreffende Bezeichnung verwendet hat.


    Bei Carya sind es Schuppenrinden-Hickory, Pekannuss, Königsnuss und Hican-Hybridnuss (aus Hickory x Pecan). Das funktioniert mittlerweile angesichts des Klimawandels, die Jungbäume - zum großen Teil aus von mir aus Kanada importiertem Saatgut selber gezogen - haben den Winter gut überstanden. Nüsse werde ich allerdings erst im Rentenalter ernten können, denn das dauert so 10 - 15 Jahre. Neben der bekannten Pekannuss sollen die Nüsse von Hican und Königsnuss noch schmackhafter sein:


    https://en.wikipedia.org/wiki/Burton_(nut)


    Carya laciniosa - Wikipedia
    en.wikipedia.org


    Ein weiterer Nachteil der Hickories ist die starke Neigung zur Alternanz, weshalb das - wenns dumm läuft - zu sehr unregelmäßigen und unkalkulierbaren Erträgen führt. Schließlich bilden die Jungpflanzen zuerst eine wirklich extreme Pfahlwurzel aus, was die Anzucht und Verpflanzung nicht gerade einfach macht.


    Carya ist eine Gattung für Liebhaber mit viel Geduld.


    Aber sowas (Obst- und Nussplantage) ist ja sowieso generationenübergreifend zu planen, daher habe ich auch reichlich hitze- und trockenheitsverträgliche Arten gewählt. Für ganz junge und frisch angepflanzte Exemplare ist die schon als extrem zu bezeichnende aktuelle Hitze- und vor allem Trockenheitsperiode eine Bedrohung, deshalb fahre ich fast täglich tonnenweise Wasser zu meinen Bäumchen.


    Standort meiner Plantagen ist Kreis Gießen in Mittelhessen. Wegen der Quitten werde ich dir noch eine PM schreiben, da habe ich Interesse.


    Beste Grüße,


    Frank

  • Hallo Frank,

    die Methode: "Marmelade nach Rotfuß" haben wir auch schon angewandt, sie ist sehr zu empfehlen. Eine weitere Möglichkeit ist es, daraus Schnaps brennen zu lassen, falls eine geeignete Brennerei in greifbarer Nähe ist.

    Beste Grüße

    Rainer

  • Hallo!

    Vergangenen Monat hatte ich 50 Früchte an das "Zwetschkenreich" in Österreich (Naturpark Attersee-Traunsee) für das dort im August stattfindende Zwetschkenfest übersandt.


    Frau Dr. Braun-Lüllemann war dort anwesend und konnte die Sorte bestimmen, es handelt sich um "Oullins Reineclaude".


    Damit ist das Rätsel gelöst.


    Hier noch ein paar Impressionen vom diesjährigen Zwetschkenfest im Naturpark Attersee-Traunsee:


    PA_Zwetschkenfest im Naturpark des Jahres 2022
    Shared with Dropbox
    www.dropbox.com


    Beste Grüße,


    Frank