Pilzdatenbank - Knowledgebase

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 2.760 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wolfgang P..

  • Hallo Pilzverrückte,


    schon seit langer Zeit träume ich von einer Knowledgebase für Pilzwissen. Eine zentrale Datenbank, in der Merkmale, Namen, Gerüchte, Fakten, Ideen, Bilder einfach alle Informationen strukturiert ihren Platz finden. Ich habe im Internet gesucht und finde eigentlich nur 123pilze. Die machen schon einiges richtig und sind fachlich top am Start, aber so gaaanz zufrieden bin ich nicht wirklich.

    Ich frage mich zum Beispiel:

    * Welche Russula wachsen unter Birken?

    * Welche Pilze finde ich in einem Kalk-Misch-Wald?

    * Welcher Pilz ist rot, lamellig, mit Knolle und riecht muffig. (75% Übereinstimmung A, 70 % Übereinstimmung B, etc.)?

    * Wo ist genau der Unterschied zwischen dem Stockschwämmchen und dem Gifthäubling, zwischen dem Perlpilz und dem Patherpilz?

    Ich möchte eine Plattform auf der jeder seine Ideen, seine Gerüchte, seine Beobachtungen, seine Funde, seine Fragen erfassen kann, auf das andere davon lernen können.

    Möglicherweise können die einzelnen Beobachtungen und Postulate von der versierten Community bewertet werden, damit sich der breite Konsens durchsetzt.

    Ideen habe ich reichlich. Aber erstmal klein anfangen.

    Im Netz gibt es 123Pilze. Die sind echt mal versiert (Hut ab)! Aber von Datenhaltung haben sie leider keinen Plan. Die pflegen ihre Erkenntnisse in Word-Dokumente und speichern das ganze dann als HTML. Die Suche orientiert sich an einigen zentralen Merkmalen und erfolgt komplett auf der Client-Seite. Ich meine das echt nicht despektierlich - aber daten-technisch geht das besser.

    Wikipedia hat viel Info, aber auch eher unstrukturiert - ist halt fürs menschliche Gehirn - nicht für's verarbeiten.

    Der Tintling bringt auch super Daten mit, trotzdem fehlt für meine Zwecke auch hier die Struktur.


    Auch habe ich die Bestrebungen von Bernd Miggel verfolgt, bezüglich seiner Russula-Klassifizierung. Das alles hat mich dazu gebracht mein Projekt etwas voranzutreiben. Ich habe eine Datenbank erstellt, zusammen mit einer Anwendung, die Daten von Pilzen speichern kann. Bis jetzt ist die App für meine Lernzwecke gedacht - nicht für eine breitere Masse an Anwendern.

    Bitte berichtigt mich, falls ich falsch liege, aber ich glaube es gibt noch keine freie Datenbank im Internet, die diesen Geist bedient (falls doch, BITTE Info). Ich glaube jedem von uns wäre geholfen, wenn es einen frei zugänglichen Container mit breitem Pilzwissen gäbe. Hier könnten die Daten erfasst werden und über eine API..... (Vision)


    Weil ich aber noch nicht genug Pilzwissen angesammelt habe, kann ich unmöglich eine Anwendung scheiben, die den Anforderungen der echten Pilzchecker gerecht wird. Trotzdem möchte ich um eure Meinung und Ideen werben. Vielleicht lege ich evtl. das komplette Projekt dann ad acta...

    Vielleicht aber auch, hat der Eine oder Andere Gedanken dazu, die das ganze zu einem realistischen Projekt machen. Alle Meinungen sind willkommen!


    Hier noch ein paar Screenshots:






    Ich freue mich auf Eure Kommentare!

    Viele Grüße

    Frank.

  • Hallo Frank


    Da ich mich auch sehr intensiv mit dem Thema "Pilzdatenbank" befasse, versuche ich dir mal Feedback zu geben.

    Mein Traum war auch immer eine solche Datenbank, in dem man all die Merkmale strukturiert ablegt und dann auf dieser Basis sogar bestimmen kann.

    Das Problem dabei: Sobald man mehr als "08/15" Pilze erfassen will, steigt die Anzahl der Merkmale und die Komplexität rapide.

    Und wenn man nur "08/15" Pilze erfasst, weiss man nie ob der Pilz, den man gerade in der Hand hält, nun ein "08/15" Pilz ist oder nicht.

