Hallo Flechtenfreunde!
Allerweltsflechten wie Phaephyscia orbicularis dachte ich mittlerweile zu kennen - aber wie sich herausstellt, ist das nicht so einfach, wie gedacht.
Diese Flechte kommt sehr häufig und in großer Zahl auf der Rinde vieler Laubbäume und kalkhaltigem Gestein vor.
Als Einzelexemplar wächst sie schön rosettig, oft aber rasig zusammenwachsend.
Sie ist die häufigste Flechte in der Gattung Phaeophyscia.
Auf einem Borkenstück, das ich eingesteckt hatte, befindet sich Phaeophyscia orbicularis, so wie ich sie mir vorstelle:
- in dichten Rasen auf Laubbaumrinde
- kleinlappiger, grauer, unbereifter Thallus; sich feucht grün färbend
- Flecksorale flächenständig
- in den Soralen freiligendes Mark ist weißlich; stellenweise gelblich oder orange
- Unterseite mit schwarzer Rinde
- Rhizinien schwärzlich, einfach bis leicht aufgespleist
- Rhizinien unter Thallusrand hervorschauend, Spitzen weißlich
- Lecanorine Apothecien (mit Thallusrand) mit schwärzlichen Scheiben; Durchmesser um 1mm
Farbreaktionen:
- R negativ
- an Stellen mit gelblichen Soralen/Mark: K+violett
und mikroskopisch:
- Paraphysen mit brauner Kappe, septiert, Endzellen verdickt
- Asci 8-sporig, keulenförmig, mit sehr dickem Tholus am Scheitel
- Sporen 2zellig, graugrün bis braun, sehr dickwandig; 20-27 x 6-14 µm (kleinere Ex. verm. nicht reif)
- Hymenialgallerte amyloid
- Algenpartner: coccoide Grünalgen (Trebouxia)
Bild A1 Ph. orbicularis mit grauem, kleinlappigem Thallus, gelblichen Fleckoralen, schwarzbraunen Apothecienscheiben und hervorlugenden, schwärzlichen Rhizinien mit hellen Spitzen
Bild A2 Thallus feucht grün; Sorale: wenn gelblich, dann K+ violett; sonst alles R-
Bild A3 Hymenium 500x: Asci mit acht zweizelligen Sporen, Paraphysen am Ende braun, tw. verweigt
Bild A4 Hymenium 1000x in verd. Lugol: IKI+; Ascusspitzen mit dickem Tholus
Zwischen diesen typischen Exemplaren, befindet sich eine Phaeophyscia mit schönen braunen Apothecienscheiben, wie ich sie z.B. von Parmelina her kenne, und Rhizinien unter dem Apothecienrand.
Bild B1 Phaeophyscia mit kräftig braunen Apothecienscheiben und Rhizinien am Thallusrand der Apothecien
Bild B2 Lange, schwarze Rhizinien am Thallusrand des braunen Apotheciums
Bild B3 Schnitt durch Apothecium mit braunem Epihymenium, farblosem Hymenium, schwarzer Unterrinde und Rhizinien
Bild B4 Dickwandige, zweizellige Sporen, graugrün bis braun gefärbt; Maße 17,5-21 x 8-10 µm
Bei genauer Suche finden sich auch Exemplare mit schwärzlicher Apothecienscheibe und Rhizinien am Apothecienrand:
Bild C1
Zitat zu den Merkmalen der Gattung Phaeophscia (Wirth) - und im Speziellen auch für P. orbicularis:
"Apothecien ... oft mit Rhizinien an der Unterseite des Tahllusrandes, Scheibe braun bis schwarz."!
Ich vermute, bei allen Flechten handelt es sich um Phaeophyscia orbicularis, die als sehr variabel gilt.
Was meint ihr dazu?
Es lohnt sich, auch vermeintlich langweilige Flechten genauer zu untersuchen.
LG, Martin