Bestimmungshilfe – Ist das Mycena metata oder M. filopes oder ...?

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 2.588 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Johann_S.

  • Mir wurden vor ein paar Tagen einige Fruchtkörper einer kleineren, graubraunen Mycena-Art zugeschickt, zusammen mit beobachteten Merkmalen und einigen Fotos. Der Fund war besonders auffällig, weil die Pilze am Fundort wie eine Art Weihnachtsbeleuchtung auf den Nadelbäumen hervorstachen (Bild 1).

    Beim Versuch, den Fund zu bestimmen, bin ich vordergründig zu Mycena metata gelangt.


    Da aber einige Merkmale eher zu Mycena filopes passen, bitte ich euch, mir bei der Bestimmung weiterzuhelfen.


    Bild 1 – Pilze am Fundort, auf dünnen, unbenadelten Fichtenzweigen. Foto: Johann Rejek.


    Der Fund

    • gefunden von: Johann Rejek und Veronika Ziegltrum,
    • Fundzeitpunkte: 5. und 28. Dezember 2023,
    • Tagestemperatur: 5-10 Grad Cel.
    • Fundort: Bayern, Landkreis Freising, Gemeinde Hohenkammer, Eglhauser Holz (junger Fichtenforst),
    • Koordinaten: 48.417675; 11.554717,
    • Naturregion: Tertiäres Hügelland – Donau-Isar-Hügelland,
    • Fund: an mindestens 10 Fichten auf fast unbenadelten Zweigen, teils am Stamm bis in 2-3 m Höhe,
    • Wuchsart: einzeln, manchmal 2-3 Fruchtkörper nahe beieinander, auf der Rinde wachsend.
    • Beleg-Nr.: ext23001,egl


    Bild 2 – weißfilzig-striegelige Stielbasis, auf der Rinde wachsend.Foto: Johann Rejek.


    Bild 3 – Blick von unten, ca. 20 Lamellen erreichen den Stiel. Foto: Johann Rejek.



    Makroskopische Merkmale


    ·        Hut: bis 12 (-15) mm im Durchmesser, glockig, kegelig, hell graubraun mit dunklerer Mitte, manchmal mit kleinem Buckel; Rand gerieft, und so der Hut in Draufsicht am Rand zackig erscheinend.

    ·        Lamellen: aufsteigend, leicht wellig, am Stiel bogenförmig angewachsen und schwach zähnchenförmig herablaufend, weißlich, untermischt, ca. 20-25 Lamellen erreichen den Stiel, Schneiden fein bereift.

    ·        Stiel: max. 1 (-1,5) mm Durchmesser, ca. 25 mm lang, trocken, glatt, glänzend, Spitze fein bereift und hutfarben, Basis dunkler und etwa wie Hutmitte gefärbt. Stielbasis weißfilzig-striegelig.

    ·        Fleisch: im Hut dünn, durchscheinend.

    ·        Geruch: negativ. Geschmack eines Hutes nach längerem Kauen: schärflich, bitterlich und im Hals kratzend. Allerdings hatte der noch recht frisch aussehende Hut ein paar Tage im Kühlschrank gelegen und war danach noch zwei Tage auf dem Postweg gewesen.


    Bild 4 – Hut graubraun, Mitte dunkler.


    Bild 5 – Lamellen weißlich, untermischt.


    Bild 6 – Fruchtkörper nach mehreren Tagen Kühlschrank plus Postweg; Lamellen mit leichtem Rosastich.



    Mikroskopische Merkmale


    Die Sporen sind ellipsoid, glatt, hyalin und nach der Fachliteratur amyloid. Maße von 49 repräsentativen Sporen, gemessen in Wasser plus einer geringen Menge Phloxin (95 % Konfidenzintervall):

    • Populationsgrenzen: 7,9-10,2 x 4,6-5,8 µm
    • Mittelwert: 8,9-9,2 x 5,1-5,3 µm
    • Mittlerer Schlankheitsgrad: 1,69-1,78
    • Mittleres Volumen: 125-135 µm3


    Bild 7 – Sporen in Wasser mit wenig Phloxin.


    Die Basidien sind schmalkeulig, z.B. 25 x 7 µm groß und haben vielfach 2, verschiedentlich aber auch 4 Sterigmen. Die Sterigmenzahl scheint auf den ersten Blick keinen Einfluss auf die Sporengröße zu haben. Basidien kommen nur auf der Lamellenfläche vor. Die Schneide ist also steril.

