mittags Pilzessen - abends Intensivstation

Es gibt 23 Antworten in diesem Thema, welches 4.107 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Azalee.

  • Hallo zusammen,


    vor dem Hintergrund der unzähligen Fragen nach der Essbarkeit von gammeligen und zudem schlecht fotografierten Pilzen und Pilzfragmenten möchte ich anhand von drei Vergiftungs-Beispielen aus dem Monat Oktober auf das Risiko hinweisen, das mit dem Verzehr von Pilzen verbunden ist, die man nicht hundertprozentig kennt.

    Ferner empfehle ich Eltern, deren Kinder unbekannte Pilze gegessen haben, das nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Es sollte abgeklärt werden, um welche Pilzart es sich handelt, um gegebenenfalls Maßnahmen gegen eine Vergiftung zu ergreifen.


    Pantherpilzvergiftung - eine Erwachsene


    Zuletzt hatte mich am Sonnabend ein Arzt eines Thüringer Krankenhauses kontaktiert, der eine Patientin auf der Intensivstation zu behandeln hatte. Sie war gerade aus dem Koma erwacht und gab an, dass sie Perlpilze und Maronen gegessen hätte. Erinnerungen an die Menge der verzehrten Pilze und andere Details hatte sie nicht.


    Die Frau war am Tag zuvor ins Krankenhaus eingeliefert worden. Ihr Mann, der erst am Freitag Abend nach Hause gekommen war, hatte seine Frau im Koma angetroffen und sofort den Rettungsarzt kontaktiert. Bei der Befragung in der Notaufnahme erinnerte er sich, dass seine Frau am Freitag Vormittag Pilze sammeln wollte. Daraufhin wurde der Frau der Magen ausgepumpt. Es befanden sich allerdings nur noch zwei kleine Pilzstückchen darin. Weil die Frau nicht befragt werden konnte, was genau sie gefunden und gegessen hatte und keine Putzreste vorhanden waren, vermuteten die Ärzte das Schlimmste und ergriffen Maßnahmen gegen eine Knollenblätterpilzvergiftung. So verabreichten sie Silibinin, das Antidot bei Vergiftungen mit amanitinhaltigen Pilzen. Die Frau wurde künstlich beatmet.


    Die beschriebenen Symptome weisen allerdings auf eine Vergiftung mit Pantherpilzen hin. Diese werden gelegentlich mit dem Perlpilz verwechselt und nicht in jedem Fall können die Vergifteten gerettet werden. Das Antidot wurde verabreicht, weil eine Vergiftung mit dem Grünen oder Weißen Knollenblätterpilz aus den oben genannten Gründen nicht ausgeschlossen werden konnte und auch nach der Befragung der Frau nicht auszuschließen war. Wer Perlpilze mit Pantherpilzen verwechselt, verwechselt sie möglicherweise auch mit Grünen oder Weißen Knollenblätterpilzen.


    Auch wenn die Frau wieder aus dem Koma erwacht ist, wird sie keine guten Erinnerungen mit ihrer Pilzmahlzeit verbinden. Sie musste durch Schaden lernen, dass sie Perlpilze nicht sicher bestimmen kann.


    Vergiftung mit dem Kahlen Krempling - eine Erwachsene


    Vor ca. drei Wochen bekam ich einen Anruf aus einem Thüringer Krankenhaus. Eine Frau hätte nach dem Verzehr von Pilzen Erbrechen und Bauchschmerzen.


    Einen Pilz hatte sie mit in die Notaufnahme genommen. Fotos des Pilzes zeigten den Kahlen Krempling. Die Frau gab an, den Pilz nicht richtig gegart zu haben. Kremplinge sind wie viele andere Pilzarten roh giftig. Ungenügendes Erhitzen war eine mögliche Ursache der Beschwerden. Die zweite Möglichkeit wäre der Beginn des so genannten Paxillus-Syndroms, bei dem ein Antigen zu einer schweren allergischen Reaktion führt, bei der die Roten Blutkörperchen und die Nieren geschädigt werden können und die im schlimmsten Fall tödlich endet.


