Ohrlöffelstacheling auf Douglasie

Es gibt 15 Antworten in diesem Thema, welches 2.492 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Habicht (†).

  • Hallo zusammen,

    das Schöne bei Wanderungen mit Kindern ist, dass die meist bessere Augen haben.

    Und manche auch ein scharfes Auge für kleine Pilze wie zum Beispiel Tiegel- und gestreifte Teuerlinge.

    Auf dem Rückweg der letzten Tour entdeckte ein Mädchen auf einem Douglasienzapfen ein kleines, braunes Pilzchen.

    Und dieses lies sich nach einem Blick auf die Unterseite auch leicht bestimmen. (oder gibt es inzwischen da auch ein halbes Dutzend Arten? ==Gnolm23 )

    Ich freute mich sehr über diese Rarität, hatte ich den bei uns noch nie gesehen und auch sonst kaum gefunden. (nicht viele Kiefern in der Gegend)

    Als ich dann in der Roten Liste Deutschlands nachschaute, war ich doch überrascht: sehr häufige Art!

    Und als Substrat ist neben Kiefernzapfen gelegentlich auch auf Fichte angegeben.

    Ich vermute mal, dass der Fund auf Douglasie in Deutschland kein Erstfund ist. Und in Kalifornien ist Douglasie das häufigste Substrat.


    viele Grüße

    Alis


  • Hallo Alis,

    Den habe ich hier auch meist auf Douglasie , gibt hier auch viele Douglasien und wenige Kiefern.

    Gruß

    Norbert

    ------------------------------------------------------
    Pilzchips = 100 -5 APR 2015 +12 APR 2016 = 107 -7 Für APR 2017 = 100 + 5 APR 2018 =105 +5 APR 2019 =110+6 APR 2020=116+5+4 APR2021=125

    -15 für APR 2022 = 110. -15 für APR 2024 = 95

    Pilzbestimmung im Netz ist keine Essfreigabe

    ------------------------------------------------------

  • Servus beinand,


    mir sind nur drei Auriscalpiumarten bekannt, die aber allesamt sehr wirtsspezifisch zu sein scheinen:


    Auriscalpium vulgare in Europa, Nordamerika und Asien an Zapfen von Pinus sylvbestris,

    Auriscalpium orientale in Asien an Pinus yunannensis, Pinus tabuliformis und Pinus densata sowie

    Aruriscalpium microsporum aus Asien an Pinus armandii.


    Quelle: Wang & Yang (2019): Two new taxa of the Auriscalpium vulgare species complex with substrate preferences. Mycol. Progress 18: 641–652; doi 10.1007/s11557-019-01477-3


    Von Vorkommen an Douglasie ist da nicht die Rede. Die drei Arten unterscheiden sich neben dem Substrat in erster Linie genetisch, aber auch durch deren Sporenornamentation. Da die Sporen aber sehr klein sind, braucht man ein sehr gutes Mikroskop oder besser ein Elektronenmikroskop. Da ist die Sequenzierung der einfachere und günstigere Weg. Kollektionen von Auriscalpium cf. vulgare an Douglasienzapfen sollte man daher m.E. gut dokumentieren und als Test mal einen sequenzieren lassen. Vielleicht ist es etwas eigenes oder A. vulgare s.str. ist breiter im Substratspektrum, als im Moment angenommen. Beides wären spannende Ergebnisse.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Alis,


    mache dir keine Gedanken über das Substrat. Eigene Funde hatte ich - wenn auch selten - bereits auf Zapfen von Douglasie und Fichte.

    Was soll der arme Pilz denn machen, wenn er keine Kiefer findet?


    Gruß

    Peter

  • mache dir keine Gedanken über das Substrat. Eigene Funde hatte ich - wenn auch selten - bereits auf Zapfen von Douglasie und Fichte.

    Was soll der arme Pilz denn machen, wenn er keine Kiefer findet?

    Naja, einerseits sind Pilze immer mal für Überraschungen gut. Andererseits kann sich auch wundern, dass Krieglsteiner Douglasie nicht erwähnte (BK und Laux auch nicht).