    Also das gleiche Problem, wie wenn man mit einem Buch arbeitet, in dem die "wichtigsten 300 Pilze" drin sind. Bei jedem Ausflug in den Wald wird man Pilze finden, die in dem Buch nicht drin sind.


    Hinzu kommt, dass Pilze die Bücher nicht gelesen haben, der Witterung ausgesetzt sind, oder einfach sehr variable Merkmale haben.

    Diese natürliche Variabilität in die Strukturen einer Datenbank zu bringen ist äusserst schwierig.

    Wenn man am Ende eine Datenbank führt, wo die meisten Merkmale dann doch wieder Freitext-Felder sind, gewinnt man nur wenig.


    Nach mehreren gescheiterten Versuchen habe ich inzwischen ein privates Projekt, das ganz gut funktioniert. Hier ein paar Eindrücke:

    Zu jeder Art kann man Synonyme, Literaturreferenzen, Verweise auf ähnliche Arten, Internetreferenzen, eigene Funde etc. eintragen.


    Die Beschreibungen umfassen inzwischen etwa 700 Merkmale, wobei viele davon nur bedingt zur Anwendung kommen.

    Die Merkmale kann man zuerst auf Gattungsebene pflegen, dann werden sie auf alle Arten der Gattung vererbt. So muss man auf der einzelnen Art nur noch spezifische Merkmale pflegen.


    Die Merkmale sind zu 99% strukturiert, also kein Freitext. Um der natürlichen Variabilität möglichst nahe zu kommen, kann man Ausdrücke formulieren die dann als lesbarer Text angezeigt werden:


    Das funktioniert alles recht gut und man kann damit sogar in schwierigen Gattungen recht gut bestimmen.

    Es gibt drei verschiedene Bestimmungsmöglichkeiten:

    - statische Schlüssel, z.B. sind Gröger, Moser, Funga Nordica und viele weitere Schlüssel in elektronischer Form vorhanden

    - frei definierbare synoptische Schlüssel

    - völlig freie, dynamische Bestimmung indem man einfach Merkmale erfasst und die Datenbank passende Arten sucht

    Hier ein Bild vom elektronischen Gröger.


    Und hier die synoptische Bestimmung eines Trichterlings.


    Meine Datenbank enthält inzwischen rund 2300 Lamellenpilze, es fehlen aber noch viele grosse Gattungen. Also noch jede Menge Arbeit, fertig wird das wohl nie.

    Hauptsächlich weil ich versuche, jeden in Europa nachgewiesenen Pilz aufzunehmen. Die damit verbundenen Literaturrecherchen sind sehr aufwändig.

    Das Erfassen einer Art dauert je nach Anzahl der Synonyme und Merkmale 15-30 Minuten.


    So, und nun die Krux bei der ganzen Sache:

    All diese Technik ist nur eine Hilfe. Aber am Ende muss vor dem Computer ein Mensch sitzen, der fähig ist die Bestimmung zu verifizieren.

    Von einer Software, die jeden Pilz besser bestimmen kann als ein erfahrener Mykologe, sind wir noch Jahrzehnte entfernt.

    Am Ende ist das ganze Projekt für mich ein Weg, um mehr über Pilze zu lernen - und natürlich nachher eine Erleichterung bei der Bestimmung.

    Aber die Kontrolle des Ergebnisses in der Fachliteratur ist trotz allem unumgänglich.


    Vielleicht hilft dir das bei deinen Überlegungen.

    In der Schweiz gibt es auch gerade ein Projekt für ein weiteres Pilz-App zum Bestimmung (nach Merkmalen, nicht nach Foto):

    3000 Pilze - Buch und App - Projekte - WSL


    Viele Grüsse

    Raphael

  • Hallo Raphael,

    danke für die Informationen.

    Weiß man schon, wann die App erscheinen wird und "wo"?

    Viele Grüße

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Hallo Thomas


    Die App müsste dieses Jahr noch herauskommen, bin jetzt da aber auch nicht auf dem neusten Stand.

    Sie wird sicherlich für Android und iPhone verfügbar sein.


    Gruss Raphael

  • Hallo Raphael,

    danke dir.

    Wird bei Erscheinen sicherlich im Forum jemand mitteilen😄👍.

    Grüsse Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Hi,


    ja sehe ich ähnlich. Tolle Leistung Raphael. :)


    Eine weitere Seite kann ich empfehlen, wo die wichtigsten Merkmale einer Art zusammengefasst wurden.


