Achtung: Dieser Off-Topic-Beiträg enthält keine Pilze!
Liebe Pilz- und Naturfreunde,
dem zumindest in meiner Region bisher recht trockenen Sommer ist das nahezu völlige Ausbleiben größerer Pilze geschuldet. Anstatt also in den vertrockneten Wäldern nach nicht vorhandenen Pilzen zu suchen, habe ich mich in unserem Garten ein wenig umgeschaut. Dabei bemerkte ich, dass der an mehreren Stellen wachsende Dost (Origanum vulgare), auch unter dem Namen Oregano bekannt, außergewöhnlich viele Besucher hatte.
01. Blühender Dost - eine von fünf Stellen im Garten.
Natürlich waren es zuerst die Schmetterlinge, die mir auffielen. Während ich dabei war, einige von denen zu fotografieren, stellte ich fest, dass zudem viele kleine Insekten die Blüten besuchten. Schnell reifte der Entschluss, eine Bilderserie über die vielfältigen Besucher zu erstellen. Während eines Zeitraumes von etwa zwei Wochen habe ich mehrere Stunden an den Pflanzen zugebracht und dabei tausende Fotos „geschossen“. Aufgrund regelmäßigen Windes, der immer dann am stärksten war, wenn sich ein interessantes Objekt niederließ, landete die große Masse im virtuellen Papierkorb. Von den verwertbaren Bildern habe ich die folgenden ausgewählt, um euch einen Eindruck von der Artenvielfalt zu geben.
02. Welch Andrang! Elf Falter dreier häufiger Arten kann man hier sehen.
Bevor der Bilderreigen startet, möchte ich mich ganz herzlich bei Sabine und Ziegelstein aus dem Naturforum.de bedanken, die mir mit viel Geduld und immensem Fachwissen bei der Bestimmung unbekannter Arten halfen! Chapeau euch beiden!
Beginnen möchte ich mit den Insekten, die mich zu diesem Beitrag inspirierten, den Schmetterlingen.
03. Vor allem an heißen Tagen sehr häufig war das Landkärtchen in seiner dunklen Sommerform (Araschnia levana f. prorsa). Hier mit einigen „Mitbesuchern“.
04. Und hier eine Ansicht der Flügelunterseite, die tatsächlich an eine Landkarte erinnert.
05. So sieht das Landkärtchen mit geöffneten Flügeln aus.
06 + 07. Der häufigste Falter war allerdings der Braune Waldvogel (Aphantopus hyperantus), auch Essenkehrer genannt. Oft war er zu Dutzenden unterwegs.
08. Ebenfalls häufig und oft mit dem Braunen Waldvogel auftretend war das Große Ochsenauge (Maniola jurtina). Hier ein Weibchen.
09. Und hier ein deutlich dunkler gefärbtes Männchen.
10. Ein einmaliger und zudem nur kurzzeitiger Besucher war der Kaisermantel (Argynnis paphia), Schmetterling des Jahres 2022, der sich hier mit zwei Ochsenaugen die besten Plätze teilt.
11. + 12. Während es sich die Weibchen dieses größten mitteleuropäischen Perlmuttfalters beim Blütenbesuch gut gehen ließen...
13. …rastete dieses Männchen nur wenige Zentimeter entfernt auf den Blättern einer Pfingstrose.
14. Zwei Weißlinge konnte ich ebenfalls an den Blüten beobachten. Von denen am häufigsten zu Gast war der Grünader- bzw. Raps-Weißling (Pieris napi). Schön zu erkennen sind die grünlichgrau beschuppten Adern auf der Unterseite der gelblichweißen Hinterflügel, die allerdings bei der Frühjahrspopulation noch ausgeprägter sind.
15. Nur einmal zu Besuch war der Große Kohlweißling (Pieris brassicae).
Um ihn vom häufigeren Kleinen Kohlweißling (Pieris rapae) zu unterscheiden muss man vor allem den Fleck an den Flügelspitzen der Vorderflügel beachten. Dieser ist beim „Großen“ deutlich ausgeprägter.