    Das Hyphensystem ist monomitisch; die Hyphen etc. besitzen an den Septen Schnallen.



    Bild 8 – Basidie mit 2 Sterigmen


    Die Cheilozystiden bilden einen dichten Rasen, d.h. sie bilden ein steriles Band, sind überwiegend verkehrt birnenförmig und meist gestielt. Es kommen aber auch viele sitzende, d.h. ungestielte Cheilozystiden vor. Allgemein kann man sagen, dass ihre Form und auch die igelstachelige Oberflächenstruktur außerordentlich variabel sind. Die Variabilität bezieht sich auch auch die Größe. So konnte ich an einem einzigen Lamellenschneide-Fragment Längen zwischen 10 und 80 µm messen.


    Bild 9 – Cheilozystiden-Rasen


    Bild 10 – Cheilozystiden, verschiedene Größen und Formen.


    Bild 11 – Cheilozystiden, typische Größen und Formen.



    Pleurozystiden

    Da musste ich lange suchen, bis ich auf einem Stückchen Lamellenfläche eine Zystide fand. Sie sind so selten, dass ich beim Durchmustern eines Lamellenflächen-Segments nur vier aufstöbern konnte. Sie sind typischerweise verkehrt birnenförmig mit igeliger Oberfläche und ca. 20-30 µm lang.


    Bild 12 – typische Pleurozystide, außerdem 2- und 4-sporige Basidien.



    Diskussion

    Nach intensivem Literaturstudium kommen für den Fund nur zwei Arten in die nähere Auswahl, Mycena metata und M. filopes. Beide Arten sind bezügl. ihrer makroskopischen Merkmale fast deckungsgleich.


    Im Folgenden eine Übersicht darüber welches beobachtete Merkmal des Fundes für welche Art spricht:

    ·        Röten der Lamellen bei alten Fruchtkörper : passt zu M. metata

    ·        Gestielte Cheilozystiden häufiger als ungestielte: passt zu M. metata

    ·        Viele Cheilozystiden wesentlich länger als 30 µm:passt zu M. metata

    ·        Pleurozystiden so gut wie nicht vorhanden: passt zu M. filopes.



    Literatur

    ·        ARONSEN, A. & LÄSSÖE, T. (2016): The genus Mycena s.l. Fungi of Northern Europe, Vol 5: 180-185.

    ·        BREITENBACH, J. & KRÄNZLIN F. (1991): Pilze der Schweiz Bd. 3: Nr. 334 (M. filopes), 349 (M. metata).

    ·        GRÖGER, F. (2006): Bestimmungsschlüssel für Blätterpilze und Röhrlinge in Europa, Teil 1: 369 (M. filopes), 372 (M. metata).

    ·        LUDWIG, E. (2012): Pilzkompendium Bd. 3: 730-733 (Text), Nr. 633-634 (Tafel).



    Herzlichen Gruß

    Bernd

  • Bernd Miggel

    Hat den Titel des Themas von „Bestimmungshilfe – Ist das Mycena metata, M. filopes oder ...?“ zu „Bestimmungshilfe – Ist das Mycena metata oder M. filopes oder ...?“ geändert.
  • Hallo Bernd,


    das sind richtig schöne Mikrobilder :)

    Meine Vermutung, auch wenn die Sporen etwas kleiner sind, ist die Mycena filopes.

    Um das zu überprüfen, kannst du dir den Stiel anschauen, ob da nur Hyphenauswüchse (wie hier) oder Kaulozystiden ähnlich der Cheilozystiden zu finden sind.


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,


    wie gehst du genau vor, um solche Hyphenauswüchse zu präparieren. Vielleicht kriege ich das dann auch hin.


    lg - Bernd

  • Hallo Bernd,


    es ist nicht schwierig.

    Du schneidest "einfach" etwas Stiel ab (möglichst weit am Hutansatz), färbst das mit Kongorot und Mikroskopierst das dann.

    Für die Mycena filopes solltest du Kaulozystiden relativ schnell finden.

    Ich muss mich korrigieren, auch bei der Mycena filopes gibt es Hyphenauswüchse am Stiel.