    Willkommen zu Pilze ohne Grenzen | Fungi Without Borders


    Da ich persönlich an der Erstellung der Webseite (Eingabe der Daten) nicht ganz unbeteiligt war, bin ich vielleicht auch nicht ganz objektiv in meiner Einschätzung. ;) Zumindest sind viele der eingegebenen Daten authentisch und wurden sauber recherchiert, bzw. stammen aus Erfahrungen von Eigenfunden der Autoren, was schon Mal die Datengrundlage/Angaben für die Merkmalserfassung der Pilze mehr valide macht als bei 123-Pilze z.B.


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • Hi Stefan,


    Danke für den Link!

    Die DGfM sollte aber wissen, dass die Seite verschlüsselt betrieben werden muss.

    VG Oskar

    VG Oskar

    ______________________________________

    Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts.

  • Hallo Oskar,

    ist mir neu. Ist auch im Internet problemlos zugänglich.

    Oder meinst du was Anderes?

    Viele Grüße

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

  • Hallo Thomas,


    es geht um die verschlüsselte Übertragung https://

    Da hat Oskar recht. Es sind in nächster Zeit einige Updates für die Software und die Daten der Seite eingeplant. Ich hoffe, die Verschlüsselung ist dann auch ein Thema.


    Beste Grüße

    Stefan F.

  • Hallo Thomas,

    Bergwald

    Das hier hat mir mein Provider mitgeteilt:

    SSL-Verschlüsselung ist Pflicht: Gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) müssen alle Daten, die auf einer Website erhoben werden (Kontaktformulare, Zahlungsdaten, persönliche Daten, usw.), verschlüsselt übertragen werden.VG Oskar

    VG Oskar

    ______________________________________

    Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts.

  • Ah, ja. Darum geht's.

    Ich bin davon ausgegangen, dass man nicht in die Seite reinkommt, ohne einen Zugangsschlüssel.

    Alles klar, danke euch.

    Viele Grüße

    Thomas

    AUCH VON MIR KEINE ESSENSFREIGABE. EINE BESTIMMUNG IST OHNE JEDE GARANTIE.

    Einmal editiert, zuletzt von Bergwald ()

  • holzchines Ich finde deine Datenbank gut gelungen sowohl von der Idee als auch von der technischen Seite her.

    Was ich mir wünschen würde speziell im Bereich Pilze wäre endlich eine Open-Source-Lösung, Wissen über alle heimischen Pilzarten sollte idealerweise Allgemeingut sein, so etwas ähnliches wie Wikipedia schwebt mir vor. Die Daten werden von den Usern beigesteuert (und von Experten, in diesem Fall Mykologen/PSVs geprüft) und sind auch durch Creative-Commons-Lizenzen und Downloadmöglichkeit aller Daten, Frontend/Backend alles freie Software. Entwickler/Admins sollen durch Spenden von Pilzinteressierten, DGfM usw. entlohnt werden.

    Bei aktuellen Pilzdatenbanken (zB. 123pilze) ist es halt so, dass der Betreiber 100% Kontrolle hat, er kann den Server jederzeit Offline nehmen, Geld verlangen, Werbung einbauen, alter ineffizienter Code bleibt bestehen usw. Bitte nicht falsch verstehen, ich nutze die Website 123pilze regelmäßig, habe davon viel gelernt und finde sie ein wertvolles, gut gemachtes Projekt. Ich will nur sagen, die Projekte der Zukunft sollten nicht in der Hand von Einzelpersonen sondern Allgemeingut sein. Bei der Softwareentwicklung/Informatik klappt das schon sehr gut, ich denke im Bereich Biologie geht das noch besser.


    LG

  • Hallo Zusammen,

    danke, dass ihr eure Gedanken zu dem Projekt beisteuert.


    @Clavaria

    Die Eindrücke deiner App sind sehr beeindruckend! Sieht nach einem sauberen Datenmanagement mit vielen, vielen Stunden Arbeit aus. :huh:

    Das kommt schon ziemlich dem nahe, was ich im Kopf habe.

    In der Tat merke ich jetzt bereits, dass es notwendig ist zwischen primären und sekundären Merkmalen zu unterscheiden. Einige sind wirklich für die, die es genau Wissen möchten, andere sind für die Bestimmung essenziell.

    Auch muss man zusehen, dass die Merkmale nicht "ausfransen", weil von hellgelb über falbgelb bis hin zu lehmgelb alle Nuancen kreativ beschrieben werden.

    In einer Suche = Bestimmung müsste die Komplexität der Merkmale sowieso reduziert werden.


