Erfahrungsbericht / Kahler Krempling

Es gibt 10 Antworten in diesem Thema, welches 8.372 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Der Juergen.

  • Wie es dazu kam, dass ich den Kahlen Krempling unzählige Male genossen hatte und immer noch lebe:


    Rückblick in die –ž60er Jahre–œ: Das Bild 1 zeigt den damaligen Wissensstand. Eine Schultafel, wie sie in der einen oder anderen Schule im Biologieunterricht zur Unterrichtung der Schüler aufgehängt wurde.
    Bilder 2, 3 und 4 zeigen das –žDr. Oetker Kochbuch–œ, das ich als Grundlage für die unbedenkliche Verwertung zu Rate zog. Aber der eigentliche Grund für das Sammeln und Verspeisen war der auch gebräuchliche, landläufige und verführerische Name: –žNiedersächsische Speckpilz–œ. Auch wenn der Pilz selbst keine kulinarische Spitzenstellung einnimmt, macht man ihn aber mit Zwiebeln, Knoblauch und Speck zu einem schmackhaften Gericht.


    So ca. zwei Jahre ging ich damals auf Pilzsuche, der Kahle Krempling war immer Opfer. Durch die Berufsausbildung verließ ich den Wald und war völlig überrascht und erschreckt, als ich Jahre später nachlesen musste, dass der Pilz inzwischen als giftig eingestuft wird. Durch das Erhitzen werden zwar einige enthaltene Gifte zerstört, aber da gibt es noch im Pilz enthaltene Antigene, die das so genannte –žPaxillus-Syndrom–œ auslösen können. Es entwickelt sich ein Antigen-Antikörper-Komplex, der im schlimmsten Falle zum Tode führen kann. –žDieses Syndrom tritt zumeist erst nach mehrmaligem Verzehr dieser Pilzart auf, manchmal erst nach Jahren, weswegen der Pilz früher auch für essbar gehalten wurde.–œ Wer mehr darüber wissen will, ich füge den entsprechenden Link von –žWikipedia–œ ein. Damals haben wir diesen Pilz im Freundeskreis spontan den makaberen Beinamen –žGattenmörderpilz–œ gegeben, da der eintretende Tod Jahre später nicht auf den Pilz zurückzuführen ist. Bitte keine kriminelle Energie erwachen lassen!!!!!!!!!!!


    Was ich bei mir festgestellt hatte, so ungefähr von 1970 bis 1995 erwischten mich jährlich mehrere heftige Erkältungskrankheiten, obwohl ich sehr viel Sport trieb und mich wie man so sagt –žgesund–œ ernährte. Vor den 60er Jahren erinnere ich mich nicht an solche Attacken. Um die Jahrtausendwende stieß ich auf Erkenntnisse, dass frischer Ingwer das Immunsystem nachhaltig stärkt. Ingwer hat aber keine Depotwirkung, man muss ihn täglich genießen. Also stellte ich das morgendliche Kaffeetrinken auf Teetrinken um. In den schwarzen oder grünen Darjeeling schnipsele ich den Ingwer ein. Der tägliche Teeverbrauch liegt bei mir so etwa bei einem Liter. Meine Erkältungsattacken sind seitdem merklich zurückgegangen! Von der –žTeekampagne Berlin–œ (siehe Link in der Anlage) beziehe ich grünen und schwarzen Darjeeling. Ich mache hier ausdrücklich auf die Teekampagne aufmerksam, da sie eine lückenlose Kontrolle des Tees garantiert und der Tee besonders preisgünstig ist. Ich habe gehört, dass dieser Tee auch von Händlern gekauft, umgepackt und teurer verkauft wird.


    Ob nun der Pilz für das oben Ausgeführte mitverantwortlich war/ist kann ich natürlich nicht sagen! Möglich ist es aber, dass auch mich der Pilz irgendwie –žerwischt–œ hatte. Ich glaube aber auch, dass eine durchaus nicht unbedeutende Anzahl von Pilzsammlern wegen des jahrelangen Verzehrs dieses Pilzes frühzeitig verstorben ist.


