Drei Risspilze aus dem Fichtenwald

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  • Hallo zusammen


    Vorgestern war ich auf einer kurzen Exkursion im Fichtenwald auf ca. 1500m.

    Dort gab es (unter anderem) viele Risspilze. Drei Kollektionen stelle ich mal hier rein, natürlich in der Hoffnung dass Ditte einen Blick drauf wirft:


    1: Ein weisser Risspilz der geophylla-Gruppe

    Früher war es einfacher, da hätte man einfach "geophylla" dran geschrieben und niemand hätte reklamiert.

    Aber jetzt muss man schon genauer hinschauen...


    Durchmesser bis etwa 2 cm. Hut anfangs reinweiss, später strohblass. Geruch etwas spermatisch.


    Sporen mehrheitlich elliptisch, 7.8-8.4-9.4 x 4.4-5.1-5.8 µm, Q = 1.53-1.65-1.86 (n=20)



    Cheilozystiden recht vielgestaltig, aber oft mit deutlichem Hals und langem schlankem Fuss. 49-53-57 x 15-17-19 µm.


    Pleurozystiden ähnlich.


    Kaulozystiden gibt es zwei verschiedene, alles nur am Apex: Wenige dickwandige, teils mit Kristallen. Und dann viele gegliederte, hyphenähnliche Elemente.


    Und dann eben nicht selten solche gegabelten Kaulozystiden.


    Aufgrund dieser Kaulozystiden meine ich, dass es Inocybe cygnea sein könnte. Die Sporen sind allerdings etwas kleiner als in Ditte's Beschreibung.



    2: Ein blass lila Risspilz

    Der wuchs wenige Meter daneben. Auch die lila Risspilze sind nicht mehr so einfach wie früher...


    Auf dem Standortbild sieht man die Farben nicht gut. Die jungen Fruchtkörper sind kräftig lila, die älteren eher graulila.

    Durchmesser bis 15mm, Geruch wieder leicht spermatisch.


    Hier nochmal unter Kunstlicht. Auffallend ist die gelbe Stielbasis.

    Weil sich die violetten Farben rasch verlieren, meine ich dass es nicht Inocybe lilacina s.str. sein kann (Matheny&Swenie 2018).


    Sporen elliptisch, 8.6-9.2-10.0 x 5.0-5.4-5.7 µm, Q = 1.56-1.72-2.01 (n=20)



    Cheilozystiden: 44-50-55 x 12-15-20 µm


    Pleurozystiden ähnlich


    Kaulozystiden nur im oberen Drittel. Die meisten subzylindrisch, einige fusiform. Daneben viele keulige Parazystiden.


    Bei der Bestimmung bin ich sehr unsicher. Es gibt zwei amerikanische Arten die ähnlich sind:

    - I. pallidicremea sollte eine andere Sporenform haben und wurde laut GBIF zumindest einmal in Norwegen nachgewiesen.

    - I. sublilacina hätte die richtige Sporenform, aber ich weiss nicht ob die in Europa überhaupt vorkommt.

    Bei beiden Arten passen diese zylindrischen Kaulozystiden nicht. Die gibt es hingegen bei I. syringae, aber sonst passt da überhaupt nichts (Sporen, Habitat, Farbe).

    Fazit: Ich komme nicht weiter.



    3: Ein graubrauner Risspilz


    Bis 3 cm im Durchmesser. Geruch (welch Überraschung) spermatisch.


    Der Stiel rötet etwas bei Berühung.


    Sporen: 8.7-9.4-10.4 x 5.0-5.3-5.6 µm, Q = 1.63-1.79-2.05 (n=20)



    Cheilozystiden: 48-58-69 x 16-18-21 µm


    Pleurozystiden ebenso


    Kaulozystiden nur im oberen Drittel, mit deutlich abgesetztem Hals.


    Nun zur Bestimmung... naja, nach FN und Bon komme ich auf Inocybe fuscidula (neu = I. glabripes), was aber nicht stimmen kann.

    Die hat nach Ditte's Webseite deutlich kleinere Sporen.

    In den vielen neuen Publikationen fehlt mir noch der Überblick um innert nützlicher Zeit etwas zu bestimmen, ich werde im Winter versuchen das zu ändern.



    Viele Grüsse

    Raphael

  • Grüß dich, Raphael, zunächst, bitte schreib immer dazu, was für ein Boden das war, damit kann man gerade bei so schwierigen Gruppen wie geophylla und co. von vornherein Arten ausschließen kann.

    Ich geh jetzt mal davon aus, dass der Boden NICHT sauer war.

    Bei geophylla geht ja bei etlichen Arten wenig über die Makroskopie, also müssen alle Mikro-Faktoren zusammenwirken bei der Bestimmung. Dabei kommt bei mir eine Art raus, nämlich I. posterula. Da passen die nicht weißen Lamellen, Form und Länge der Zystiden, und insbesondere die langen schmalen (sub)zylindrischen Kaulozystiden, die cygnea nicht hat. Gegabelte Zystiden kommen immer mal vor, aber das besondere bei cygnea ist ja die Verbindung mit diesen oft leicht dickwandigen segmentierten auffälligen hyphoiden Elementen. Das sehe ich hier nicht. Und die Caulozystiden haben eine andere Form.

    Inocybe posterula ist eine sehr häufige Art und wächst meist bei Fichten. Mit meinem provisorischen Schlüssel bin ich auch direkt zu ihr gekommen.

    Die Nummer zwei dürfte nach den geraden Caulozystiden sowie der Sporengröße nach Inocybe lilacinomaculata sein. Ebenfalls eine sehr häufige Art, auf mehr saurem Boden oder auch auf eher basischem Boden. I. sublilacina wächst bei uns auf eher sandigem Grund mit Kiefern (jedenfalls kenne ich sie bisher nur von solchem Terrain) und I. pallidicremea ist meist extrem blass und kommt oft in subalpiner Höhe oder eben im Norden vor.

    Die dritte: da hast du nicht weit genug gedacht. Der Ansatz war richtig, das Ende aber nicht. Die Art, die früher fuscidula genannt wurde, ist NICHT I. glabripes, sondern der Typus von I. fuscidula ist I. glabripes. Die Art, die fuscidula genannt wurde, ist I. virgatula, und das dürfte deine Kollektion auch sein.


    Herzlich, Ditte

  • Hallo Ditte


    Entschuldige das verspätete "Danke", ich war an einer Tagung und habe danach nicht dran gedacht zu antworten.


    Wie immer habe ich wieder gelernt, wie wenig ich über Risspilze weiss. :)


    Das mit dem Boden macht mir oft Schwierigkeiten. In den Bergen wechselt das je nach Gebiet alle paar hundert Meter oder plötzlich hat man eine Kalkader mitten in einem sauren Fichtenwald. Wenn in der unmittelbaren Nähe keine Zeigerpflanzen und -pilze stehen, bin ich dann nie sicher wie der Boden ist. Diesen Sommer war es besonders schwierig, weil mit der Trockenheit kaum eine Pflanze geblüht hat. Wie auch immer, ich versuche mich zu bessern.


    An I. lilacinomaculata hatte ich eigentlich auch gedacht, habe mich dann aber von Ludwig's Beschreibung und Abbildung abschrecken lassen. Seine Typuskollektion bestand wohl aus recht untypische Exemplare und ihm war nicht bewusst, dass er eigentlich eine häufige Art beschrieben hat.


    Wenigstens lag ich bei I. fuscidula ss. auct. richtig, nur dass ich die taxonomischen Zusammenhänge falsch verstanden habe.


    Viele Grüsse

    Raphael