Bryopistillaria sagittiformis „cf“ oder Ceratellopsis p.p ? /weißes Keulchen

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  • Hallo zusammen, nach längerer Zeit wieder einen schönen Gruß aus dem Saarland.


    Frei nach dem Motto "ohne Moos nix los" inspizierte ich alte vermooste Welle-Eternitpatten am Gartenhäuschen meines Nachbarn.

    Auf diesem nassem "Bryophyta-Bioptop" fand ich neben Arrhenia (Omphalina) rickenii, der Mauer-Geröllnabeling und Arrhenia retiruga, der Blasse Adermoosling (ungewöhnlich klein 1-2mm), eine kleine Gruppe mit schönen weißen Minikeulchen von ca. 1mm.



    Mein vorläufiges Ergebnis:

    Bryopistillaria sagittiformis (Pat.) "cf" (Syn. Ceratellopsis sagittiformis)

    Olariaga, Huhtinen, Læssøe,J.H. Petersen & K. Hansen, comb. nov. Fig. 7. MycoBank MB831378.

    Mein Ergebnis Bryopistillaria sagittiformis „cf“ sehe ich als Arbeitsname, wobei ich eine Art aus der Ceratellopsis Gruppe nicht ausschließen kann.


    Abgebildet mit Makro-und Mikrofotsfotos, Beschreibung inkl. Schlüssel in:

    Phylogenetic origins and family classification of typhuloid fungi, with emphasis on Ceratellopsis, Macrotyphula and Typhula

    Olariaga, S. Huhtinen, T. Læssøe, J.H. Petersen, and K. Hansen STUDIES IN MYCOLOGY 96: 155–184 (2020)


    > https://www.ncbi.nlm.nih.gov/p…s/PMC7388190/#!po=31.6216


    Fundbeschreibung:

    13.01.23, Marpingen MTB 6508.14 auf nassem Moos, auf altem Welle-Eternit.

    Weiß, clavarioid,ca. 0,5-1,2 x 0,2-0,3mm, wie flaumig bereift, +/- kurzer (ca.0,1-0,3mm), schmaler, abgesetzter, +/-kahler, glasiger Stiel.

    Jung apikal +/-lanzettlich, älter keulenförmig und apikal stumpf. Ohne Sklerotium.

    2-4 Frk. aus einer Basis (mit Subikulum ?), die sich dann in Gruppen gesellig-büschelig aufreihen.


    02-03-04 Mak Bild




    Mikro:

    Sporen ellipsoid, 4,5-6(7) x 3-3,5µm, hyalin, inamyloid, Bas. (1)2-4sporig, 17-22 x 4-6µm, ohne Schnallen. 2-4 Sporen gruppierten sich oft oder bildeten auch größere Gruppen. Bis in die Spitze fertil (zumindest bei älteren Frk) und nicht steril, wie z.T. angegeben in der Ceratellopsi Gruppe.


    05 Mikro Bas_Sp


    Hyphen:

    Ca. 3-8µm breit, zylindrisch bis schwach erweitert, verdickt an den Septen, keine Schnallen gefunden, keine Skeletthyphen.

    Am "Subikulum": 3-5µm breite, zylindrische, lang, gerade, septiert, mit Verzweigungen, keine Schnallen.


    Die breiteren Hyphen (laut Schlüssel: 2,5 -6(9)mm, ohne Schnallen im Gegensatz zu den nur 2,5µm schmalen und nicht erweiterten Hyphen mit Schnallen der Ceratellopsis Gruppe, sprechen hier u.a. für B. sagittiformis.


    Schlüsselstelle:

    14. Medulla-Hyphen < 2,5 μm breit; subhymeniale Hyphen nicht geschwollen, < 2,5 μm breit; auf abgestorbenen Pflanzenresten;

    Schnallen (immer(?) vorhanden........Ceratellopsis p.p.


