Auf den langen Schlossmauern im Moos ...

Es gibt 17 Antworten in diesem Thema, welches 2.244 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Sebastian_RLP.

  • ... finden sich auch zu dieser Jahreszeit zahlreiche kleine und Kleinstpilze. Da kann man Zeit verbringen. Insbesondere halte ich in der kalten Jahreszeit auch Ausschau nach Bryoparasiten, da diese sich beim Fruchtkörperbilden scheinbar auch von kalten Temperaturen nicht beeindrucken lassen.


    Anfangen möchte ich aber mit einer Galerina, vermutlich 01 Galerina similis cf (ggf. graminea):


    Auf der Mauer in Schlafmoos:


    Mikroskopisch dann interessant. Sporen glatt (maximal, wenn überhaupt leicht punktiert), breitamygdaliform, nicht kalyptrat, ohne Plage

    8,1-9,0 µm (av. 8,6 µm, SD 0,3 µm) x 5,2-6,3 µm (av. 5,9 µm, SD 0,4 µm); Q = 1,3-1,6 (av. 1,4, SD 0,1)(n = 6)


    Cheilozystiden schlankhalsig lageniform bis tibiiform


    Pleuros habe ich vergeblich gesucht (?)


    Schnallen trotz intensiver Suche und gut einsehbaren Verbundstellen nirgends zu finden!


    Hutdeckschicht eine Cutis mit kräftig inkrustierten Hyphen:


    Kaulozystiden lang, schlank, tibiiform. Reichlich und weit herabreichend (nach unten jedoch spärlicher werdend)


    So nun, Makroskopie in Zusammenschau mit den Sporen und den fehlenden Schnallen lässt nicht viele Möglichkeiten. In FN lande ich bei G.graminea und G.similis. Das allermeiste passt sehr gut zu similis, außer das die Sporen als perfekt ellipsoid/ovoid beschrieben werden (nach Kühner, FN und auch Ludwig). Allerdings passen die Sporenmaße (insbesondere Breite, dass nicht vorhandene Ornament und alle anderen Mikromerkmale sowie der Standort (in Moos auf Stein) viel besser zu similis. Nun ja, vielleicht könnt ihr noch etwas beitragen?


    Dann zwei Lamprosporas an zwei unterschiedlichen Stellen, vielleicht aber dennoch diesselbe Art? Etwas schwierig war es diesmal mit der Zuordnung der Moose, da alles durcheinanderwuchs und das betreffende Moos entweder (durch den Parasiten vermutlich) sehr geschwächt, braun-grau-abgestorben daherkam oder aber nur in jungem Stadium anzutreffen war.


    02 Lamprospora tortula ruralis cf., wenn ich es richtig deute auf Drehzahnmoos und dann auch mit entsprechenden Sporen (scheint sich bei uns wohl zu fühlen, kenne ich schon aus dem eigenen Garten)


    Sporen netzartig (mitunter interessanterweise mit nicht geschlossenem Netz). In Baumwollblau (erhitzt!). Sporen um die 15µm.



    03 Lamprospora spec.


    von den Sporen eigentlich ähnlich, aber dort verschiedene Moosarten, teils kaum zu bestimmen, weil stark angegriffen (durch den Parasiten).


    Und ... seht ihr schon Pilze ...


    Fruchtkörper etwa 2-4mm groß


    Identifizieren konnte ich etwas unterhalb der Fundstelle Tortula muralis und neben dem Pilz ein ziemlich frisches Moos, welches ich gar nicht eingeordnet bekomme:


    Ansonsten Fruchtkörper kleiner als beim ersten Fund und auch nicht mit einem solch ausgeprägten Rand:


    teilweise Randbereiche mit rötlich wirkenden Elementen, wie man hier an beiden FK sehen kann.