    Dieser Vergiftungsfall verlief glimpflich. Die Frau konnte nach 2 Tagen symptomatischer Behandlung das Krankenhaus verlassen.


    Auch wenn es früher anders in den Pilzbüchern stand. Heute wissen wir: Kahle Kremplinge sind Giftpilze!


    Vergiftung mit dem Gifthäubling - ein Kleinkind


    Dieser Fall ereignete sich am vergangenen Freitag.

    Ein Vater rief mich aus Bayern an und teilte mir mit, dass seine einjährige Tochter Pilze am Buddelkasten gepflückt und in den Mund geschoben hätte. Dabei hätte sie auch ein Stück verschluckt. Er habe sofort reagiert, dem Kind die restlichen Pilze weggenommen und Fotos gemacht.


    Die kleinen braunen Pilze am Fichtenbalken des Buddelkastens waren leider keine Stockschwämmchen, sondern Gifthäublinge.

    Ich riet dem Vater mit der kleinen ins Krankenhaus zu fahren und schieb ihm alles Wichtige zum Gifthäubling auf. Insbesondere, dass er Amanitin enthält, das das Gift des Grünen Knollenblätterpilzes.


    Das Kind wurde im Krankenhaus sofort auf eine Amanitinvergiftung behandelt. Die Kleine erhielt Aktivkohle, Silibinin und Aktivkohle. Der Vater schrieb mir am Folgetag: "Die Kohlenhandlung ist schon abgeschlossen und die Magensonde entfernt. Das Antidot wird noch ein paar Stunden gegeben. Nach dem Einlauf wurde auch schon die Kohle ausgeschieden... Ich werde jetzt die Holzsachen erst einmal aus dem Garten verbannen."


    Wenn so ein kleiner Spatz das alles ertragen muss, ist das schon starker Tobak. Aber es zeigt eben auch, dass die Ärzte Amanitinvergiftungen sehr ernst nehmen, ganz besonders bei kleinen Kindern.


    Der letzte Fall war ein Unglück, das wohl jeden treffen kann. Der Vater hat besonnen und umsichtig reagiert, sodass dem Kind nichts Schlimmeres passiert ist.


    ----------------------------------


    Die beiden vorgenannten Fälle dagegen waren fahrlässig und leichtsinnig, resultierend aus Unwissenheit und Selbstüberschätzung. Davon sind viele Anfragen hier im Forum geprägt und ich hoffe inständig, dass die Anfragenden begreifen, dass Pilze sehr komplex sind und man Erfahrung benötigt, um sie sicher zu bestimmen und zu Speisezwecken zu sammeln.


    Niemand sollte für eine Pilzmahlzeit das Risiko eines Krankenhausaufenthalts auf sich nehmen. Vergiftungen mit Pilzen sind vermeidbar. Entweder durch 100%ige Sicherheit bei der Bestimmung, dem Gang zum Pilzberater oder dem Verzicht auf den Verzehr der Pilze.


    Und hier die Statistik der Pilzvergiftungen in diesem Jahr aus der GIZ Erfurt.













    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Claudia,


    vielen Dank für Deinen Bericht. Er hat bei mir wieder jede Menge Kopfschütteln, Wundern und Erschrecken ausgelöst (genau so wie die Aufzählung von AlexG in diesem Thread).

    vor dem Hintergrund der unzähligen Fragen nach der Essbarkeit von gammeligen und zudem schlecht fotografierten Pilzen und Pilzfragmenten möchte ich anhand von drei Vergiftungs-Beispielen aus dem Monat Oktober auf das Risiko hinweisen, das mit dem Verzehr von Pilzen verbunden ist, die man nicht hundertprozentig kennt.

    Nur leider befürchte ich, dass diejenigen, die Deinen Bericht dringend lesen sollten, ihn lieber ignorieren werden g:( Ich habe so wie so das Gefühl, dass viele "Neulinge" erst schreiben und sich bestenfalls im 2. Schritt mal im Forum umsehen.


    Liebe Grüße


    Murph

  • Hallo zusammen,


    irgendwie erstaunt mich der 1. Fall besonders. Jeder, der über den Perlpilz liest, bekommt doch immer den Pantherpilz als möglichen Verwechslungspartner genannt. Und soooo ähnlich sind sie sich doch auch gar nicht. Es gibt doch nicht nur eines, sondern eine Hand voll Merkmale, mit denen man sie unterscheiden kann.


