Alpine Höckersporer und mehr

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  • Hallo zusammen


    Am Sonntag war ich wieder in den Bergen auf Pilzjagd. Während es anderswo offenbar schön geregnet hat, gab es hier nur ein paar kurze Schauer.

    Die Wälder sind weiterhin leer. In den Bergen ist es etwas besser, wie immer am besten in Feuchtgebieten.

    Die "9-Seen-Wanderung" eignet sich, wie der Name schon sagt, recht gut zur Pilzsuche in dieser Zeit.

    Nebst den Pilzen ist es eine wunderschöne Landschaft, in der man sich je nach Tempo 6-9 Stunden bewegt.



    Hier einige interessante Funde:


    1: Schon wieder ein Nabeling

    Irgendwie ist es ein "Omphalina sl.l."-Jahr. Ich habe nie zuvor so viele verschiedene Nabelinge gefunden.

    Das liegt aber vielleicht daran, dass ich sonst nie so intensiv und gezielt in Feuchtgebieten suche.

    Diese hier wuchsen am Moos an einem dauerfeuchten, sumpfigen Seeufer. Ich denke, es sollte Arrhenia gerardiana sein.

    Es herrscht aber Uneinigkeit, ob das ein Synonym von Arrhenia philonotis ist oder nicht.


    Auffallend ist, dass etwa die Hälfte der Sporen auffallend lang und schlank ist, Koeffizient fast bis 3.


    Aber eben längst nicht alle, wie man hier sieht. Damit bleibt eigentlich nur die Farbe als Abgrenzung zu A. philonotis.


    HDS fein inkrustiert, Schnallen gab es überall. Basidien 4-sporig.


    Wenn ich all diese Omphalina-Funde der letzten Wochen sequenziert habe und nicht wider Erwarten alles das gleiche ist, gibt es wohl einen längeren Artikel darüber...



    2: Eine Galerina, die dicht gedrängt im frischen Moos wuchs.

    Hier komme ich auf Galerina atkinsoniana:


    Sporen deutlich warzig.


    Cheilozystiden lageniform.


    Basidien rein 2-sporig soweit ich es sehen konnte.


    Stiel auf ganzer Länge mit Kaulozystiden.


    Und schliesslich noch entscheidend: Hut mit Pileozystiden, die man an frischen Fruchtkörpern auch mit einer guten Lupe sieht.



    3: Eine Enttäuschung

    Eigentlich hatte ich in den büscheligen Kratzdisteln nach Hemimycena ochrogaleata gesucht.

    Diese Suche machte mich blind. Cremefarbener Pilz mit herablaufenden Lamellen, mitten in einer Distel, das muss er sein.

    Ich freute mich so sehr über diese Pilzchen, dass ich die Erdzunge links erst später auf dem Foto entdeckte. Schade drum.


    Zu Hause wollte ich die zitriformen Sporen kurz bestätigen, aber da konnte etwas nicht stimmen, die waren elliptisch.

    Die Lösung war dann recht einfach, wenn man dran riecht: Hygrocybe russocoriaceus.

    Der hatte mich mit seinem Standort völlig in die Irre geführt.



    4: Ein helles Pilzchen im Moos.

    Der hier ist einfach: Rickenella mellea.


    Sporen mehrheitlich länger als 7 µm.


    Zystiden gross und leicht kopfig.



    5: Einen noch reingeschmuggelt...

    Dieser hier ist nicht alpin, aber ich bin zu faul einen zweiten Thread zu eröffnen.

    An der Waldgrenze, Strassenrand, natürlich bei Lärchen: Gomphidius gracilis.

    Schwärzt nur wenig, nach einem Tag in der Dose hatte sich der Hut kaum verfärbt.

    Ausgewachsen ist er kräftiger als Gomphidius maculatus. Die Hutfarbe scheint mir als Kriterium weniger geeignet zu sein.


    Sporen boletoid...


    Cheilozystiden typisch für Gomphidius-Arten, mit schwärzlicher amorpher Masse.




    So, und ab hier brauche ich Hilfe von Ditte .


    6: Ein Risspilz, der massenhaft vorkam.

    Ich fand ihn an diversen Standorten zwischen 2500m und 2700m. Überall Salix herbacea. Geruch unauffällig.

    Diese Kollektion hier hatte diesen auffälligen, dunklen Buckel. In der unmittelbaren Umgebung gab es noch viel mehr davon, aber nur an diesem einen Standort.

    Die folgenden Mikrobilder sind von dieser Kollektion.


    Andere Standorte hatten keinen Buckel, scheinen mir aber mikroskopisch identisch zu sein.


    Sporen klein, 7.0-7.6-8.2 x 4.8-5.3-6.0 µm, Q=1.21-1.42-1.63 (n=20). Die meisten auffallend höckerig.


