Pilzvergiftungen

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  • Hallo, liebe Pilzfreunde!


    Als ich gestern einige Perlpilze gefunden und bestimmt habe, kam bei mir eine Frage auf: Bekanntermaßen besteht ja die Verwechslungsgefahr mit dem giftigen Pantherpilz, die schon zu Todesfällen geführt hat und Anfängern wird davon abgetraten diesen Pilz zu essen. Deshalb ist der Perlpilz auch im Biomüll gelandet, denn ich bin eine vorsichtige Natur. ;)Trotzdem bin ich mir zu 100% sicher, dass es ein Perlpilz war und nichts anderes. (Der fleischbräunliche Hut mit den dunkleren, nicht weißen Velumresten, der geriefte Ring, die Knolle ohne Ringwulst oder Scheide, das deutlich rötende Fleisch etc., siehe: perlpilz-goldrohrling-t-5986.html )


    Also, ich glaube,
    -wenn man die wichtigen Giftpilze und Verwechslungsgefahren kennt,
    -nicht unachtsam wird, dass sich zwischen die sicher bestimmten Exemplare kein anderer dazwischenschleicht,
    -die Pilze frisch sind und nicht übergangen oder spundjung,
    -man über einige gute Literatur verfügt und diese auch zu Rate zieht,
    -es sich um halbwegs prototypische Exemplare handelt
    -man gewissenhaft und aufmerksam ist...


    --> wie könnte dann ein halbwegs gescheiter Mensch beispielsweise den Perlpilz mit einem Pantherpilz verwechseln? Die Merkmale sind doch eindeutig und wenn auch nur eines nicht 100%ig zutrifft, dann habe ich den Pilz eben nicht bestimmt!


    --> Die meisten Pilzvergiftungen gehen noch immer auf den grünen Knollenblätterpilz zurück, oder? Wenigstens den sollte der Pilzsammler aber doch kennen und sicher ausschließen können?
    Also meine Frage: Wieso wird er trotzdem immer wieder gegessen? Ist es nicht eigentlich so, dass Unachtsamkeit, grobes Unwissen, unsichere Bestimmungen zu einer Verwechslung mit Giftpilzen führen?


    Ich werde als relativer Anfänger in der Branche natürlich immer einen Pilzberater aufsuchen, wenn ich den Verzehr solcher verwechslungsgefährdeten Pilze in Betracht ziehe, das steht nicht zur Diskussion... und trotzdem WEIß ich, dass ich mir da keinen Pantherpilz ins Körbchen gelegt habe.


    Wie denkt ihr darüber? Und wie vorsichtig sei ihr?



    Liebe Grüße,
    Carolin


    P.S.: Hoffentlich versteht ihr mich richtig, ich will nicht dazu aufrufen, einfach mal drauf los zu probieren. Dass Vorsicht besser als Nachsicht ist und nur der Pilzberater der Fachmann, ist klar!

  • Hallo Carolin,


    das Problem ist größtenteils, das in Bezug auf Pilzgenuss viele Menschen eben nicht mehr "halbwegs gescheit" sind.
    Ich mache schon einige Jahre Pilzberatung und man kann sich stellenweise nicht vorstellen, was sich manche Leute noch in die Pfanne hauen wollen. Das geht vom Parasol in Putzlappenkonsistenz bis hin zu vollkommen schneckenzerfressenen Fruchtkörpern undefinierbarer Arten.
    Viele haben zudem bei weitem nicht den Blick und die Kenntnis um z.B. einen Perlpilz vom Panther unterscheiden zu können. Mir sind sogar schon Zeitgenossen untergekommen, die wollten mir einen Lamellenpilz als Steinpilz unterjubeln.
    Die allermeisten Vergiftungen mit denen ich bislang zu tun hatte (Klinikeinsätze) waren durch Karbol-Champignons verursacht. Auch der üble Geruch, der beim Kochen entsteht, hält die Leute vom Konsum nicht ab.