    Allerdings gibt es einen Aspekt, der mir wichtig ist: Der Soziale. Ich stelle mir ein System vor, das von jedem erweitert werden kann. Es sollten Kommentare und Bewertungen möglich sein. Jeder soll seine Gerüchte eintragen können. Wenn diese von vielen geliked werden können sie hochgeratet werden.

    Dabei geht es auch um so Insider-Weisheiten, die mal mehr mal weniger der Realität enstprechen:

    z.B.

    * Reizker, die rot bluten sind essbar

    * Steinpilze finden sich oft bei Fliegenpilzen

    * Vom Kirchengemäuer benachbarter Gemeinden, lässt sich auf den Boden in den Wäldern schließen (Sandstein/Muschelkalk)

    * Hexen stehen immer zwischen Birken


    Solche Aussagen könnten geratet und kommentiert werden. Unkluge Aussagen verlieren an Relevanz, andere gewinnen. Deswegen denke ich an eine Knowledge-Base - eine FungiBase.


    Gleiches sehe ich bei den Merkmalen. Die Relevanz einzelner Merkmale ist von Art zu Art unterschiedlich. Über ein Rating könnten sich die wichtigsten herausschälen.


    @lockpicker

    Klar müssten die Daten dann auch offen für jeden zugänglich sein. Schließlich werden die Daten ja auch von der Community gesammelt. Hier denke ich an eine API - schließlich müsste zwischen Knowledge-Daten und privaten Daten differenziert werden. Noch feiner wäre in der Tat ein open-source-projekt. Dazu müsste aber erstmal was ins Laufen kommen.


    Cool wäre auch eine Gefunden-Funktion (Pilzkorbfunktion) für jeden einzelnen, öffentlich oder privat. So können auch Bilder geteilt werden. User sehen dann zu jedem Pilz viele Varianten. Klar, ab einer gewissen Spezialisierung bringen Bilder nicht mehr viel. Dennoch ist es lehrreich, wenn Pilze an unterschiedlichen Standorten und unterschiedlichen Bedingungen zugänglich sind. So bekommt man einen Eindruck zur Variabilität.

  • * Hexen stehen immer zwischen Birken

    Hi,


    das ist per Definition so. Darüber müssen wir nicht debattieren. Das ist so sicher, wie es Gimpel in der Süßen Wüste gibt. ==Gnolm7==Gnolm10


    l.g.

    Stefan

    Risspilz: hui; Rissklettern: bisher pfui; ab nun: na ja mal sehen...


    Derzeit so pilzgeschädigt, das geht auf keine Huthaut. :D


    Meine Antworten hier stellen nur Bestimmungsvorschläge dar. Verzehrsfreigaben gibts nur vom PSV vor Ort.

  • So können auch Bilder geteilt werden. User sehen dann zu jedem Pilz viele Varianten. Klar, ab einer gewissen Spezialisierung bringen Bilder nicht mehr viel. Dennoch ist es lehrreich, wenn Pilze an unterschiedlichen Standorten und unterschiedlichen Bedingungen zugänglich sind. So bekommt man einen Eindruck zur Variabilität.

    Hi holzchines,

    es gibt mit dem naturgucker/pilzgucker ja ein Community-Projekt, wo man Bilder hochladen kann.

    Leider sind sehr viele dieser Funde falsch bestimmt. Das bringt natürlich mehr Verwirrung, als es hilft.


    Auf pilze-deutschland sind die Bilder zu den Arten immerhin durch eine redaktionelle Qualitätskontrolle gelaufen, die Bilder auf fungi-without-borders wurden von Gattungsexperten angekauft.


    So eine wissensstarke Community wie hier ist nicht so leicht aufzubauen.

    Und mit jeder weiteren Einzelinitiative wird ja ein gebündeltes Projekt immer schwieriger. Nur wie kann man all die unglaublich fleißigen "Einzeltäter" zu einem gemeinsamen Handeln bewegen?


    Das Rote-Liste-Zentrum des Bundesamts für Naturschutz wird eine Funderfassung für Pilze an den Start bringen, in den die Bilder und Daten von pilze-deutschland.de und fungi-without-borders.eu hoffentlich auch hinterlegt werden. Dann wären dort über 4000 Arten mit Merkmalen und Bildern beschrieben. Hoffentlich reicht das als Startpunkt für eine Erweiterung durch eine Community.


    Grüße,


    Wolfgang