    Bernhard alias Barthütler
    Kahler Krempling – Wikipedia
    Teekampagne - In der Einfachheit liegt die höchste Vollendung

  • Hallo Bernhard,
    krass... Habe es wie hypnotisiert gelesen.
    Ich denke nicht dass es Dir geschadet hat. Es gibt sehr viele Leute die früher diesen Pilz gegessen haben. Mir kam (auch von Verwandtenseite aus) nichts zu Ohren.
    Danke für den Bericht!
    Grüße,
    Marc

  • Hallo Bernhard!


    Soweit ich weiß, ist der Kahle Krempling auch heute noch in einigen osteuropäischen Ländern Marktpilz, das heißt wohl, viele Menschen vertragen diesen Pilz halbwegs problemlos: Wie das bei Dir auch der Fall war, zum Glück!
    Trotzdem ist es natürlich erschreckend zu lesen, dass dieser Pilz früher als Speisepilz empfohlen wurde. Besonders makaber: "Krämpling, Champignon, Pfifferlinge, das sind drei gute Dinge!"


    Ich will mir gar nicht vorstellen, dass ein Pilz von dem man heute annimmt, er sei unproblematisch oder gar eine Leckerei ebenfalls (tödlich) giftig sein könnte...


    Liebe Grüße,
    Carolin


    P.S.: Sehr interessante Bilder/ Literaturabschnitte!

  • hallo caroline, hallo marc,


    mein Beitrag dient vor allem, die Vorsicht zu schärfen! Ganz offensichtlich gehöre ich zu der Gruppe, die nicht gleich "den Löffel abgeben". In Osteuropa wird der Kahle Krempling in der Tat auf Marktplätzen häufig angeboten. Natürlich bin ich nicht auf Panikmache aus. Wer wird aber wissen, wieviele Todesfälle indirekt eingetreten sind? In wieweit andere Pilze ebenfalls Antigene enthalten, ist bis heute noch nicht geklärt. Auch der beliebte Butterpilz steht unter Verdacht! Hier ein Link:


    Das Paxillus-Syndrom

    liebe grüße bernhard

  • Ich sags mal so, ich hab den Pilz auch schon gesammelt, aber hinterher wieder aussortiert weil mir unser Pilzsachverständiger die Problematik dazu erklärt hat. Manche Vertragen den Pilz (großteil der Esser ) manche eben nicht.
    Mir ist es nicht wert von einem Pilz krank zu werden. Aus diesem Grund würde ich den Genuss auch keinem Empfehlen.
    Das wäre es mir einfach nicht wert!


    Grüße ;)


    PS: Aber interessanter Artikel!

    Pilze muss man kennen "lernen" das ist ähnlich wie bei Freundschaften... ;)


    Onlinebestimmungen sind nur als Bestimmungshilfen/Tipps anzusehen, sie ersetzen NIE
    den Gang zum Pilz-Sachverständigen! Keine Essensfreigabe im Forum!

  • Hallo Bernhard,


    ich würde mal behaupten, dass Deine Erkältungskrankheiten sehr wahrscheinlich nichts mit dem Verzehr des Kahlen Kremplings zu tun haben. Das Antigen, welches man übrigens noch nicht kennt, löst im Körper (Immunsystem) eine Auto-immun-Reaktion(1) aus - es existieren einige Antigene(2), die so etwas verursachen können, und nicht alle Menschen sind dafür gleich empfänglich, weil es unterschiedliche Immunsysteme gibt. Häufige Erkältungen deuten eher auf einen schlechten Immun-status hin, auf andere, zusätzliche Erkrankungen (auch chronisch) oder auf besondere Exposition (z.B. wenn man in einem Krankenhaus arbeitet, und sich dort die Keime - auch multiresistente - einfängt).


    Grüßle
    Juergen


    (1) = Erkrankungen die dadurch entstehen, dass sich die Abwehrreaktionen des Immunsystems gegen den eigenen Körper richtet.
    (2) = Körperfremde Strukturen (z.b. Proteine), die vom Immunsystem erkannt, und "bekämpft" werden.