    Inwieweit sich die Douglasie seit seiner letzten Kartierung ausgebreitet habet weiß nicht. Oder ob der Stacheling möglicherweise erst in jüngerer Zeit sein Wirtsspektrum erweitert hat.
    Bei Krieglsteiner (Band 1, Seite 555f) hat auch Oligoporus (Rhodonia) placentus nur 5 Nachweise. So viele habe ich schon in meinem Umfeld. Die Art scheint sich also auszubreiten und ist auch unterkartiert soweit ich das beurteilen kann.
    @ Christoph: ich persönlich habe kaum noch Ambitionen zum Kartieren und geben den "Splittern" eine gehörige Mitschuld daran.

    Aber wegen mir müssen deshalb die ernsthaften Mykologen nicht ihre Forschungen einstellen und wenn es sich ergibt, trage ich vielleicht auch was dazu bei.


    Tja, und was soll ein armer Pilz machen, wenn er keine Kiefer (oder was auch immer) findet?

    Nun, in den allermeisten Fällen bleiben die dann einfach weg.

    Was mich an den Douglasien am meisten stört ist, dass ich einfach keinen Douglasienröhrling finde.
    Wäre doch das Mindeste, wenn es sonst nicht viel darunter gibt...


    viele Grüße

    Alis

  • mache dir keine Gedanken über das Substrat. Eigene Funde hatte ich - wenn auch selten - bereits auf Zapfen von Douglasie und Fichte.

    Servus Peter,


    kann man so machen... oder man ist neugierig. In der von mir zitierten Publikation wird die These erhoben, A. vulgare wachse nur auf Pinus sylvestris. Die Frage ist, ob das stimmt. Von außen sieht man das aber nicht. Wer neugierig ist, überprüft eben, ob hiesige Funde an Douglasie auch A. vulgare zugehörig sind oder etwas anderes.


    Wer sowas nicht spannend findet (man muss nicht auf jeder Hochzeot tanzen), der belässt es eben bei A. vulgare s.l.


    Sich keine Gedanken zu machen wäre für mich eine Art der Abstumpfung. Ich finde die Natur spannend. Und wenn dem so ist, dass ein armer A. vulgare, der keine Kiefernzapfen findet, eben die Douglasie nimmt, dann schadet es nicht, da mal näher hinzusehen und es nicht zu ignorieren.


    Da wir alle das aber als Hobby machen, steht natürlich jedem frei, sich Geadnken zu machen oder sich keine Gedanken zu machen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • @ Christoph: ich persönlich habe kaum noch Ambitionen zum Kartieren und geben den "Splittern" eine gehörige Mitschuld daran.

    Servus Alis,


    ich fände es schade, wenn du keine Ambitionen mehr zum Kartoeren hast. Ich sehe die Schuld aber in der Natur, die eben unglaublich komplex ist. Diejenigen, die versuchen, die Komplexität zu beschreiben, sind ja nicht schuld an dieser. Und wenn manche Artengruppen eben nicht mehr makroskopisch oder klassische per Mikorskop zu trennen sind (nach aktuellem Kenntnisstand), dann macht man hinter den Namen eben ein s.l. oder agg. Tut ja nicht weh ;-).


    Aber wegen mir müssen deshalb die ernsthaften Mykologen nicht ihre Forschungen einstellen und wenn es sich ergibt, trage ich vielleicht auch was dazu bei.

    Da kann ich nur sagen: :daumen::daumen::daumen:


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph und Alis,


    ich bin so frei und frage mal etwas unqualifiziert dazwischen, weil ich beim Mitlesen über die Wortwahl stolpere "was bleibt dem Pilz denn übrig..." oder "was soll der Pilz denn machen...", nämlich wenn sein Substrat nicht vorrätig ist - soll die Spore denn zum Nachbarbaum hüpfen (ja, mache Sporen versuchen tatsächlich sowas ähnliches).

    Zu dem Zeitpunkt der Sporenkeimung gibt es ja noch keinen Pilz, nur eben Sporen, von denen die allermeisten ja irgendwo ungünstig landen (Substrat nicht besiedelbar, schon besiedelt, Spore wird gefressen, Spore verdorrt, ...) und untergehen wird.

    Entweder kann die Spore mit dem Substrat oder eben nicht. Wenn sie mit dem Substrat kann, dann muss doch die nächste Frage lauten, wie gut kann die Spore mit dem Substrat und kann die jetzt und hier vorhandene Konkurrenz besser? Ist Konkurrenz vorhanden, oder nicht.