    Nicht zu unterschätzen finde ich eher die Gefahr, Pilze, die man bestimmen kann mit der Sense zu ernten. Ich hatte schon Pfifferlinge gepflückt und hatte plötzlich einen undefinierten Schleierling in einem ähnlichen Farbton in der Hand. Das habe ich dann natürlich sofort bemerkt. Aber Pilze verschiedener Arten können halt sehr durcheinander wachsen und nicht immer heben sie sich farblich voneinander ab.


    Beim 2. Fall glaube ich, dass es noch sehr viele Leute gibt, die Kahle Kremplinge sammeln. Die lesen halt keine moderne Literatur und bewegen sich nicht im Pilzforum und sammeln die Pilze, die sie schon seit 30 Jahren kennen.


    Aber es gibt nichts, was es nicht gibt: Ich habe schon Leute im Wald gesehen, die mir einen Korb voller Nebelkappen präsentierten und sie mir als Shiitake weiß machen wollten.



    LG; Michael

  • Liebe Claudia,


    Ich bedanke mich ausdrücklich und nicht nur per Button für deine Mühe und den Bericht. Wenn er auch nur einen Menschen davon abhält, leichtsinnig zu sein, hat er seinen Zweck vollumfänglich erfüllt.

    Ich habe sowieso absolute Hochachtung für euch PSV‘s. Mir wurde beim letzten Seminar auch geraten, diesen Weg zu gehen und ich habe dankend, aus Angst vor der Verantwortung für dritte, abgelehnt.


    LG André

  • Liebe Claudia,


    auch von mir ein großes Danke!


    Bei den an mich via Giftnotzentrale weitergeleiten Fällen war kein Giftbolzen dabei. Vorbereit auf eine mikroskopische Untersuchung von Pilzfragmenten war ich allerdings, hätte auch Ausscheidungen auf Sporen untersuchen können.

    In D sind PSV übern Verein für etwaige Fehlbestimmungen versichert, in Ö nicht. Deshalb hängt mein Bestimmungshut am Nagel, :gklimper:


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Hallo Claudia,

    ich finde das auch sehr gut, sowas hier zu sehen.

    Fast etwas schade, dass neue Forumsteilnehmer das wahrscheinlich nicht sofort wahrnehmen. Da geht es ja i.d.R. im ersten Moment darum, die Unsicherheit der Bestimmung schnell zu klären...

    Vielleicht wäre es ja denkbar, Erfahrungsberichte und Berichte von Vergiftungen im Forum etwas prominenter zu platzieren? Vielleicht habe ich sowas aber auch übersehen...


    Grüße

    Peter

  • Hallo Murph,

    deine Befürchtungen teile ich. Aber immerhin hab ich jetzt ein paar Beispiele aufgeschrieben, mit denen ich die Antwort auf eine schräge Bestimmungsanfrage dekorieren kann. :gfreuen:

    Aber es gibt nichts, was es nicht gibt: Ich habe schon Leute im Wald gesehen, die mir einen Korb voller Nebelkappen präsentierten und sie mir als Shiitake weiß machen wollten.

    Hallo Michael,

    so ist es und wenn man den Leuten einen Hinweis gibt, erntet man meist Ablehnung. Ich habe dann das Gefühl, dass die denken, ich würde ihnen ihre schönen Pilze nicht gönnen.


    Ich habe sowieso absolute Hochachtung für euch PSV‘s. Mir wurde beim letzten Seminar auch geraten, diesen Weg zu gehen und ich habe dankend, aus Angst vor der Verantwortung für dritte, abgelehnt.

    Hallo André,

    denk doch noch einmal darüber nach. Es muss ja auch Leute geben, die sich um Pilzvergiftungen kümmern. Mir ging es anfangs auch so und ich habe erst einmal gezögert, mit dem Giftnotruf zu kooperieren. Und beim ersten Anruf aus einem Krankenhaus saß mir auch der Schreck im Nacken.

    Aber es gibt gute Literatur und immerhin verstehen Menschen, die sich mit Pilzen und Pilzvergiftungen beschäftigt haben mehr, als alle, die das nicht getan haben. Ein Mikroskop ist mit entsprechender Anleitung und ein bisschen Übung auch hilfreich. Du musst ja den Ärzten auch nicht sagen, welche Therapie sie anwenden sollen. Im Grunde geht es darum zu erkennen, zu welchen Pilzen die Vergiftungssymptome, die Beschreibung durch die Patienten, Putzreste etc. passen könnten. Bei der PSV-Vorbereitung lernst du die Basics und dann empfiehlt sich, ein bisschen Literatur zu wälzen. Nur Mut!


    Hi Claudia


    Auch ich möchte mich bedanken. So ein Thema ist wichtig und sollte jeden sensibilisieren grade bei den ersten beiden Fällen sieht man wie gefährlich es werden könnte. Besten Dank


    LG Tomas

    Hallo Thomas,

    leider unterschätzen das Menschen, die sich wenig mit Pilzen beschäftigen sehr oft. Da ist eine gefährliche Mischung aus Selbstüberschätzung und Leichtsinn im Spiel.


    Hallo Iglpeter,

    ja, das ist schon blöd, wenn du keinen Verein hast, der dich im Zweifel schützt und versichert. Aber an sich bin ich auch vorsichtig mit der Diagnose. Wenn ich nicht erkenne, welche Pilze der Betroffene verspeist hat, dann muss ich das wohl oder übel zugeben. Besser als eine Fehlbestimmung ist das allemal. Wenn ich mikroskopiere und finde keine Hinweise auf einen Knollenblätterpilz, dann schließe ich den auch nicht aus. Außerdem habe ich inzwischen mitbekommen, dass Silibinin offenbar generell sehr frühzeitig gegeben wird bei unklaren Vergiftungen, auch wenn der verursachende Pilz noch gar nicht feststeht. Da fällt dann schon mal ein großes Risiko weg.

    Aber verstehen kann ich dich schon. Ich bin nicht sicher, ob ich das wollen würde ohne meine Rückendeckung.

    Fast etwas schade, dass neue Forumsteilnehmer das wahrscheinlich nicht sofort wahrnehmen. Da geht es ja i.d.R. im ersten Moment darum, die Unsicherheit der Bestimmung schnell zu klären...

    Vielleicht wäre es ja denkbar, Erfahrungsberichte und Berichte von Vergiftungen im Forum etwas prominenter zu platzieren? Vielleicht habe ich sowas aber auch übersehen...

    Hallo Peter,

    jetzt kann ja ich leichtsinnigen Fragestellern diesen Beitrag verlinken und so besteht zumindest die Chance der Aufklärung bei den allzu sorglosen Pilzverspeisern. Auch deshalb hab ich ihn geschrieben. Sozusagen als Arbeitserleichterung, wenn täglich hunderte Anfragen kommen und man nur wenige ausführlich beantworten kann,

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


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  • Hi


    Das sehe ich komplett auch so. Ich versuche das auch auf mich anzuwenden lieber nicht so selbstsicher an manche pilze zu gehen. Ich sammle den Perlpilz sehr gerne aber auch da enddecke ich bei mir eine vielleicht zu sichere Haltung. Wobei das Thema wirklich erst einmal von Gelegenheits Sammlern und neuen beachtet werden sollte. Wie oben geschrieben möchten einige erst mal schnell eine Tendenz haben oder wollen wissen ob das was sie gegessen haben gefährlich war.


    LG und ein schönes Wochenende


    Tomas

  • Ich versuche das auch auf mich anzuwenden lieber nicht so selbstsicher an manche pilze zu gehen. Ich sammle den Perlpilz sehr gerne aber auch da enddecke ich bei mir eine vielleicht zu sichere Haltung.

    Hallo Thomas,

    bei Perlpilzen verhalte ich mich tatsächlich irrational. Wenn ich sie ins Körbchen lege, bin ich mir meiner immer absolut sicher. Ich putze sie vorher richtig sauber, weil ich zu Hause keine Lust dazu habe. Und jetzt kommt: Zu Hause sind dann aber die zentralen Merkmale nicht mehr vorhanden und so hab auch schon einige besonders schöne makelfreie Exemplare entsorgt, weil nicht mehr sicher war. Stockschwämmchen sammle ich erst seit drei Jahren. Vorher war mir das zu unsicher. Das Problem ist, dass sich viele Anfänger der Risiken nicht bewusst sind.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Das Problem ist, dass sich viele Anfänger der Risiken nicht bewusst sind.


    Das ist tatsächlich das größte Problem …

    Ich hab bei Lehrwanderungen schon so einiges erlebt …

    Oh ich dachte mehr Pilze als in meinem Heft gibts gar nicht 😵‍💫

    „Ja ich sammel seit Jahren stockschwämmchen“ (oh Gott oh Gott …) und was ist das hier ?

    „Ja das sind stockschwämmchen!“ ääääh das sind leider tödlich giftige Gifthäublinge und denn is die Panik erstmal groß, weil sie denn erst begriffen haben, wie leichtsinnig sie eigentlich die letzten Jahre gehandelt haben…


    Und wofür? Pilze sind kein Grundnahrungsmittel ☠️☠️☠️ also noch nicht … 🫢



    Alex

  • Hallo Alex,

    du sagst es. Da gibt es Leute, die sind zum zweiten Mal bei einer Pilzwanderung dabei und erklären dir stolz, dass sie jetzt Hallimasch, Marone, Rotfuß, Steinpilz, Fichtenreizker und Pfifferling gut kennen. Du freust dich und denkst, dass es an der Zeit sein könnte, ihr Basiswissen zu erweitern und zeigst auf einen Gefleckttblättrigen Flämming und fragst, ob sie den kennen und sie antworten stolz: Klar, das ist Hallimasch. :gkopfwand:


    Es fehlt am Bewusstsein, wie viele Pilzarten es gibt und dass mehr als ein flüchtiger Blick nötig ist, sie zu unterscheiden.


    Hier in Thüringen, wie auch in Sachsen waren Pilze früher tatsächlich so etwas wie Grundnahrungsmittel. Die Menschen waren arm und erweiterten ihren Speiseplan. Sie sammelten Steinpilze, Maronen, Pfifferlinge und Stockschwämmchen. Wobei sie unter der Bezeichnung Stockschwämmchen Hallimasch und Stockschwämmchen verstanden. Gifthäublinge müssen früher selten gewesen sein, jedenfalls gibt es kein Bewusstsein für die Verwechslungsgefahr bei den Leuten.

    Die Statistik lehrt, dass Pilzvergiftungen in den östlichen Bundesländern eine größere Rolle spielen und dass sie in Sachsen in etwa so hoch sind wie in allen anderen Bundesländern zusammen.

    Leider trifft die Statistik keine Aussagen über die Vergiftungsursachen. In der Regel erfahren wir PSV auch oft nicht, was aus den Fällen geworden ist, in denen wir Ärzte oder Betroffene über den Kontakt mit dem GIZ beraten haben. Ich versuche wenn möglich, es herauszubekommen. Aber ich bin überzeugt, viele Vergiftungen tauchen in der Statistik gar nicht auf.


    Vor drei Wochen z.B. hatte mich vormittags eine Frau aus Coburg angerufen. Die Familie hatte selbst gesammelte Champignons auf dem Raclette zubereitet und das war buchstäblich in die Hose gegangen und nicht nur das. Klassische Karbolchampignonvergiftung. Die Frau meinte, das Krankenhaus hätte gesagt, sie sollten sich an einen PSV wenden, sie hätten auch keine Ahnung von Pilzen. Den Wahrheitsgehalt dieser abenteuerlichen Aussage kann ich nicht überprüfen. Es ging wohl allen schon wieder besser, aber sie machte sich Sorgen um den achtjährigen Sohn. Ich empfahl, das Krankenhaus aufzusuchen und sich nicht abwimmeln zu lassen. Ob sie das getan hat, weiß ich nicht. Wenn nicht, tauchen die drei Fälle in keiner Vergiftung auf.


    Übrigens scheint es in Bayern nicht sehr viele PSV zu geben, die mit dem Giftnotruf zusammenarbeiten. Wir bekommen hier in Thüringen fast genauso viele Anfragen aus Bayern wie aus der Region.

    Lieben Gruß


    Claudia


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    Einmal editiert, zuletzt von Wutzi ()

  • Hi Claudia


    Ich hatte schon einige Male Stockschwämchen in der Hand habe die sicher bestimmt aber essen traue ich mir noch nicht zu ich muss noch sehr viel lernen. Manchmal habe ich einfach noch Unsicherheit und dann besser noch nicht für speisezwecke.


    LG Tomas

  • Ich hatte schon einige Male Stockschwämchen in der Hand habe die sicher bestimmt aber essen traue ich mir noch nicht zu

    Hallo Tomas,

    das halte ich für besser als eine Lebensversicherung. ==Gnolm13 Ich habe auch lange gebraucht, bis ich mich an die herangewagt habe. Besser so, als du erwischt die falschen. Wir leiden ja nicht unter Hunger und müssen unbedingt Pilze essen und glücklicherweise gibt es ja genug andere Pilze, die leichter zu bestimmen sind und keine tödlich giftigen Verwechslungspartner haben.

    Lieben Gruß


    Claudia


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  • Hallo zusammen,


    das sind ja echt krasse Berichte. Da sieht man ganz deutlich, dass eine gesunde Selbsteinschätzung die wichtigste Eigenschaft für einen Speisepilzsammler ist. Zwar halte ich wenig davon, dass einige schon fast Angst vor Pilzen haben - man kann Pilze natürlich sicher sammeln - aber Menschen, die dahingehend ängstlich sind, überleben wohl länger als die, die sich überschätzen.

    Am Rande wollte ich noch aussprechen, wie schön es ist, dass es Menschen wie dich gibt, Wutzi, die bei so einem Notfall helfen und das Telefon bereit halten. Das finde ich super.


    Damit wünsche ich euch eine vergiftungsfrei restliche Hauptsaison


    Oliver

  • Stockschwämmchen sammle ich erst seit drei Jahren. Vorher war mir das zu unsicher. Das Problem ist, dass sich viele Anfänger der Risiken nicht bewusst sind.

    Woher kommt denn diese Unsicherheit? Stockschwämmchen sind doch durch die Schüppchen absolut sicher von Gifthäublingen zu trennen und dieses Merkmal ist doch auch für jeden Anfänger sofort zu begreifen. Von der Bestimmung her, ist das Stockschwämmchen doch eigentl. ein Anfänger-freundlicher Pilz. Und vom Anfänger bist Du ja schon meilenweit entfernt (und warst es sicher auch schon vor drei Jahren).


    Man sollte natürlich beim Sammeln immer achtsam sein. Aber ein "Vorzeige-Stockschwämmchen" ist doch eigentlich recht einfach als solches zu erkennen. Vorausgesetzt natürlich, alle Merkmale sind gut ausgeprägt, die Schüppchen nicht abgewaschen, etc. Im Zweifel muss man's halt stehen lassen. Aber wenn die Merkmale gut und deutlich zu erkennen sind, muss man doch auch keine Angst davor haben. Vermutlich ist das Problem, das zu Pilzvergiftungen führt, dass die falschen Leute Angst haben. ;)


    Ich selbst bin auf jeden Fall höchstens ein fortgeschrittener Anfänger (deswegen schreibe ich auch nicht viel, sondern lese meist nur ;) ). Aber beim Stockschwämmchen bin ich mir sicher, dass ich das sicher bestimmen kann.



    Liebe Grüße


    Michael

  • Stockschwämmchen sammle ich erst seit drei Jahren. Vorher war mir das zu unsicher. Das Problem ist, dass sich viele Anfänger der Risiken nicht bewusst sind.

    Woher kommt denn diese Unsicherheit? Stockschwämmchen sind doch durch die Schüppchen absolut sicher von Gifthäublingen zu trennen und dieses Merkmal ist doch auch für jeden Anfänger sofort zu begreifen. Von der Bestimmung her, ist das Stockschwämmchen doch eigentl. ein Anfänger-freundlicher Pilz.

    Hallo Michael,

    theoretisch hast du Recht. Praktisch hatte ich immer das Gefühl, dass ich etwas übersehen haben könnte. Wahrscheinlich bin ich übervorsichtig und auf alle Fälle habe ich Respekt vor Gifthäublingen. Aber ich kenne mindestens eine dienstältere PSV, die über größere Artenkenntnis verfügt als ich und ebenfalls bis vor drei Jahren keine Stockschwämmchen gesammelt hat. Insofern fühle ich mich in guter Gesellschaft.

    Lieben Gruß


    Claudia


    ...leben und leben lassen... ;)


    Hier im Forum gibt es grundsätzlich keine Verzehrfreigaben.

    Pilzsachverständige findest du hier.

  • Hallo Michael,

    Ich bin sicher eher ein Anfänger und habe nie was riskiert obwohl ich schon öfter dachte, dass ich Stockschwämmchen vor der Nase habe.

    Meines Wissens gehören Stockschwämmchen gerade nicht zu den Anfängerpilzen.

    Ich traue mir die nicht zu! 🙄


    Liebe Grüße,

    Nele

  • Muss man ja nicht alles essen,


    was man sicher bestimmen kann, :gklimper:


    Eine hochkarätige Truppe war dieses Jahr für eine Woche unterwegs und hat Belegexemplare aufgesammelt, die essbaren den Wirtsleuten zum verarbeiten übergeben.


    Dieses Gallertkäppchen habe ich aus meinem Salat herausgeangelt,



    Vermutlich an einem Eierschwammerl drangepickt.


    Trau, schau, wem, ==Gnolm11?


    lgpeter

    "Die, die Kriege von oben führen sind feige Schreibtischtäter, die nicht wissen wie schrecklich Krieg ist".

    Quelle: "Masters Of War", Bob Dylan

  • Servus.


    Weils zu Thema passt, bin im Internet mit hxxps://www.selbst.de/gift-haeubling-toedlicher-pilz-68109.html und hxxps://www.selbst.de/giftiger-pilz-satansroehrling-68110.html auf zwei interessante Beiträge gestoßen. Bei den Links habe ich http gegen hxxp ersetzt, weil verlinken ist ja in den meisten Foren nicht gern gesehen.


    Schaut euch mal an, was die auf dem Bild als Satansröhrling bezeichnen, das ist ja auf dem Bild schon eindeutig ein Flockenstieliger Hexenröhrling.

    Bei dem 'Gifthäubling' ist das Bild leicht unscharf, ich meine aber Schuppen am Stiel und auch noch am Hutrand erkennen zu können. In diesen Fällen ist es nicht scho schlimm, dann lassen die Leute eben auch essbare Pilze stehen. Aber ich bin mir sicher, dass es sowas auch anders rum gibt und der Ersteller des Artikels wohl sehr wenig Ahnung von Pilzen hat, bzw zu wenig, um darüber zu schreiben.

    Da ist es dann auch nicht verwunderlich, wenn es Vergiftungen gibt.


    Als ich Bekannten letztens erklärte, dass man Champignons schon allein wegen der Verwechslungsgefahr mit Karboli's nicht abschneiden sollte machten die große Augen, weil sie davon noch nie was gehört hatten.

    Und sowas sage ich als Laie, der sich erst seit 3 Jahren mit Pilzen beschäftigt. Ich glaube die meisten Fälle sind eher der Unwissenheit geschuldet als Leichtsinn. Es fehlt einfach das Bewusstsein dafür. Wenn in alten Pilzbüchern bei Stockschwämmchen der giftige Doppelgänger garnicht erwähnt wird, oder schon Laubholz als Ausschlusskriterium für den Gifthäubling genannt wird, bzw könnte man ja darauf schließen, weil er ja mal Nadelholz-Gifthäublung hieß.


    Ansonsten gibts auch von mir ein dickes Lob für eure Tolle ehrenamtliche Arbeit als PSV's.


    Mfg Josef

  • Warum sollte man nicht verlinken dürfen?