16. Der Faulbaum-Bläuling (Celastrina argiolus) war nur ein einziges Mal zu Gast. Da er als Kulturfolger häufig in Gärten entdeckt werden kann, wird er auch Garten-Bläuling genannt. Obgleich es der Name vermuten lässt, ist er nicht an den Faulbaum (Frangula) gebunden.
17. Sehr gefreut habe ich mich über den folgenden „Flattermann“. Hier ist er noch halb versteckt.
18. Doch wenig später zeigte sich der Goldzünsler (Pyrausta aurata) in seiner ganzen Pracht.
Wenn es auch der kleinste der von mir beobachteten Falter war, so war er doch einer der Schönsten!
19. Weiter geht es mit einigen Fliegen, Bienen, Hummeln usw.
Beginnen möchte ich mit einer Stiel-Dickkopffliege, vermutlich Physocephala rufipes.
Auffallend ist der für dir Gattung typische stielartig verlängerte Hinterleib. Aufgrund der Gesichtszeichnung wäre Physocephala nigra auch eine Option, während die ebenfalls ähnliche Physocephala vittata keine solche Zeichnung hat.
20. Hier kann man sehr schön die schlanke Taille sehen.
Übrigens sind alle Dickkopffliegen Endoparasiten, deren Larven sich im Hinterleib von Wespen und Hummeln entwickeln, an denen vorher die Eier angeheftet wurden.
21. Ähnlich sind einige Wespen-Dickkopffliegen. Hier ist jedoch die Taille nicht so extrem ausgeprägt.
Vermutlich handelt es sich bei der folgenden Art um die Helle Wespendickkopffliege (Conops ceriaeformis)
22. oder um die Gelbkopf-Wespendickkopffliege (Conops quadrifasciatus). Alle Conops-Arten parasitieren übrigens Hummeln und sind anhand von Fotos kaum unterscheidbar.
Mit den Insekten ist es wohl wie mit den Kleinpilzen, wo ohne Mikroskopie (und neuerdings ohne Sequenzierung) kaum etwas geht.
23. Regelmäßig fand ich eine winzige Biene. Sehr schlank und meist kleiner als 1 cm.
24. Bei dieser mit Abstand häufigsten Art an den Oreganoblüten handelt es sich um eine Schmalbiene der Gattung Lasioglossum.
25. Die genaue Art kann man nach Expertenmeinung anhand der Fotos leider nicht feststellen.
26. Mehrmals tauchte eine recht farbenfreudige und kräftig behaarte Fliege auf. Es handelt sich hierbei um eine Raupenfliege (Nowickia ferox).
Von den ähnlichen Igelfliegen u.a. durch die schwarzen Beine unterschieden. Die Larven entwickeln sich parasitär in Raupen, meist von Eulenfaltern.
27. Ein recht großer (und lauter) Brummer ist folgende Schwebfliege der Gattung Eristalis, gut anhand der sogenannten "Eristalini-Welle" in der Flügeladerung zu erkennen.
Bei diesem nahezu täglichen Blütenbesucher handelt es sich sehr wahrscheinlich um die häufige, mir allerdings bisher unbekannte Mistbiene (Eristalis tenax).
28. Gelegentlich konnte ich auch die Sechsbindige Furchenbiene (Halictus sexcinctus) beobachten.
Sie ähnelt auf den ersten Blick einer Lasioglossum-Art (siehe Bilder 22-24), ist mit ca. 1,5 cm jedoch deutlich größer und intensiver gefärbt.
Besonders auffällig sind die schwarzgelben Fühler.
Hier in Sachsen ist sie eine „Rote-Liste-Art“!
29. Vor allem bei strahlendem Sonnenschein besuchten jede Menge Hummeln die Blüten.
Da waren welche dabei, die eilends von Blüte zu Blüte huschten, kaum still hielten und demzufolge äußerst schwer abzulichten waren.
Garten- oder Erdhummeln vielleicht? Nennen wir sie Bombus spec.
30. Und dann gab es noch die trägen, die sich durch die Blüten schleppten. Mit ihren schwarzen Gesichtshaaren könnten das durchaus auch Kuckuckshummeln gewesen sein, vielleicht Bombus barbutellus? Ach ja. Kuckuckshummeln, das sind die, welche kuckucksgleich die Nester anderer Hummeln übernehmen und sich von denen auch rein äußerlich kaum unterscheiden.