    Kurzum, wenn es um Pilze geht, wird es immer mit Essen verbunden. Ich versuche in meinen Kursen und bei der Pilzberatung den Menschen zu vermitteln, dass Pilze nicht in erster Linie zum Verzehr durch den Menschen geschaffen sind und dass zudem die wirklich wohlschmeckenden Arten sich sich in der Größenordung von einem bis zu zwei Dutzend bewegen. Man muss nicht alles essen, was nicht schnell genug auf die Bäume kommt. Mein Mentor gibt zu diesem Thema immer den Spruch: Wenn man ein Rotkehlchen sieht, fragt man ja auch nicht, ob man es essen kann (obwohl man es sicherlich könnte).


    Beste Grüße
    Harald


  • Wenn man ein Rotkehlchen sieht, fragt man ja auch nicht, ob man es essen kann


    Als Vegetarier sowieso nicht ;)


    Ich persönlich freue mich auch über den Fund eines interessanten Giftpilzes etc. Trotzdem sammle ich Pilze, um bestenfalls eine Mahlzeit daraus zuzubereiten. Und auch einen Flaschenstäubling, gebraten mit Rührei, Salz, Pfeffer, frischen Kräutern, Bauernbrot empfinde ich als schmackhaft, was soll ich sagen...
    Das ist ein bisschen wie bei Tofu: Auf die Zubereitung kommt es an.


    Auf der Pilzpirsch gefällt mir dieses urmenschenhafte "Jagen und Sammeln" sehr, die Konzentration auf eine Sache und dann macht einfach die selbstgefunde und zubereitete Mahlzeit Spaß... als Gegenstück zur Tiefkühlpizza und unserer ziemlich denaturierten Lebensweise. Da muss es dann nicht immer der Steinpilz und die Speisemorchel sein... Aber das ist natürlich eine Geschmacks- und Einstellungsfrage.


    Liebe Grüße,
    Carolin

  • Hi Carolin,


    ...bin voll deiner Meinung (...übrigens bin ich auch "wildkräutersammelsüchtig" und ganz begeistert von der Vielfalt, die man in der Natur finden kann (und vom Heilaspekt, von der Bewegung in der Natur mal abgesehen). Doch: um auf deine erste Mail zu kommen: eine Kollegin meiner Tante sammelte seit Jahrzehnten Champis. Sie hatte nie Bücher dabei, sondern das Pilzesammeln wurde ihr von Generation zu Generation überliefert. Und diese Kollegin hat heute noch furchtbare Schmerzen und irreparable Leberschäden, denn sie hatte nichtsahnend eine grünen Knollenblätterpilz mit eingepackt. Ich kenne viele solcher Leute und kann es nicht fassen: Während ich jedes Stockschwämmchen dreimal betrachte, das Sporenpulver auffange und nur Pilze sammle, die ich 100%ig identifizieren kann, nehmen viele Leute einfach alles mit, was sie finden können. Im Herbst sprach mich im Wald ein Mensch an mit einem vollen Pilzkorb (er fragte mich, ob ich mich auskennen würde, er hätte die Pilze für seine Freundin gesammelt - vielleicht wollte er sie ja umbringen). Ich sortierte reihenweise Giftpilze aus (z. B. Kahle Kremplinge, Pantherpilze und Gelbe Knollis) und er war auch noch sauer, dass ich ihn zwang, die wegzuschmeißen. Was wäre passiert, wenn ich nicht dagewesen wäre bzw. mich auch nicht auskennen würde?


    Viele Grüße aus dem Norden!


    Christiane

  • Carolin, du glaubst gar nicht wie oft mir schon die gleichen Fragen durch den Kopf gegangen sind, ich erleb Pilz- oder Pflanzenvergiftungen (das berühmte Maiglöckchen oder die Herbstzeitlose statt Bärlauch) mit absoluter Fassungslosigkeit. Aber ich denke mal da ist halt viel Ahnungslosigkeit und fehlender Blick für die Natur im Spiel.


    Im Supermarkt ist ja immerhin auch alles ungiftig , also warum sollte es im Wald anders sein......


    Lg Mina