    "Ein grüner Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) wächst auf einer abgestorbenen Baumwurzel"

    Junge Frau stirbt an Knollenblätterpilz - weitere Menschen in Klinik
    Weil sie einen Knollenblätterpilz gegessen hat, ist eine junge Frau in Nordrhein-Westfalen an einer Vergiftung gestorben.
    www.gmx.net


    Jetzt könnte man ja sagen, wer einen (vermutlich) Grünspanträuschling nicht sammelt, weil er ihn für einen Grünen Knollenblätterpilz hält, dem passiert nichts. Aber jetzt könnte ja irgendein Genie auf die Idee kommen und den Grünen Knollenblätterpilz sammeln, weil er ja nicht wie ein Grünspanträuschling aussieht. ||

  • Sehr interessante Berichte. Ich sammle seit einigen Jahren Pilze und kenne mich hier in meinem Revier soweit aus, dass ich für mich immer genug Pilze finde, die ich verwerte. Das sind in der Regel Steinpilze, Maronen, Austerseitlinge, Wiesenchampignons, violette Rötelritterlinge und auch Lacktrichterlinge, trotz Arsenverdacht. Ich verzehre die ja nicht in Massen, sondern leg immer nur ein paar Gläser sauer ein.

    Perlpilze kann ich mittlerweile auch gut bestimmen und vom grauen Wulstling unterscheiden, da beide hier gut vorkommen. Wenn man beide zur Hand hat, geht das eigentlich sehr gut. Pantherpilz habe ich hier noch nicht gefunden.
    Dennoch habe ich noch nie nen Perlpilz verzehrt, einfach weil ich andere, für mich bessere Pilze immer zur Genüge hatte. Ich versuche mein Portfolio jedes Jahr um einige Exemplare zu erweitern, die ich mir dann auch dauerhaft behalte, indem ich sie mit Fundorten verknüpfe. Dieses Jahr war der südliche Ackerling und der Riesenchampignon, sowie der kaffeebraune Gabeltrichterling.
    Die Welt der Pilze ist so sehr umfassend und faszinierend und nur wer den nötigen Respekt davor hat, wird nicht leichtsinnig.
    Hier in unseren Breiten stelle ich fest, dass so manch osteuropäischer Magen scheinbar widerstandsfähiger zu sein scheint und etwas unbedarfter sammelt. Da landen schonmal große Mengen an Pilzen im Korb, die einen uneinheitlich bestimmten Speisewert haben.

    Ich habe noch keinen PSV aufgesucht, habe aber großen Respekt vor deren Arbeit, vor allem da es Ehrenamt ist.


  • Hallo Thomas,

    bei Perlpilzen verhalte ich mich tatsächlich irrational. Wenn ich sie ins Körbchen lege, bin ich mir meiner immer absolut sicher. Ich putze sie vorher richtig sauber, weil ich zu Hause keine Lust dazu habe. Und jetzt kommt: Zu Hause sind dann aber die zentralen Merkmale nicht mehr vorhanden und so hab auch schon einige besonders schöne makelfreie Exemplare entsorgt, weil nicht mehr sicher war.

    Jaaaa! So geht es mir auch, teils noch krasser. Wie oft habe ich mich schon nach absolut sicher bestimmten und sogar bereits verzehrten Pilzen gefragt, ob da jetzt nicht doch etwas Böses drunter war. Pure Paranoia. Das mindeste ist seither, dass ich die Pilze, die in der Pfanne landen, fast immer komplett fotografiere. Das hilft meistens.


    Stockschwämmchen (die Bilderbuchexemplare) kann ich auch sicher, aber ich esse sie nicht. Mir ist es wie auch bei einigen anderen Pilzen einfach den Stress nicht wert. Ich google sonst die enthaltenen Gifte möglicher Verwechsler, um zu wissen, nach wie vielen Stunden ohne Symptome ich wieder aufatmen darf. Manchmal denke ich, dass Pilzesammeln - und essen! - ein bisschen Therapie für mich sind 😅

    Alle meine Bestimmungshilfen sind nur als Anregung zu verstehen. Für eine sichere Bestimmung sollten Pilze einem PSV vorgelegt werden. Eine Essensfreigabe gibt es im Forum grundsätzlich nicht.