31. Allgegenwärtig, wenn auch nicht unbedingt an Oregano zu erwarten, sind die Feuerwanzen (Pyrrhocoris apterus). Einfach nur wunderschön gezeichnet!
Nur für kurze Zeit war ein Exemplar von denen an den Blüten präsent!
32. Während die nur etwa halb so große Gemeine Wiesenwanze (Lygus pratensis) an einem Blatt rastete. Aufgrund der gelbbräunlichen Färbung handelt es sich wohl um ein Weibchen.
33. Schließlich entdeckte ich in der Dämmerung noch die winzige, gerade einmal 1 cm große Raupe des Rotgebänderten Blütenspanners (Gymnoscelis rufifasciata), die sich an den Blüten labte.
34. Äußerst spannend finde ich die Tatsache, dass die Raupen im Laufe ihrer Entwicklung die Färbung ihres Nahrungssubstrates annehmen! Ich denke, das kann man auf meinen Fotos gut nachvollziehen.
35. Doch wo Leben ist, lauert auch der Tod! Gleich zwei Prädatoren konnte ich beobachten!
Meist am späten Nachmittag gingen die Veränderlichen Krabbenspinnen (Misumena vatia) auf die Jagd.
Wie die soeben gezeigte Raupe können auch ausgewachsene Weibchen der Veränderlichen Krabbenspinne ihre Farbe dem jeweiligen Jagdrevier anpassen.
Das kann zwischen weiß, gelb und grünlich variieren.
Hier ist ein den Blättern angepasstes grünliches Weibchen der gut versteckten Spinne noch mit der Vorspeise beschäftigt…
36. …während eine Ovalspinne (Enoplognatha ovata/latimana) bereits bei der Hauptspeise ist.
37. Gelegentlich kommen auch zwei intensive rote Bänder auf derem Hinterkörper vor, weswegen sie auch Rotgestreifte Kugelspinne genannt wird.
38. Aus ihrem Versteck gelockt, zeigte sich die nicht einmal einen Zentimeter große Spinne in ihrer ganzen Schönheit.
39. Deren Opfer fand ich meist unter den Blütenständen, wo die Spinnen ihre Mahlzeiten einnahmen.
40. "Nun aber nichts wie weg, bevor dieser Paperazzo noch weitere Bilder macht und mich „in flagranti“ oder wie das heißt, ertappt.",
sagte sich diese Krabbenspinne, drehte dem Fotografen das Hinterteil zu und entschwand.
41. Mittlerweile ist der Dost nahezu verblüht.
Auch wenn man nun kaum noch Schmetterlinge sieht und die vielen anderen Insekten nur noch sporadisch zu Besuch kommen, werde ich diesen „Oregano-Sommer“ wohl nie vergessen!
Natürlich waren noch viele weitere Insekten an den duftenden Blüten unterwegs. Sie alle zu fotografieren war aufgrund der äußeren Umstände allerdings unmöglich.
Entweder bewegten sie sich zu schnell oder der Wind frischte im ungünstigsten Moment auf.
Für mich als „Pilzler“ war es ein großes Erlebnis, einmal über den „Gartenzaun“ hinauszublicken und en passant eine neue Welt zu entdecken. Es war sicherlich nicht das letzte Mal!
Ich bedanke mich bei allen, die mich auf diesem pilzfreien Beitrag begleitet haben und hoffe, den ein oder anderen zu ähnlichen Ausflügen angeregt zu haben.
Die Natur ist ja so vielfältig! Und sie findet manchmal direkt vor der eigenen Haustür statt!
Liebe Grüße vom Nobi
PS. Um schon einmal auf eine vermutlich noch kommende Frage zu antworten.
Die Aufnahmen entstanden fast alle mit meiner kleinen Olympus TG-6 im Makromodus mit Ringleuchte, lediglich für die Fotos 3, 4, 10 und 13 verwendete ich die Canon Power Shot SX50 HS. Alle Bilder wurden mit den kostenlosen Programmen XnView und PhotoScape dezent nachbearbeitet.