Japanisches Pilzabenteuer (Squamanita spec.)

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 939 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HygroPustu.

  • Hallo liebes Forum


    Ich bin vor einigen Wochen in einer japanischen Facebook-Gruppe auf einen Pilz gestossen, welcher mein Interesse geweckt hatte. Ich war mir sicher, dass es sich um eine Squamanita-Art handeln muss und hatte versucht, den Finder auf die Seltenheit seines Fundes aufmerksam zu machen und ihn zu bitten, den Pilz einer wissenschaftlichen Untersuchung zukommen zu lassen, da er ihn ja schon gepflückt hatte. Leider sprach er kein englisch (und ich kein japanisch), was die Kontaktaufnahme erst verhindert hatte. Glücklicherweise hatte sich dann aber ein Student der Universität Tokyo als Vermittler zur Verfügung gestellt und veranlasst, dass der Finder ihm den Pilz zukommen liess.



    Pilze der Gattung Squamanita (Schuppenwulstlinge) sind extrem(!) selten und sollten komplett geschützt werden. Da der Finder den Pilz aber eh bereits entnommen hatte und der Pilz nicht wie einer aussah, den ich kannte (im Vergleich zu Squamanita schreieri - dem gelben Schuppenwulstling - sind optisch klare Unterschiede festzustellen), hatte ich versucht, den Finder dazu zu bringen, dass der Pilz wissenschaftlich untersuchen lässt. Insbesondere wurden kürzlich drei weitere Squamanita Arten publiziert (S. orientalis, S. mira, S. sororcula) und ich hatte den Eindruck, dass es sich um eine dieser Arten handeln müsste oder um Squamanita umbonata, welche auch aus Japan oder Nordamerika bekannt ist. "Umbonate" bedeutet auf englisch ja gebuckelt, und der vorliegende Pilz hat einen recht deutlichen Buckel auf seinem Hut. Somit liegt meine Vermutung hier klar bei Squamanita umbonata.

    Das Paper findet man hier: https://imafungus.biomedcentra…0.1186/s43008-021-00057-z


    Da der Student keine adäquaten mikroskopischen Untersuchungen machen konnte hatte ich ihn gebeten, ihn einer entsprechenden Abteilung einer japanischen Universität oder mir zukommen zu lassen (damit der Pilz vorerst in "sicheren Händen" ist). Er hat sich für die zweite Variante entschieden und den gefriergetrockneten Fruchtkörper perfekt verpackt an mich gesandt. Das Exsikkat befindet sich nun bei mir in der Schweiz und ist in einem sehr guten Zustand. Die mikroskopischen Untersuchungen werden in dieser Woche noch gemacht werden.





    Die dicke Knolle, welche man im unteren Teil sieht, ist ein Überbleibsel eines anderen Pilzes (wohl aus der Gattung Amanita). Der Squamanita parasitiert diese Pilzart und bildet dann seinen eigenen Stiel und Hut. Er ist zudem in der Regel an eine ganz bestimmte Pilzart gebunden, was die extreme Seltenheit solcher Pilzarten erklärt. Es handelt sich meiner Meinung nach um eine der interessantesten Pilzgattungen der Welt und ich bin schon auf die mikroskopischen Untersuchungen gespannt.


    Das Geheimnis um die Art hat sich am Wochenende bereits gelöst, da der Student selber im Bereich der DNA-Sequenzierung arbeitet und eine Probe aus dem oberen Teil analysiert hatte. (Eine weitere Probe aus dem unteren Teil blieb leider erfolglos.) Die ITS Sequenz des oberen Teils zeigt klar, dass es sich um Squamanita orientalis handelt (die Sequenz stimmt mit 99.8% mit der Sequenz des Holotyp-Fundes aus China überein!), was mich doch erstaunt hatte!


    Ich bin gespannt, was die mikroskopischen Untersuchungen noch zeigen werden und werde die Bilder natürlich auch hier im Forum zeigen!


    Aufgrund der Seltenheit dieses Fundes (die Funde wird man wohl an einer Hand abzählen können) werde ich den Pilz an eine japanische Universität zurücksenden. Erste Kontaktdaten habe ich bereits. Sollte dies nicht möglich sein, wandert er bspw in ein offizielles Herbar in der Schweiz. Auch werde ich hier in diesem Forum zu gegebener Zeit sämtliche Informationen (Fundort, Begleitflora, weitere Bilder, ITS Sequenz, ...) in Absprache mit dem Finder elektronisch zur Verfügung stellen (in einem Artportrait), damit das maximale aus diesem Fund heraus geholt werden kann und allen zur Verfügung gestellt werden kann.


    Liebe Grüsse

    Bruno

  • Hallo Bruno,

    klasse, dass du dich um den Schuppenwulstling gekümmert hast. So konnte ein seltener Pilz identifiziert werden!

    Ich hatte ein weniger spektakulären Fund, aber für mich bleibt gut in Erinnerung. Ich bin nämlich auch achtlos an einer Squamanita contortipes vorbeigelaufen, hatte sie aber als Beifang auf einem Foto, das ich im Forum gezeigt habe. Ein Forianer machte mich auf die Squamanita aufmerksam und ich zog noch einmal los, um sie auf einer Wiese zwischen tausenden Galerien und zahlreichen Saftlingen wiederzufinden. Das hat geklappt, sodass ich sie korrekt bestimmen konnte. Das ist und bleibt wohl eigentlich mein Lieblings-pilzabenteuer.


    Ich bin gespannt, was die weiteren Untersuchungen ergeben werden.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Bruno,

    klasse, dass du dich um den Schuppenwulstling gekümmert hast. So konnte ein seltener Pilz identifiziert werden!

    Ich hatte ein weniger spektakulären Fund, aber für mich bleibt gut in Erinnerung. Ich bin nämlich auch achtlos an einer Squamanita contortipes vorbeigelaufen, hatte sie aber als Beifang auf einem Foto, das ich im Forum gezeigt habe. Ein Forianer machte mich auf die Squamanita aufmerksam und ich zog noch einmal los, um sie auf einer Wiese zwischen tausenden Galerien und zahlreichen Saftlingen wiederzufinden. Das hat geklappt, sodass ich sie korrekt bestimmen konnte. Das ist und bleibt wohl eigentlich mein Lieblings-pilzabenteuer.


    Ich bin gespannt, was die weiteren Untersuchungen ergeben werden.

    Hallo Claudia


    Ja, eine Squamanita zu finden oder in echt zu sehen ist schon was ganz spezielles und irgendwie magisches! Gratuliere auch zu deinem Fund!

    Den Sammelbeitrag mit allen Infos, BIlder etc. werde ich erst in einigen Wochen erstellen (und hier verlinken).


    Gruss, Bruno