    Nun ja, Sporen auch hier um die 15µm und genetzt (Baumwollblau, erhitzt):


    Ascos uniseriat (wie bei erstem Fund auch) und Paraphysen:


    Ansonsten gabs noch 04 Tulostoma brumale (nicht weiter untersucht, vielleicht auch eine Nachbarart)


    und 05 Arrhenia rickenii - den Geröllnabeling, den man überall und häufig findet:


    Dann gabs noch was, was ich gar nicht einordnen kann und was ich am zweiten Tag auch nicht mehr untersuchen konnte, da weg! Vermutlich komplett zusammengeschrumpelt.


    Nun ja, die Mauern kann man also gut auch zu dieser Jahreszeit anschauen. Vielleicht habt ihr noch den ein oder anderen Hinweis für mich, ansonsten vielleicht ein Impuls für den ein oder anderen die Mauerwerke mal genau in Augenschein zu nehmen.


    LG Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    ganz tolle Aufnahmen!

    Vielen Dank für den schönen Beitrag.


    Zur Bestimmung kann ich leider nicht beitragen, aber interessant finde ich, dass du die Moosbecherchen in der Nähe von stark geschädigten Moosstellen fandest. Das hat vielleicht nur mit besserer Sichtbarkeit zu tun, aber lässt mich hoffen bald Becherlein zu finden...


    Toitoitoi!

    LG, Martin

  • Hallo Sebastian,

    auch ich freue mich über Deinen tollen Beitrag. Bei uns liegt im Moment Schnee auf allen Mauern und Moosen, so dass ich die Becherchen Suche verschiebe. Ganz unmykologisch habe ich noch anzumerken, dass ich das kleine rote "Herz" in der Spore auf Bild 19 (glaube ich) herzallerliebst finde!

    Grüßle Sandra :love:

    Liebe Grüße aus dem Vogtland

    die Schwarzhex

    :gwinken: Sandra

    (PC 100 - 10 (fürs APR 2020) = 90 - 15 (APR 21) = 75-10 (APR22) = 65 + 7 (APR 22 Auflösung) - 5 (Rätsel-Gedicht)= 67 - 10 (APR 23) = 57 + 5 Gnanzierung = 62 - 10 (Ast-Wette gegen Björn) = 52 )

  • Hallo Sebastian,

    zur Galerina: auf dem 2. Bild der Basidien zeigst Du in der Mitte eine m.E. eindeutige Schnalle, wo die Zelle aufrecht aus der Trama herauswächst.

    Du schreibst zwar, dass Du die Septen gut sehen konntest, aber für ein Schnallenpräparat ist das auf dem Bild bei weitem nicht genug zerzupft. Das müsste man also nochmal verifizieren.


    Wenn Du mit Schnallen schlüsselst, kommen natürlich ganz andere Arten in die Auswahl. Welchen Schlüssel benutzt Du?


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    Danke für deine Einschätzung. Ich habe mit der Funga Nordica geschlüsselt (das meint FN).


    Mit Schnalle meinst du, wo dort so ein Dreieck "Fleisch" fehlt. Hmm, da habe ich auch schon gerätselt, aber überzeugt hat mich das nicht. Also ich habe schon gründlich gesucht, und visuell sieht man es ja nochmal deutlicher. Ich habe mir zahlreiche Verbindungsstellen angesehen, visuell geht das ja auch flott und gründlich. Ich konnte da viele glatte Verbindungen und keine Schnalle erkennen. Vielleicht prüfe ich es morgen nochmal und zupfe dann nochmal kräftig.


    Danke und LG Sebastian

  • P.S. Ich habe auf den kleinen Erdklumpen unterm Auflicht übrigens noch drei weitere Ascos gefunden, durch Zufall mitgenommen, fürs Auge unsichtbar. Vielleicht stelle ich die Tage noch eine kleine Doku zusammen, aber bestimmt bekomme ich die Winzlinge nicht. LG

  • Hi, habe nochmal mit Kongorot/NH3 mikroskopiert.