    VG : Thorben

  • Hallo Thorben,


    hier ein paar Kaulozystiden. Dazu habe ich Querschnitte vom oberen Stielbereich gemacht.

    Ist es dann klar, dass es sich um Mycena filopes handelt?







    lg - Bernd

  • Hallo Bernd,


    ich denke schon, dass das die Mycena filopes bestätigt.

    Aronsen schreibt, dass Mycena metata auch diese Kaulozystiden haben kann, aber nur selten und dann auch schwer zu finden (Siehe hier).

    Im Robich passen die Kaulozystiden zu der Abbildung von Mycena filopes.


    VG : Thorben

  • Hallo Bernd,

    da stimme ich Vroni voll und ganz zu. Herzlichen Dank, jetzt hat der "Weihnachtsbaumhelmling" einen Namen.

    Auch Danke an Thorben für seinen zielführenden Hinweis.

    Und - jetzt habe ich eine Ahnung, wieviel Bestimmungsarbeit bei so einem kleinen Pilz erforderlich sein kann :rolleyes:

    Gruß und Servus aus München

    Johann


    Nachtrag: Hier im Forum gab es schon einmal so einen "Weihnachtsbaumhelmling". Dieter Gewalt hatte mich nach unserem Fund darauf hingewiesen.



    Jedoch wurde dieser nicht weiter bestimmt.

  • Hallo Bernd!


    Das sind wirklich super Mikrobilder.

    Ich habe von der mikroskopischen Unterscheidung von metata und filopes jetzt nicht die Ahnung, ich meine aber Mycena metata ganz gut zu kennen.

    Den Namen "Fleischbräunlicher Helmling" fand ich immer ganz gut, betrifft allerdings mehr das Hutzentrum. Aber sehr variabel ist der Helmling in der Färbung eigentlich nicht, sieht zumindest farbmäßig immer gleich aus.

    Nach dem Frost weiß ich es nicht, aber in "normalerer" Zeit gefunden riecht man angerieben immer etwas Jod, falls nicht, dann etwas anwelken lassen oder einsperren.


    Die Art wächst meist in großer Anzahl in der Streu und ist größer als deiner.

    Die Bilder von der tschechischen Seite würde ich alle unterschreiben:

    https://www.myko.cz/myko-atlas/Mycena-metata/


    VG Ingo W

    ________________________________________________________________
    "Pilz nur von oben ist wie Käfer nur von unten"

    150-15 (APR 2022) = 135-5 (GnE-Wette verloren "über 11 gelöst") = 130+4 (am nächsten an der 222.Schnapps-Punktzahl) = 134+7 (7.Platz im APR 2022) = 141+4 (KISD-Prozente von GnE) = 145-15 (APR 2023) = 130+3 (10. Platz) = 133+3 (Unbewusst-Phal) = 136+5 (Lupus-Wette-APR-Sieger=ü300) = 141+5 (GnE-Gewinnsteuer-APR23) = 146+7 (Phalplatz 1) = 153-20 (APR 2024) = 133

    Link: Gnolmengalerie

    Link: APR 2023

    Link: Nanzen 2024

    Link: Einladung APR 2024

    2 Mal editiert, zuletzt von Ingo W ()

  • Hallo Bernd,

    die Kaulozystiden sind absolut eindeutig für M. filopes und was Ingo über M. metata schreibt kann ich absolut bestätigen. Zur Präparation von Kaulozystiden ziehe ich gewöhnlich mit einer sehr spitzen Pinzette einen hauchdünnen Faden vom Stiel ab und betrachte dann in Kongorot.

    LG Karl

  • Hallo Karl,

    Zur Präparation von Kaulozystiden ziehe ich gewöhnlich mit einer sehr spitzen Pinzette einen hauchdünnen Faden vom Stiel ab und betrachte dann in Kongorot.

    für mich als Mikroskopier(fast)anfänger ist das eine interessante Info. Sobald hier der Schnee schmilzt und ich wieder Pilze mit Hut und Stiel finde, werde ich Deine Methode ausprobieren.

    Bernd Miggel . Dieter Gewalt hat jetzt auf seiner Fundkorbseite den Helmling (mit Deiner Bestimmungsarbeit) in seiner Artenliste (Pilzporträts) aufgenommen.

    Mycena filopes (Zerbrechlicher Fadenhelmling) – Fundkorb