    Wenn in einem bestimmten Habitat zur Zeit des Ausporens die Konkurrenz hinreichend gering ist, hat die Spore u.U. auch auf ungünstigerem Substrat Erfolg. Sonst halt nicht.

    Bei jeder Spore geht es um Sein oder Nichsein, und wenn die Konkurrenz schwach genug ist und das Substrat geeignet genug, wird die Spore erfolgreich auskeimen, ein Myzel bilden und letztlich fruchten können.


    Verstehe ich das falsch? Kann es nicht eventuell auch an der fehlenden Konkurrenz liegen, ob ein Pilz auf einem sonst untypischen Substrat gefunden werden kann?


    LG, Martin

  • Servus Martin,


    von wegen unqualifiziert! Genau darum geht es nämlich sehr oft: um die Konkurrenz. Es ist gut denkbar, dass hierzulande an Douglasienzapfen weniger Konkurrenz als in der Heimat der Douglasie herrscht. So fehlt hier der zugehörige Zapfenrübling, um ein Beispiel zu nennen. Und genau das kann der Grund sein, dass hier dann das Substrat von A. vulgare besiedelt werden kann. Oder es hat sich ein eigener Auriscalpiumstamm durch Mutationen bzw. Rekombination gebildet, der Douglasie beseideln kann und wegen der mangelnden Konkurrenz sich dann doch durchsetzen konnte. Oder es ist eine andere Auriscalpiumart.


    Dein Denken ist vollkommen das, was in der Autökologie (Ökologie einer Art) sehr hilfreich ist, um eine Art zu verstehen.


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Chrisptoph,


    danke für die Bestätigung.

    Natürlich war das nur eine flappsige Redewendung!

    Deine Beschreibung deckt sich völlig mit meiner Vorstellung zum Thema.

    Prima, ich bin mit meinem Verständnis nicht auf dem Holzweg.


    Dass es sich natürlich auch um eine Unterart oder selbstständige Art handeln kann , die auf dem betrachteten Substrat sehr erfolgreich ist, mag natürlich auch immer sein!

    Wobei das klassisch Artkonzept, wie vor 30-40 Jahren in der Schule gelehrt wurde, mMn völlig überholt, womöglich sogar falsch ist.

    Das sieht man den Pilzen von außen ebenso wenig an z.B. vielen Insekten, die sich nur mikroskopisch (z.B. im Genital) oder gar nur genetisch oder lediglich in der Präferenz der Partnerwahl voneinander unterscheiden, die für uns Menschen gleichen wie ein Ei dem anderen!


    LG, Martin

  • Servus Martin,


    über das Artkonzept kann man endlos diskutieren. Ich habe in meinem Artikel über Leccinum / Leccinellum in der Mycol. Bav. sehr ausführlich verschiedene Artkonzepte bei Pilzen gegenübergestellt und diskutiert. Wer das liest, versteht eventuell, wie ich mit dem Artkonzept bei Pilzen umgehe. ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Hallo Christoph,


    du meinst sicher dieses Paper: "Hahn: Die Gattung Leccinum s.l. in Europa" - bestimmt sehr interessant!

    Leider ist für Privatleute ohne Unibibliothek-Zugang aber nur das Abstract einsehbar...


    LG, Martin

  • Servus Martin,


    schick mir doch einfach per PN deine Mailadresse, dann kann ich dir das pdf schicken ;)


    Liebe Grüße,

    Christoph

  • Servas Christoph,


    wer deinen Artikel in der Mycol.Bav., Band 20 gelesen hat ist fein heraus. Der weiß wenigstens, dass er gar nix weiß.

    DNA-Sequenzierungen zu interpretieren klappt nicht ohne entsprechende Vorkenntnisse. Das Zeug müsste man von der Picke auf lernen, zuvor was in diese Richtung studiert haben. Besser noch damit aufgewachsen sein, den Werdegang mitverfolgt haben.

    Dein Artikel erstreckt sich von Seite 103 - 146, wer den nachvollziehen kann ist in der Materie bewandert.

    Ich bin's nicht, wohlwollend geschätzte 80% der hier mitlesenden Fories auch nicht. Vermutlich sind's 98,5 %, hängt von der Anzahl der mitlesenden, nicht angemeldeten Fories ab. Übliche Schwankungsbreite halt.


    Allemal interessant, wenn du darüber referierst, uns es vereinfacht darstellst, das kapiere ich grad noch, :)


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan