Orange/gelbe Anamorphe an Acer (verm. Cryphonectria parasitica)

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 1.562 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Thorwulf.

  • Hallo,


    beim heutigen Waldgang konnte ich einen interessanten Fund machen, als an einem liegenden Rotbuchenstamm Baumstamm, vermutlich Bergahorn (danke Thorwulf für die Korrektur!), Samtfußrüblinge am Kopfholz meine Aufmerksamkeit weckten.

    Auf der Rinde des Stammes befanden sich sehr viele anamorphe Fruchkörper, aus denen Konidienmasse in Form sich aufringelnder, leuchtend gelber Bänder austrat (Bild 3,4,6,7).

    Auf der Rinde befanden sich orange, wulstige Strukturen, die aus Kristallen und Konidienmasse bestehen.

    Ich vermute, die Wülste bilden sich bei hoher Luftfeuchtigkeit anstelle der Bänder oder aus den Bändern (Bild 2-7).

    vgl. Bild 6


    Diese orange Masse färbt sich in 3%iger KOH rot.

    Die Rinde ist lokal aufgewölbt, zwischen Rinde und Holz befinden sich die gelb-orangenen Fruchtkörper (Bild 8-9).

    Die Größe der Konidien liegt bei 4-5 (6) x 1,3 µm (Bild 10).


    Gelbe Konidienbänder erzeugen wohl mehrere Pilze, bei allen von mir gefundenen (Quaternaria, Lobodostroma, ...) werden die Konidien allerdings länger >> 10µm angegeben.

    Was könnte das hier sein?

    Über Ideen hierzu würde ich mich sehr freuen!


    LG, Martin


    Bilder:

    Bild 1 Rotbuchenstamm mit u.a. Bispora antennata und Flammulina spec.


    Die gesuchte Anamorphe auf/unter der Rinde:

    Bild 2


    Bild 3


    Bild 4


    Bild 5


    Bild 6


    Bild 7


    Bild 8


    Bild 9


    Bild 10 Stäbchenförmige Konidien in Wasser 1000x: 4-6µm x 1,3 µm

    Einmal editiert, zuletzt von KaMaMa () aus folgendem Grund: Falsche Substratangabe gemacht

  • Spannend!

    Link zu Pilzlehrwanderungen: Pilzschule Rhein-Main

    Link: Verzehrfreigaben gibt es online nicht

    Galerie: Pilzfotos "zum Anfassen"/Stereobilder

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  • Oh ja, in der Tat spannend.


    Martin, schau mal hier rein: LWF-Seite


    LG

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  • Hallo Thorwulf,


    den Kastanienkrebs hatte ich gesehen.

    Abgesehen vom Wirt stimmen die Konidienabmessungen hier mWn leider auch nicht.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    bist Du Dir sicher, dass es sich bei dem Substrat-Holz um Fagus sylvatica handelt? Ich sehe da von der Rinde eher eine Ahornart.


    LG

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  • Hallo Thorwulf,


    ich bin mir nicht abschließend sicher.

    Der Tintenstrichpilz bevorzugt Rotbuche.

    Ich kann Ahorn nicht kategorisch ausschließen.


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    die Rinde von Fagus sylvatica ist i.d.R. bleigrau und ziemlich glatt, selbst bei älteren Bäumen und auch bei gefällten Stämmen. Zudem hat die Fagus-Borke nicht so einen Querschnitt wie auf der zweiten Aufnahme sichtbar. Ich sehe auf Deinen Aufnahmen eine schuppige graubraune Borke und hätte daher eher Acer in Verdacht, möglicherweise A. Pseudoplatanus.


    Da wäre dann Eutypella parasitica möglicherweise wieder im Spiel.


    Sofern Du aber wirklich eine Rotbuche da vorliegen hättest, würde ich an Libertella faginea denken bzw. damit vergleichen.


    LG

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  • Hallo Thorwulf,


    hier noch eine Aufnahme eines größeren Abschnittes des Stammes.

    Jetzt, wo ich die Aufnahme nochmal betrachte, kann ich mir einen Ahorn schon gut vorstellen!

    Besonders die grau-grünen Längsstreifen deuten in diese Richtung.

    Da habe ich mich auf den Tintenstrichpilz (Bispora antennata) allzu blind verlassen, im falschen Glauben, der komme fast ausschließlich an Rotbuche vor.

    Bild N1 Der Stamm (Gelbe Anamorphen oben in der Bildmitte schemenhaft erkennbar)


    Die Pilze, die du nennst sind heiße Kandidaten, aber ich habe Probleme mit der Konidienlänge, ich messe ja nur 3-4, max. 6µm lange Konidien!