  • Hallo Bernhard,


    ich habe vorhin einen lang gesuchten wissenschaftlichen Artikel über das Paxillus-Syndrom auf meiner Festplatte gefunden. Wenn Du interessiert bist, schicke ich ihn Dir gerne zu (pdf). Wikipedia und andere Internetquellen sind für einen schnellen Überblick ganz gut, aber zitieren meist nur sehr oberflächlich, und manche Sachen werden gar nicht erwähnt, wie z.B., dass es die Vermutung gibt, dass es lokal auftretende Populationen des kahlen Kremplings gibt, die das Antigen enthalten, und andere Populationen und Regionen, wo dieses Antigen nicht auftritt. Drei Faktoren spielen eine Rolle:


    1. Enthält der Pilz dieses Antigen?
    2. Wird nach Genuss eines Antigen enhaltenen Pilzes wieder eine Mahlzeit eingenommen, die dieses Antigen enhält?
    3. Besteht überhaupt eine Sensibilität für dieses Antigen?


    Die relativ seltenen überlieferten Vergiftungen deuten vielleicht darauf hin, dass mehrere Faktoren zusammen kommen müssen, damit ein Paxillus-Syndrom auftritt, WENN dieses aber auftritt, ist der Verlauf dramatisch!


    Grüßle
    Juergen (ebenfalls seit langer Zeit Ingwer-Tee-Trinker:-)

  • hallo jürgen,
    natürlich habe ich Interesse an deinem Angebot, hier meine Email:
    berndhetz@web.de.
    liebe grüße, bernhard


    PS:
    kannst du einen Unterschied zwischen brasilianischen und asiatischen Ingwer feststellen? Bisher habe ich vermutlich immer den aus Übersee probiert. Seit einer Woche landet der asiatische im Tee.

  • Soweit ich das verstanden habe damals ist es halt so das es mit der Verträglichkeit nichts zu tun hat. Vertragen tun ihn ja alle, es kommt auf die Situation des Auslösers an und das ist halt wie im Lotto, du kannst ihn 5x 500x 5000000x mal essen und dann passiert es.


    "Verträglich" hört sich immer so an, als wenn man ihn einmal ißt und dann merkt "ohoh der bekommt mir nicht", aber wie gesagt, du kannst ihn zich mal essen. Nicht das hier einer denkt "Den hab ich schon mal gegessen, nichts passiert, also weiter gehts."

  • Hallo ikmam,


    "Verträglichkeit" bleibt leider ein schwammiger Begriff, wenn man die Mechanismen, die dahinter stecken, nicht kennt. Beim Paxillus-Syndrom sind es, wie oben schon erwähnt, mehrere Faktoren, die zusammen kommen müssen. Nicht jedes Immunsystem ist gleich, und es gibt Menschen, deren Immunsystem auf vorhandene Antigene reagieren. Geschieht dies, dann findet erst man eine Sensibilisierung statt (ist ein Begriff aus der Immunologie, der besagt, dass dieser Mensch nun gegen dieses Antigen "gewappnet" ist). Isst dieser Mensch nun wieder einen Krempling, der das Antigen enthält, kommt es zu einer überschießendend Immunreaktion, d.h. nicht nur das Antigen wird vom Immunsystem angegriffen, sondern auch Strukturen auf der Oberfläche der körpereigenen Erythrozyten (Rote Blutkörperchen). Diese platzen auf, bilden Aggregationen und schädigen die Nieren. Hier noch mal die Faktoren, die zusammenkommen müssen:


    1. Der Kremplingsesser muss auf vorhandene Antigen sensibel sein (besser gesagt das Immunsystem)
    2. Der Krempling muss dieses Antigen enthalten (Es gibt lokale Populationen, die dieses Antigen nicht enthalten)
    3. Der Kremplingsesser muss nach einer Phase der Sensibilisierung nochmal einen Krempling essen, der dieses Antigen enthält.


    Davon abgesehen, kann ein schlecht erhitzter Krempling zu gastrointestinalem Syndrom führen, und "Unerverträglichkeiten" äußern sich meist in einer Unverdaulichkeit; nicht jeder Mensch kann Pilze gut verdauen.


    Grüßle
    Juergen