    Sehe oft glatte Ansatzstellen, manchmal eine etwas wulstige Ansatzstelle, die ich aber nicht als Schnalle erkennen würde. Nur einmal eine Stelle, wo man eine Schnalle vermuten könnte? Das kann aber auch ein Artefakt sein. An vielen, vielen, vielen auch visuell geprüften Ansatzstellen ist schlicht nichts.


    Aber schaut gerne nochmal selbst:


    HIer so etwas wulstig ... aber eine Schnalle ist das doch nicht???





    HIer wieder etwas wulstiges an der oberen Ansatzstelle



    Hier vielleicht eine kleine Schnalle???



    Ich schlüssel heute abend nochmal in die Richtung "mit Schnallen" ...


    LG Sebastian

  • Hi,


    habe unter dem Mikroskop dann noch die Strukturen des jungen Mooses bewundert:


    ....und dabei bin ich dann auf weitere Ascos (a) gestoßen, die etwa 0,1mm groß sind und die ich mit bloßem Auge nicht im Blick haben konnte:


    schwer zu präparieren, hier eine Ahnung von den dichtgepackten septierten Sporen im Asco:


    Und die Zellen des FK:


    von Oben


    Keine Ahnung, ob dazu irgendwer etwas sagen kann: boccaccio vielleicht ????


    Weiter dann dieser Winzling (b), ähnlich groß:


    Vielleicht ein Schleimpilz?


    jedenfalls mit teils verzweigten Hyphen und unzähligen perlschnurartigen Elementen (Sporen????):


    Es gab noch einen weiteren Fruchtkörper, ähnlich groß, einzeln, den ich leider nicht gut eingefangen habe, eher schmutziggelb und vom Habitus am ehesten wie der der mittlere gelbe Teil eines Gänseblümchens aussehend (ebend ohne die weißen Blüten). Sporen:


    Nun sagt mal was zu den Winzlingen. LG Sebastian

  • Hallo Björn, vielen Dank für die Einschätzung,


    ja das macht Sinn, die ersteren FK wachsen ja tatsächlich in so einer Art koralligen Struktur. Sieht man auf dem ersten Bild sehr gut.

    Ja und Cyanobakterien gabs da sicherlich.


    Lieben Dank, Sebastian

  • Hallo Sebastian,


    das sind bestimmt Flechten, was su da gefunden hast, da bin ich ganz bei Björn!

    Das erste Exemplar würde ich mal mit Bilimbia (sabuletorum) abgleichen,

    das zweite ist eine Cyanoflechte mit Nostocketten. Hier würde ich mal in Richtung Collema prüfen.


    LG, Martin

  • Hi Sebastian,

    die neuen Galerina-Mikros sind jetzt gut geeignet, und ich sehe keine Schnalle. Du hast mich überzeugt.


    Der beste Galerina-Schlüssel ist übrigens von de Haan und Walleyn in Fungi non delineati (3 Hefte).


    Wolfgang

  • Hallo Martin, danke für den Hinweis. Das sieht schon sehr ähnlich aus mit Bilimbia. Schaue ich mir bei Gelegenheit nochmal genauer an. Muss mich wohl auch mit Moosen und Flechten nochmal genauer befassen.


    LG Sebastian

  • Wolfgang P.


    Habe mir das empfohlene Werk einmal zugelegt. Dort lande ich schnell und zuverlässig bei H. graminea. H. similis ist zu dieser Art in dem Werk synonymisiert (siehe Hinweis unten). Die Beschreibung passt sehr gut, auch der Standort in Moos ist für graminea beschrieben.


    Meine Sporenmaße sind etwas größer, aber immer noch passend, zumal nicht aus Abwurf gemessen. Außerdem noch folgender interessanter Hinweis im Werk:

    "A variant with somewhat larger (8,7-9,7 x 5,5-6 µm) and more ellipsoid spores was described by Kühner (1972) as Galerina similis. In our numerous collections we observed all kinds of combinations of these characters, convincing us that these represent only variants of a single, variable species."


    In Index fungorum werden die beiden Arten getrennt geführt.


    Danke und LG Sebastian