    Zu Eutypella parasitica lese ich, dass die Konidien 12,5–35 × 1–2,5 μm groß sein sollen, das wäre allerdings deutlich (Faktor 2-9) über den gemessenen Größen, falls diese Größenangabe korrekt sein sollte! Als Quelle habe ich hier allerdings nur Wikipedia herangezogen.


    Und auch für Libertella faginea werden die Konidien wesentlich größer angegeben: (16) 18 - 21.3 (21.5) × (1.1) 1.2 - 1.9 (2.1) µm lt. Ascofrance, das wird schon so stimmen. Also auch etwa einen Faktor 3 länger als von mir beobachtet (3-4, max 6µm).


    Ich muss morgen mal im WWW nach Literatur stöbern, vielleicht werde ich fündig mit einer Anamorphe mit passender Konidienlänge - allerdings bin ich da skeptisch...


    LG, Martin

  • N'abend Martin,


    ja, dies sieht für mich nach Acer aus, sogar sehr nach Acer pseudoplatanus.


    Ich seh die Problematik hinsichtlich der Konidien, hätte jetzt aber gerade so auf die Schnelle keine weiteren Ideen/Vorschläge mehr. Aber evtl. hat noch der/die eine und andere hier aus der Runde einen weiteren Ansatz….?!


    LG

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  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Orange/gelbe Anamorphe an Fagus (Quaternaria spec?)“ zu „Orange/gelbe Anamorphe an Acer (Quaternaria spec?)“ geändert.
  • Hallo Martin


    Makroskopisch dein Fund erinnert mich an Cryphonectria sp. besonderes an Cryphonectria parasitica - Rak kore pitomog kestena . In Kroatien gibt sehr viele Esskastanien und diese Krankheit ist nicht seltene fall . Kann diese Krankheit auch Ahorn besiedelt ? mir ist nicht bekannt . Probierst du mit diese vergleichen

    LG

  • Hallo Beli!


    Vielen Dank für deinen Hinweis zu Cryphonectria parasitica = Kastanienrindenkrebs! :gbravo:


    Nach einer Recherche ich nicht nur Abbildungen zu C. parasitica, die meinem Fund durchaus sehr stark ähneln, sondern auch passende Angaben zur Konidiengröße (Quelle Rigling/Prospero "Cryphonectria parasitica, the causal agent of chestnut blight:invasion history, population biology and disease control").

    Die Angabe dort (3–5 × 1.5–2 µm) stimmt mit meinem Fund sehr gut überein.


    Ferner heißt es dort zu befallenen Baumarten:

    "Major hosts are species in the genus Castanea (Family Fagaceae), particularly the American chestnut (C. dentata), the European chestnut (C. sativa), the Chinese chestnut (C. mollissima) and the Japanese chestnut (C. crenata). Minor incidental hosts include oaks (Quercus spp.), maples (Acer spp.), European hornbeam (Carpinus betulus) and American chinkapin (Castanea pumila)."


    BINGO!


    Ferner steht dort geschrieben, dass die gelben Strukturen, die aus der Rinde herausragen, tatsächlich Stromata sind, in denen Perithecien und Pyknidien in dichter Nachbarscheft koexisiteren. Die Stromata werde ich mir wohl nochmal genauer anschauen!

    Falls ich die Schläuche/Ascosporen finde, melde ich nochmal!


    LG, Martin

  • KaMaMa

    Hat den Titel des Themas von „Orange/gelbe Anamorphe an Acer (Quaternaria spec?)“ zu „Orange/gelbe Anamorphe an Acer (verm. Cryphonectria parasitica)“ geändert.
  • Well done! ==Pilz23

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  • Hallo,


    leider kann ich keine Schläuche finden, nur Unmengen von Konidien, die alles überlagern.


    Vielleicht werden die Pyrenosporen ja nicht zeitgleich mit diesen großen Mengen Konidien gebildet, sondern zeitversetzt.

    Hypothese: Die Abgabe der klebrigen Konidien macht vielleicht mehr Sinn in der feuchten Jahreszeit, während die Pyrenosporenabgabe in trockeneren Zeiträumen mit mehr Wind (Herbst, Frühling) sinniger wäre.


    Vielen Dank jedenfalls nochmal an Thorwulf , für deine Mithilfe und natürlich an beli 1 , der das Rätsel letztlich lösen konnte!

    Das hat Spaß gemacht und ich konnte einiges Neues lernen!


    LG, Martin

  • Hallo Martin,


    für die Sporenverbreitung braucht es hier m.W. insbesondere Wasser, Wind, Vögel und Insekten, also dass, was wir aktuell eher nur, bis auf Wind, in geringem Umfang in der Natur vorfinden. Von daher wäre Deine hier aufgestellte Hypothese in jedem Fall vertretbar.


    Es war mir auch ein Vergnügen, diese Nuss hier mit Euch geknackt und auch noch was Dazugelernt zu haben. Danke auch Dir dafür!


    LG

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