Hallo zusammen,
vor dem Hintergrund der unzähligen Fragen nach der Essbarkeit von gammeligen und zudem schlecht fotografierten Pilzen und Pilzfragmenten möchte ich anhand von drei Vergiftungs-Beispielen aus dem Monat Oktober auf das Risiko hinweisen, das mit dem Verzehr von Pilzen verbunden ist, die man nicht hundertprozentig kennt.
Ferner empfehle ich Eltern, deren Kinder unbekannte Pilze gegessen haben, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es sollte abgeklärt werden, um welche Pilzart es sich handelt, um gegebenenfalls Maßnahmen gegen eine Vergiftung zu ergreifen.
Pantherpilzvergiftung - eine Erwachsene
Zuletzt hatte mich am Sonnabend ein Arzt eines Thüringer Krankenhauses kontaktiert, der eine Patientin auf der Intensivstation zu behandeln hatte. Sie war gerade aus dem Koma erwacht und gab an, dass sie Perlpilze und Maronen gegessen hätte. Erinnerungen an die Menge der verzehrten Pilze und andere Details hatte sie nicht.
Die Frau war am Tag zuvor ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ihr Mann, der erst am Freitag Abend nach Hause gekommen war, hatte seine Frau im Koma angetroffen und sofort den Rettungsarzt kontaktiert. Bei der Befragung in der Notaufnahme erinnerte er sich, dass seine Frau am Freitag Vormittag Pilze sammeln wollte. Daraufhin wurde der Frau der Magen ausgepumpt. Es befanden sich allerdings nur noch zwei kleine Pilzstückchen darin. Weil die Frau nicht befragt werden konnte, was genau sie gefunden und gegessen hatte und keine Putzreste vorhanden waren, vermuteten die Ärzte das Schlimmste und ergriffen Maßnahmen gegen eine Knollenblätterpilzvergiftung. So verabreichten sie Silibinin, das Antidot bei Vergiftungen mit amanitinhaltigen Pilzen. Die Frau wurde künstlich beatmet.
Die beschriebenen Symptome weisen allerdings auf eine Vergiftung mit Pantherpilzen hin. Diese werden gelegentlich mit dem Perlpilz verwechselt und nicht in jedem Fall können die Vergifteten gerettet werden. Das Antidot wurde verabreicht, weil eine Vergiftung mit dem Grünen oder Weißen Knollenblätterpilz aus den oben genannten Gründen nicht ausgeschlossen werden konnte und auch nach der Befragung der Frau nicht auszuschließen war. Wer Perlpilze mit Pantherpilzen verwechselt, verwechselt sie möglicherweise auch mit Grünen oder Weißen Knollenblätterpilzen.
Auch wenn die Frau wieder aus dem Koma erwacht ist, wird sie keine guten Erinnerungen mit ihrer Pilzmahlzeit verbinden. Sie musste durch Schaden lernen, dass sie Perlpilze nicht sicher bestimmen kann.
Vergiftung mit dem Kahlen Krempling - eine Erwachsene
Vor ca. drei Wochen bekam ich einen Anruf aus einem Thüringer Krankenhaus. Eine Frau hätte nach dem Verzehr von Pilzen Erbrechen und Bauchschmerzen.
Einen Pilz hatte sie mit in die Notaufnahme genommen. Fotos des Pilzes zeigten den Kahlen Krempling. Die Frau gab an, den Pilz nicht richtig gegart zu haben. Kremplinge sind wie viele andere Pilzarten roh giftig. Ungenügendes Erhitzen war eine mögliche Ursache der Beschwerden. Die zweite Möglichkeit wäre der Beginn des so genannten Paxillus-Syndroms, bei dem ein Antigen zu einer schweren allergischen Reaktion führt, bei der die Roten Blutkörperchen und die Nieren geschädigt werden können und die im schlimmsten Fall tödlich endet.
Dieser Vergiftungsfall verlief glimpflich. Die Frau konnte nach 2 Tagen symptomatischer Behandlung das Krankenhaus verlassen.
Auch wenn es früher anders in den Pilzbüchern stand. Heute wissen wir: Kahle Kremplinge sind Giftpilze!
Vergiftung mit dem Gifthäubling - ein Kleinkind
Dieser Fall ereignete sich am vergangenen Freitag.
Ein Vater rief mich aus Bayern an und teilte mir mit, dass seine einjährige Tochter Pilze am Buddelkasten gepflückt und in den Mund geschoben hätte. Dabei hätte sie auch ein Stück verschluckt. Er habe sofort reagiert, dem Kind die restlichen Pilze weggenommen und Fotos gemacht.
Die kleinen braunen Pilze am Fichtenbalken des Buddelkastens waren leider keine Stockschwämmchen, sondern Gifthäublinge.
Ich riet dem Vater mit der kleinen ins Krankenhaus zu fahren und schieb ihm alles Wichtige zum Gifthäubling auf. Insbesondere, dass er Amanitin enthält, das das Gift des Grünen Knollenblätterpilzes.
Das Kind wurde im Krankenhaus sofort auf eine Amanitinvergiftung behandelt. Die Kleine erhielt Aktivkohle, Silibinin und Aktivkohle. Der Vater schrieb mir am Folgetag: "Die Kohlenhandlung ist schon abgeschlossen und die Magensonde entfernt. Das Antidot wird noch ein paar Stunden gegeben. Nach dem Einlauf wurde auch schon die Kohle ausgeschieden... Ich werde jetzt die Holzsachen erst einmal aus dem Garten verbannen."
Wenn so ein kleiner Spatz das alles ertragen muss, ist das schon starker Tobak. Aber es zeigt eben auch, dass die Ärzte Amanitinvergiftungen sehr ernst nehmen, ganz besonders bei kleinen Kindern.
Der letzte Fall war ein Unglück, das wohl jeden treffen kann. Der Vater hat besonnen und umsichtig reagiert, sodass dem Kind nichts Schlimmeres passiert ist.
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Die beiden vorgenannten Fälle dagegen waren fahrlässig und leichtsinnig, resultierend aus Unwissenheit und Selbstüberschätzung. Davon sind viele Anfragen hier im Forum geprägt und ich hoffe inständig, dass die Anfragenden begreifen, dass Pilze sehr komplex sind und man Erfahrung benötigt, um sie sicher zu bestimmen und zu Speisezwecken zu sammeln.
Niemand sollte für eine Pilzmahlzeit das Risiko eines Krankenhausaufenthalts auf sich nehmen. Vergiftungen mit Pilzen sind vermeidbar. Entweder durch 100%ige Sicherheit bei der Bestimmung, dem Gang zum Pilzberater oder dem Verzicht auf den Verzehr der Pilze.
Und hier die Statistik der Pilzvergiftungen in diesem Jahr aus der GIZ Erfurt.