    14. Medulla-Hyphen 2,5-6(-9) μm breit; subhymeniale Hyphen rund-rundlich, 4-10(-12) μm breit; oft auf lebenden Moose;

    Schnallen fehlend............Bryopistillaria sagittiformis


    07 -08 Mikrobilder Hyphen mit Subikulum





    In der Originalbeschreibung mit Mikrofoto wird auf globose-subglobose Zellen im Subhymenium hingewiesen. Ein Hymeniumschnitt zur differenzierten Darstellung des Subhymenium funktionierte nicht, wegen der sehr weichen wässerigen Konsistenz. Auf meinem Foto sieht man eher undeutlich vereinzelte +/- rundliche Zellen, wobei es sich hier auch z.T. um Basidien handeln könnte, die das Ganze verfälschen und in Frage stellen kann. Dieser Punkt ist für mich ein Schwachpunkt bzgl. meiner Zuordnung zu sagittiformis.


    09 rundl. Zellen

    Mikromäßig habe ich es nicht als Highlight empfunden, wegen den relativ viel trüben undeutlichen Strukturen. Mich würde interessieren, ob jemand ähnliche Erfahrung gemacht hat. Meine farbliche Überfrachtung von einigen Bildern gefällt mir selber nicht, aber manche Strukturen konnte ich sonst nicht kenntlich machen.


    08 Mikrobild rundliche Zellen


    Kristalle: laut Originalbeschreibung manchmal zwischen den Medulla-Hyphen vorhanden, bipyramidal oder sphaeroid.

    Kristalle waren bei meinem Keulchen massenhaft vorhanden. Ob bipyramidal oder sphaeroid kann ich nicht richtig beurteilen, sie sehen zumindest der Abb. in Phylogenetic.. sehr ähnlich.


    10 Mikrobild Kristalle


    Hier noch ein Übersichtsbild



    10 Kat-Übersichtsbild:


    Literaturhinweis:

    Mein Ausgangspunkt war das Foto in Fungi o.temp Eu Vol.2 Seite 1097 als Ceratellopsis sagittiformis was augenscheinlich genau mein Keulchen zeigt. Übrigens eine top Literatur mit erstklassigen Bildern und genialen "Bestimmungsrädern", wenn man sich, wie ich hier, zu unbekannten Gattungen vortasten will.


    Jedoch 2 Angaben in Fungi o.t.eu passten bei mir nicht: a)Schnallen vorhanden b) größere Sporen (5,5)7-8,5 x 3,5-4,5 µm.

    In comb. nov 2020 als Bryopistillaria sagittiformis (Pat.) >Link oben

    sind diese Differenzen zu meinem Fund nicht mehr vorhanden: dh. ohne Schnallen und kleinere Sporen von 4,5-6,5(-8) x 3-3,5(-4)µm


    Im dem verlinkten Artikel: Phylogenetic origins and family classification ..2020),

    wurde u.a. C. sagittiformis aus Ceratellopsi Gattung in die neue Gattung Bryopistillaria eingegliedert:

    Bryophil, ohne Schnallen, ohne Skeletthyphen, inamyloid, breitere bis 6(9)µm breite Hyphen und kugelige bis subkugelige Hyphen im Subhymenium.

    Übrigens wurden in dieser Phylogenetische Untersuchung viele:

    „Namen, die früher in Ceratellopsis platziert wurden und unvollständig bekannt sind, hier ausgeschlossen oder als illegitim deklariert.“


    Ich könnte mir vorstellen, dass bei intensiver Suche im feuchtem Moos diese kleine Keulchen viel öfter gefunden werden.

    Exsikkat vorhanden




    Hinweis zu Beiträgen im pilzeforum eu:

    Beiträge aus der Ceratellopis Gruppe von thorben96 und Mreul mit Klaus Siepe:


    thorben96 (2020):


    mreul (2015-2017 Bestimmungsloses Winzigkeulchen):


    Nachtrag: nach meiner Bearbeitung sah ich noch diesen neuen Beitrag von ogni volta vom 11.01.23


    Rückmeldungen würden mich freuen.