    Cheilo- und Pleurozystiden fast dünnwandig und meist ohne Kristalle. Mehrheitlich dickhalsig-lageniform, um 42-69 x 15-17.5 µm.


    Kaulozystiden nur im oberen Drittel vorhanden.


    Auf ein wirklich gutes Ergebnis komme ich nicht in der Bestimmung, was mich wundert weil die Art in solchen Massen vorkommt.

    Vermutlich ist es das gleiche was ich neulich gepostet habe (hier). An Inocybe soluta glaube ich inzwischen nicht mehr.


    7: Ein Risspilz im See

    Diese hier wuchsen in einem ausgetrockneten See auf ca. 2600m.

    Geruch im Schnitt zuerst spermatisch, dann aber schnell eher aromatisch.





    Ich dachte erst es könnte wieder einmal Inocybe helobia sein, habe aber doch meine Zweifel:


    Ich weiss nicht einmal ob ich in den Schlüsseln bei den Glattsporern oder Höckersporern suchen soll.

    Die Sporen sind sehr vielgestaltig. Abmessungen: 9.6-11.3-14.0 x 5.8-6.7-7.6 µm, Q=1.32-1.69-2.07 (n=20).

    Ich habe entdeckt dass Inocybe pluppiana ähnliche, aber schmalere Sporen hat. Der Standort im See bei Salix würde auch passen.

    Aber eben, die Sporen passen nicht ganz und ich weiss nicht ob die Art alpin überhaupt vorkommt.


    Zystiden etwas braun, wenig dickwandig und mit wenig Kristallen. Zahlreiche Parazystiden.


    Kaulozystiden nur vereinzelt am obersten Apex vorhanden.



    9: Noch ein bizarrer Risspilz

    Der wuchs auf 2700m in sehr spärlicher Vegetation. Geruch schwach pelargoniumartig.




    Sporen wieder deutlich höckerig aber etwas grösser als beim ersten Risspilz:

    6.9-7.9-8.8 x 5.1-6.0-8.4 µm, Q=1.0-1.33-1.64 (n=20)




    Die Cheilozystiden sind merkwürdig, vielleicht eine Fehlbildung? Habe das aber an allen Fruchtkörpern gefunden:

    Die meisten Zystiden dünnwandig, spindelig oder breithalsig-lageniform. Aber 5-10% sind septiert und/oder mit apikalen Auswüchsen oder kopfig.

    Einzelne mit Kristallen, die weit herabreichen.


    Pleurozystiden ebenso, oft septiert.


    Kaulozystiden nur im oberen Drittel, subzylindrisch und ebenfalls teilweise septiert.


    Hier finde ich nichts passendes, zumal ich unsicher bin ob ich diese Zystiden-Auswüchse beachten muss oder nicht.


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Grüß dich, Raphael, also dein erster Höckersporer mit dem Sporenlängendurchschnitt von 7.6 µm ist eine Art aus der soluta-Gruppe, entweder soluta oder eine Nachbarart (siehe unseren nächsten Artikel ;)) und gleiches gilt für den letzten Höckersporer. Dass Zystiden, und zwar gerade alpine, zuweilen solche seltsamen Zystiden haben, ist nicht unnormal, auch diese Septierung nicht. Ich würde dem keine Bedeutung beimessen.

    Der mittlere Höckersporer, der auf dem See wuchs (bei was eigentlich? Ich vermute kleine Salix?), könnte gut schlicht und einfach curvipes sein, die auch in alpiner Höhe vorkommt. Die hat zwar normalerweise Gummibärchen-Sporen, aber auch nicht selten so seltsam deformierte. Ich häng mal ein Foto an. Außerdem passen die Zystiden ganz gut und ich meine bei einer auch die typische Papille zu erahnen (rechts oben neben deiner Längenmarkierung). Vielleicht schaust du nochmal nach einer solchen Zystide, damit wir das vielleicht bestätigen können?

    Herzlich, Ditte

  • Hallo Ditte


    danke dir, schön dass ich mit soluta agg. richtig liege.

    Ich bin schon gespannt auf den nächsten Artikel, wobei ich zugeben muss dass ich bei all den neuen Arten langsam den Überblick verliere. Ohne Schlüssel ist das echt schwierig (ist kein Vorwurf, ich weiss dass es dazu einfach noch zu früh ist).

    Im Winter nehme ich mir sicher etwas Zeit für eine persönliche "Auslegeordnung".


    Bei den zweiten: Am Seeufer gab es Salix herbacea, wie überall in der Region. Eine Papille auf den Zystiden konnte ich aber nicht finden, hier noch ein paar weitere Bilder.


    Cheilozystiden:



    Pleurozystiden:



    Gruss Raphael