    Mit freundlichen Grüßen


    Armin Groß

  • Hallo Armin, sehr schöne Doku mit einem für mich schlüssigen „Endergebnis“, wenn man es denn so nennen darf. Auf jeden Fall eine Ceratellopsis (inkl. der neuen Gattung Bryopistillaria von Olariaga et al. 2020). Und dein Fund dürfte identisch sein mit dem von Ingo. Auch wenn geringfügige Abweichungen vorhanden sind, z.B. bei den Sporenmaßen. Um sicher zu sein, dass diese Funde tatsächlich mit dem übereinstimmen, was Olariaga et al. (2020) in ihrer Arbeit darstellen, wären natürlich DNA-Untersuchungen sehr hilfreich. Ich habe aber keine Ahnung, ob diese Autorengruppe weiterhin an dieser Gattung inkl. Verwandten arbeitet. Bei den vielen fehlenden Typusbelegen wäre es schon sehr wünschenswert, wenn das gesamte Konzept mal überarbeitet werden würde. Vielleicht könnte man dann auch mal erfahren, wo mittlerweile C. mucedinea abgeblieben ist... Ein weites Feld ... Das trennende Schlüsselmerkmal „Schnallen vorhanden/Schnallen nicht vorhanden“ finde ich übrigens nicht so glücklich. Wie schon vor Ewigkeiten ein Mykologe sagte: „Wenn man keine Schnallen findet, heißt das noch nicht, dass keine vorhanden sind. Findet man welche, kann man sicher sein.“ Dass das offenbar für B. sagittiformis ein eher fragiles Merkmal ist, sieht man ja auch daran, dass Laessoe & Petersen in FTE 2 für C. sagittiformis Schnallen angeben; für B. sagittformis werden diese als ‚fehlend‘ beschrieben. Über diese mysteriöse sterile Keulchenspitze (vorhanden, nicht vorhanden, entwicklungsbedingtes Merkmal) könnte man auch einen kleinen Roman schreiben ... Schöne Grüße, Klaus

  • Hallo Klaus, vielen Dank für deine Stellungnahme.

    Die Problematik mit den Trennmerkmalen bzgl. Schnallen und apikal fertil oder steril kann ich gut nachvollziehen.

    Zur DNA-Untersuchung, da schau ich mal was sich machen lässt. Es wäre schon interessant zu wissen, ob sich der Fund den neuen Ergebnissen von Olariaga, Laesoe, Petersen und Hansen zu Bryopistillaria oder zu Ceratellopsis p.p. zuordnen lässt.


    Nochmals Dankeschön

    Gruß Armin

  • Servus Armin, das ist ja eine wirklich schöne Dokumentation geworden, da hat sich die Arbeit gelohnt! Danke dafür!

    Wie man bei derart fragilen Fruchtkörpern einen Hymeniumschnitt hinbekommen soll ist mir auch schleierhaft, man berührt sie ja nur mit der Präpariernadel und schon hat man einen Klumpen an der Spitze kleben. Höchstens vielleicht mit einem Gefrierschnitt oder im Labor mit Einbettung.

    Die Kristalle die ich bei meiner Kollektion fand hatten ebenfalls keine erkennbare Symmetrie, jedenfalls sicher nicht bipyramidal. Ich könnte mir jedoch vorstellen dass sie zur hübschen Ausbildung eine über längere Zeit konstante Temperatur bzw ein konstantes Mileu benötigen was derzeit vielleicht nicht vorliegt.

    Falls du jemand auftust, der Interesse an einer Sequenzierung hat lass es mich wissen, dann kann ich gerne auch meinen Beleg beisteuern.

    Viele Grüße Ingo

  • Hallo Ingo, Danke für die Blumen. Zu Hymeniumschnitt:

    Für mich mit meinen Mitteln unmöglich am frischen Präparat.

    Auch beim Versuch mit angetrockneten und trockenen Frkn. war zwar keine breiige Masse vorhanden, aber ich erhielt beim "Schneiden" nur kleine Bröseln.

    (Satire ein) Vielleicht wegen den rundichen Zellen im Subhymenium, die ich dadurch finden wollte (Satire aus).

    Wenn es zur DNA Überprüfung kommt, werde ich mich vorher melden.


    Zu deinem neuen Fund (Beitrag : 2x weiß auf grün) bin ich gespannt auf das mikr. Ergebnis.

    Die kleine Keulchen zeigen sich langsam als ein Massenpilzchen :/ (?), eventuell man muss nur zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Mileu suchen. Vielleicht ist Ihnen auch egal mit welchem Namen sie angesprochen werden. ;) , aber wir Pilzler wollen es ja immer genau wissen.

    Gruß Armin